Leitthema Med Klin Intensivmed Notfmed 2014 · 109:162–166 DOI 10.1007/s00063-013-0308-1 Eingegangen: 10. Januar 2014 Angenommen: 12. Februar 2014 Online publiziert: 20. März 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 Redaktion

L. Engelmann, Leipzig R. Bellmann, Innsbruck

Bei schwerer Sepsis kann sich die Pharmakokinetik von Antibiotika ändern. Unter Berücksichtigung ihrer pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Eigenschaften lässt sich ihre Dosierung optimieren. Arzneimittelinteraktionen können die Spiegel von Antibiotika oder anderen Wirksubstanzen beeinflussen und so zu Toxizität oder Wirkungsverlust führen. Eine kontinuierliche Nierenersatztherapie kann mit der Antibiotikatherapie ebenfalls interferieren und ist bei der Dosierung zu berücksichtigen, wofür aktuelle Pharmakokinetikstudien heranzuziehen sind.

Hintergrund Die schwere Sepsis und der septische Schock gehören zu den häufigsten Aufnahmeindikationen an der Intensivstation. Eine frühzeitige, wirksame und adäquat dosierte antibiotische Therapie ist dabei für die Prognose entscheidend. Schwere Infektionen erfordern hohe Antibiotikakonzentrationen. Andererseits kann eine Überdosierung ein Organversagen begünstigen. Durch Berücksichtigung der pharmakologischen Zusammenhänge­ und deren Besonderheiten bei kritisch Kranken lässt sich die Effizienz der antibiotischen Therapie optimieren und die Toxizität minimieren.

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R. Bellmann Arbeitsgruppe Klinische Pharmakokinetik, Labor für Inflammationsforschung, Gemeinsame Einrichtung Internistische Notfall- und Intensivmedizin, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Department Innere Medizin, Medizinische Universität Innsbruck

Pharmakokinetische und pharmakodynamische Aspekte bei der Antibiotikatherapie Einteilung nach chemischen und pharmakokinetischen Gesichtspunkten Hydrophile Antibiotika werden meist unverändert über die Niere eliminiert und haben ein begrenztes Verteilungsvolumen. Lipophile Antibiotika zeichnen sich durch ein großes Verteilungsvolumen aus und unterliegen meist einem hepatischen Metabolismus (. Tab. 1; [19, 20]).

Veränderungen der Pharmakokinetik bei kritisch Kranken Pathophysiologische Prozesse, wie eine schwere Sepsis, eine Hypoalbuminämie, Ergüsse und Verbrennungen, oder Therapiemaßnahmen, wie Volumen- oder Nierenersatztherapie, können das Verteilungsvolumen insbesondere wasserlöslicher Substanzen vergrößern. Das ist besonders bei der Anfangsdosis („loading dose“) zu berücksichtigen.

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Die Erhaltungsdosis richtet sich nach der Elimination Die Erhaltungsdosis richtet sich hingegen nach der Elimination und ist für wasserlösliche Substanzen der Nierenfunktion anzupassen. Die renale Elimination ist am Beginn des Krankheitsgeschehens häufig sogar gesteigert [22]. Die Pharmakokinetik lipophiler Substanzen unterliegt bei kritisch Kranken geringeren Veränderungen, weshalb meist die Standarddosie-

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rung anwendbar ist. Für Substanzen mit hoher Plasmaeiweißbindung kann jedoch eine Hypoalbuminämie die Elimination beschleunigen [19]. Bei signifikant beeinträchtigter Leberfunktion ist die Dosis hepatisch metabolisierter bzw. eliminierter Medikamente zu reduzieren [2, 28].

Bedeutung von Pharmakokinetik und Pharmakodynamik Antibiotika unterscheiden sich darin, ob ihre Wirksamkeit mehr von ihrer Konzentration oder von der Expositionszeit abhängt. Bei zeitabhängig wirkenden Antibiotika (Z. B. β-Lactamen) ist Tab. 1  Einteilung der Antibiotika­

gruppen Gruppe

Hydrophil β-Lactame (Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme, Monobactame) Glykopeptide Aminoglykoside Fosfomycin Lipopeptide (Daptomycin) Lipophil Makrolide Oxazolidinone Chinolone

Pharmakokinetischpharmakodynamischer Zielparameter T > MHK

AUC/MHK über 24 h Cmax/MHK T > MHK Cmax/MHK

T > MHK T > MHK AUC/MHK über 24 h

T Zeit, Cmax Spitzenkonzentration, MHK maximale Hemmkonzentration, AUC Fläche unter der ZeitKonzentrations-Kurve.

