A

CME

Fachwissen

Erwachsene Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA)

Perioperatives Management

Martin Rösslein

Die Prävalenz der obstruktiven Schlafapnoe hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Für betroffene Patienten hat diese Atmungsstörung im Rahmen eines operativen Eingriffs ernstzunehmende Konsequenzen. Daher sollen nachfolgend Empfehlungen zum perioperativen Management auf Grundlage der bestehenden Literatur vorgestellt werden. Das Ziel des Artikels liegt darin, Behandlungsgrundsätze aufzuzeigen, welche die Sicherheit für die betroffenen Patienten in der perioperativen Phase erhöhen können. Definition Die obstruktive Schlafapnoe (obstructive sleep apnea, OSA) ist die häufigste im Schlaf auftretende Atmungsstörung. Bei der OSA kommt es aufgrund einer Obstruktion der oberen Atemwege bei fortbestehender muskulärer Atemanstrengung zu wiederholten Atempausen bzw. einer wiederholten Reduktion der Atmungstätigkeit. Daraus resultiert ein Abfall der peripheren O2-Sättigung. Eine Störung der Schlafstruktur mit konsekutiver Einschränkung der Tagesbefindlichkeit ist die Folge. Grundsätzliche Kategorisierung Anhand der Anzahl der respiratorischen Ereignisse pro Stunde Schlaf (Apnoe-/Hypopnoe-Index, AHI) teilt die American Academy of Sleep Medicine die OSA grundsätzlich in die folgenden Schweregrade ein: ▶ mild (AHI 5–14) ▶ moderat (AHI 15–30) ▶ schwer (AHI > 30) Diagnose In der Praxis werden teilweise unterschiedliche Definitionen für diese Ereignisse angewendet [1]. Die Schweregrad-Einteilung ausschließlich anhand der Anzahl der respiratorischen Ereignisse weicht deshalb zunehmend einer integrativen Betrachtung unter Berücksichtigung der Symptomatik und der Komorbiditäten des Patienten. Eine OSA wird dann diagnostiziert, ▶ wenn die Atmungsstörung durch keine andere Schlafstörung oder Erkrankung oder durch Medikamente oder andere Substanzen erklärbar ist und ▶ entweder ein AHI > 15 oder

▶ ein AHI ≥ 5 in Kombination mit der typischen klinischen Symptomatik wie Tagesschläfrigkeit, Einschlafneigung oder Reduktion der intellektuellen Leistungsfähigkeit vorliegt [1]. Die OSA wird als chronische Erkrankung eingestuft [2], die mit kardiovaskulären Erkrankungen (wie system- und pulmonal-arteriellem Hypertonus, Arrhythmien, koronarer Herzerkrankung, Herzinsuffizienz) und metabolischen Störungen (wie Typ-II-Diabetes-mellitus) vergesellschaftet ist [3, 4].

Koinzidenzen Die Koinzidenz von OSA und arteriellem Hypertonus zeigt sich u. a. darin, dass geschätzte 30–50 % aller Hochdruck-Patienten an einer OSA erkrankt sind [5] und umgekehrt das Vorliegen einer OSA als häufigste Ursache für einen therapieresistenten sekundären Hypertonus gilt [6]. Der Zusammenhang zwischen OSA einerseits und Insulinresistenz sowie kardiovaskulären Erkrankungen andererseits wird u. a. erklärt mit einer durch die intermittierende Hypoxie getriggerten sympathischen Stimulation und einer durch eine Adipositas aggravierten pro-inflammatorischen Reaktion [7].

Epidemiologie



Prävalenz Die OSA weist in der Allgemeinbevölkerung eine Prävalenz von derzeit ca. 3–5 % mit zunehmender Tendenz auf [8–10]. Das bedeutet, dass in Deutschland ca. 4 Mio. Menschen betroffen sind. Für chirurgische Patienten ist die Prävalenz ca. 10-mal höher (24–41 %) [11–13]. Bei einem Großteil (81–87 %) dieser Patienten ist die Diagnose zum Zeitpunkt der präoperativen Untersuchung noch nicht gestellt – eine Herausforderung für den Anästhesisten [12, 14].

