Nr. 47, 21. November 1975, 100. Jg.
Rössier: Plasmaaldosteron und Reninaktivität beim
2.443
artter.Syndrom
Dtsch. med. Wschr. 100 (1975), 2443-2448 © Georg Thieme Verlag, Stuttgart
R. Rössier Medizinische Poliklinik der Universitát Tübingen (Direktor: Prof. Dr. F. Heni)
Um eine Aussage über die Abhängigkeit der Aldosteronsekretion vom Renin-Angiotensin-System beim Bartter-Syndrom zu gewinnen, wurde das zeitliche Verhalten von Aldosteronkonzentration und Reninaktivität im Plasma unter dem Einfluß von stimulierenden und hemmenden Faktoren bei zwei Patienten untersucht. Es wurde ein regeirechtes Ansprechen auf Kalium- und Natriumzufuhr, Spironolacton, Angiotensin II, ACTH und Dexamethason gefunden. Die während der Angiotensin-Il-Infusion in kurzen zeitlichen Abständen beobachteten Veränderungen der Plasmaaldosteronkonzentration sprechen für eine differentielle Regulation der Aldosteronsynthese durch Angiotensin II. Bei einem Patienten besserte sich die Symptomatik unter einer Medikation von Glucocorticoidderivaten. 1958 machte F. Gross (18) darauf aufmerksam, daß Aldosteron vor allem dann sezerniert wird, wenn die Bedingungen für eine gesteigerte Reninsekretion erfüllt sind. Seither haben zahlreiche experimentelle und klinische Arbeiten den direkten stimulierenden Einfluß des Renin-Angiotensin-Systems auf die Aldosteronsekretion belegt (5, 16, 24). In einzelnen Fällen wurde auch ein nicht konkordantes Verhalten von Plasmareninaktivität und Aldosteron beobachtet, so bei nephrektomierten Patienten, die trotz nicht nachweisbarer Reninaktivität einen normalen (und normal reagierenden) Plasmaaldosteronwert aufwiesen (3, 26), oder bei Erkrankungen mit exzessiv erhöhter Reninaktivitat (Nierenarte-
Plasma-aldosterone and renin activity in Bartter's syndrome
The temporal changes of aldosterone concentration and renio activity in plasma under the influence of stimulating and inhibiting factors were tested in two patients with Banter's syndrome. There was a normal response to potassium and sodium administration, spironolactone, anglotensin Il, ACTH and dexamethasone. Changes in plasmaaldosterone concentration, as measured at frequent intervals during angiotensin Il infusion, suggest differential regulation of aldosrerone synthesis by anglotensin II. In one patient the symptoms improved with administration of glucocorticoid derivatives.
und 250 ng/l bei Gesunden. In einzelnen Fällen wurde zusätzlich die Cortisolkonzentration im Plasma bestimmt (Proteinbindungsreaktion; vgl. 28). Die wichtigsten klinisch-chemischen Befunde der beiden untersuchten Patienten sind in Tabelle 1 zusammengefaßt. Tab. 1. Klinische Befunde bei zwei (männlichen) Patienten mit Bartter-Syndrom Fall
1
W.S. Alter [a] Größe [cm] Gewicht [kgl Blutdruck [mm Hgl
Fall 2
B.H.
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53
58
100/65
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rienstenosen, reninbildende Tumoren, Bartter-Syndrom), bei denen die Aldosteronsekretion nur leicht oder nicht erhöht war (2, 12, 34). Um bei Kranken mit Bartter-Syndrom die Beziehungen zwischen Renin-Angiotensin-System und Aldosteronsekretion zu untersuchen, wurde bei zwei Patienten das Verhalten der Reninaktivität und der Aldosteronkonzentration im Plasma auf stimulierende und supprimierende Faktoren geprüft. Das Bartter-Syndrom ist gekennzeichnet durch stark erhöhte Plasmareninaktivität bei einer Hyperplasie der juxtaglomerulären Zellen, erhöhte Aldosteronsekretion, Hypokaliämie, metabolische Alkalose, Normotonie (oder Hypotonie) und Minderwuchs (2, 27).
