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Nachbehandlung nach nicht penetrierender Glaukomchirurgie: die Goniopunktion

Autoren

C. Gesser, M. Klemm

Institut

Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg

Schlüsselwörter " Glaukom l " Goniopunktion l " tiefe Sklerektomie l " Nd : YAG‑Laser l

Zusammenfassung

Abstract

!

!

Nicht penetrierende drucksenkende Eingriffe wurden als Alternative zur Trabekulektomie entwickelt, da diese durch die fehlende Vorderkammereröffnung ein deutlich geringeres Nebenwirkungsprofil versprechen. Bei dem häufigsten nicht penetrierenden Eingriff, der tiefen Sklerektomie, wird unter einem oberflächlichen Skleradeckel ein tiefer Skleradeckel präpariert. Dabei wird der Schlemm-Kanal entdacht und es entsteht ein Trabekulodescemetʼsches Fenster, durch das Kammerwasser unter den Skleradeckel und die Bindehaut sickert. Steigt im postoperativen Verlauf der Augeninnendruck erneut an, kann dies auf einen zu hohen Abflusswiderstand im Bereich des Trabekulodescemetʼschen Fensters zurückzuführen sein. Der erhöhte Abflusswiderstand kann durch die Goniopunktion, die bei den meisten Operateuren bei über 50 % der operierten Augen durchgeführt wird, gesenkt werden. Bei dem Standardverfahren werden mit einem Nd : YAG-Laser der Wellenlänge 1064 nm Mikroperforationen im Trabekulodescemetʼschen Fenster erzeugt. In seltenen Fällen kann es als Komplikation der Goniopunktion zu einer Irisinkarzeration in das Trabekulodescemetʼsche Fenster kommen. Erste Studien zeigen, dass eine Goniopunktion mit einem frequenzverdoppelten 532 nm Nd : YAG-Laser (SLT) ähnlich effektiv ist und eventuell diese Komplikation verhindern kann. Bei der Viskokanalostomie und der Kanaloplastik erfolgt die Senkung des intraokularen Druckes primär durch eine Verbesserung des Kammerwasserabflusses durch den Schlemm-Kanal in die episkleralen Venen. Primär wird keine Ausbildung eines Sickerkissens angestrebt. Die Goniopunktion kann nach diesen Verfahren erfolgreich angewendet werden, auch wenn dies in der Praxis seltener geschieht als bei der tiefen Sklerektomie. Zusammenfassend ist das Mittel der Wahl zur Senkung des Augeninnendrucks nach nicht pene-

Non-penetrating glaucoma surgery was primarily developed as an alternative to the widely applied trabeculectomy. Since the anterior chamber in non-penetrating surgery is not directly opened, common postoperative complications such as hypotony are rare. The most frequently applied technique in this group is the deep sclerectomy. After having prepared a superficial scleral flap a deeper scleral flap is performed and excised unroofing Schlemmʼs canal. The trabecular meshwork is then peeled leaving a residual trabeculodescemet membrane. As a consequence aqueous humour diffuses via the trabeculodescemet membrane under the scleral flap and subsequently under the conjunctiva. One of the reasons for a postoperatively high IOP is seen in the resistance of the residual trabculodescemet membrane. A solution to this problem lies in its puncture, the so-called goniopuncture. Goniopunctures are done in approximately 50 % of cases after deep sclerectomy and are also applied in cases of canaloplasty and viscocanaloplasty. Usually a 1064 nm Nd : YAG laser is used. A potential risk of iris incarceration is described. Two studies have shown that an equally IOP lowering effect can be achieved by treating the trabeculodescemet membrane with a frequency-doubled 532 nm Nd : YAG laser (SLT). No complications were detected in those cases. In conclusion, goniopuncture should be considered as the first line treatment for postoperative IOP increase in cases of non-penetrating glaucoma surgery. It should therefore be preferred to a (re)start of topical treatment.

