Arzneimitteltherapie Internist 2015 · 56:1069–1078 DOI 10.1007/s00108-015-3752-6 Online publiziert: 8. Juli 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 Redaktion:

M. Wehling, Mannheim

Die molekulare Testung von Tumorgewebe, insbesondere die Beurteilung von Genmutationen, Gen- und Proteinexpression, stellt einen wichtigen Bestandteil in der Diagnostik gastrointestinaler (GI-)Tumoren dar. Mit den gewonnenen Informationen können einzelne Patienten ausgewählt und einer personalisierten, tumorspezifischen Therapie zugeführt werden. In der GI-Onkologie haben sich bereits einige entsprechende Marker etabliert. Zielgerichtete Therapiestrategien haben sich in den letzten Jahren in der GI-Onkologie etabliert (. Tab. 1). Ziel dieser Strategien ist eine hohe und spezifische Wirkung am Tumor bei guter Verträglichkeit für die Patienten. Möglich wurde diese Form der Therapie durch die Identifikation neuer molekularer Zielstrukturen. Dabei liefert nicht nur der Tumor selbst interessante „targets“, sondern auch die Interaktion des Tumors mit den ihn unterstützenden unmittelbaren Umgebungsstrukturen (sog. Tumor-Wirt-Interaktion). Im Folgenden werden therapeutisch relevante molekulare Zielstrukturen im Bereich der GI-Onkologie beleuchtet und hinsichtlich ihrer Bedeutung im klinischen Alltag eingeordnet (. Abb. 1). Diese gezeigten Therapiekonzepte beziehen sich zumeist auf die metastasierte Situation, da zielgerichtete Tumortherapien aktuell in der adjuvanten bzw. neoadjuvanten Situation bisher nur bei einzelnen Entitäten einen klinischen Stellenwert besitzen (z. B. bei gastrointestinalen Stromatumoren, GIST).

T.J. Ettrich · L. Perkhofer · T. Seufferlein Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Ulm, Ulm

Personalisierte Tumortherapie bei gastrointestinalen Tumoren „Epidermal-growth-factorreceptor“-Familie Die „Epidermal-growth-factor-receptor“(EGFR)-Familie und deren nachgeschaltete Signalnetze gehören zu den wichtigsten Signalwegen im Bereich der GI-Onkologie. Die Familie umfasst die humanen epidermalen Wachstumsfaktorrezeptoren HER1, HER2/neu und HER3 sowie u. a. die nachgeschalteten Signalmoleküle RAS/RAF/MEK/“extracellular-signal regulated kinase“ (ERK), Phosphoinositid-3-Kinase (PI3K)/Proteinkinase B (Akt) und „mammalian target of rapamycin“ (mTor). Aktuell adressieren diesen Signalkomplex in der GI-Onkologie die monoklonalen EGFR-Antikörper Cetuximab und Panitumumab [HER 1, kolorektales Karzinom (KRK)], der HER-2-Rezeptor-Antikörper Trastuzumab [“adenocarcinoma of the esophagogastric junction“ (AEG)/Magenkarzinom], der EGFR-

Tyrosinkinaseinhibitor Erlotinib (Pankreaskarzinom), der mTor-Inhibitor Everolimus (neuroendokrine Tumoren, NET) sowie die Multityrosinkinaseinhibitoren Sorafenib (hepatozelluläres Karzinom, HCC) und Regorafenib (KRK, GIST).

Diagnostik Die molekulare Diagnostik zum EGFRSignalkomplex umfasst beim KRK aktuell die Mutationsanalyse von RAS (KRAS und NRAS jeweils Exone 2, 3, 4) und u. U. auch BRAF (V600E-Mutation). Das Protein RAS gehört zur Gruppe der RAS-GTPasen. Diese kleinen G-Proteine werden u. a. über Rezeptortyrosinkinasen z. B. der EGFR-Familie aktiviert und induzieren eine Vielzahl intrazellulärer Signalkaskaden. Aktivierende Mutationen im RAS-Gen führen zur konstitutiven Aktivierung des G-Proteins, das dann unabhängig von übergeordne-

Tab. 1  Etablierte zielgerichtete Tumortherapie bei gastrointestinalen Tumoren (Phase-III-

Daten) Entität

Adjuvans

mKRK (Anti-EGFR nur bei „all-RAS wild type“)



Erstlinientherapie Cetuximab Panitumumab Bevacizumab

Pankreaskarzinom AEG/Magenkarzinom HCC

     

Erlotinib Trastuzumab Sorafenib

GIST pNEN

Imatinib  

Imatinib Sunitinib Everolimus

Zweitlinientherapie Cetuximab Panitumumab Bevacizumab Aflibercept Ramucirumab   Ramucirumab Ramucirumab (bei AFP ≥400 ng/ml) Sunitinib  

Drittlinientherapie Cetuximab Panitumumab Regorafenib

      Regorafenib  

AEG „adenocarcinoma of the esophagogastric junction“, EGFR „epidermal growth factor receptor“, GIST gastrointestinaler Stromatumor, HCC hepatozelluläres Karzinom, mKRK metastasiertes kolorektales Karzinom, pNEN pankreatische neuroendokrine Neoplasie, RAS Rat sarcoma. Der Internist 9 · 2015 

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Arzneimitteltherapie Tivantinib Trastuzumab

Bevacizumab Aflibercept Ramucirumab Sorafenib Regorafenib

Cetuximab Panitumumab Erlotinib

MET

IGFR HER2/3

VEGFR

Ligand

PI3K

EGFR

P

SOS

PTEN

Everolimus

PDK1

P

RAS Regorafenib Sorafenib

Ruxolitinib

Anti-EGFR-Therapiestrategien Cetuximab und Panitumumab beim kolorektalen Karzinom

