Albrecht v. Graefes Arch. klin. exp. Ophthal. 197, 283--291 (1975) 9 by Springer-Verlag 1975

Zur Problematik des Streulichteinflusses bei der lokalisierten Stimulation der Retina Michael Sehauer, Giinter H e n n i n g u n d W i n f r i e d Miiller Augenklinik der Medizinisehen Akademie Erfurt (Direktorin: Prof. Dr. sc. reed. E. SchmSger) und Zentrales Labor f/Jr Mel3wertverarbeitung (Leiter: Dr.-Ing. tI. C. t~eil~mann) ; Technische Hochschule Ihnenau, Sektion Technische und Biomedizinische Kybernetik, Fachbereich Biomedizinisehe Technik und Bionik (Leiter: Prof. Dr. sc. techn. E. Forth) Eingegangen am 26. Juli 1975 P r o b l e m of S c a t t e r e d L i g h t in t h e Localized S t i m u l a t i o n of t h e R e t i n a

Summary. In attempting local retinal stimulation of an intact eye the generation of scattered light cannot be prevented, but it can be sufficiently reduced by a suitable selection of stimulus parameters, especially of stimulus luminance and facial field luminance, of stimulus size and exposition time. By investigating the most important sources of scattered light, e.g. inhomogenities in the dioptric media, reflections at refracting surfaces, diffraction at the pupil borders, and the distribution of scattered light in the retina it becomes possible to develop indications for the construction of a focal optical stimulator.

Zusammen]assung. Bei der lokalisierten Stimulation der Retina des intakten Auges l~l~t sich die StreuIichtentstehung nicht verhindern, sondern nlUl~ dutch geeignete Wahl der t~eizparameter, wie Umfeld- und Markenleuchtdichte, MarkengrSl?e und Darbietungszeit so gering wie m5glich gehalten werden. Durch die Betraehtung der verschiedenen Streulichtquellen, insbesondere der Inhomogenit~ten der lichtiibertragenden Medien, der Reflexion an den brechenden Fl~chen, der Beugung an den Pupillenr~ndern sowie der retinalen Streulichtverteilung, werden Hinweise fiir die Konstruktion eines l%eizgebers mSglich. Bei d e m Versuch der lokalisierten optischen S t i m u l a t i o n der R e t i n a des i n t a k t e n Auges wird durch a u f t r e t e n d e s Streulicht i m m e r ein grTgeres R e t i n a a r e a l erregt, als einer idealen P r o j e k t i o n der R e i z m a r k e d u t c h den optisehen A p p a r a t des Auges auf der R e t i n a entsprieht. Als Streulieht soll in diesem Z u s a m m e n h a n g alles das L i c h t auf der R e t i n a bezeichnet werden, welches sieh n i e h t an der g e n a u e n A b b i l d u n g der R e i z m a r k e beteiligt, wobei als wesentliehe Quellen die S t r e u u n g an I n h o m o g e n i t / t t e n der l i c h t i i b e r t r a g e n d e n Medien, Beugungserscheinungen an den Pupillenr/indern, Abbildungsfehler u n d Mehrfaehrefiexionen an den breehenden Fl/~ehen anzusehen sind.

1. Zur Theorie der Lichtstreuung Prinzipiell ist die Z e r s t r e u u n g des Lichtes in d e m i i b e r t r a g e n d e n M e d i u m n i c h t zu umgehen. N u r in einem idealen K r i s t a l l g i t t e r bei tiefsten T e m p e r a t u r e n wiirde sich das L i c h t n a c h den gewThnlichen Gesetzen der L i c h t a u s b r e i t u n g , wie sie in den Maxwellschen Gleichungen zum A u s d r u c k g e b r a c h t sind (ohne L i e h t s t r e u u n g ) , m i t d u r c h das K r i s t a l l g i t t e r m o d u l i e r t e n A m p l i t u d e fortpflanzen. I n realen Substanzen t r i t t stets ein L i c h t v e r l u s t durch S t r e u u n g ein, well die A n o r d n u n g der