Tab. 2  Beispiele für die Dosierung einiger Antiinfektiva bei kontinuierlicher Nierenersatztherapie (CRRT) Substanz Penicilline Flucloxacillin Piperacillin/ Tazobactam Cephalosporine Ceftazidim Cefepim Chinolone Ciprofloxacin Levofloxacin Glykopeptide Vancomycin Teicoplanin Carbapeneme Imipenem-Cilastatin Meropenem Diverse Fosofomycin Linezolid TMP/Sulfamethoxazol

CRRT-Verfahren, Membrana

UFR/DF, BFR

Empfohlene CRRT-Dosierung

Referenz

CVVH, Polyamid 0,7 m2, n=10 CVVH, CVVHDF, Polysulfon 0,7 m2, n=6

UFR: 57 ml/min, BFR: 169 ml/min UFR: 0,8 l/h (postdil.), DF: 1 l/h, 2 l/h, BFR: 100 ml/min

3×4 g 3×4/0,5 g Piperacillin/ Tazobactam

[17] [27]

CVVH, Polysulfon 0,7 m2, 1. plus Mehrfachdosis, n=12 CVVHDF, Polyacrylnitril 0,6 m2, n=6

UFR: 47 ml/min (postdil.), BFR: 143 ml/min

3×2 g

[26]

BFR: 150 ml/min, DF: 1 l/h, UFR variable

2×2 g

[1]

CVVH, Polysulfon 0,71 m2, n=8

UFR: 35 ml/min BFR: 143 ml/min

[5]

CVVH, Polysulfon, 0,71 m2, n=4

UFR: 20–30 ml/min, BFR: 100–200 ml/min

2×400 mg, 3×200 bei Leberzirrhose 1×0,5(−1) g

CVVH, Polyacrylnitril, 0,6 m2, n=2 CVVH, Polysulfon 1,2 m2, 1. Dosis und Steady State, n=15

UFR: 1,5 l/h UFR: 35 mgl/kg/h, BFR: 180 ml/min

15–20 mg/kg ≥2×250–500 mg 15–20 mg/kg nach Spiegel

[10] [7]

CVV, Polyacrylnitril (AN 69), n=12

UFR: 1,1–1,2 l/h, BFR: 150–170 ml/min

[24]

CVVH, Polysulfon 0,43 m2, n=9

UFR: 46 ml/min, BFR: 150 ml/h

2×1 g Imipenem (Cilastatinakkumulation!) 3×1 g

CVVH, Polyethylensulfon 1,2 m2, n=12 CVVH, Polysulfon 1,2 m2, n=20 CVVHDF, High-flux-Polysulfon, 1,8 m2, n=2

UFR: 25 ml/min (postdil.), BFR: 180 ml/min

2×8 g i.v.

[14]

UFR: 40 ml/min, BF 186 ml/min UFR 1500 ml/h (prädil.), DF: 1500– 2550 ml/h, BFR: 150–180 ml/h, HDFR: 29–44 ml/kg/h DF: 1 l/h, UFR: 2 l/h (postdil.), HDFR: 3 l/h, BFR: 200 ml/min

2×600 mg i.v. Standarddosis? Für PCP: TMP 15 mg/kg pro Tag, SMZ 75 mg/kg pro Tag 2×2–3 mg/kg

[18] [12]

CVVH, Polysulfon 0,71 m2, n=2

UFR: 30 ml/min, BFR: 200 ml/min

1(−1,5) mg/kg

[6]

CVVH, Polysulfon 0,71 m2, n=5/ n=7 CVVH, Polysulfon 1,3 m2, n=9

UFR: 31/36 ml/min, BFR: 178/168 ml/min

4 mg/kg

[6]

UFR: 800/1800 ml/h (prädil.), BFR: 180–200 ml/min UFR: 1 l/h (prädil.), BFR: 9 l/h, DF: 1 l/h UFR: 25 ml/min (postdil.), BF: 160–180 ml/min UFR 35 ml/kg (prädil. und postdil.), BFR: 180 ml/h

800 mg pro Tag

[9]

LD: 2×6 mg/kg, ED: 2×4 mg/kg LD: 1×200 mgED: 1×100 mg

[13] [15]

Standarddosis LD: 1×70 mg ED: 1×50 mg (>80 kg: 1×70 mg)