AKT

RAF

JAK

mTOR

MEK ERK STAT

MAPK

Zielgene

Abb. 1 8 Therapierelevante Signalwege in der gastrointestinalen Onkologie. AKT Proteinkinase B, EGFR „epidermal growth factor receptor“, ERK „extracellular-signal regulated kinase“, HER humaner epidermaler Wachstumsfaktorrezeptor, IGFR „insulin-like growth factor receptor“, JAK Januskinase, MAPK „mitogen-activated protein kinase“, MET „mesenchymal epithelial transition factor“, mTOR „mammalian target of rapamycin“, PDK1 „phosphoinositide-dependent kinase 1“, PI3K Phosphoinositid-3-Kinase, PTEN „phosphatase and tensin homolog“, RAS Rat sarcoma, SOS „son of sevenless“, STAT „signal transducers and activators of transcription“, VEGFR „vascular endothelial growth factor receptor“

ten Regulatoren Signalkaskaden aktivieren kann. Aktivierende RAS-Mutationen finden sich in ca. 50% der KRK, üblicherweise bereits in einem frühen Stadium der Tumorentstehung im Rahmen der Adenom-Karzinom-Sequenz [12, 36] Der Nachweis einer RAS-Mutation kann mithilfe konventioneller Sequenzierung oder quantitativer Polymerase-Kettenreaktion („polymerase chain reaction“, PCR) durchgeführt werden. Es besteht eine 95%ige Übereinstimmung im RASStatus zwischen Metastase und Primärtumor; Material aus beiden Quellen ist daher für die Analytik geeignet [29]. Im Signalnetzwerk ist BRAF RAS nachgeordnet. Es finden sich BRAF-Mutationen (vornehmlich V600E) in ma-

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Beim metastasierten AEG/Magenkarzinom ist die Expressionsanalyse von HER 2 klinischer Standard. Der Anteil der HER-2-positiven Magenkarzinome – definiert als eine HER-2-Genamplifikation, nachgewiesen mithilfe der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH +) oder immunhistochemisch 3-fach positiver HER-2-Expression (IHC 3+), beträgt ca. 22% [2]. Diese Patienten sollten mit Trastuzumab plus Chemotherapie behandelt werden. Weitere molekulare Analysen der EGFR-Familie und deren nachgeschalteten Signalkaskaden besitzen außerhalb klinischer Studien zum gegenwärtigen keine gesicherte klinische Relevanz.

ximal 8–10% aller KRK. Mutationen im BRAF- und RAS-Gen schließen sich wahrscheinlich gegenseitig aus [25]. Patienten mit BRAF-mutiertem, metastasiertem KRK haben ein signifikant kürzeres mittleres progressionsfreies Überleben (mPFS) und mittleres Gesamtüberleben („median overall survival“, mOS) als Patienten mit BRAF-Wildtyp-Tumoren [6]. Eine BRAF-Mutation ist damit in der metastasierten Situation prognostisch. Unklar bleibt aufgrund der geringen Datenlage, ob diese Mutation auch (negativ-)prädiktiv für eine Anti-EGFR-Therapie ist [18]. Die BRAF-Mutation-Analyse wird daher aktuell nicht routinemäßig durchgeführt.

Eine KRAS-Mutation beim KRK erwies sich als negativ-prädiktiver Marker für das Ansprechen auf eine Anti-EGFR-Therapie, d. h., bei Patienten mit einer KRASMutation im Tumor ergab sich durch eine Behandlung mit gegen den EGFR gerichteten Antikörpern kein Vorteil, sowohl im Tumoransprechen als auch im Überleben. Neben den bekannten Mutationen im Exon 2 des KRAS-Gens sind beim metastasierten (m)KRK auch Mutationen in den Exons 3 und 4 im KRAS- und Mutationen im NRAS-Gen (Exons 2, 3 und 4) negativ-prädiktiv. In einer prospektiv-geplanten Auswertung einer Phase-II-Studie (PEAK-Studie, n=285) wurde die Effektivität einer Erstlinientherapie mit FOLFOX6 plus Panitumumab oder Bevacizumab bei Patienten mit metastasiertem kolorektalen Karzinom (mKRK) und „allRAS wild type“ (all-RAS-WT) mit der Situation bei Vorliegen einer RAS-Mutation im Tumor verglichen. Hier zeigte sich ein signifikanter Vorteil einer Anti-EGFRTherapie bei All-RAS-WT-Patienten hinsichtlich mOS und mPFS (. Tab. 2; [31]). Eine retrospektive Analyse einer Phase-III-Studie (PRIME-Studie, Erstlinientherapie, Panitumumab + FOLFOX vs. FOLFOX) bestätigte dies: Von 512 Patienten ohne KRAS-Exon-2-Mutation wurden bei 108 (17%) weitere RAS-Mutationen (im KRAS-Exon 3, 4 oder NRASExon 2,3 und 4) identifiziert, die nicht

von einer Anti-EGFR-Therapie profitierten und sich hinsichtlich mPFS und mOS wie Patienten mit KRAS-Exon-2-Mutationen verhielten [7]. Auch in der Fire-3-Studie (FOLFIRI + Bevacizumab vs. FOLFIRI + Cetuximab, Phase III, n=592) wurden neben KRAS-Exon-2-Mutationen retrospektiv weitere RAS-Mutationen (KRAS-Exon 3, 4 oder NRAS-Exon 2,3 und 4) in den verfügbaren Tumorproben (n=407) der KRAS-Exon-2-Wildtyp-Population analysiert [12, 33]. Bei 16% dieser Tumoren zeigten sich zusätzliche RASMutationen. Auch hier fand sich eine signifikante Verbesserung des mOS nur bei All-RAS-WT-Patienten unter einer AntiEGFR-Therapie (. Tab. 2; [12]). Vergleichbar zur FIRE-3-Studie ergab sich in der CALBG/SWOG 80405 (Phase III, n=526, all-RAS WT) ein mOS von 32 Monaten für die Kombination von FOLFIRI oder FOLFOX + Cetuximab in der all-RAS-WT-Gruppe [25]. Unklar ist bis jetzt, ob bei Analyse aller RAS-Mutationen sich RAS von einem negativ-prädiktiven Marker zu einem positiv-prädiktiven Marker für eine gegen den EGFR gerichtete Therapie beim mKRK wandelt. Daten aus der PEAK- [7] und der FIRE-3-Studie [12, 33] legen nahe, dass eine Kombination aus Chemotherapie plus Anti-EGFR-Antikörper in dieser Situation (RAS-Wildtyp-Tumor) der Kombination aus identischer Chemotherapie plus Anti-“Vascular-endothelial-growthfactor-receptor“(VEGF)-Antikörper hinsichtlich des Parameters OS überlegen ist. Die CALGB-Studie [20] konnte diesen Unterschied bei gleichem Studiendesign allerdings nicht belegen (. Tab. 2). Interessanterweise kann es bei länger dauernder Therapie eines initial RASWildtyp-KRK mit Anti-EGFR-Antikörpern zu einer Selektion von wahrscheinlich bereits initial vorhandenen, aber niederfrequenten RAS-mutierten Klonen und damit zu einer Resistenz gegen AntiEGFR-Therapiestrategien kommen [21].

