11376

Wilnis u. a.: I'ostanastoniotische Nierenarterienstenose nach Nierentransplantation

Deutsche Medizinische Wochenschrift

Dtsch. med. Wschr. loo (1975), 1376-1377 © Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Die postanastomotische Nierenarterienstenose nach Nierentranspiantation

Postanastomotic renal-artery stenosis after renal transplantation

particular kind of renal-artery stenosis was observed in three of 60 renal transplantations performed between 1969 and 1974. It was always 1.0-1.5 cm distal to the anastomosis and, as histological examination demonstrated, was definitely due to vessel injury after removal of the transplant. To avoid it the proximal arterial stump should be cut off before transplantation. The postanastomotic region must be dissected free during the operation and an cxtendcd graft venoplasty or sleeve resection performed.

Chirurgische Universitätsklinik (Direktor: Prof. Dr. M. Schwaiger(, Dialyseabteilung an der Medizinischen Universitäts.Poliklinik (Direktor: Prof. Dr. H. Sarre) und Pathologisches Institut der Universität (Direktor: Prof. Dr. W. Sandritter) Freiburg ins breisgau

Bei drei von 60 Nierentranspiantationen aus den Jahren 1969-1974 fand sich eine besondere Form der Niere narterienstenose. Sie lag immer 1-1,5 cm distal der Anastomose und ist, wie die histologischen Unter-

suchungen zeigen, eindeutig auf Verletzungen nach der Transplantatentnahme zurückzuführen. Zur Vermeidung der Stenosierung wird empfohlen, vor der Transplantation den proximalen Arterienstumpf zu resezieren. Bei der operativen Behandlung ist es wichtig, den postanastomotischen Bezirk freizulegen und mit einer erweiternden Venenpatchplastik zu versorgen oder eine Mans chettenresektion durchzuführen. Eine der möglichen postopérativen Komplikationen nach Nierentranspiantationen ist ein weitgehend therapieresistenter Hypertonus, dessen Ursache vielschichtig sein

kann: bedingt durch die eigenen Nieren bei nicht nephrektomierten Patinten, Auftreten einer Glomerulonephritis im transpiantierten Organ, vaskuläre Veränderungen bei chronischer Abstoßung, Stenose im Anastomosenbereich der transpiantierten A. renalis und S. eine Stenose etwa 1,5 cm distal einer regelrecht angelegten Anastomose (7). Von letzterer soll hier die Rede sein.

Eigene Beobachtungen Wir beobachteten drei Patienten (Tabelle 1), bei denen S Monate bis anderthalb Jahre nach der Transplantation ein maligner Hypertonus auftrat, dessen Ursache ausschließlich postanastomotische Stenosen waren. Der Nachweis konnte in zwei Fällen röntgenologisch erbracht werden (Abbildung 1*). In einem Falle erfolgte er erst bei der Obduktion, nachdem der Patient an einem rupturierten Aortenaneurysma vom Typ I (2) gestorben war. Die Therapie in den beiden übrigen diagnostizierten Fällen bestand in einer operativen Intervention: Einmal wurde eine Venenpatchplastik durchgeführt, das andere Mal kam es lediglich zu einer Probefreilegung, da intraoperativ die Stenose in der trans*

Abbildungen 1-4 siehe Tafel Seite 1381 und 1382

plantierten A. renalis palpatorisch nicht feststellbar war und wir externe Narbenbildungen als Stenoseursache heranzogen. Eine Patientin (Fall 2) mußte kurz nach der Operation wegen einer Arteriothrombose nephrektomiert werden. Ein Patient (Fall 3) starb wenige Wochen postoprativ an den Folgen des malignen Hypertonus im Linksherzversagen. Aufschluß über Lokalisation, Art und Ursache bot in allen drei Fällen neben der Angiographie und der Plasma-Renin-Bestimmung die feingewebliche Aufarbeitung: Die Stenose fand sich immer 1-1,5 cm distal der Nahtstelle mit fast völligem Verschluß des Gefäßlumens. Die Anastomose zwischen transplantierter A. renalis und Empfänger-A.-iliaca zeigte in allen drei Fällen regelrechte Weite. An den Gefäßnähten waren kleine Fremdkörperriesenzellgranulome festzustellen. Eine nennenswerte Abstoßungsreaktion (1, 8) konnte weder im Bereich der Naht noch im Nierenparenchym nachgewiesen werden. Auffallend waren die abrupte Zerstörung der Lamina elastica interna (Abbildung 2) und der Intima mit den geflechtartigen Intimanarben, die teils fibroblastenreich, teils fibrillär zellarm war, die Neubildung von besenreiserartigen elastischen Fasern in den Intimanarben (Abbildung 3), die Neubildung von glatten Muskelfasern in der Intima bei gleichzeitiger Atrophie der muskulären und elastischen Elemente in der Muscularis sowie die ausgesprochene adventitielle und periadventitielle Fibrose mit einer fast vollständigen Ummauerung der A. renalis (Abbildung 4).