284

M. Schauer et al.

Molekiile an sich und infolge Warmebewegung nieht ideal regelmal3ig ist (TyndallStreuung). Die Streulichtintensitat hangt yon den Schwankungen des elektrischen Moments der in der lichtleitenden Substanz befindliehen Molekiile urn seinen Mittelwert pro Volumeneinheit ab. Weiterhin ist die Intensitat der yon einem Volumen gestreuten Strahlung in geniigendem Abstand yon den Absorptionslinien des Mediums umgekehrt proportional der vierten Potenz der Wellenlange des Lichtes. Die Schwankungen des elektrisehen Moments haben zwei Ursachen: Einma] sehwankt die Anzahl der Molekiile im Volnmen, zum anderen sehwankt aueh das einzelne Moment. Unter Vernaehlassigung der Schwankungen des einzelnen elektrisehen Moments spricht man yon Raylight-Streuung, also bei dutch Schwankungen der Dichte hervorgerufener Streuung. Fiir Tyndall- und RaylightStreuung existieren mathematische Ausdriicke zur Bestimlnung der Streuintensitat in bestimmte Riehtungen. Die oben erwahnten Vernaehlassigungen sind fiir anisotrophe Molekiile mit Richtungsschwankungen falsch, auch miissen die meehanischen Wechselwirkungen zwisehen den Molekiflen bei Fltissigkeiten beriieksichtigt werden. Die Mie-Theorie besehreibt das Streuverhalten einer homogenen Kugel im ebenen monoehromatisehen Wellenfeld; sie liefert einen Ausdruck fiir die Streuintensitat als Funktion des Streuwinkels, des Polarisationswinkels, des Kugeldurehmessers d, der Lichtwellenlange '% und des Breehungskoeffizienten relativ zum nmgebenden Medium. Der Gr61~enparameter d bestimmt die Anwendungsgebiete der Mie-Theorie wie folgt: Fiir 2,. d> 1 aus den Miesehen Formeln Beziehungen hergeleitet werden k6nnen, die genau einer strahlenoptischen Besehreibnngsweise entspreehen, wobei dann Reflexion und Breehnung gegeniiber der Beugung eine wesentliehere Rolle spielen [6]. Fiir die Streuung in Medien, in denen sehr viele Inhomogenitaten, wie grebe Molekiile, Molekiilgruppen, Hornhautzellen und bestimmte gr61~ere Zellstrukturen der ttornhaut und Linse, enthalten sind, muB die tIaufigkeit der auftretenden Streuintensitaten fiir alle Winkel ermittelt und davon auf die Beleuehtungsstarkeverteilung in der Empfangsebene gesehlossen werden [13]. Ein anschaulieher Beweis fiir die Rolle der Zellstruktur der Hornhaut und Linse bei der Entstehung yon Zerstreuungsfiguren ist der praktisehe Versueh, dureh bestimmte Filter vor einem Photoapparat die gleiehen Bilder von Liehtquellen anzufertigen, wie sie das Auge sieht [1]. Photographieren yon Kerzen dureh eine Glasplatte, die mit einem hexagonalen Muster aus Likopodiumsamen bestriehen war, batten das gleiehe Anssehen wie eine mit dem Auge direkt gesehene Kerze (Vorhandensein eines Strahlenkranzes, eines runden Liehthofes usw.). Der Streuliehteinflug kann prinzipiell nicht vollstandig eliminiert werden. Im Interesse einer hinreiehend genauen Lokalisierb~rkeit eines fokalen Liehtreizes ist es daher erforderlich, die Abhangigkeit des Streuliehtanteils yon den Parametern des Reizes und der I%eizapparatur quantitativ zu ermitteln und die genannten experimentellen Parameter auf minimalen Streuliehtanteil zu optimieren. In dieser Arbeit sollen I-Iinweise fiir die Bestimmung der retinalen Streuliehtverteilung und fiir die optimale Wahl von Umfeld- und Markenleuehtdichte sowie Markengr613e der Reizapparatur gegeben werden.

Streulichteitglug bei der lokalisierten Stimulation der Retina

285

2. Oberer Grenzwert fiir das Verhiiltnis yon Ylarken- zu Umfeldleuchtdichte Eine Begrenzung des Verhi~ltnisses zwischen Marken- und Umfeldleuchtdichte in Richtung zu groger Werte kann durch die folgenden ~berlegungen gewonnen werden.