Key words " Glaucoma l " goniopuncture l " deep sclerectomy l " Nd : YAG laser l

eingereicht 30. 9. 2013 akzeptiert 14. 10. 2013 Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0033-1351060 Online-publiziert 10.12.2013 Klin Monatsbl Augenheilkd 2014; 231: 631–635 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0023-2165 Korrespondenzadresse Dr. Caroline Gesser Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraße 52 20246 Hamburg Tel.: + 49/(0)40/7 41 05 31 13 Fax: + 49//0)40/74 10 49 06 [email protected]

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Post-Surgical Treatment after Non-Penetrating Glaucoma Surgery: The Goniopuncture

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trierender Glaukomoperation die Goniopunktion. Diese sollte vor einem erneuten Ansetzen von drucksenkenden Augentropfen erfolgen.

Einleitung !

Wenn die Wirkung von drucksenkenden Augentropfen nicht ausreichend ist, um bei einem Glaukom eine langfristige Augeninnendruckregulation und eine Stabilisierung des Gesichtsfelds zu gewährleisten, ist häufig ein operativer Eingriff notwendig. Die Trabekulektomie ist der Eingriff, der weltweit am meisten verbreitet ist. Da es bei der Trabekulektomie jedoch immer wieder zu ernsthaften Komplikationen wie Aderhautamotio durch Hypotonie, Kataraktentstehung, Hyphäma und Endophthalmitis [1] kommt, entwickelte Fyodorov 1989 [2] die tiefe Sklerektomie als nicht penetrierendes Operationsverfahren. Die tiefe Sklerektomie und alle anderen nicht penetrierenden Glaukomoperationen zeichnen sich im Gegensatz zur Trabekulektomie durch eine fehlende Vorderkammereröffnung aus. Dadurch werden schwerwiegende Komplikationen bei trotzdem vergleichbarer drucksenkender Wirkung reduziert [3–13].

Operationstechnik der tiefen Sklerektomie !

Bei der am weitesten verbreiteten Technik der tiefen Sklerektomie werden zunächst Bindehaut und Tenon zwischen ca. 11 und 1 h eröffnet. Nach Kauterisation der oberflächlichen Gefäße wird der erste Skleradeckel mit einer Größe von 4 × 4 bis 4 × 5 mm bis in die klare Hornhaut präpariert. Der Deckel kann limbusfern sowohl eine runde als auch eine eckige Form haben. Unterhalb des oberflächlichen Skleradeckels erfolgt die Präparation des tiefen Skleradeckels mit einer Größe von ca. 3 × 3 mm. Dabei wird der Schlemm-Kanal eröffnet und ein Descemet-Fenster dargestellt. Der tiefe Skleradeckel wird mit einer Schere vorsichtig entfernt. Anschließend erfolgt ein Peeling des juxtakanalikulären Maschenwerks und eine Erweiterung der Ostien des Schlemm-Ka" Abb. 1). Der oberflächliche Skleranals mittels eines Spatels (l deckel und die Bindehaut werden letztendlich mit Einzelknopfnähten verschlossen [14]. Um eine Vernarbung der Sklera zu verhindern, werden nicht resorbierbare oder resorbierbare Materialien unterhalb des oberflächlichen Skleradeckels platziert [12, 15–18]. Ein Beispiel für ein nicht resorbierbares Implantat ist das T-Flux® (IOLTECH Laboratoris, La Rochelle, France). Mit seinem T-förmigen Aussehen mit 4 mm langen Armen und einer Gesamtlänge von 2,75 mm kann es mit den Armen in den Schlemm-Kanal geschoben werden, während der Körper unterhalb des oberflächlichen Skleralappens zu liegen kommt [15, 16]. Als resorbierbares Implantat wird bspw. das Aqua flow® (Staar Surgical AG, Nidau, Switzerland) verwendet. Hierbei handelt es sich um ein Stäbchen von 2,5 mm Länge und 1 mm Dicke aus sich innerhalb von 6–9 Monaten ohne Immunreaktion selbst auflösendem Kollagen [9]. Resorbierbare und nicht resorbierbare Materialien werden in der Literatur als gleichwertig angesehen [14, 16]. Wie bei der Trabekulektomie finden aber auch 5-Fluorouracil und Mitomycin C zur Verhinderung einer frühzeitigen Vernarbung Anwendung. Eine Kombination der tiefen Sklerektomie mit einer Kataraktoperation ist möglich. Dazu wird nach der Präparation des oberflächlichen Skleradeckels unter diesem der Phakotunnel angelegt. Die Kataraktoperation kann dann mit diesem Zugang in der Stan-

