Schwerpunkt Herz 2015 · 40:8–15 DOI 10.1007/s00059-014-4199-6 Online publiziert: 23. Januar 2015 © Urban & Vogel 2015

R.B. Schnabel1, 2 · S.S. Johannsen1, 2 · P.S. Wild3, 4, 5 · S. Blankenberg1, 2 1 Abteilung für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie, Universitäres Herzzentrum Hamburg, Hamburg 2 Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), Standort Hamburg, Hamburg/Kiel/Lübeck 3 Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz 4 Centrum für Thrombose und Hämostase, Universitätsmedizin Mainz, Mainz 5 Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), Standort

Rhein/Main, Bad Nauheim/Frankfurt a.M./Mainz

Prävalenz und Risikofaktoren von Vorhofflimmern in Deutschland Daten aus der Gutenberg Health Study

Abkürzungen BMI EKG FA LV Ejektionsfraktion LVEDd IVSd

Body-Mass-Index Elektrokardiogramm Familienanamnese Linksventrikuläre Ejektionsfraktion Linksventrikulärer enddiastolischer Diameter Interventrikuläre Septumdicke enddiastolisch

Vorhofflimmern (VHF) gehört weltweit zu den häufigsten Ursachen, die der Mor­ talität älterer Individuen zugrunde liegt oder zumindest beiträgt [1]. Die Inzidenz ist hoch, und die Prävalenz steigt [2], so­ dass eine zunehmende klinische und ge­ sundheitsökonomische Belastung durch VHF zu erwarten ist [3]. Es sind unter­ schiedliche kardiovaskuläre Risikofakto­ ren und Erkrankungen konsistent im Zu­ sammenhang mit VHF in der Allgemein­ bevölkerung beschrieben worden [4]. So sind Alter, männliches Geschlecht, lang­ jähriger Hypertonus und Adipositas star­ ke Prädiktoren der Rhythmusstörung. Weiterhin gehen kardiovaskuläre Erkran­ kungen, insbesondere Herzinsuffizienz, Herzklappenerkrankungen und Myo­ kardinfarkt, mit einem deutlich erhöh­ ten Risiko für VHF einher [5]. Aufgrund des verbesserten Überlebens mit kardia­ len Erkrankungen nimmt die Zahl an In­ dividuen mit diesen Grunderkrankungen und damit zusammenhängendem erhöh­

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ten Risiko für VHF in der Bevölkerung zu. Die Therapie von VHF zielt auf die Ver­ meidung von Komplikationen und die Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität ab. So wird eine orale Antikoagulation zur Reduktion thromb­ embolischer Ereignisse derzeit bei bereits gering erhöhtem Schlaganfallrisiko emp­ fohlen [6]. Aktuelle, repräsentative Daten in Be­ zug auf Risikofaktoren, Prävalenz und medikamentöse Therapie von VHF in der ambulanten Bevölkerung mittleren Alters sind jedoch rar. Die Gutenberg Health Study ist eine mitteleuropäische popula­ tionsbasierte Kohorte, die eine wenig ver­ zerrte Beschreibung bekannter Risiko­ faktoren für VHF und prädisponierende Erkrankungen ermöglicht sowie die Ab­ schätzung des Risikos für Folgeerkran­ kungen wie Schlaganfall bestimmen lässt. Zudem lässt sich die Bedeutung der Ri­ sikofaktoren in ihrem Anteil am popula­ tionsbezogenen Risiko darstellen.

Methoden Studiendesign Die vorgestellten Analysen basieren auf den ersten 10.000 konsekutiven Teilneh­ mern der Gutenberg Health Study [7]. Die prospektive Kohorte umfasst zufällig ausgewählte Individuen der Allgemein­ bevölkerung im Alter von 35 bis 74 Jah­ ren aus der Region Mainz/Bingen, strati­ fiziert nach Altersdekaden mit 50% Frau­

enanteil. Die Studie wird an der Univer­ sitätsmedizin Mainz durchgeführt. Wäh­ rend einer 5-stündigen Untersuchung wurden umfassende Information zu An­ thropometrie erfasst und die kardiovasku­ lären Risikofaktoren in einem standardi­ sierten Interview erhoben. Die Definition der Risikofaktoren für die aktuellen Analysen lautet wie folgt: F Rauchen wird klassifiziert in Nicht­ raucher (nie und ehemaliges Rau­ chen) und Raucher. F Alkoholkonsum wird anamnestisch erfasst und in g/Tag umgerechnet. Ein Alkoholkonsum von >40 g/Tag bei Frauen und >60 g/Tag bei Männern wird als Alkoholabusus bezeichnet. F Medikamente werden anamnestisch und anhand der mitgebrachten Me­ dikamentenverpackungen erfasst. Es wurden Medikamentengruppen ge­ bildet, die kardiale Medikation [C01– C10, amtlicher ATC-Index mit DDD (definierte Tagesdosis)-Angaben, 2012] gerinnungshemmende Medika­ tion, Antiarrhythmika (ohne Betablo­ cker) und Schilddrüsenmedikamente umfassen. F Diabetes mellitus wird angenommen, wenn eine ärztliche Diagnose eines Diabetes vorliegt und/oder die Nüch­ ternglukose ≥126 mg/dl (Minimum 8 h Nüchternheit) oder ein zufälliger Blutglukosewert ≥200 mg/dl während des Klinikbesuchs gemessen wird. F Die Dyslipidämie wird definiert als ärztliche Diagnose einer Dyslipidä­

Schwerpunkt Tab. 1  Charakteristika der Studienkohorte entsprechend Vorhofflimmer (VHF)-Status Variable Kardiovaskuläre Risikofaktoren Alter, Jahre Body-Mass-Index, kg/m2 Rauchen, n Alkoholabusus, n Systolischer Blutdruck, mmHg Hypertonie, n Dyslipidämie, n Diabetes, n Familienanamnese Myokardinfarkt, n Kardiovaskuläre Erkrankungen Kardiovaskuläre Erkrankungen, n Schlaganfall, n Herzinsuffizienz, n Medizinische Untersuchungen Anzahl medizinischer Untersuchungen in den letzten 4 Wochen Medikation Kardiale Medikamente, n Gerinnungshemmende Medikamente, n Antiarrhythmische Medikamente, n Schilddrüsenmedikamente, n Antidiabetische Medikamente, n Kardiale Struktur und Funktion LVEDd, cm IVSd, cm Linksventrikuläre Wandmasse, g Linksventrikuläre Hypertrophie, n Enddiastolisches Volumen, ml Linksventrikuläre Ejektionsfraktion, %

VHF (n=309)

Kein VHF (n=9679)

p-Wert

67 (60–71) 28 (26–32) 41 (13,4%) 12 (3,9%) 132 (119–144) 223 (72,2%) 126 (40,9%) 18 (5,8%) 59 (19,1%)

55 (46–64) 27 (24–30) 1870 (19,4%) 313 (3,2%) 130 (120–143) 4961 (51,3%) 2800 (29,0%) 275 (2,8%) 1643 (17,0%)

[Prevalence and risk factors of atrial fibrillation in Germany : data from the Gutenberg Health Study].

Atrial fibrillation (AF) is a disease with increasing clinical and public health importance. We describe the prevalence of AF, the current distributio...
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