Hyperplasie des juxtaglomerulären Apparates histologisch nachgewiesen
Methodik
Ergebnisse
Die Plasmareninaktivität wurde als Angiotensin-I-Freisetzung radioimmunologisch bestimmt (29). Die Normaiwerte liegen zwischen 1 und 4 sg Angiotensin I pro Liter in 1 Stunde. Die Aldosteronkonzentration wurde ebenfalls radioimmunologisch im Plasma bestimmt (23); die morgens bestimmten Werte liegen zwischen 70
Tagespro fil beim Bartter-Syndrom. Von 6 bis 24 Uhr wurden in zweistündlichen Intervallen Plasmaproben entnommen. Bei diesen zeitlichen Abständen zeigte sich ein gleichartiges Verhalten der Aldosteron- und der Cor-
Blut-pH
HCO, [mmol/ll Serum-Na [mmol/l] Serum-Cl [mmolll] Serum-K [mmol/l} Plasmareninaktivität [tg/l hi Angiotensin-lI-Pressordosis [ng/kg mini Aldosteron-Sekretionsrate [ig/24 h] Plasmaaldosteron [ng/li
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90-110 1,6-2,5 100-250 140
57,5
80-250
25-160 52
70-220
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Plasmaaldosteron und Reninaktivität beim Bartter-Syndrom
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Rcissler: Plasmaaldosteron und Reninaktivität beim Bartter-Syndrom
Einfluß einer Kaliumin fusion auf Reninaktivität und Aldosteronkonzentratjon. Eine kontinuierliche Infusion von 60 mmol Kalium (als Kaliumchlorid) in 6 Stunden ergab folgendes Verhalten (Abbildung 3): Nachdem 40 mmol Kalium infundiert waren, stieg die Aldosteronkonzentration auf das Doppelte des Ausgangswertes an. Die Reninaktivität fiel nach mehr als dreistündiger Infusion ab. Der Serumkaliumwert nahm während der Infusion um 1,2 mmol/l zu.
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Einfluß von Spironolacton. Spironolacton ist ein synthetischer Abkömmling des Progesterons, der das Aldosteron kompetitiv von seinem Wirkungsort verdrängt. Bei beiden Patienten mit Bartter-Syndrom wurde unter der täglichen Gabe von Aldactone® (400-800 mg bzw. 100 mg pro Tag) ein auffallend paralleles Verhalten von Aldosteronkonzentration und Reninaktivität im Plasma
5-Minuten - Profil
60
600
SOC
Abb. 3. Fall 1: Aldosteronkonzentration und Reninaktivität im Plasma (PRA) sowie Serumkalium während einer sechsstündigen Kaliumchlorid-Jnfusion.
619/I
300
240
Uhr
tisolkonzentration ini Plasma, während die Reninaktivität unabhängig von diesen beiden Hormonen ihre Gipfel aufwies (Abbildung 1). Die Dissoziation zwischen Reninaktivität und Aldosteronkonzentration wurde deutlicher, wenn kürzere Zeitabstände gewählt wurden (Abbildung 2). Im spontanen 5-Minuten-Profil zwischen
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Abb. 1. FaIl 2: Tagesprofil der Aldosteron- und Cortisolkonzentration (F) sowie Reninaktivität im Plasma (PRA).
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Abb. 2. Fall 2: Kurzzeitprofil der Aldosteron- und Cortisolkonzentration (F) sowie Reninaktivität im Plasma (PRA).
9.30 Uhr und 10.30 Uhr bestand eine gute Übereinstimmung zwischen den Veränderungen der Aldosteron- und der Cortisolkonzentration, dagegen nicht zwischen Aldosteronkonzentration und Reninaktivität. Aus den Abbildungen ergibt sich eine phänomenologische Halbwertszeit für die Reninaktivität zwischen 3 und 7 Minuten (im Durchschnitt 4 Minuten), für Aldosteron von 35 Minuten und für Cortisol von 45 Minuten. Auffallend ist in beiden Abbildungen, daß die Cortisoiwerte mehrfach niedrig (unter 100 tg/l) waren. Die Plasmareninaktivität war in beiden Untersuchungen stark erhöht und wies die höchsten Werte jeweils morgens zwischen 8 und 10 Uhr auf.
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Abb. 4a. Fall 1: Plasmaaldosteron und Reninaktivität während fünftägiger Spironolacton-Zufuhr (Gesamtdosis 3,6 g).