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dardtechnik durchgeführt werden. In der Literatur wird kontrovers diskutiert, ob die zusätzliche Kataraktoperation zu einer deutlicheren Senkung des Augeninnendrucks führt als die tiefe Sklerektomie alleine [19, 20]. Durch das präparierte Fenster in der Trabekulodescemetʼschen Membran sickert Kammerwasser einerseits unter die Bindehaut und bildet ein Sickerkissen. Andererseits wird auch der Abfluss über den Schlemm-Kanal in die episkleralen Venen gefördert. Wie bereits erwähnt, erfolgt keine Vorderkammereröffnung, sodass eine Hypotonie wesentlich seltener auftritt als bei der Trabekulektomie.

Goniopunktion !

Nach tiefer Sklerektomie kann es im Verlauf zu einem erneuten Anstieg des intraokularen Druckes kommen. Dies kann vielfältige Ursachen haben. Meistens ist die Ursache eine ungenügende Filtration durch das Trabekulodescemetʼsche Fenster. Der Grund hierfür ist entweder in einer zu vorsichtigen Präparation intraoperativ oder einer postoperativen Fibrose zu sehen [21]. Eine einfache, wenig invasive Methode, das Abflusshindernis zu beheben, ist die Goniopunktion. Bei der Goniopunktion wird im Gonioskopierspiegel eines Kontaktglases das Trabekulodescemetʼsche Fenster dargestellt. Dies ist bei 12 h als eine durchsichtige Membran gut erkennbar " Abb. 2). Standardmäßig wird mit einem Nd : YAG-Laser das (l Trabekulodescemetʼsche Fenster an mehreren Stellen fein perforiert. Dazu sind Energielevel von 2–6 mJ und bis zu 20 Schüsse je nach Dicke des Fensters notwendig [22]. Teilweise sind Mikroperforationen daraufhin direkt sichtbar; teilweise zeigen kleine Luftbläschen den Effekt an. Auf diese Weise wird das nicht penetrierende Verfahren im Nachhinein in ein penetrierendes Verfahren umgewandelt. Trotzdem ist die Komplikationsrate wesentlich geringer als nach primär penetrierenden Verfahren, da durch die sehr feine Perforation hypotoniebedingte Komplikationen sehr selten sind. Hypotonien von unter 7 mmHg werden praktisch nicht gesehen. Nur eine Veröffentlichung berichtet über eine Aderhautamotio bei sehr starker Drucksenkung von 22–30 mmHg durch die Goniopunktion [23]. Bei sehr hohen Ausgangsaugeninnendruckwerten und einer deutlichen Senkung des Druckes durch die Goniopunktion kann es in seltenen Fällen (einzelne Fallberichte) zu einer Irisinkarzeration in die Perforationsstelle des Trabekulodescemetʼschen Fensters kommen [24–26]. Andere Komplikationen wie z. B. Abflachung der Vorderkammer können weder aus unserer eigenen Erfahrung noch aus der Literatur berichtet werden. Erfolgt jedoch eine Irisinkarzeration, sind die Folgen meist schwerwiegend. In einzelnen Fällen kann diese durch eine erneute Behandlung mit dem Nd : YAG-Laser gelöst werden, meistens ist jedoch eine Revisionsoperation im Sinne einer erneuten tiefen Sklerektomie mit z. B. nach nasal versetztem Skleradeckel oder eine Trabekulektomie notwendig. Die Goniopunktionsrate nach tiefer Sklerektomie schwankt je nach Autor zwischen 47,3 und 67 % [9, 10, 13, 22]. In einer eigenen, bisher unveröffentlichten Studie an 74 Augen nach tiefer Sklerektomie zeigte sich nach einem durchschnittlichen Nach-

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Abb. 1 Erweiterung der Ostien des Schlemm-Kanals bei der tiefen Sklerektomie. Der tiefe Skleradeckel wurde bereits präpariert und entfernt.