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A

H. Wilms, H.-J. Halbfaß, V. Heinze und Ch. Mittermayer

2.5, 20.

Tab.

1.

Juni 1975, 100. Jg.

Daten der drei Patienten mit postanastomotischer Nierenarterienstenose Initialen,

Fall

Perfusionstechnik

Datum der Transplantation

Anastomosentechnik

Auftreten des Hypertonus

Transplantatfunktion

Operation

Sch. J. 1937

Schwerkraft

18. 4. 1970

End-zu-End

Oktober 1971

gut

-

Ze. E.

GambroMaschine

12. 2. 1972

Schwerkraft

10. 9. 1973

Geschlecht,

Geburtsjahr 1

2

1936 3

I 377

Wilms u. a.: Postanastomotische Nierenarterienstenose nach Nierentranspiantation

Wa. L.

¿

Ergebnis

gestorben 14. 7. 1972

End-zu-End

Juni 1972

gut

1. 12. 1972

Nephrek-

tomie End-zu-Seit

Februar 1974

-

gut

1937

Diskussion Diese Befunde sprechen für eine traumatische Genese der Stenose. Die pathologisch-anatomischen Befunde (6) und die Heilung einer Gefäßverletzung wurden teilweise noch im vorigen Jahrhundert beschrieben (S). Sie gleichen den bei unseren Patienten vorliegeñden weitgehend. Die traùmatische Schädigung unterscheidet sich eindeutig von der Transplantationsreaktion (3, 4). Unabhängig von der Anastomosenart, ob End-zu-End (an die A. iliaca interna) oder End-zu-Seit mit Implantation eines großen Arterienpatches in die A. iliaca communis, trat die Stenose jeweils an der gleichen Stelle auf. Eine Stenôse aufgrund eines unphysiologischen Nierenarterienabganges mit Umwandlung des laminaren Blutstromes in eine turbulente Strömung hinter der Gefäßanastomose mit vermehrter Thrombenabscheidung (9) ist als alleinige Ursache unwahrscheinlich. Gegen diese Entstehungstheorie spricht der histologische Nachweis einer traumatischen Schädigung der Arterie. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist die Stenose direkt mechanisch bedingt, denn nach der Entnahme des Spenderorgans wird ein Endloch-Katheter oder ein TeflonZwischenstück etwa 1,5 cm tief in die A. renalis eingeführt. Arterie und Katheter werden durch zwei, beide umfassende Finger oder ein Bändchen fixiert, entweder zum Zwecke der Schwerkraftperfusion oder der Dauerperfusion. Hierdurch kommt es dann zur Reaktion an typischer Stelle. Da bei der Organentnahme prinzipiell solche Verletzungen möglich sind, sollte man im Zweifelsfall eine Resektion einer knapp 2 cm langen Manschette der zu transplantierenden Arterie vornehmen, denn histologische Untersuchungen einer solchen Manschette zeigen eindeutig frische Verletzungen der Gefäßinnenwand, eine Zerstörung der Lamina elastica sowie frische, wandhaf tende Thromben. Erwägenswert wird in Zukunft auch die intravitale Schneildarstellung der Gefäßinnenwand mit Intravital-

