Leitthema Hautarzt 2015 DOI 10.1007/s00105-015-3584-2 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

A. Bauer · S. Beissert · P. Knuschke Klinik und Poliklinik für Dermatologie, UniversitätsAllergieZentrum, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland

Prävention von durch berufliche solare UV-Exposition bedingtem epithelialem Hautkrebs Natürliche, solare UV-Exposition ist der Hauptrisikofaktor für die Entstehung von aktinischen Keratosen, Plattenepithelkarzinomen und Basalzellkarzinomen. UV-Schutzkampagnen der letzten Jahre fokussierten nahezu ausschließlich auf die Hautkrebsprävention in der Freizeit. Mit Aufnahme der neuen Berufskrankheit (BK) 5103 „Plattenepithelkarzinome und multiple aktinische Keratosen durch solare UV-Exposition“ in die Liste der Berufskrankheiten zum 01.01.2015 rückt die Prävention von durch berufliche solare UV-Exposition bedingtem epithelialem Hautkrebs ganz aktuell in den Fokus.

Prävention durch technisch organisatorische Maßnahmen Effektive primäre Prävention von berufsbedingten, durch solare UV-Exposition induzierten chronischen Lichtschäden, Plattenepithelkarzinomen, deren Vorstufen und Basalzellkarzinomen beinhalten technische und/oder organisatorische Maßnahmen, die die Exposition primär limitieren. Sinnvolle Maßnahmen sind z. B. die Vermeidung der Exposition in der Mittagszeit oder die Verwendung von Sonnenschirmen auf mobilen Baustellen, von Sonnensegeln in Kindergärten sowie die Überdachung von Außenarbeitsplätzen zur Schattenbildung. Darüber hinaus können UV-absorbierende Gläser oder Folien die UV-Exposition von Fahrzeugführern effektiv reduzieren. Idealerweise sollte durch Umorganisation der Arbeitszeit mit frühem Arbeitsbeginn und spätem Arbeitsende die direkte Sonnenexposition zwischen 11.00 und 15.00 Uhr ver-

mieden werden. Damit könnte der Zeitraum, der rund 50 % der solaren Tageseinstrahlung ausmacht, ausgespart werden. Bei teilweise im Freien Beschäftigten sollte um die Mittagszeit bevorzugt in Innenräumen gearbeitet werden. Für alle im Freien Tätigen sollte die Mittagspause in der Zeit der höchsten Sonnenexposition in geschlossenen Räumen stattfinden [33]. Um zu gewährleisten, dass die genannten technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen auch umgesetzt werden, sind regelmäßige Unterweisungen über die Gefährdung der Haut durch langjährige Sonneneinstrahlung wichtig, um ein Risikobewusstsein bei den Außenarbeitern zu induzieren. Da in vielen Außenberufen technische sowie organisatorische Maßnahmen nur zum Teil umsetzbar sind, hat die richtige und regelmäßige Anwendung individueller Schutzkomponenten hohe Priorität.

Prävention durch individuelle Schutzmaßnahmen Persönliche Schutzmaßnahmen umfassen die Verwendung von textilem Lichtschutz durch Kleidung und Kopfbedeckung, die Verwendung von Sonnenschutzbrillen und Sonnenschutzmitteln mit hohem Lichtschutz im UVB- und UVA-Bereich durch photostabile Breitbandfiltersysteme und eine an die Anforderungen des Außenberufs angepasste Textur, damit eine optimale Verteilung des Sonnenschutzmittels auf der Haut gewährleistet ist [4, 12, 27]. Zusammengefasst werden die genannten Maßnahmen in der 4 H-Regel: Hemd, Hose, Hut, hoher Sonnenschutz.

Textiler Lichtschutz Geeignete Schutzkleidung ist langärmelig, ohne weiten Ausschnitt und verfügt über einen ausreichenden UV-Schutzfaktor (UPF). Teilweise werden Textilien bereits unter Angaben des UV-Schutzfaktors angeboten. Zum UV-Schutz des Schulterbereichs sollte ein UPF 50 am Außenarbeitsplatz in Deutschland gewährleistet sein [22]. In Laboruntersuchungen in vitro und in vivo sowie in Feldversuchen bei Außenbeschäftigten über 18 Wochen wurden die UV-Schutzfaktoren an Oberbekleidungstextilien aus unterschiedlichen Materialien bestimmt. Problematisch ist, dass die UPF-Bestimmung am Textilmaterial nach australisch/neuseeländischem und auch nach europäischem Standard an fabrikneuem Material, im entspannten Zustand bei senkrechter Durchstrahlung gemessen wird. Waschen, Abnutzung, aber insbesondere Dehnen des Materials beeinflussen den UPF. In einem institutsinternen Standard (UV-Standard 801 der Textilforschungsinstitute Hohnstein) erfolgen UPF-Bestimmungen unter Einschluss dieser Faktoren. Ein weiterer, in diesen Bestimmungsmethoden nicht berücksichtigter Faktor ist, dass sich der UPF abhängig von Einfallswinkel der Strahlung ändern (sinken) kann. Die von Knuschke et al. [22] untersuchten Oberbekleidungen aus Baumwolle, Polyester sowie Mischgeweben aus den genannten Stoffen und aus Viskose zeigten jeweils UPFs von > 50. Lediglich ein T-Shirt aus Polyester, das einen UPF 15 auswies, bestätigte sich in der Messung mit diesem niedrigen Wert. Eingeschlossen waren auch 2 Entwicklungsmuster langärmliger Berufsbekleidungsoberteile als Poloshirts Der Hautarzt X · 2015 

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Leitthema speziell mit hohem UPF für extreme solare Expositionsbedingungen am Arbeitsplatz [22].

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Textilien, die homogen kein Licht durchscheinen lassen, haben einen UPF ≥ 50 Für den mitteleuropäischen Außenarbeitsplatz kann gelten, dass Textilien ohne ausgewiesenen UPF, die homogen kein Licht durchscheinen lassen, auch einen ausreichenden UV-Schutz im Bereich UPF ≥ 50 gewährleisten.

Kopfbedeckungen und Helme Bei Kopfbedeckungen ohne Helmpflicht sind Mützen/Hüte mit breiten Krempen vorzuziehen. Damit kann für den Gesicht-/Stirnbereich, für Ohren, Hals und Nacken eine Reduktion der UV-Exposition auf rund 5 % erreicht werden. Die umlaufende, möglichst herabgezogene Krempe (wie bei den sog. Fischermützen) ist noch günstiger als Mützen mit Schirm und Nackentuch, falls dieses Nackentuch den Wangenbereich ungeschützt lässt. An Außenarbeitsplätzen mit Helmpflicht sind Gesicht, Ohren, Hals und Nacken bezüglich der solaren UV-Strahlung durch den Standardschutzhelm praktisch ungeschützt. Schutzhelme mit breiter Krempe (Blendring mit 8 cm Breite) – in der Art der Schutzhelme auf Ölfeldern oder der Feuerwehr in den USA – bieten eine gute UV-Expositionsreduktion auf

[Prevention of occupational solar UV radiation-induced epithelial skin cancer].

Malignancies of the skin, with an incidence of more than 200,000 newly registered cases/year, are the most frequently notified malignances in Germany...
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