[29]

Colistinmethan­ sulfonat Antimykotika Amphotericin B, (nur bei terminaler Niereninsuffizienz) Liposomales/kolloidales Amphotericin B Fluconazol

CVVHDF, Polyacrylnitril, n=1

Voriconazol Anidulafungin

CVVHDF, Polyacrylnitril, n=9 CVVH, Polysulfon 1,2 m2, n=10

Caspofungin

CVVH, Polysulfon 0,71 m2, n=9

[4]

[25]

[16]

aMembranmaterial und -oberfläche werden angegeben. n Anzahl der untersuchten Patienten, CVVH kontinuierliche venovenöse Hämofiltration, CVVHD kontinuierliche

venovenöse Hämodialyse, CVVHDF kontinuierliche venovenöse Hämodiafiltration, UFR Ultrafiltrationsrate, DF Dialysatfluss, BFR Blutflussrate, HDFR Hämodiafiltrationsrate, prädil Infusion der Substitutionslösung im Prädilutionsmodus, postdil Infusion der Substitutionslösung im Postdilutionsmodus, PCP Pneumonie mit Pneumocystiscarinii (jiorvecii), TMP Trimethoprim, SMZ Sulfamethoxazol, TDM therapeutisches Drug Monitoring, LD Anfangsdosis („loading dose“), ED Erhaltungsdosis, i.v. intravenös.

also ausschlaggebend, dass die Konzentration möglichst lange über der minimalen Hemmkonzentration (MHK) bleibt (T > MHK; [8, 23]). Im Gegensatz dazu ist das Verhältnis der Spitzenkonzentration (Cmax) zur MHK bei konzentrations-

abhängig wirkenden Antibiotika (z. B. bei Aminoglykosiden) maßgeblich. Bei zahlreichen Antibiotika sind Zeit und Konzentration gleichermaßen von Bedeutung, was sich durch das Verhältnis der Fläche unter der Zeit-Konzentrations-Kurve

(AUC) zur MHK (AUC/MHK) ausdrücken lässt (. Tab. 1, [8, 23]). Wenn Keime mit hoher MHK mittels Cephalosporinen der 3. Generation, Cefepim oder Piperacillin/Tazobactam behandelt werden, ist daher eine Dauerinfusion

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Leitthema – nach einer ausreichenden Anfangsdosis – eine attraktive Therapieoption. Imipenem und Meropenem können als Infusion über 3 h verabreicht werden, da sie für eine Dauerinfusion nicht ausreichend stabil sind [23]. Sind Dosisanpassungen erforderlich, so sollte bei zeitabhängig wirkenden Antibiotika die einzelne Dosis angepasst und das Dosierungsintervall beibehalten werden. Die Anfangsdosis ist jedoch hoch zu wählen. Im Gegensatz dazu sind bei konzentrationsabhängigen Antibiotika bei eingeschränkter Clearance die Einzeldosen beizubehalten und das Dosierungsintervall zu verlängern. D Die Toxizität der Aminoglykoside

korreliert vorwiegend mit den Talspiegeln. Daher werden sie heute üblicherweise einmal täglich verabreicht. Ihre Blutspiegel sind bei kritisch Kranken engmaschig zu kontrollieren [28]. Bei Antibiotika, deren relevanter Zielparameter das Verhältnis AUC/MHK ist, kann eine Dosisanpassung sowohl über die einzelne Dosis als auch über das Dosis­intervall vorgenommen werden.

Antibiotikatherapie bei kontinuierlicher Nierenersatztherapie Ältere Antibiotikadosierungsempfehlungen für die kontinuierliche Nierenersatztherapie (CRRT) basieren teilweise noch auf Daten für die arteriovenöse Hämofiltration oder auf Modellen, denen Dosierungen zugrunde liegen, die für anurische Dialysepatienten empfohlen sind. Diese in der sog. Freiburger Liste zusammengestellten Dosisempfehlungen führten jedoch bei kritisch Kranken gelegentlich zu erheblichen Unterdosierungen, wohl wegen der erwähnten pathophysiologischen Veränderungen. Im Allgemeinen werden wasserlösliche Substanzen effizienter eliminiert als lipophile, die eine höhere Plasma-EiweißBindung aufweisen. Nur der freie Anteil passiert nämlich die Hämofilter- bzw. Dialysatormembran. Die Molekülgröße spielt hingegen eine geringe Rolle, da auch relativ große Moleküle wie Glykopeptid-