Tab. 1 Goniopunkionsrate in der Literatur. Autor

Veröffentlichungsjahr

Nachbeobachtungszeit

Patientenzahl

Goniopunktionsrate

Bissig et al. [9] Lachkar et al. [10] Suominen et al. [13] Anand et al. [22] Gesser et al.

2008 2004 2010 2010 –

101,5 Monate 6 Jahre 1 Jahr 40 Monate 6,36 Jahre

105 258 21 258 74

59,8% 47,3% 48% 67% 81%

Tab. 2 Drucksenkung nach Goniopunktion. Autor

Veröffentlichungsjahr

Nachbeobachtungszeit

Patientenzahl

Ausgangs-IOD (mmHg)

End-IOD (mmHg)

Bissig et al. [9] Anand et al. [22] Mermoud et al. [23] Vuori et al. [24] Gesser et al.

2008 2010 1999 2003 –

15 min 2 Jahre 2 Jahre 12 Monate 6 Monate

61 173 41 31 24

19,8 ± 5,5 19,6 ± 4,6 22,2 ± 7,0 32,0 ± 10,8 18,8 ± 2,8

12 ± 6,4 14,3 ± 6,7 12,5 ± 5,8 17,8 ± 11,6 15,3 ± 2,7

IOD = intraokularer Druck

beobachtungszeitraum von über 6 Jahren eine Goniopunktions" Tab. 1). Scheinbar kann die tiefe Sklerektomie alrate von 81 % (l leine in weniger als 50 % der Fälle dauerhaft den intraokularen Druck im Zielbereich halten. Daher sehen wir die Goniopunktion als Bestandteil der Prozedur und nicht als Revisionsbehandlung an. Dies sollte dem Patienten in dieser Form vermittelt werden, zumal die Laserbehandlung nicht schmerzhaft ist und selten mehr als eine Minute Zeit in Anspruch nimmt. Die Erfolgsraten und die absolute Drucksenkung durch die Goniopunktion werden in der Literatur als sehr hoch beschrieben. So werden absolute Drucksenkungen von bis zu 50% beschrieben. Da das Ausgangsdruckniveau jedoch sehr unterschiedlich ist, liegt eine sehr große Schwankungsbreite vor [9, 22–24]. Die Da" Tab. 2 zusammengefasst. In ten der einzelnen Studien sind in l einer eigenen Studie konnte eine absolute Drucksenkung von 20 % gemessen werden. Der Ausgangsdruckwert lag jedoch im Durchschnitt bei nur knapp über 18 mmHg und in anderen Studien bei bis zu 32 mmHg [9, 22–24]. Um die Komplikationsrate nach der Goniopunktion und damit die allgemeine Komplikationsrate nach tiefer Sklerektomie weiter zu senken, führten Mansouri et al. eine Versuchsreihe an 10 Patienten durch, die anstelle der Goniopunktion mit dem konventionellen Nd : YAG-Laser eine Goniopunktion mittels SLT-Laser (SLT = selektive Lasertrabekuloplastik) erhielten [27]. Bei dem SLT-Laser handelt es sich ebenfalls um einen Nd : YAG-Laser. Der Unterschied beider Verfahren ist, dass es sich bei dem konventionellen Nd : YAG-Laser um einen frei laufenden Q-switched