bin) bei Patienten mit fortgeschrittenem, HER2-neu-positivem Magenkarzinom. Trastuzumab verbesserte signifikant das mOS (13,8 vs. 11,1 Monate) und die ORR im Vergleich zur alleinigen Standardchemotherapie bei guter Verträglichkeit. In der Subgruppe der Patienten, deren Tumoren IHC3 + oder IHC2 +/FISH + waren, war Trastuzumab besonders wirksam. Das mOS stieg mit Trastuzumabtherapie in dieser Subgruppe auf 16 Monate (vs. 11,8 Monate, [2]). Die Kombination aus Trastuzumab und der Kombinationschemotherapie FLOT zeigt bei HER2-positiven Magenkarzinomen auch in der neoadjuvanten Situation interessante Ergebnisse (22,2% pathologische Komplettremissionen des Tumors; Phase-II-Studie, n=45, Interimsanalyse, [13]). Eventuell bringt ein Doppel-Targeting des HER-2-Rezeptors mit Trastuzumab und Pertuzumab im Sinne einer Wirkungsverstärkung zusätzlichen Benefit: In einer Phase-IIa-Studie mit 30 Patienten (HER 2: IHC3 + oder IHC2 +/FISH +) konnte bei 86% eine partielle Remission mit der Kombination erzielt werden (in der Vergleichsgruppe: 55% PR, [17]). Diese Ergebnisse werden aktuell in weiteren Studien evaluiert.

Trastuzumab beim Magenkarzinom (Targeting von HER 2/neu)

Everolimus bei pankreatischen neuroendokrinen Tumoren

Die TOGA-Studie (Phase III, n=594) zeigte die Wirksamkeit des HER-2-Rezeptor-Antikörpers Trastuzumab in Kombination mit einer Standardchemotherapie (Cisplatin plus 5-FU bzw. Capecita-

Erlotinib beim metastasierten Pankreaskarzinom

In einer Phase-III-Studie erzielte die Kombination von Gemcitabin mit dem EGFRTyrosinkinaseinhibitor Erlotinib einen marginalen, statistisch aber signifikanten Überlebensvorteil in der Erstlinientherapie des metastasierten Pankreaskarzinoms in der Gesamtgruppe (mOS 6,24 vs. 5,91 Monate). Klinisch relevant profitieren retrospektiven Analysen zufolge von der Kombination aber nur Patienten, die eine deutliche Hautreaktion auf Erlotinib entwickeln (RASH ≥2 nach CTCAE, mOS 10,5 Monate). Bei Ausbleiben eines RASH nach 8 Wochen sollte die Erlotinibtherapie daher beendet werden [22].

Everolimus ist ein oraler Inhibitor des „mammalian target of rapamycin“ (mTOR), einer Serin/Threonin-Proteinkinase, die eine zentrale Stellung in der Steuerung von Wachstums- und Tran-

Zusammenfassung · Abstract skriptionsvorgängen in der Zelle einnimmt. In der RADIANT-3-Studie zu pankreatischen neuroendokrinen Tumoren der Differenzierungsgrade G1 und G2 (pNETS, Phase III, n=410) erzielte die Therapie mit Everolimus gegenüber Placebo bei Patienten mit fortgeschrittenen pNET einen statistisch signifikanten Vorteil im mPFS (11 vs. 4,6 Monate, [38]).

Sorafenib beim hepatozellulären Karzinom

Als Multikinaseinhibitor nutzt Sorafenib mehrere Angriffspunkte: Es hemmt neben weiteren Tyrosinkinasen die RAFKinase. Zusätzlich inhibiert Sorafenib, das strukturell bis auf ein Molekül mit Regorafenib identisch ist, auch Tyrosinkinasen des VEGF-Signalwegs. Klinisch relevant ist Sorafenib in der palliativen Erstlinientherapie des HCC. Hier zeigte sich in der SHARP-Studie (Phase III) bei Patienten mit fortgeschrittenem HCC unter der Therapie mit Sorafenib gegen Placebo eine signifikante Verbesserung des mOs (10,7 vs. 7,9 Monate). Sorafenib ist aktuell die einzige zugelassene Systemtherapie beim HCC [27].

Regorafenib bei kolorektalem Karzinom und gastrointestinalem Stromatumor

Regorafenib hemmt angiogene [VEGFR 1–3, „tyrosine-protein kinase receptor“(TIE)2], stromawirksame („Beta-type platelet-derived growth factor receptor“ (PDGFR-β), „fibroblast growth factor receptor“ (FGFR)] und onkogene (KIT, RET, RAF) Tyrosinkinasen. In der CORRECT-Studie (Phase III, n=760) wurden bei mehrfach vorbehandelten Patienten mit mKRK durch Regorafenib das mOS (6,4 vs. 5,0 Monate) und das mPFS (1,9 vs. 1,7 Monate) im Vergleich zu Placebo signifikant verlängert [10]. Einen zusätzlichen Stellenwert hat Regorafenib in der Drittlinientherapie von GIST. In der GRID-Studie (Phase III, n=199) führte die Therapie mit Regorafenib vs. Placebo in dieser Situation zu einer signifikanten Verbesserung des mPFS (4,8 vs. 0,9 Monate, [5]).