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Zusammenfassung · Abstract Med Klin Intensivmed Notfmed 2014 · 109:162–166  DOI 10.1007/s00063-013-0308-1 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 R. Bellmann

Pharmakokinetische und pharmakodynamische Aspekte bei der Antibiotikatherapie Zusammenfassung Die schwere Sepsis und der septische Schock haben eine hohe Mortalität und erfordern daher eine rasch wirksame verträgliche antibiotische Therapie. Aufgrund pathophysiologischer Vorgänge im Rahmen einer Sepsis­ kann sich die Pharmakokinetik verändern. Vor allem wasserlösliche Substanzen haben am Beginn einer schweren Sepsis ein erhöhtes Verteilungsvolumen, weshalb eine hohe Anfangsdosis erforderlich ist. Auch die renale Ausscheidung kann zunächst erhöht sein. Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es häufig zu Organschäden mit verminderter Elimination, was eine neuerliche Dosisanpassung erfordert. Die Antibiotikaklassen unterscheiden sich in ihren relevanten pharmakokinetisch-pharmakodynamischen Zielparametern. Spitzenkonzentration, Expositionszeit oder Gesamtexposition, ausgedrückt durch die Fläche unter der KonzentrationsZeit-Kurve, können für ihre Wirksamkeit ausschlaggebend sein. Bei der Behandlung mit zeitabhängigen Antibiotika (z. B. mit β-Lactamen) sollte der Wirkspiegel möglichst kon-

stant über der minimalen Hemmkonzentration (MHK) gehalten werden, was eine häufigere, eventuell auch eine kontinuierliche Verabreichung nahelegt. Bei konzentrationsabhängigen Substanzen (z. B. bei Aminoglykosiden) ist die Höhe der Einzeldosis maßgeblich, während das Dosisintervall angepasst werden kann. Wechselwirkungen mit Antibiotika­ werden v. a. durch Hemmung des Abbaus, insbesondere von Cytochrom-P-450-Isoenzymen sowie durch Summation toxischer Effekte hervorgerufen. Sie können zu schweren­ Komplikationen, wie Nierenversagen oder ventrikulären Rhythmusstörungen, führen. Eine Enzyminduktion kann subtherapeutische Spiegel bewirken. Ist eine kontinuierliche Ersatztherapie notwendig, sind die Antibiotikadosierungen entsprechend den Ergebnissen einschlägiger Studien anzupassen. Schlüsselwörter Sepsis · Arzneimittelinteraktionen · β-Lactame · Aminoglykoside · Makrolide

Pharmacokinetic and pharmacodynamic aspects in antibiotic treatment Abstract Severe sepsis and septic shock have a high mortality and, therefore require fast and effective antibiotic treatment with low toxicity. Because of sepsis-induced pathophysiological changes, pharmacokinetics of antimicrobial agents can be altered. Particularly watersoluble drugs display an enhanced volume of distribution during early sepsis. Therefore high loading doses are necessary. Renal clearance can also be increased at this time. Later­ on, organ damage frequently occurs resulting in delayed drug elimination which requires further dose adjustment. The different classes of antibiotics differ in their rele­vant pharmacokinetic–pharmacodynamic­target parameters. Thus, the efficacy of an antimicrobial agent can depend on its concentration, on the exposure time, and on the total exposure as expressed by the area under the time– concentration curve. During treatment with time-dependent antibiotics (e.g. β-lactams), their concentration should be maintained

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above the minimal inhibitory­concentration­ (MIC) warranting more frequent administration or continuous infusion. For concentration dependent agents (e.g. aminoglycosides), the single dose is pivotal, whereas the dosage interval can be extended. Drug–drug interactions involving antibio­tics are mainly caused by inhibition of their metabolism, particularly of cytochrome P 450 iso-enzymes, or by additive toxic effects. They can result in severe complications such as renal failure or ventricular arrhythmias. Conversely, enzyme induction may lead to subtherapeutic drug levels. When continuous renal replacement therapy is required, the dosage of antibiotics has to be adapted according to the results of respective pharmacokinetic studies. Keywords Sepsis · Drug interactions · β-lactams · Aminoglycosides · Macrolides

Tab. 3  Einige relevante Arzneimittelinteraktionen mit Antibiotika Substanz β-Lactame