1064 nm Nd : YAG-Laser handelt und bei dem SLT-Laser um einen frequenzverdoppelten Q-switched 532 nm Nd : YAG-Laser. Der SLT-Laser wird standardmäßig als neuere Alternative zum ALT-Laser (ALT = Argonlasertrabekuloplastik) benutzt. Dabei werden mit dem SLT-Laser von den meisten Behandlern 50 Spots über 180° im Kammerwinkel appliziert. Die drucksenkende Wirkung wird durch eine Stimulation der pigmentierten Zellen des Trabekelmaschenwerks und einen dadurch verursachten besseren Kammerwasserabfluss erklärt. Eine Vielzahl von Veränderungen auf molekularer Ebene wird dabei beobachtet [28]. An der Spaltlampe sichtbare morphologische Veränderungen treten dabei nicht auf, da es nicht wie beim ALT-Laser zu thermischen Schäden und einer Koagulation des Gewebes kommt. Dies ist durch die große Spotgröße und die niedrige Energie (0,8–2,0 mJ) erklärt [29]. Mansouri et al. konnten durch die SLT-Behandlung den intraokularen Druck von durchschnittlich 16,1 ± 3,4 mmHg auf 12,6 ± 2,5 mmHg nach 6 Monaten senken [27]. In dieser Studie fehlt jedoch eine Vergleichsgruppe. In einer eigenen Studie verglichen wir an 24 Patienten die Wirksamkeit der Goniopunktion mit dem Standard 1064 nm Nd : YAG-Laser und dem SLT-Laser. Hierzu wurden Patienten eingeschlossen, die sich zwischen 2 Wochen und einem Jahr nach tiefer Sklerektomie mit einem erhöhten Augeninnendruck vorstellten. Drucksenkende Medikamente durften noch nicht wieder angesetzt worden sein. Die Patienten wurden auf die Standard-YAG-Gruppe und die SLT-Gruppe zufällig verteilt. Die Standard-YAG-Goniopunktion wurde wie

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Abb. 2 Blick auf das Trabekulodescemetʼsche Fenster im Gonioskopierspiegel des Kontaktglases.

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Abb. 3 Gonioskopierglas zur SLT-Behandlung.

oben beschrieben durchgeführt. Bei der SLT-Goniopunktion wur" Abb. 3) verwendet. Zude ein spezielles Gonioskopierlaserglas (l nächst wurde eine Energie von 0,8 mJ gewählt und so lange erhöht, bis sich kleine Bläschen zeigten. Danach wurde die Energie um eine Stufe reduziert und 10 Herde im Bereich des DescemetFensters appliziert. Sichtbare Perforationen des Descemet-Fensters entstanden nicht. Insgesamt konnte dabei der Augeninnendruck im Mittelwert von 18,79 ± 2,8 mmHg auf 15,32 ± 2,7 mmHg nach 6 Monaten gesenkt werden. In der Standard-YAG-Gruppe betrug der initiale Augeninnendruck 19,36 ± 3,1 mmHg; in der SLT-Gruppe 18,0 ± 2,2 mmHg. Nach 6 Monaten zeigte sich für die Standard-YAGGruppe ein Augeninnendruck von 15,92 ± 3,0 mmHg und für die SLT-Gruppe ein Augeninnendruck von 14,44 ± 2,1 mmHg. Beide Gruppen zeigten im Vergleich zum Ausgangswert eine statistisch signifikante Drucksenkung. Zwischen den Gruppen bestand kein statistisch signifikanter Unterschied. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe um Mansouri et al. [27] konnten demnach in unserer Studie bestätigt werden. Völlig unklar bleibt jedoch der Wirkmechanismus des SLT-Lasers im Bereich des Descemet-Fensters. Wir nehmen an, dass eventuell doch nicht sichtbare Perforationen auftreten, die in ihrer Größe die des YAG-Lasers unterschreiten. Festzuhalten ist, dass durch die fehlenden sichtbaren Perforationen das Risiko von Irisinkarzerationen minimal ist. Weder in der Studie von Mansouri et al. noch in unserer Studie konnten solche gesehen werden, auch wenn es sich jeweils um ein recht kleines Patientenkollektiv handelt. Daher empfehlen wir bei sehr hohem Ausgangsdruckwert eine Goniopunktion mittels SLT-Laser, um eine Irisinkarzeration zu vermeiden.