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Internist 2015 · 56:1069–1078  DOI 10.1007/s00108-015-3752-6 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 T.J. Ettrich · L. Perkhofer · T. Seufferlein

Personalisierte Tumortherapie bei gastrointestinalen Tumoren Zusammenfassung „Personalisierte“ Tumortherapie oder besser tumorgerichtete Therapien haben mittlerweile Einzug in die tägliche Praxis der Onkologie gehalten. In der gastrointestinalen (GI-)Onkologie haben sich diese Strategien in den letzten Jahren als Einzeltherapien und in Kombination mit Chemotherapien etabliert. Sie führen zu teils beachtlichen Verbesserungen hinsichtlich Tumoransprechen, progressionsfreiem und Gesamtüberleben. Durch das zunehmende Wissen über tumorrelevante Signalnetzwerke und die Möglichkeit deren gezielter medikamentöser Modifikation schreitet die Entwicklung auf diesem Gebiet schnell voran. Andererseits finden sich aber auch neue, bis dato unbekannte Arzneimittelwir-

kungen, die es einzuordnen und zu behandeln gilt. Daneben fehlen für die meisten dieser neuen Therapeutika (positiv-)prädiktive Biomarker, die einen wirklich rationalen Einsatz der Substanzen erlauben. Die vorliegende Übersicht beleuchtet den aktuellen Stand tumorgerichteter Strategien zu Diagnostik und Therapie von GI-Tumoren und leistet Hilfestellung dabei, die bisherigen Erkenntnisse in den täglichen klinischen Kontext einzuordnen. Schlüsselwörter „Epidermal growth factor receptor“ · Monoklonale Antikörper · Metastasen · Zielgerichtete Therapie · Signalmoleküle

Personalized tumor therapy for gastrointestinal tumors Abstract Personalized tumor therapy or more precisely tumor-specific therapy has now become established in routine clinical oncology. Particularly for solid tumors, the emerging knowledge about pathways and signaling networks allows the establishment of new targeted therapies and hopefully a continuous improvement in patient care. Targeted therapies are now established as the standard of care as single agents or in combination with chemotherapy. Using targeted therapies, substantial improvements regarding tumor response, median progression-free survival and median overall survival can be achieved for selected gastrointestinal tumors. However,

„Vascular-endothelial-growthfactor-receptor“-Familie Einen weiteren Hauptangriffspunkt tumorspezifischer Therapien in der GI-Onkologie stellt die Hemmung des VEGFRSystems (VEGFR 1–3), seiner Liganden (VEGF A–F, „placental growth factor“, PIGF) sowie nachgeschalteter Signalmoleküle dar. Ziel ist hierbei nicht der Tumor selbst, sondern die Tumorangiogenese und damit die Versorgung des Tumors mit Substraten. Mögliche therapeutische Ansätze in der VEGF-vermittelten Tumorangiogenese lassen sich grundsätzlich in 2 Gruppen unterteilen: VEGF-blockierende Substanzen, die direkt den Liganden blockieren,

these strategies also have novel side effects that need to be addressed. Importantly, valid (positive) predictive biomarkers are needed for a rational use of these novel compounds. This review article presents the current state of targeted tumor therapy for the diagnostics and therapy of gastrointestinal tumors and provides assistance in integrating the current knowledge into the routine clinical context. Keywords Epidermal growth factor receptor · Monoclonal antibodies · Metastasis · Targeted therapy · Signaling molecules

und Substanzen, die an VEGF-Rezeptoren bzw. ihren nachgeschalteten Signalkaskaden angreifen: Ligandenansatz: F Anti-VEGF-Antikörper: Bevacizumab, F lösliche VEGF-Rezeptorvarianten (sog. VEGF-Fallen): Aflibercept. Rezeptoransatz: F VEGF-Rezeptor-2-Antikörper: Ramucirumab, F Inhibitoren der VEGF-Rezeptor-Tyrosinkinase: Regorafenib, Sorafenib, F „small interfering ribonucleic acid“ (siRNA), die die zellkernvermittelte VEGFR-Synthese durch Blockade der intrazellulären „Messenger-ribonuc-

Tab. 2  Wichtige Studien zu „Epidermal-growth-factor-receptor“-Inhibitoren beim metasta-

sierten kolorektalen Karzinom Studie

Phase

PRIME

III

Therapielinie Erstlinie

PEAK

II

Erstlinie

FIRE-3

III

Erstlinie

CALBG/ SWOG 80405

III

Erstlinie

Schema FOLFOX4 FOLFOX4 + Pan („all-RAS wild type“) mFOLFOX6 + Bev mFOLFOX6 + Pan („all-RAS wild type“) FOLFIRI + Bev FOLFIRI + Cet („all-RAS wild type“) FOLFOX/FOLFIRI + Bev („all-RAS wild type“) FOLFOX/FOLFIRI + Cet („all-RAS wild type“)

Anzahl (n) 325 331

mPFS (Monate) 7,9 10,1 HR 0,72

mOS (Monate) 20,2 26,0 HR 0,78

Literatur

82 88

10,1 13,0 HR 0,66

28,9 41,3 HR 0,63

[31]

295 297

10,4 10,3 HR 1,04

25 28,7 HR 0,77

[12, 33]

256 270

11,4 11,3 HR 1,1

31,2 32,0 HR 0,90

[20]

[7]

Afl Aflibercept, Bev Bevacizumab, Cet Cetuximab, Pan Panitumumab, Plc Placebo. HR „hazard ratio“, mPFS mittleres progressionsfreies Überleben, mOS „median overall survival“ (mittleres Gesamtüberleben). Therapieschemata: FOLFIRI: FOL Folinsäure, F 5-Fluoruracil (5-FU) und IRI Irinotecan. FOLFOX: FOL Folinsäure, F 5-Fluoruracil (5-FU) und OX Oxaliplatin. mFOLFOX: modifiziertes FOLFOX.

leic-acid“(mRNA)-Synthese hemmen (aktuell keine Anwendung außerhalb von klinischen Studien).