Mechanismus Pharmakodynamisch

Amino­ glykoside

Pharmakodynamisch

Daptomycin

Pharmakodynamisch

Makrolide

Inhibition von CYP3A4

Chinolone

CYP3A4, -1A2, Moxi­ floxacin > Levofloxacin, Ciprofloxacin Hemmt die Monoaminoxidase (MAO, auch am Serotoninabbau beteiligt) Induziert CYP3A4, -5, -7, -2B6, -2C9, -2C19, Uridin-5’-diphospho(UDP)Glucuronosyltransferase, Sulfonyltransferasen, P-Glykoprotein Hemmung von CYP2C9, -2C19, -3A4

Linezolid

Rifampicin

Azolanti­ mykotika

Wechselwirkung In Kombination mit Ciclosporin A oder Ganciclovir häufiger epileptische Anfälle Erhöhte Nephrotoxizität in Kombination mit Ciclosporin A, Amphotericin B, Cisplatin, Foscarnet, Cidofovir, Pentamidin, Vancomycin, Colistin Vermehrte Ototoxizität in Kombination mit Schleifendiuretika, Muskelrelaxantien Kreatinkinaseanstieg/Rhabdomyolyse in Kombination mit Statinen Erhöhte Spiegel von Midazolam, Fentanyl, Alfentanyl, Immunsuppressiva (Ciclosporin A und Tacrolimus), Kalziumantagonisten, Statinen, Sulfonylharnstoffen, Theophyllin, Psychopharmaka (Haloperidol, Risperidon, Quetiapin und trizyklische Antidepressiva) Erhöhte Spiegel von Benzodiazepinen, Ciclosporin A, Tacrolimus, Fentanyl, Alfentanyl, Carbamazepin, Statinen, Theophyllin und Haloperidol In Kombination mit selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI) kann ein Serotoninsyndrom mit Blutdruckanstieg, Tachykardie, Schwitzen, Tremor und Verwirrtheit auftreten Subtherapeutische Plasmaspiegel u. a. von Antiepileptika (Phenytoin, Valproinsäure, Lamotrigin) Benzodiazepinen, Opioiden, Immunsuppressiva, Amiodaron, β-Blockern, Statinen, Sulfonylharnstoffen, Metronidazol, Chinin, Azolantimykotika, antiretroviralen Substanzen Erhöhte Spiegel von Immunsuppressiva, Benzodiazepinen, Protonenpumpeninhibitoren

CYP Cytochrom-P-450.

antibiotika mit ihrem Molekulargewicht deutlich unter den Cut-off-Werten der verwendeten Membranen liegen [11]. Eine Hypoalbuminämie führt zu einem erhöhten Anteil an freiem Medikament und beschleunigt damit die extrakorporale Elimination. Substanzen mit einem höheren Verteilungsvolumen von >1 l/kg Körpergewicht werden i. d. R. in ihrer Pharmakokinetik von einer CRRT weniger beeinflusst [11]. Die heute üblichen CRRT-Verfahren, die kontinuierliche venovenöse Hämofiltration (CVVH), die kontinuierliche venovenöse Hämodialyse (CVVHD) und die kontinuierliche venovenöse Hämodiafiltration (CVVHDF) wurden in ihrer Effizienz gesteigert. Der Siebungskoeffizient (Sc) gibt bei der Hämofiltration, der Sättigungskoeffizient (Sd) bei der Hämodialyse, an, in welchem Ausmaß eine Substanz mittels CRRT eliminiert wird. UFR bezeichnet die Ultrafiltrationsrate. Die CRRT-Clearance (CLCVVH) errechnet sich für die Hämofiltration, wie folgt:

CLCVVH = UFR ∙ Sc; UFR bezeichnet die Ultrafiltrationsrate. Bei CVVHD lässt sich die CRRT-Clearance (CLCVVHD) aus dem Dialysatfluss (DF) und dem Sättigungskoeffizienten (Sd) berechnen: CLCVVHD = DF ∙ Sd. Zusätzlich kann eine Adsorption an die Membran die Plasmakonzentration vermindern. Folgende Probleme ergeben sich für die Antibiotikadosierung während einer CRRT: Für viele Substanzen liegen keine oder veraltete pharmakokinetische Daten für CRRT vor. Bei manchen Studien sind nur pharmakokinetische Daten aber keine Dosierungsempfehlungen angegeben. Die Pharmakokinetik wird vom CRRTProtokoll aber auch vom kritischen Zustand der Patienten beeinflusst. Allein die Umsetzung der Ergebnisse klinischer Studien zum verwendeten Antibiotikum, die bei einer ausreichenden Zahl kritisch Kranker mit dem entsprechenden CRRTVerfahren durchgeführt worden sind,

