Klinische Einzelbeobachtungen 367

Primäres Melanom der Cervix uteri Stadium Figo III E. Joura! , G. Gitsch l , eh. Kainz l , G. Breiteneckers 1 H. Universitäts-Fra ue nklinik. Wien (Vo rstand : Prof. Dr. H. Jen isch) 2 Institut für klinische Path ologie, Univers ität Wien , Abteilung für Gynä kopa thologie (Vorsta nd: Prof.Dr. J . H. Holzner)

Das Melanom der Cervix uteri ist eine selten e Neoplasie mit seh r schlechter Prognose. Die Diagno se wird na ch Ausschluß eines anderen Prim ärherdes immun histochemisch gesich ert. Standardtherapie sind radikale chirurgisch e Verfahren, in fortgeschrittenen Stadi en sind Remissionen dur ch primäre Irradiatio möglich. Wir berichten von einem Fall einer 83jährigen Patientin mit einem histologisch und immunhistochemisch gesichert en Melanom der Cervix ut eri Stadium FIGO 111 AB. Unter kombinierter Strahlentherapie wurde eine Vollremission er re icht, dennoch sta rb die Patientin nach 15 Monat en an den Folgen der ma lignen Erkrankun g.

Der Anteil der malignen Melanome an allen Neoplasien betr ägt 1 %. davon sind bei weiblichen Patienten 3 % im Genita ltrakt lokaiisiert (Arie l 1981) . Meist handelt es sich dab ei um Melanome der Vulva. Hingegen wurden seit 1889 nur 29 Fallberichte über Mela nome und Melanommetastasen der Zervix veröffentlicht. Wir berichten üb er einen Fall eines Melanomes der Cervix uteri , stellen Gen ese, Diagnostik und Therapi e zur Diskussion und geb en eine Literaturübersicht. Fallbericht Eine 83jährige Patientin in gutem Allgemeinzustand wird unt er dem Verdacht eines Zervixkarzinoms mit einer vaginalen Blutun g eingewiese n. Die Portio ist dur ch einen auf Berührung blutenden . zum Teil zerfallenden Fremd gewebsbezirk er setzt, das linke Parametrium ist verdickt und infiltriert. an der Beckenw and findet sich eine Auflagerung. Es wird die klinisch e Diagnose eines Zervixkarzinoms Stadium FIGO 11I AB gestellt. Die histologische Unters uchung einer Geweb sprobe ergibt ein a na plastisches Tumorgewebe mit mäß ig groß en Zellen. großen polygonalen Kern en und reich lich path ologischen Mitosen sowie spindelzelligen Formationen . Der histopathologische Befund stellt aufgrund von immunhistologischen Unters uchungen mit Anti-Keratin HMW(Enzo. NY, USA) (zum Ausschluß eines epithe lialen Urs prunges) sowie Anti-S-l00 (Dakopatts, Glostrup , Dän emark) die Diagno se eines spindelzelligen Melanom s der Zervix. Die lmmun histochemie wurde wie bereits beschrieben durchgeführt (Gits ch und Mitarb . 1992) .

Geburtsh. u. Fraue nheilk. 52 (1992) 367-368 © Georg Thieme Verlag Stuttgart . New York

Primary Mel anoma of the Cervix Ute ri Stage Figo III Malignant melanoma of the uterine cervix is a rare neoplasm with poor prognosis. Diagnosis is confirmed by immunohistochemi cai methods and by exclusion of oth er primaries. The common treatment is radical surgery. In a dvanced stag es, primary irradiation can be successful. We report on a cas e of an 83 years old pati ent, suffer ing from a maiignant melanoma of the uterine cervix FIGO III AB. diagnosed by histo logical and immunohistochemical methods. Due to combined irr adiation, complete remission of th e tumour was achieved. Nevertheless , th e patient died of th e malignancy 15 months later.

Eine durch derm atologische und ophthalmologische Konsilien durchgeführte Suche nach einem möglichen Primärherd bleibt ergebnislos, ebenso bieten Inspektion der Vulva sowie Irrigoskopie keinen ents prechenden Befund . Eine Zystoskopie ergibt keinen Hinweis auf lngressio. Das Thoraxröntgen bietet ein alterse ntsprechendes unauffälliges Bild. Es wird eine kombinierte Strahlentherap ie mit 3 Kontaktbestrah lungen ä 2160 mgh sowie eine bisektorale Pende lung mit 4200 rad durchgeflihrt . 6 Wochen na ch Therapiebe ginn kommt es, bei nicht infiltriert en Fomlces und Parametrien sowie formierter Portio. zu dem klinischen Bild einer Vollremission . 5 Monate nach Therapiebeginn wird bei einer Kontrolle ein 1 cm im Durchmesser haltend er Fremd gewebsb ezirk a n der Porti o festgestellt. die Parametri en sind infiltriert. Bei der rekta len Unters uchung wird der Tumor bis an die Beckenwand reichend beschrieben. die Rektumschleimhaut ist derb infiltriert . Gewebsproben werden entnommen, der Rezidivtumor wird mit einem Vulva-Damm-Feld von 3500 und 4200 rad bestrahlt. es kommt a bermals zu einer Abnahme des Infiltr ates. Der histologische Befund bestä tigt die Diagnose. Ein Monat später wird am Introitus ein 1 cm im Durchmesser haltender derber Knoten von blauschwarzer Farbe beschrieben . Inguinal links flndet sich ein indolenter vergrößerte r Lymphknoten . Da die 83jährige Patientin str ahlenmäßig völlig ausgelastet ist wird auf eine weitere Therapie verzichtet. 8 Monate nach Therap iebeginn zeigt sich im Thoraxröntgen ein Rundherd von 10 mm Durchm esser, eine Zystoskopie zeigt im Trigonumbereich mehrere blauweißliche Fremdgewebsbezirke. 15 Monate nach Therapiebeginn stirbt die Patienti n in einer auswä rtigen Krankena nstalt an den Folgen der malignen Erkrankung. Eine Obduktion wurd e nicht durchgeführt .