Biomarker Für die Effektivität einer Blockade der Tumorangiogenese durch Anti-VEGF-Antikörper beim mKRK gibt es bislang keine prädiktiven Biomarker. Aktuell werden große klinische Studien [z. B. PERMAD-Studie (ClinicalTrials.gov Identifier: NCT02331927)] durchgeführt, die versuchen, durch die systematische Sammlung von Tumorgewebe in Verbindung mit repetitiven Untersuchungen eines Biomarker-/Zytokin-Panels im Blut während einer Anti-VEGF-Therapie Signaturen zu etablieren, die ein Ansprechen oder eine Resistenzentwicklung auf eine Anti-VEGF-Therapie vorhersagen lassen. Beim HCC gibt es erste Ansätze für einen solchen prädiktiven Marker. Ein Effekt einer Zweitlinientherapie mit Ramucirumab bei HCC ist nur nachweisbar, wenn die Tumoren eine hohe Expression/Sekretion von α-Fetoprotein aufweisen (AFP ≥400 ng/ml, [39]).

Molekulare Analysen der VEGFR-Familie und ihrer nachgeschalteter Signalkaskaden besitzen außerhalb klinischer Studien zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine gesicherte klinische Relevanz.

Therapieansätze Bevacizumab beim kolorektalen Karzinom

In einer randomisierten Phase-II-Studie bei Patienten mit mKRK konnten durch die Kombination aus 5-Fluoruracil (5-FU)/Folinsäure (FS) mit Bevacizumab die ORR und das mPFS im Vergleich zu 5-FU/FS signifikant verbessert werden (. Tab. 3; [16]. Insbesondere bei Patienten im fortgeschrittenen Lebensalter ist die Kombination aus Capecitabin und Bevacizumab eine gut verträgliche Therapieoption. Die AVEX-Studie (Capecitabin ± Bevacizumab, Phase III, n=280) machte bei Patienten über 70 Jahren einen signifikanten Vorteil im mPFS zugunsten der Hinzunahme von Bevacizumab (9,1 vs. 5,1 Monate, [4]) deutlich. In einer randomisierten Phase-III-Studie (n=1401) konnte bei nichtvorbehandelten Patienten mit mKRK in einem 2×2-fakto-

riellen Design mit XELOX oder FOLFOX ± Bevacizumab ein signifikante Verlängerung des mPFS in der Kombinationsgruppe mit Bevacizumab (mPFS: 9,4 vs. 8 Monate) gezeigt werden. Hinsichtlich des mOS fand sich mit 21,3 vs. 19,9 Monaten jedoch kein statistisch signifikanter Unterschied [28]. In der Zweitlinientherapie verglich eine Phase-III-Studie (n=828) die Kombination aus FOLFOX4 plus Bevacizumab gegenüber einer FOLFOX4-Therapie. Die Kombination ging im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie mit einem signifikant verbesserten mPFS und mOS (mPFS 7,3 vs. 4,7 Monate, mOS: 12,9 vs. 10,8 Monate, [9]). Bevacizumab wirkt nicht primär auf den Tumor, sondern auf die tumorassoziierte Angiogenese. So entstand die Idee, bei Progress unter einer Chemotherapie mit Bevacizumab in der Erstlinientherapie des mKRK den Angiogenesehemmer weiterzuführen und nur die Chemotherapie auszutauschen. Gegen dieses Konzept lässt sich anführen, dass unter einer lang dauernden Anti-VEGF-Therapie vermehrt andere proangiogene Faktoren vom Tumor sezerniert werden [z. B. Placentawachstumsfaktor (PlGF), „platelet-derived growth factor“ (PDGF), „fibroblast growth factor“ (FGF)], die durch einen Anti-VEGF-Antikörper nicht adressiert werden. Die Daten einer entsprechenden Studie (ML18147-Studie; Phase III, n=820 Patienten) belegen, dass mPFS und mOS der Patienten verlängert werden können, wenn die Patienten nicht nur in der Erstlinie bis zur Progression, sondern – bei Tumorprogredienz – fortgesetzt auch in der Zweitlinie mit Bevacizumab behandelt werden (. Tab. 3; [3]). Nach Induktion einer Remission durch eine aktive Erstlinientherapie beim mKRK stellt sich die Frage nach der Möglichkeit einer gut verträglichen und gleichzeitig wirksamen Erhaltungstherapie. Eine Erhaltungstherapie mit Capecitabin plus Bevacizumab bis zum Progress nach Induktion mit 6 Zyklen Capecitabin, Oxaliplatin plus Bevacizumab (CAPOX-B-Schema) zeigte in der CAIRO3-Studie (Phase III, n=558) statistisch signifikante Vorteile hinsichtlich des mPFS gegenüber einer kompletten Therapiepause [32]. Der Internist 9 · 2015 

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Arzneimitteltherapie Tab. 3  Wichtige Studien zu „Vascular-endothelial-growth-factor-receptor“-Inhibitoren beim

metastasierten kolorektalen Karzinom Studie Kabbinavar et al. AVEX (Pat. ≥70 Jahre) Saltz et al.