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stant blieb. Die Plasmareninaktivität wies keine eindeutigen Veränderungen auf (Abbildung 5). Unter dreitägiger oraler Zufuhr von 10 g Kochsalz täglich zur normalen Kost bei nicht beschränkter FRissigkeitsaufnahme fiel die Plasmareniriaktivität am dritten Tag deutlich ab von 114 auf 18,9 igl1 h. Die Aldosteronkonzentration sank von 253 auf 142 ng/l. Gleichzeitig stieg die Natriumkonzentration um 2 mmol/l im Serum an (Ausgangswert 135 mmol/l), während der Kaliumwert um 0,3 mmol/l abnahm (Ausgangswert 2,4 mmol/l). Eine Gewichtszunahme trat in den 3 Tagen
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mg Spironolacton/d
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Abb. 4b. Fall 2: Plasmaaldosteron und Reninaktivität während sechstägiger Spironolacton-Zufuhr (Gesamtdosis 0,6 g).
beobachtet (Abbildung 4a und b). Bei beiden Patienten erreichten die Werte am vierten Tag ihr Maximum mit dem Vier- bis Sechsfachen des Ausgangswertes, obwohl die Dosierung des Spironolactons bei den Kranken unterschiedlich war. 170 mmol Na
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180 Minuten
Abb. S. Fall 1: Aldosteronkonzentration und Reninaktivität sowie Serumnatrium und Serumkalium während einer dreistündigen Natriumchlorid-Infusion.
Einfluß von intravenöser und oraler Kochsalzzufuhr. Unter einer intravenösen Infusion von 200 ml 5% iger Natriumchloridlösung (10 g) in 3 Stunden ohne orale Flüssigkeitszufuhr trat ein kontinuierlicher, noch während der Infusion weitgehend reversibler Abfall des Plasmaaldosterons ein, während das Natrium im Serum gering anstieg und das Serumkalium annähernd kon-
nicht ein. Einfluß einer Angiotensin-lI-In fusion. Während der Infusion einer aufsteigenden Dosis von Angiotensin Il wurde bei einem Patienten ein kurzfristiger Anstieg des Plasmaaldosterons mit nachfolgendem Abfall und Wiederanstieg beobachtet, während die Plasmareninaktivität gleichzeitig abfiel (Abbildung 6). Der Versuch wurde mit feinerer zeitlicher Aufschlüsselung wiederholt (3 Tage nach Beendigung der Spironolacton-Medikation, so daß der Ausgangswert des Aldosterons noch erhöht war): Abbildung 7. Dabei zeigte die Aldosteronkonzentration unter der (subpressorischen) Dosis von 750 nglmin einen Anstieg (Peak) auf das Vierfache, dem dann unter Fortführung und Erhöhung der Dosis ein Abfall folgte, mit nachfolgendem geringerem Wiederanstieg. Der beobachtete rasche Abfall zwischen der 18. und 30. Minute (Abbildung 7) hat eine phänomenologische Halbwertszeit von etwa 8 Minuten, die der Halbwertszeit der Verteilung des Hormons im zugehörigen Verteilungsvolumen (Extrazellularraum; vgl. 13) entspricht. Die biologische Halbwertszeit des Aldosterons beträgt durchschnittlich 37'/2 Minuten (25, 32). Einfluß von ACTH. Während einer vierstündigen Infusion von 25 I.E. synthetischem ACTH (0,25 mg Synacthen®) ließen Aldosteron und Cortisol sowie die Reninaktivität im Plasma folgende Veränderungen erkennen (Abbildung 8): Bereits 30 Minuten nach Infusionsbeginn stiegen die Konzentrationen von Aldosteron und Cortisol im Plasma an und erreichten die höchsten Werte nach 60 Minuten. Cortisol erhöhte sich auf etwa das Dreifache, Aldosteron auf etwa das Sechsfache des Ausgangswertes. Dem Maximum folgte ein deutlicher Rückgang (auf noch etwa zwei- bis vierfach erhöhte Werte). Die Plasmareninaktivität dagegen wies in den ersten 60 Minuten einen Abfall auf etwa ein Viertel der Ausgangsaktivität auf, dem dann zu dem Zeitpunkt ein Anstieg folgte, als Aldosteron und Cortisol abfielen. In dieser Untersuchung wiesen Reninaktivität und Aldosteronkonzentration ein diskordantes, Cortisol und Aldosteron ein paralleles Verhalten im Plasma auf. Einfluß von Dexamethason und Prednisolon. Acht Stunden nach der Verabreichung von 0,5 mg Dexamethason ließ sich bei beiden Patienten ein im Vergleich zum Vortag deutlicher Rückgang der Reninaktivität im morgens entnommenen Plasma (auf etwa ein Fünftel der Aktivität) von 60 auf 12 .tg/l - h bzw. von 102 auf 16 .tg/l h nachweisen. Auch die Aldosteronkonzentration fiel auf etwa die Hälfte (von 128 auf 57,5 und von 194 auf 85 ng/l). Einen ähnlichen Effekt hatte die Gabe von 20 mg Prednisolon bei einem der Patienten (B. H.),
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R5ssler: Ptasmaaldosteron und Reninaktivitlit beim Bartter-Syndrom
Deutsche Medizinische Wochenschrift
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Abb. 6. Fall 1: Aldosteron und Reninaktivität während und nach einer Angiotensin-Il-Infusion.