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Zusammenfassung

Geburtsh. u. Frauenheilk. 52 (1992)

Disk ussion Da die meisten Melanome des weib lichen Genitaltraktes an der Vulva auftreten. vertreten manch e Autoren die Mein ung. daß da s Melan om der Zervix dur ch lymp hogene Absiedelung von der Vulva entste ht (Simmo ns u. Roches ter 195 6, Morrow u. Di Saia 1976). An eine Absiedelung von einem ame lanotischen Primärherd ist ebenfa lls zu denk en tPuri u. Mitarb. 197 6). In 6 in der Literatur dokumentierten Fällen wurde die metasta tische Gen es e auf lymphogenem und hämatogen em W eg besch rie ben (Morde/ u. Mitarb. 1989). Arbeiten von Cid (1959) sowie von Stegner (1959) zeigten das Vorhanden sein von Melanozyten in 3.5 % von ansonste n unauffä lhgen Zervizes auf. neuere Arbeiten berichten von einer benignen Melanose der Zervix und der Vagina (Tsakud a 197 6) sowie von dermalen Melanozytenanhäufungen in der Zervix bei 8,6 % de r japa nischen Frauen iUehara u. Mitarb. 199 1). Urspru ng dieser Melanozyten ist vermutlich die Neuralleiste. Die Nähe von perip her en Nervenfasern und die Expression von S-IOO-Protein sind Indizien dafür tUehara u. Mitarb. 1991 ). Die Patientinn en präs entieren sich mit un char akt eristischen vaginalen sowie Kontaktblutungen, ver einzelt wird gelbliche r Ausfluß bes chri eben (Wimmhö[er u. Stoll 195 4, Hall u. Mitarb . 1980. Morde/ u. Mitarb. 1989), bei der Spiegeluntersuchung zeigt sich meist ein exophytisch wachse nder Tumor, oft von inhom ogener Farbe. Weg en des meist uncharakteristisc hen histopathologisehen Bildes von un differenzierten polygonalen und spin deligen Zellen ist beim Fehlen von Pigment eine immunhistochernische Sicherung mit S- 1OO-Protein unerläßli ch (Yu u. Ketab chi 1987, S antoso u. Mitarb . 1990). Die zytologische Diagnosesicherung ist schwi erig. da die ame lanotisehe n Spind elzellen als zu einem Leiomyosarkom gehörend interpretiert werden könnten (Holmquist u. Torr es 1988). Zum Aussc hluß eines andere n Primärherd es ist die genaue Inspektion der Vulva, die Kontrolle aller zugänglichen Schleimhäute, eine gewissenhafte dermatologische Untersuchung sowie die Kontrolle des Augenhinter grun des notwendi g. Histologisch soll junktionale Aktivität vorliegen. bei Metastasen ist das Verteilungsmuster zu beachten tNorris u. Tay /or 1966). Der Inzidenzgipfel liegt beim Melan om der Zervix zwis chen 60 und 70 Jahren (Morde/ u. Mitarb . 1989). Es wird die Klassifikation nach FIGO und nicht die dermatologische Einte ilung nach C/ark oder Bres/ow zur Anwen dung gebracht. 94 % der Melanome werden in den Stadien I und 11 entdeckt, die 5-Jahresübe rlebensrate ist mit 40 % im Stadium I, 14 % im Stad ium 11 und 0 % im Stadium 111 beim Melano m trotz der früh eren Entdekkung gegenübe r dem Platten epithelkarzinom drastisch schlechter (Morde / u. Mitarb. 1989). Die meisten Melanome der Zervix wurden chiru rgisch unt erschiedlich radik al th erap iert. Das zumeist praktizierte Verfahren ist die Totalexstirpation von Uterus und Adnexen , in den letzten Jahren meist mit Lymphad en ektomie. Ergän zend zur chirurgischen Therapie wurde auch postop erativ bestrahlt (Wimhöf er u. S toll 1954 , Cadek 1966). Der therap eutische Wert der Che motherapie beim Melanom der Cervix uteri ist nicht bewiesen (Ho/mquist u. Torres 1988, Puri u. Mitarb. 1976) . Primäre radiologische Therapie wurde mehrfach wie in

E. Jou ra et a/. unserem Fall bei fortgeschrittenen Stadien angew endet (Stegne r 1959 , Abell 1961 , Ho/mquist u. Torres 1988. Owe ns u. Mitarb. 1988). Remissionen sind nur bei Owe ns und in unserem Fall dokumentiert. In den fortgeschrittenen Stadien ist die Bestrahlung das Mittel der Wahl. Zwar gilt das Melanom als strahlenresiste nt , die Arbeit von Harw ood und Cum mings (1982) wies jedoch einen thera peutis chen Effekt bei Melanomen nach. Unsere Erfahrung mit der komb iniert en Bestr ahl ung. die eine klinische Vollremission brachte. bestä tigt dies. U te ratur 1 Ab ell,

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[Primary Figo stage III melanoma of the uterine cervix].

Malignant melanoma of the uterine cervix is a rare neoplasm with poor prognosis. Diagnosis is confirmed by immunohistochemical methods and by exclusio...
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