Phase Therapielinie II Erstlinie

Schema

III

Erstlinie

III

Erstlinie

CAIRO-3

III

Erhaltung

AIO KRK 0207

III

Erhaltung

ECOG E3200

III

Zweitlinie

ML18147

III

Zweitlinie

VELOUR

III

Zweitlinie

5-FU/LV 5-FU/LV + Bev Capecitabin Capecitabin + Bev FOLFOX4/XELOX + Plc FOLFOX4/XELOX + Bev Capecitabin + Bev Observation FP + Bev Bev Therapiepause FOLFOX FOLFOX + Bev Bev Chemotherapie Chemotherapie + Bev FOLFIRI + Plc FOLFIRI + Afl

RAISE

III

Zweitlinie

FOLFIRI + Plc FOLFIRI + Ram

Anzahl (n) 36 35 140 140 701 699

279 279 (473)

291 286 243 411 411 614 612 536 536

mPFS (Monate) 5,2 9,0 5,1 9,1 HR 0,53 8,0 9,4 p=0,0023

mOS (Monate) 13,8 21,5 – –

Literatur

19,9 21,3 p=0,077

[28]

11,7 8,5 HR 0,67 6,2 4,8 3,6 4,7 7,3 2,7 5,7 4,1

21,7 18,2 HR 0,80 23,8 26,2 23,1 10,8 12,9 10,2 11,2 9,8 HR 0,81 11,7 12,5 HR 0,78 11,7 13,3 HR 0,84

[32]

3,9 6,7 HR 0,66 5,7 4,5 HR 0,79

[16] [4]

[1]

[9]

[3]

[34]

[35]

5-FU 5-Fluoruracil, Afl Aflibercept, Bev Bevacizumab, FP Fluoropyrimidin, LV Leucovorin, Plc Placebo, Ram Ramucirumab. HR „hazard ratio“, mPFS mittleres progressionsfreies Überleben, mOS „median overall survival“ (mittleres Gesamtüberleben).Therapieschemata: FOLFIRI: FOL Folinsäure, F 5-Fluoruracil (5-FU) und IRI Irinotecan. FOLFOX: FOL Folinsäure, F 5-Fluoruracil (5-FU) und OX Oxaliplatin. XELOX: XEL Xeloda® (Capecitabin) und OX Oxaliplatin.

Auch eine deutsche Studie der AIO (AIO-0207 Studie; Phase III, n=437) fand einen signifikanten Vorteil hinsichtlich des PFS zugunsten einer Erhaltungstherapie mit Capecitabin und Bevacizumab im Vergleich zu einer kompletten Therapiepause nach einer Induktionstherapie (. Tab. 3; [1].

Aflibercept beim kolorektalen Karzinom

Aflibercept ist ein rekombinantes Fusionsprotein aus der konstanten Region (Fc) von humanem Immunglobulin(Ig)G1 und den extrazellulären Ligandenbindungsdomänen von humanem VEGFR-1 und -2. Aflibercept bindet VEGF-A, VEGF-B und PlGF und verhindert deren Bindung an den Rezeptor. Die Substanz verbesserte in Kombination mit FOLFIRI im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie bei Patien-

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Der Internist 9 · 2015

ten mit Progress unter einer oxaliplatinhaltigen Erstlinienchemotherapie Tumoransprechen und mOS (VELOUR-Studie; Phase III, n=1226; . Tab. 3; [34]). Ob und inwieweit das breitere Wirkungsspektrum von Aflibercept ein längeres Überleben im Vergleich zu Bevacizumab bei mit Bevacizumab vorbehandelten Patienten bedingt, lässt sich mangels eines direkten Vergleichs beider Substanzen in dieser Therapiesituation nicht beurteilen.

Ramucirumab bei kolorektalem, Magen- und hepatozellulärem Karzinom

Ramucirumab ist ein humaner, monoklonaler IgG1-Antikörper, der die extrazelluläre Domäne des VEGFR-2 inhibiert. Klinischen Stellenwert besitzt Ramucirumab in der Zweitlinientherapie des mKRK in Kombination mit FOLFIRI. Hier verbes-

serte Ramucirumab plus FOLFIRI gegenüber FOLFIRI + Placebo das mOS signifikant (13,3 vs. 11,7 Monate; RAISE-Studie, Phase III, n=1072, [35]). Patienten mit metastasierten Tumoren des gastroösophagealen Übergangs oder Magenkarzinomen profitierten in der REGARD-Studie (Phase III, n=355) in der Zweitlinie von einer Monotherapie mit Ramucirumab plus bester supportiver Therapie („best supportive care“, BSC) gegenüber BSC plus Placebo (mOS 5,2 vs. 3,8 Monate, [8]). In der gleichen Situation verbesserte Ramucirumab in Kombination mit Paclitaxel im Vergleich zur Paclitaxel als Monotherapie ebenfalls signifikant das mOS (9,6 vs. 7,4 Monate; RAINBOW-Studie, Phase III, n=665, [37]). Beim vorbehandelten HCC ergab die Subgruppenanalyse einer Phase-III-Studie (REACH-Studie, n=565), dass nur Patienten mit einem AFP ≥400 ng/ml von einer Monotherapie mit Ramucirumab profitieren. Dies zeigt sich u. a. an einer Verbesserung des mOS gegenüber der Placebogruppe (mOS in dieser Untergruppe 7,8 Monate mit Ramucirumab vs. 4,2 Monate unter Placebo, [39]).

cKIT-Rezeptor und „platelet derived growth factor receptor α“ Aktivierende Mutationen im c-Kit-Gen (in 70–75% der Fälle) und im PDGFR-αGens (10–14% der Fälle) sind die entscheidenden molekularen „Treiber“ bei GIST. C-KIT-Mutationen betreffen v. a. die durch das Exon 11 codierte juxtamembranäre Domäne des Rezeptors, gefolgt von der durch Exon 9 codierten extrazellulären Domäne. Seltener finden sich Mutationen in den Exons 13 und 19. Das PDGFR-α-Gen weist in der Mehrzahl der Fälle eine Punktmutation des Codons 842 (p.D842V) auf. In 10–15% der adulten und in 85% der kindlichen GIST-Fälle ist keine Mutation des c-Kit oder PDGR-α-Gens nachweisbar. Diese „Wildtyp“-GIST sind eine heterogene Tumorgruppe, die sich im molekularen und im klinischen Verhalten deutlich von anderen GIST unterscheidet und eine eigenständige pathologische Entität darstellt [24].