Messung in haibsUindlichen Ab-
wobei sich die Reninaktivität von einem Ausgangswert von 37,0 nach 2 Tagen auf 9,0 tg/l h verminderte. Einfluß von Desoxycorticosteronacetat. Unter der täglichen Gabe von 10 mg Desoxycorticosteronacetat (DOCA) intramuskulär wies die Plasmareninaktivität einen vorübergehenden Abfall auf und blieb dann in dem untersuchten Zeitraum von 3 Wochen auf Werte um 30 pg/I h erhöht. Die morgens entnommenen Aldosteronwerte zeigten keine wesentliche Änderung gegenüber den durchschnittlich bestimmten Werten. Sechs Stunden nach der DOCA-Gabe fand sich ein niedrigerer Wert, der jedoch dem im Tagesprofil zu erwartenden entsprach (8 Uhr: 150-200, 14 Uhr: zwischen 50 und 60 ng/l). Das Serumnatriurn, welches bei beiden Patienten vorher vermindert bzw. im unteren Normbereich war, ließ sich durch die DOCA-Medikation auf Werte von 136-138 mmol/1 anheben. Die Kaliumwerte hielten
sich zwischen 2,4 und 2,8 mmol/l, ohne daß ein zusätzlicher renaler Kaliumverlust unter der DOCA-Gabe zu beobachten war.
Diskussion Beim Bartter-Syndrom sind sowohl erhöhte (2, Il) als auch normale (4, 8, 20) Aldosteronwerte beschrieben worden. Bei unseren Patienten lag dic Aldosteronkonzentration im Plasma ohne Medikation im Normhereich. Trotz der erhöhten Reninaktivität sprach das Plasma-
aldosteron regelrecht auf aktivierende (Kalium, Spironolacton, Angiotensin II, ACTH) und hemmende Faktoren (Natrium, Dexamethason) an, wobei ältere Untersuchungen über das Verhalten der Aldosteroncxkrction oder -sekretionsrate bestätigt wurden (2,7, 8, 11, 17). 25IEACTH
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Abb. 8. Fall 2: Cortisol (F), Aldosteron und Reninaktivität im Plasma (PRA) während einer vierstcindigen ACTH-lnfusion.
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ständen.
Auch die erhöhte Plasmareninaktivität reagierte auf stimulierende und hemmende Faktoren. Eine Senkung der Reninaktivität durch Natriumchlorid war nur bei gleichzeitiger Flüssigkeitszufuhr möglich (19, 20). Dexamethason hatte eine starke supprimierende Wirkung auf die Reninaktivität bei beiden Patienten. Hierzu liegt eine gegenteilige Einzelbeobachtung vor (17). Im Tagesprofil, das bei einem der Patienten bestimmt wurde, zeigte die Aldosteronkonzentration im Plasma einen parallelen Verlauf zu der des Cortisols. Die Plasmareninaktivität wies unabhängig vOn diesen beiden Hormonen Konzentratioñsänderungen auf. Dies spricht für eine starke ACTH-Abhängigkeit der Aldosteronsekretion beim Bartter-Syndrom. Die beobachtete Stimulierbarkeit der Aldosteronsekretion durch kleine Angiotensin-JI-Dosen steht im Gegensatz zu dem Befund, daß menschliches Renin in einer Dosis, die bei einem Gesunden eine Erhöhung der Aldosteronsekretionsrate bewirkte, bei zwei Patienten mit Bartter-Syndrom zu keinem meßbaren Anstieg der Aldosteronsekretionsrate führte (9). Die bei unserem Patienten zu einer Steigerung der Aldosteronkonzentration benötigten Angiotensin-Il-Dosen lagen mit weniger als 750 ng/mm nicht höher als die bei Gesunden benötigten Dosen (1). Unsere zeitlich aufgeschlüsselten Befunde über den Einfluß einer Angiotensin-Il-Infusion auf die Plasmaaldosteronkonzentration lassen vermuten, daß die Aldosteronsekretion auf das Renin-Angiotensin-System vor allem differentiell, das heißt mit einem kurzfristigen Anstieg reagiert. Ob dieses phänomenologisch differentielle Verhalten durch eine rasch einsetzende Gegenregulation (zum Beispiel im Rahmen der Synthesekette) bedingt ist oder auf einer Rezeptoreneigenschaft beruht, oder ob eine reine Entspeicherungswirkung vorliegt, kann durch klinische Untersuchungen allein nicht entschieden werden. Nach unseren Kurzzeitbefunden gewinnt man den Eindruck, daß im Anschluß an die kurzfristige Ausschüttung noch weitere, geringere Ausschläge auftreten, so daß es zum Einpendeln auf einen neuen, mäßig erhöhten Wert (im Sinne eines Restes von Proportionalverhalten) kommt. Ein ähnlicher Befund wurde im Tierversuch beobachtet.