2.1 Beugung an den Pupillenr~indern Zu dem Lieht, das sich nicht an der genauen Abbildung des Objektes auf der Bildebene beteiligt - - im folgenden Streulicht genannt - - , gehSrt auch das an den Blendenrs eines optischen Systems gebeugte Licht. Die Beugungserscheinungen lassen sieh nieht durch die Stmhlenoptik erkl/~ren, die davon ausgeht, dab das Lieht aus ebenen elektromagnetischen Wellen bzw. aus zu diesen senkrechten Strahlen besteht, denn die ebene Welle ist nut eine speziel]e (partikulS~re) L6sung der Maxwellsehen Gleiehungen. Allgemeinere LSsungen werden u.a. zur genauen Energiebestimmung bei grol3en 6rtliehen _~nderungen der Energie, z.B. an Schattengrenzen, ben6tigt. In der Kirehoffschen Beugungstheorie werden sog. Kugehvellen der Form u (r)= exp (~: i lc r)r Ms L6sung der Maxwellsehen Gleiehungen angesehen, und es wird die Liehtintensit/~t ( = Beleuchtungsst/~rke) in einem Punkt der Empfangsebene hinter einer ()ffnung, vor der sich eine Punktliehtquel]e befindet, durch die Integration s/~mtlicher Kugelwellen auf alien mSglichen Wegen yon der Liehtquelle dureh die 0ffnung zum betraehteten Punkt bestimmt. Bei dieser Integration macht sich eine Reihenentwicklung notwendig, so dab der Geltungsbereieh des Integrationsergebnisses v o n d e r Anzahl der bertieksichtigten Glieder dieser Reihe abh/~ngig ist. Von Fraunhofersehen Beugungserscheinungen spricht man, wenn nut das lineare G]ied dieser Reihe beriieksichtigt wurde, d.h. Lichtquelle und Empfangsebene sind unendlieh weir yon der beugenden 0ffnung entfernt. Beriieksichtigt man auBerdem noeh die quadratisehen Glieder der Reihenentwieklung, so erweitert sich der Geltungsbereich der Bereehnung auf grol3e Entfernungen zwisehen Liehtquelle und beugender 0ffnung, und man sprieht yon Fresnelschen Beugungserseheinungen. Fraunhofersehe Beugungserseheinungen an einer kreisfSrmigen 0ffnung bewirken eine dureh eine Punktliehtquelle hervorgerufene Beleuehtungssts teilung auf der Empfangsebene zu

E

(f~)2(2II(r~o]cr

mit r 0 = Radius der beugenden Blende, ]c = 2~/Wellenl~nge des Liehtes, I 1 = Besselfunktion 1. Ordnung. Aus dieser elementaren Beugungsfigur der punktf6rmigen Liehtquelle an kreisrunden Blenden kann dureh Integration der yon den einzelnen Punkten der Liehtquelle hervorgerufenen Beleuehtungsst/trkeverteilungen die Beugungserscheinung einer beliebigen inkoh~renten Lichtquelle berechnet werden [2]. Aus der Theorie der Beugungserseheinungen ist ersichtlich, dal3 yon den Voraussagen der Strahlenoptik abweichende Beleuchtungsst/~rkeverteilungen dureh Begrenzungen des abbildenden Systems an den R~ndern der Abbildung der Marke

286

M. Sch~uer et al.

auftreten. Die Streulichterscheinungen durch die Einfassung der Marke (Rand der Linse des die Marke erzeugenden Systems) treten nur am Rand der Abbildung der Marke auf die Ebene, in der sich die Hornhaut befindet, auf. Da diese Abbildung sicher grSl~er als der Hornhautdurchmesser ist, stSren durch Markenbegrenzung verursachte Streulichterscheinungen nicht. Dagegen erzeugen Beugungserseheinungen an den Pupillenr/~ndern folgende Abweichungen yon dem genauen Abbild der Marke auf der Retina: Bei einem kleinen Pupillenradius yon z.B. 2 ram, wie er beim Tagessehen vorkommt, ist damit zu rechnen, daft his znm Weft r 0/crz4,25 z noch eine Beleuchtungssti~rke yon 1% der Beleuchtungssti~rke im Zentrum des Bildes herrseht, wobei hier r der Abstand yon der geometrisehen Abbildung des Markenrandes auf der Retina im BogenmaI~ ist. Bei einer Lichtwellenls yon 500 nm und einem hundertfach iiberschwelligen Reiz vergr61~ert sich das gereizte Retinaareal durch Lichtbeugung an den Pupillenr~ndern um ca. 4". Diese VergrSl~erung ist un~bhs yore Markendurchmesser, f&llt bei grSBeren Marken somit weniger ins Gewicht. Mit Hilfe obiger Formeln kann die VergrSI~erung des gereizten RetinaareMs abh~ngig yon dem Verhi~ltnis yon Marken- zu Umfeldleuchtdichte - - unabh~ngig yon der absoluten MarkengrSi~e - - angegeben werden.