Goniopunktion bei Viskokanalostomie und Kanaloplastik !

Bei der Viskokanalostomie entsprechen die Operationsschritte in großen Teilen denen der tiefen Sklerektomie. Nach der Entdachung des Schlemm-Kanals wird jedoch Viskoelastikum in diesen injiziert, um den Schlemm-Kanal aufzuweiten und Mikroperforationen zu erzeugen, die den Abfluss in die episkleralen Venen begünstigen [30]. Die Kanaloplastik beinhaltet zusätzlich zur Viskokanalostomie eine Sondierung des Schlemm-Kanals mittels eines Mikrokatheters. Über den Mikrokatheter und zusätzlich appliziertes Viskoelastikum wird der Schlemm-Kanal über 360° dilatiert und ein Prolene-Faden (meist 10–0) eingelegt [31] " Abb. 4). Auch hier ist das Ziel, den Kammerwasserabfluss über (l den Schlemm-Kanal und die Kollektorvenen in die episkleralen Venen zu fördern. Es erfolgt am Ende der Operation ein wasserdichter Verschluss des Skleradeckels. Die Entstehung eines Sickerkissens wird primär nicht angestrebt [32]. Trotz des etwas unterschiedlichen Wirkmechanismus der Operation zwischen tiefer Sklerektomie einerseits und Viskokanalostomie bzw. Kanaloplastik andererseits wird auch eine Goniopunktion durchgeführt, falls der intraokulare Druck postoperativ nicht zufriedenstellend gesenkt werden konnte. Die Technik ist etwas schwieriger, da der Prolene-Faden im Schlemm-Kanal bei der Go" Abb. 5). Die Gonioniopunktion nicht getroffen werden darf (l punktionsrate ist nach der Viskokanalostomie und der Kanaloplastik etwas geringer als nach der tiefen Sklerektomie. So beschreiben Matthaei et al. bei einer Untersuchung von 46 Augen bei 10 Augen eine Goniopunktion [32]. Matlach et al. führten bei 10,5 % der Augen nach Kanaloplastik eine Goniopunktion durch [33]. Grieshaber et al. goniopunktierten 6 von 32 Patienten nach Kanaloplastik. Der Augeninnendruck konnte durch diese Maßnahme von 20,6 ± 4,2 mmHg auf 14,2 ± 2,2 mmHg gesenkt werden [34] und liegt damit im Bereich der Drucksenkung bei Goniopunktion nach tiefer Sklerektomie.

Fazit für die Praxis !

Steigt nach nicht penetrierender Glaukomoperation der intraokulare Druck wieder an, kann dies häufig auf ein zu dickes Trabekulodescemetʼsches Fenster oder eine Fibrose in diesem Bereich zurückgeführt werden. Dies kann durch eine Goniopunktion in einem kleinen, nicht schmerzhaften, ambulanten Eingriff behoben werden. Dabei wird durch die Goniopunktion ein pri-

Abb. 4 a Sondierung des Schlemm-Kanals. Die Katheterspitze ist als roter Punkt sichtbar. b Einlegen des Prolene-Fadens durch Zurückziehen des Katheters. c Knoten des Prolene-Fadens.

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Abb. 5 Gonioskopischer Blick auf den Prolene-Faden im Schlemm-Kanal.

mär nicht penetrierender Eingriff in einen penetrierenden Eingriff umgewandelt. Die Komplikationen sind hierbei jedoch wesentlich geringer als bei einem primär penetrierenden Eingriff, da die Perforationsstelle sehr klein gehalten wird und Hypotonien praktisch nicht auftreten. Daher sollte vor einem erneuten Ansetzen von drucksenkenden Augentropfen an diese Möglichkeit gedacht werden.

Interessenkonflikt !

Nein.

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