gestorben 24. 4. 1974

farbstoffen sein. Allerdings fehlt uns hierzu die Erfahrung. Hat sich nach der Transplantation ein Hypertonus entwickelt, so ist die frühzeitige angiographische Darstellung der Transpiantatarterie mittels Seldinger-Kathetertechnik über die kontralaterale A. femoralis anzustreben. Unerläßlich ist hierbei die Darstellung in zwei Ebenen, um eine eventuelle Kontrastmittelüberlagerung im antero-posterioren Bild zu vermeiden. Wird ein operatives Vorgehen durchgeführt, sollte man unbedingt den Arterienbezirk distal der Anastomose freipräparieren und wenn möglich eine Manschettenresektion durchführen, andernfalls ist die erweiternde Venenpatchplastik das Mittel der Wahl. Die Angiographien (Abbildung 1) wurden vom Institut für Röntgendiagnostik (Direktor: Prof. Dr. W. Wenz) der Universität Freiburg zur Verfügung gestellt. Jacobsthal, H.: Zur Histologie der Arteriennaht. Bruns' Beitr. kim. Chir.

Literatur

(S)

Corson, J. M.: The pathologist and the kidney transplantat. Pathology Annual 7 (1972), 251. De Bakey, M. E., W. S. Henley, D. A. Cooley, E. S. Crawford, G. C. Morris: Surgical treatment of dissecting aneurysm of the aorta. Analysis of 72 cases. Circulation 24 (1961), 290. Enderlen, J., H. Borst: Transplantation von Gefäßen und ganzen Organen. Verh. dtsch. Ges. Path.

27 (1900), 199.

13 (1909), 126.

Fabris, A.: Experimentelle Untersuchungen über die Pathogenese der Aneurysmen. Virchows Arch. path. Anat. 165 (1901), 439.

Jassanowskí, A.: Die Arteriennaht. Inauguraidissertation, Dorpat 1881. Rapaport, F. T., J. Dausset: Human Transplantation (Grune & Stratton: New York 1968), 127. Taylor, N-E.: Pathology of organ transplantation in man. Pathology Annual 7 (1972), 173. Wilms, H., U. Goerttler, G. Spiliner, R. Müllensiefen, V. Schlosser: Rezidivverschiüsse nach

Revascularisationseingriffen wegen chronisch arterieller Verschlußkrankheit. Chirurg 45 (1974), 395.

Dr. H. Wilms, Dozent Dr. H.-J. Halbfaß Chirurgische Universitätsklinik 78 Freiburg, Hugstetter Str. 55 Prof. Dr. V. Heinze Dialyseabteilung der Medizinischen Universitäts-Poliklinik 78 Freiburg, Hermann-Herder-Str. 6 Prof. Dr. Ch. Mittermayer Pathologisches Institut der Universität 78 Freiburg, Albertstr. 19

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Nr.

1381 Zur Arbeit \Vilrns u. a. (Seite 1376-1377)

Eindeutige Nierenarterienstenose distal der Gefäßanastornose im Fall 3 (a) und FaIl 2 (b). Das Lumen ist in beiden Fallen auf tiber Kontrastmitteliiberlagerungen zu vermeiden, ist die seitliche Ebene unerläglich. Verschiedene Anastomosentechnik: Endzu-Seit-Anastomose (a) und End-zu-End-Anastomose mit der A. haca interna (oberer Pfeil: Anastomose, unterer Pfeil: Stenose). Abb.

1.

500/o eingeengt. Um

Abb. 2. Fall 3: Abrupte Zerstörung der Lamina elastica interna sowie der Intima mit den geflechtartigen Narben. Elastica-vaii-Gieson,

90:

1.

Abb. 3. Fall 3: Auffallend ist die zerstörte Intima. Besenreiserarrige Neubildung elastischer Fasern. Appositionsthromben, der zerstörten Intima aufliegend. Die Adventitia ist ausgedehnt vernarbr. Elasticavan-Gieson, 22: 1.

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Die postanastomotische Nicrenarterienstenose nach Nierentranspiantation

I 382. Zur Arbeit Wilms u. a. (Seite 1376-1377)

Die postanastomotische Nierenarterienstenose nach Nierentranspiantation

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Abb. 4. Fall 3: Obersichtsaufnahmc des Stenosenbereiches im Querschnitt. Fast volistandiger Verschluß des Lumens. Ausgeprägte adventitielle und periadventitielle Fibrose. Elastica-van-Gieson, .36: 1.

[Postanastomotic renal-artery stenosis after renal transplantation].

A particular kind of renal-artery stenosis was observed in three of 60 renal transplantations performed between 1969 and 1974. It was always 1.0-1.5 c...
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