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Rössier: Plasmaaldosteron und Reninaktivität beim Bartter-Syndrom
mangels auf die Aldosteronsynthese (10) auszugleichen. In dieses allgemeine Interpretationsschema paßt allerdings nicht die Beobachtung einer anhaltenden Stimulierung der Aldosteronsekretionsrate unter einer Dauerinfusion von Angiotensin II über 11 Tage bei sieben gesunden Versuchspersonen (1). Die pro Zeiteinheit zugeführte Angiotensin-Il-Menge war jedoch während des Versuches nicht konstant, sondern wechselte mehrfach, da die Aufrechterhaltung eines Pressoreffektes angestrebt wurde. Das häufige Setzer von neuen differentiellen Stimuli ist daher nicht auszuschließen. Die Pathogenese des Bartter-Syndroms ist nicht befriedigend geklärt. Bartter und Mitarbeiter (2) nahmen ein Nichtansprechen der Gefäße auf Angiotensin an, während die Mehrzahl der Autoren heute einen erhöhten renalen Natriumverlust infolge cines Defekts der tubulären Natriumrückresorption als Ursache des Syndroms diskutiert (11, 20, 31, 33). Es ist bisher weder bewiesen noch ausgeschlossen, daß cine Beeinträchtigung der natrium- und kaliumabhängigen ATPase vorliegt (14, 15). Die Beobachtung, daß sich die Symptomatik bei zwei Patientinnen während der Schwangerschaft zurückbildete (21; der zweite Fall ist unveröffentlicht), ist mit der Annahme einer durch Hormone heeinflußbaren Permeabilitätsstörung vereinbar. Während die Gabe von Östrogenen und (txler) Progesteron keinen Einfluß hatte (22), sahen wir bei einem Patienten unter Prednisolon und Fluorhydrocortison eine Besserung der Symptomatik des Bartter-Syndroms. Wir danken Frais Vera Gaco, unserer medizinisch-technischen Assistentin, für ihre ausgezeichnete Mitarbeit.
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Unter einer Dauerinfusion von Angiotensin II (in Pressordosen) wurde ebenfalls nur ein vorübergehender Anstieg der Aldosteronsekretion bei Schafen erzielt: Die maximale Stimulierung der Aldosteronsekretion durch Angiotensin II lag bereits im Intervall «15-45 Minuten nach Infusionsbeginn« vor, während in den nachfolgenden Intervallen keine oder nur noch geringe Erhöhungen der Aldosteronsekretion auftraten (6).
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Diese im Tierversuch und bei Patienten mit Bartter-Syndrom erhobenen Befunde sprechen gemeinsam für die Möglichkeit, daß Angiotensin II generell nur einen mit der Zeit abklingenden Effekt auf die Aldosteronsekretion ausübt. Die Tatsache, daß bei Patienten mit BartterSyndrom die Aldosteronkonzentration nicht vermindert ist, obwohl das Serumkalium stark erniedrigt ist, könnte dann mit einem Rest von Proportionalwirkung der stark erhöhten Reninaktivität erklärt werden, die gerade groß genug wäre, um den hemmenden Einfluß des Kalium-
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Privatdozent Dr. Reimara Rössier Medizinische Universitäts-Poliklinik 74 Tübingen, Liebermeisterstr. 14
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