2.2 Streulicht durch Re/texion an brechenden Fl~i~hen

Aus den Grenzbedingungen fiir die Komponenten des elektromagnetischen Feldes, die aus der Maxwellschen Theorie Iiir die Grenzfl/~che zwischen zwei sich dutch den Brechungskoeffizienten unterscheidenden Medien folgen, ergibt sich, da~ bei jeder Brechung auch eine Reflexion auftreten muir. Die Intensit/~tsverh/iltnisse zwischen gebrochenem und reflektiertem Strahl errechnen sich bei senkrechtem Einfall nach fo]genden Formeln:

( -1t2

Reflexionsverm6gen r / ~ \ n § 1 / Durehl~ssigkeit d

(

4n (n-- 1)(n+ 1) )'

In der Augenoptik ist diese Tatsache durch die sog. Purkinjeschen Spiegelbildchen bekannt. Der optische Apparat des Auges enth~lt die Uberg~nge L u f t Hornhaut (I), Hornhaut-Kammerwasser (II), Kammerwasser-Linse (III) and Linse-Glask6rper (IV), an denen mit steigenden Untersehieden zwischen den Breehungskoeffizienten sti~rkere Reflexionen stattfinden. Das auf diese Weise reflektierte Licht beteiligt sich nicht an der getreuen Abbildung des Objektes auf der Retina und ist entsprechend unserer Definition als Streulicht zu bezeichnen. Es ist zu untersuchen, inwieweit die reflektierten Strahlen (22) and (23) (s. Abb. 1) aut der Retina eine Erregung auslSsen, die zum VEP lfihrt. Da diese Nebenbilder keine subjektive Empfindung ausl6sen, ist u.U. an einen corticalen Hemmungsprozel~ zu denken, der als neuronale Aktivit~tt in der Sehrinde ein VEP auslSst. Mit ttilfe der in der Literatur angegebenen unterschiedlichen Brechungskoeffizienten wurde das Reflexionsverm6gen der einzelnen 1Jberg~nge (I-IV) ermittelt und daraus die Intensit~t der entstehenden ~ebenbilder bestimmt. Die Intensiti~t der Nebenbilder betr~gt etwa das 10-Sfache der Intensits des Haupt~

StreulichteinfluB bei der lokalisierten Stimulation der Regina

287

Abb. 1. Reflexion an brechenden Flgchen. Neben der direkten Abbildung des Objektstrahls (2) (Bildstrah121) entstehen dutch geflexion bzw. Mehrfachreflexion sekundgre Abbildungen (ira Beispiel : Bildstrahlen 22 und 23), die sog. Nebenbilder

bildes, d.h. bei Reizintensit/tten, die die Sehwelle um den Faktor 105 iibersehreiten, k6nnen Komplikationen bei der Ableitung yon V E P dureh die besprochenen Nebenbilder auftreten.

2.3 Streulicht durch Inhomogenitiiten in den optischen Obertragungsmedien des A uge8

Ausgehend yon der Erkenntnis, dab die Lichtstreuung nicht verhindert werden kann, sondern durch geeignete Wahl der Reizparameter m6glichst gering zu halten ist, werden yon Wilson [12] ftir das Produkt aus t~eizleuchtdichte und Reizfl/~che maximale Werte angegeben, mit denen in die Papille gereizt werden kann, ohne daft eine Erregung durch in die Umgebung der Papille gestreutes Licht ausgel5st wird. Der Grenzwert wird als die Summe der Logarithmen yon Leuchtdiehte (cdm -2) und Reizfl/~che (rain 2) mit kleiner 6,2 angegeben, fiir Abst/inde zwisehen Reizort (Papille) und Empfangsort auf der Retina yon c = 15 ~ d.h., dab die gestreute Reizbeleuehtungsst/irke auf der Retina 15 ~ vom geometrisehen Abbild des Reizes entfernt unter die Empfindungsschwelle gesunken ist. Diese Bestimmungsformel, auf die hier verwendeten Formelzeichen umgesehrieben, ergibt die Bedingung L R _< ~

0,086 edm -2

mit L R = geizleuehtdichte, l = Abstand Marke-Auge, A R = F1/~che der Marke, wobei der EinfluB der Umfeldleuehtdichte nieht bertieksiehtigt wurde. Man karm dieser Beziehung entnehmen, daft die dureh Inhomogenit/iten in den optisehen ~bertragungsmedien des Auges ausgel6ste Streuliehtintensit/~t dem in das Auge gelangenden Liehtstrom F A n = L R " A ~ 9 R "cosc n

288

M. Schauer et al.

proportional ist, ftir den damit ein oberer zuls Grenzwert angegeben werden kann. Auf die Umfeldleuehtdichte bezogen, muB eine strengere Forderung erhoben werden, wie sich naeh Umrechnung und Vergleich ergibt: Ln~ANR--

[Problem of scattered light in the localized stimulation of the retina (author's transl)].

In attempting local retinal stimulation of an intact eye the generation of scattered light cannot be prevented, but it can be sufficiently reduced by ...
563KB Sizes 0 Downloads 0 Views