kann die Therapiesicherheit erhöhen. Die in der Studie verwendete Membran und die eingestellten Parameter sind dann mit dem eigenen Protokoll zu vergleichen, um die Übertragbarkeit der Empfehlungen beurteilen zu können. Zudem sollten bei CRRT soweit möglich engmaschige Spiegelkontrollen durchgeführt werden. Antibiotika, deren Pharmakokinetik bei Hämofiltration untersucht ist, sollten bevorzugt werden, ebenso Substanzen mit großer therapeutischer Breite und Monosubstanzen gegenüber Fixkombinationen. Die Anfangsdosis richtet sich nach dem Verteilungsvolumen des Arzneimittels und entspricht der Anfangsdosis für kritisch Kranke mit normaler Nierenfunktion. D Bei effizienten CRRT-Verfahren ist

eine Unterdosierung zu vermeiden. Für manche Substanzen (z. B. Fluconazol) ist die erforderliche Dosis bei CRRT sogar höher als die Standarddosis. In . Tab. 2 sind einige einschlägige Studien zusammengefasst.

Arzneimittelinteraktionen Unter pharmakodynamischen Interaktionen versteht man einen verstärkten, meist toxischen Effekt, der bei der Kombination von Substanzen auftritt und auf der Wirkung der Kombinationspartner beruht. Ein Beispiel ist die verstärkte Nephrotoxizität bei Kombination zweier nierentoxischer Substanzen, wie Amikacin und Vancomycin. Bei pharmakokinetischen Interaktionen hingegen erfolgt durch die Kombination eine Veränderung der Wirkspiegel der Kombinationspartner, meist durch Hemmung oder Induktion des Metabolismus (z. B. von Cyto­chrom-P-450(CYP)-Isoenzymen). . Tab. 3 enthält einige klinisch besonders relevante Interaktionen [21]. Da sowohl Makrolide, Chinolone und Azolantimykotika als auch Antiarrhythmika, wie Amiodaron, und zahlreiche Neuroleptika und Antidepressiva eine QT-Verlängerung verursachen können, ist eine Kombination mit einem erhöhten Risiko für Torsade-de-pointe-Tachykardien verbunden [2, 3].

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Leitthema Fazit für die Praxis

Einhaltung ethischer Richtlinien

F Hydrophile Antibiotika, wie β-Lac­ tame, Aminoglykoside und Vancomycin, sind in der frühen Sepsis hoch zu dosieren. F Ist die Dosis eines zeitabhängig wirkenden Antibiotikums zu reduzieren, sind nach einer hohen Anfangsdosis die Einzeldosen anzupassen und die Dosierungsintervalle beizubehalten. F Bei gramnegativen Problemkeimen ist die kontinuierliche oder verlängerte Infusion eines wirksamen β-Lac­ tams möglicherweise wirksamer. F Bei Behandlung mit Aminoglykosiden oder Daptomycin sind hohe Einzeldosen nötig, während das Dosisintervall verlängert werden kann. F Spiegelkontrollen werden für Glykopeptide und Aminoglykoside   empfohlen. F Gefährliche Arzneimittelinteraktio­ nen betreffen vorwiegend Makrolide, Chinolone und Azolantimykotika aber auch Rifampicin. F Bei kontinuierlicher Nierenersatztherapie besteht die Gefahr einer Anti­ biotikaunter- oder Überdosierung, die durch Beachten entsprechender pharmakokinetischer Studienergebnisse vermieden werden kann.

Interessenkonflikt.  R. Bellmann gibt an, Forschungsunterstützungen und Vortragshonorare von den Firmen Chiesi Pharmaceuticals, Pfizer und Merck, Sharp & Dohme erhalten zu haben.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. R. Bellmann Arbeitsgruppe Klinische Pharmakokinetik, Labor für Inflammationsforschung, Gemeinsame Einrichtung Internistische Notfall- und Intensivmedizin, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Department Innere Medizin, Medizinische Universität Innsbruck Anichstr. 35, 6020 Innsbruck Österreich romuald.bellmann@ i-med.ac.at

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Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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[Pharmacokinetic and pharmacodynamic aspects in antibiotic treatment].

Severe sepsis and septic shock have a high mortality and, therefore require fast and effective antibiotic treatment with low toxicity. Because of seps...
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