Arzneimitteltherapie

Therapieansätze Imatinib bei gastrointestinalen Stromatumoren

Standard in der Erstlinientherapie des metastasierten GIST ist der Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib, der die Adenosintriphosphat(ATP)-Bindungsstelle des c-Kit- und des PDGF-Rezeptors selektiv blockiert. Für die adjuvante Therapie ist – mit Ausnahme der PDGFR-αD842V-Mutation und von Wildtyp-GIST – Imatinib Therapiestandard für einen Behandlungszeitraum von mindestens 3 Jahren bei Patienten mit hohem Rezidivrisiko nach Risikoklassifikation entsprechend „heat maps“ [15]. PDGFR-α-mutierte GIST sind imatinibresistent. Bei Vorliegen von sekundären c-Kit-Exon-17- und c-Kit-Exon18-Mutationen ist Imatinib nicht wirksam. Bei Progress unter einer Therapie mit Imatinib ist der Wirkverlust letztlich auf Veränderung des Mutationsstatus/der Klonalität des Tumors unter Therapie zurückzuführen [11].

Sunitinib bei gastrointestinalen Stromatumoren und pankreatischen neuroendokrinen Tumoren

Standard in der Zweitlinientherapie des fortgeschrittenen GIST ist der Multikinaseinhibitor Sunitinib, der u. a. die Rezeptortyrosinkinasen PDGFR, VEGFR, c-Kit und RET hemmt. Bei Vorliegen von sekundären c-Kit-Exon-17 und c-Kit-Exon18-Mutationen ist Sunitinib nicht wirksam [11]. Zusätzlich konnte Sunitinib seine Effektivität bei G1- und G2-pNET in einer Phase-III-Studie (n=117) belegen. In dieser Studie erzielte Sunitinib gegenüber Placebo bei Patienten mit fortgeschrittenen pNET einen statistisch signifikanten Vorteil im mPFS (12,6 vs. 5,8 Monate, [26]).

Ausblick JAK-STAT-Signalweg Januskinasen (JAK) sind zytoplasmatische Tyrosinkinasen, die mit Zytokinrezeptoren assoziiert sind, die keine eigene Enzymaktivität besitzen. Ruxolitinib ist ein

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Tyrosinkinaseinhibitor der JAK 1 und -2, der bisher bei myeloproliferativen Neoplasien wie der idiopathischen Myelofibrose klinische Verwendung findet. Ergebnisse aus einer Phase-I/II-Studie zur Zweitlinientherapie bei Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom (n=127) mit Capecitabin ± Ruxolitinib legen nahe, dass nur Patienten mit einer „inflammatorischen“ Tumorkomponente [C-reaktives Protein (CRP) >13 mg/l] von der zusätzlichen Ruxolitinibgabe profitieren (in der Subgruppe: Sechsmonatsüberleben Kombination: 42 vs. 11% in der Vergleichsgruppe, [14]).

MET-Signalweg Der „Mesenchymal-epithelial-transitionfactor“(MET)-Rezeptor, sein Ligand „hepatocyte growth factor“ (HGF) und seine nachgeschalteten Signalkaskaden bilden einen weiteren Angriffspunkt für tumorspezifische Therapien. Die Bindung des u. a. von Fibroblasten gebildeten HGF an seinen Rezeptor MET stimuliert Proliferation, Angiogenese sowie Migration und induziert eine epithelialmesenchymale Transition, was u. a. Metastasierung fördert. Die MET-Expression kann prognostisch sein: Patienten mit MET-negativem HCC haben eine bessere Prognose als Patienten mit MET-exprimierendem Tumor. Tivantinib ist ein selektiver, intrazellulärer MET-Inhibitor. Die Substanz zeigte in der Subgruppenanalyse einer Phase-IIStudie bei 107 Patienten mit therapierefraktärem HCC und hoher c-Met-Expression (definiert als IHC 2+ in mehr als 50% der Tumorzellen) eine signifikante Verbesserung von mOS und mPFS zugunsten der Tivantinibgruppe im Vergleich zu Placebo (mPFS: 11,7 vs. 6,1 Wochen, mOS 7,2 vs. 3,8 Monate, [30]). Eine hohe c-METExpression war bei ca. 45% der Patienten nachweisbar.

Immuntherapie Neue Therapieansätze ergeben sich in jüngster Zeit vermehrt im Bereich der Immuntherapie. Aktuell ergibt insbesondere eine neue Vakzinierungsstrategie beim therapierefraktären metastasierten Pankreaskarzinom vielversprechende Ergebnisse. Ein Impfstoff (GVAX, devitalisier-

te, allogene Pankreaskarzinomzellen) in Kombination mit einem mesothelinexprimierenden, modifizierten Listeria-monocytogenes-Stamm zeigte in einer Phase-II-Studie bei Patienten mit therapierefraktärem Pankreaskarzinom (n=90) ein verbessertes mOS von 6,1 vs. 3,9 Monaten mit GVAX allein [19]. Weitere immuntherapeutische Ansätze sind z. B. die Adressierung von Immuncheckpunkten wie dem „programmed cell death protein 1“ (PD-1), einem T-Zell-regulatorischen Transmembranprotein, das u. a. Autoimmunität in Tumoren vermitteln kann. Programmed-cell-death-protein-1-Antikörper wie Pembrolizumab, die durch die Blockade von PD-1 eine Reaktivierung zytotoxischer T-Zellen gegen den Tumor bewirken, gingen in ersten, kleinen Studien z. B. bei therapierefraktären AEG/Magenkarzinomen mit PD-1-Überexpression mit lang anhaltendem Tumoransprechen einher [23]. Weitere Studien zu diesem und anderen Checkpoint-Inhibitoren sind in Vorbereitung oder rekrutieren aktuell. Wichtig wird es hier sein, weitere prädiktive Marker zu etablieren, um die Subgruppe der Patienten zu identifizieren, die tatsächlich von einem solchen Ansatz profitiert.

Fazit für die Praxis Die personalisierte Tumortherapie oder besser die tumorspezifische Therapie ist im Bereich der GI-Onkologie angekommen. Das auch aus den großen Sequenzierprojekten wie dem Cancer Genome Atlas Consortium resultierende zunehmende Wissen um Alterationen von Signalnetzwerken in Tumoren gibt in Verbindung mit der stetig steigenden Zahl an Eingriffsmöglichkeiten (monoklonale Antikörper, „small molecules“, Fusionsproteine) dem Behandler neue Möglichkeiten der Stratifizierung und Therapie von GI-Malignomen an die Hand. Das wachsende Wissen über die Tumorbiologie einzelner Entitäten führt zu einer Diversifizierung innerhalb der GI Onkologie, letztlich hin zu einer molekular charakterisierten Onkologie mit vielen, häufig kleinen, molekular charakterisierten Subgruppen von Tumoren. Dies erlaubt im Hinblick auf die bereits vorhandenen zielgerichteten Therapien zukünftig die

Möglichkeit einer besseren Patientenselektion sowie die Etablierung neuer „targets“ und Therapiekombinationen. Wichtige Voraussetzung dafür ist aber die Etablierung valider prädiktiver Biomarker, die eine rationale und individualisierte Auswahl geeigneter tumorspezifischer Therapeutika erlauben. Die GI-Onkologie ist und bleibt ein spannendes und attraktives Gebiet für die Therapieentwicklung, da durch die wachsende Rolle der patientenadaptierten Tumortherapie weitere, deutliche Verbesserungen der Therapie für die Patienten zu erwarten sind.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. T. Seufferlein Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Ulm Albert-Einstein-Allee 23, 89081 Ulm [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  T. Ettrich erhielt Honorare für Beratertätigkeiten und wissenschaftliche Vorträge sowie Erstattung von Gebühren für Kongressteilnahmen von Baxter, Bayer, Celgene, Ipsen, Novartis, Sanofi-Aventis, Merck-Serono. L. Perkhofer erhielt Erstattung von Gebühren für Kongressteilnahmen von Celgene, Novartis, Ipsen, Sanofi-Aventis. T. Seufferlein erhielt Honorare für Beratertätigkeiten, die Vorbereitung wissenschaftlicher Veranstaltungen und für wissenschaftliche Vorträge sowie Erstattung von Gebühren für Kongressteilnahmen von Bayer, Celgene, Roche, Sanofi- Aventis, Merck-Serono. Ein von ihm initiiertes Forschungsvorhaben wird von Celgene unterstützt. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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Viele Ärzte sind Vorsorgemuffel Viele Ärzte neigen offenbar dazu, ihre eigene Gesundheit zu vernachlässigen. Unter diesem Gesichtspunkt haben nun chinesische Forscher aus Taiwan zwei nationale Krebsdatenbanken nach den sechs häufigsten Tumordiagnosen auf der Insel durchforstet. Dazu zählen Wucherungen in Lunge, Darm, Leber, Mund- und Speiseröhre sowie in der weiblichen Brust und im Gebärmutterhals. An solchen Tumoren erkrankten zwischen den Jahren 1999 und 2012 insgesamt 542 Ärzte. Jedem der Ärzte stellten sie nun fünf Nichtmediziner mit gleichem Geschlecht, Alter und Wohnort und ähnlichem Einkommen gegenüber (propensity score matching).

Ähnliche Krebsstadien bei Diagnose Wie sich zeigte, gab es in der Summe keine großen Unterschiede bei den Krebsstadien zum Zeitpunkt der Diagnose: Knapp neun Prozent der Ärzte hatten einen Stadium-0Tumor, die übrigen Ärzte verteilten sich fast gleichmäßig auf die anderen Stadien; signifikante Unterschiede zu Nichtmedizinern wurden dabei nicht beobachtet. Stadium-IVTumoren kamen bei Ärzten zwar tendenziell etwas häufiger vor, der Unterschied zu NichtMedizinern war allerdings nicht signifikant. Auch eine Stratifizierung nach Wohnort, Geschlecht oder Einkommen der Studienteilnehmer ergab keine wesentlichen Differenzen. Ärzte in sehr ländlichen Gebieten scheinen bei der Diagnose aber seltener einen Stadium-IV-Tumor zu haben als der Rest der dortigen Bevölkerung (16 versus 25 Prozent), allerdings war auch dieser Unterschied statistisch nicht signifikant. Deutliche Unterschiede fanden die Gesundheitsforscher lediglich bei Frauen-bezogenen Tumoren. So stellten sie bei Ärztinnen zum Diagnosezeitpunkt etwa zweieinhalbfach häufiger ein metastasiertes Brust- oder Zervixkarzinom fest als bei Frauen ohne Approbation.

Ärztinnen nutzen Vorsorge selten Zwar gibt es in Taiwan seit dem Jahre 1995 ein Screeningprogramm auf Zervixkarzinome, dies wird offenkundig von Ärztinnen selbst aber kaum in Anspruch genommen. Nach Umfragen nehmen außerdem nur rund zwölf Prozent des weiblichen Medizinpersonals an

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Mammografie-Untersuchungen teil, nur jede Zehnte geht regelmäßig zu den wichtigsten Krebsvorsorgeuntersuchungen, berichten die taiwanesischen Wissenschaftler. Auch in anderen Ländern sind Ärzte häufig Vorsorgemuffel. So haben Umfragen ergeben, dass zwar 60 Prozent der israelischen Hausärzte die Vorsorge empfehlen, aber nur jeder vierte selbst daran teilnimmt. Und Studien in Kanada haben gezeigt, dass 40 Prozent der Ärzte und Ärztinnen in den vergangenen fünf Jahren keine Prostata- beziehungsweise Brustkrebsuntersuchung bei sich selbst haben machen lassen, wie die chinesischen Forscher berichten. Über die Gründe für dieses Verhalten lässt sich nur spekulieren: Möglicherweise ist die hohe Arbeitsbelastung bei Ärzten eine Ursache für solche Nachlässigkeiten. Allerdings wäre dann zu erwarten, dass auch andere Berufsgruppen mit einem vergleichbaren Einkommen kaum Zeit für die Vorsorge finden. www.aerztezeitung.de basierend auf: CMAJ (2015) online 20. Juli

[Personalized tumor therapy for gastrointestinal tumors].

Personalized tumor therapy or more precisely tumor-specific therapy has now become established in routine clinical oncology. Particularly for solid tu...
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