Faktoren Prädisponierende und auslösende Faktoren für eine OSA zeigt q Tab. 1. Übergewichtigkeit (Body-Mass-Index [BMI] ≥ 25 kg/m2) kann dabei als der wichtigste Risikofaktor angesehen werden. So kommt es mit einer Zunah-

Rösslein M. Erwachsene Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) – Perioperatives Management. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 174–182

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

174

CME

Fachwissen

me des BMI zu einer erhöhten Prävalenz der OSA, insbesondere der schweren Verlaufsformen (AHI > 30) [15–17].

Prädisponierende Risikofaktoren für die Entstehung einer OSA

Tab. 1

175

A

Übergewicht [18] männliches Geschlecht [19]



Perioperativ OSA-Patienten sind im Rahmen operativer Eingriffe, die eine systemische Analgesie und Sedierung oder Allgemeinanästhesie erfordern, für verschiedene perioperative Komplikationen in erhöhtem Maße gefährdet [13]. Die frühe (24 h) postoperative Phase scheint dabei besonders kritisch zu sein, was im Zusammenhang steht mit dem in dieser Periode erhöhten Bedarf an Opioiden [23]. Die bereits erwähnten Komorbiditäten erschweren das perioperative Management von OSA-Patienten häufig zusätzlich [24, 25]. Intraoperativ Eine bestehende OSA scheint für ein erschwertes Atemwegsmanagement (Maskenbeatmung und/oder Intubation) zu prädestinieren [26–29]. Umgekehrt ist ein unerwartet schwieriger Atemweg ein Prädiktor für das Vorliegen einer OSA [30]. Außerdem scheint der intraoperative Katecholaminbedarf bei OSAPatienten erhöht zu sein [31]. Postoperativ Mit einer OSA werden postoperative Komplikationen verschiedener Organsysteme assoziiert (q Tab. 2) [13].

Präoperatives Management Zeitpunkt entscheidend Es ist davon auszugehen, dass die präoperative Identifikation des OSAStatus perioperative Komplikationen verringern kann [32]. Daher sollte, wenn möglich, der OSA(verdächtige) Patient dem Anästhesisten möglichst frühzeitig vorgestellt werden, um ein optimales perioperatives Management zu gewährleisten. Welche Elemente der präoperativen Evaluation dabei zu beachten sind, zeigt q Tab. 3.

Präoperatives OSA-Screening



1. Polysomnografie Die überwachte kardiorespiratorische Polysomnografie (PSG) gilt als Referenzmethode in der Diagnostik schlafbezogener Atmungsstörungen [20]. Allerdings ist die Durchführung der PSG logistisch und finanziell aufwendig und verzögert ggf. den geplanten operativen Eingriff [9–11]. Die PSG beinhaltet als stationäre Untersuchung in einem sog. Schlaflabor die Aufzeichnung verschiedener physiologischer Parameter. Die Auswertung und Befundung der hierbei erhobenen Daten ermöglicht die Diagnostik und Schweregradbestimmung einer OSA sowie die Auswahl und Überprüfung einer geeigneten Therapie.

Alter (bis zur 6.–7. Lebensdekade) kraniofaziale Besonderheiten [20] Nikotin- und Alkoholkonsum [21] Schwangerschaft vorbestehende Erkrankungen [22]: ▶ Akromegalie ▶ Hypothyreose ▶ polyzystisches Ovarialsyndrom

2. Polygrafie Alternativ können zur Diagnosestellung einer OSA bzw. zur Erhöhung der PräTest-Wahrscheinlichkeit vor einer PSG vereinfachte portable Polygrafiesysteme mit einer reduzierten Anzahl von Kanälen eingesetzt werden [20]. 3. STOP-BANG-Score Um eine möglicherweise bestehende und zuvor unbekannte OSA zu erkennen, wurden neben den klinischen Untersuchungsmethoden verschiedene Fragebögen mit dem Ziel einer schnelleren OSA-Erfassung entwickelt [33]. Unter diesen Fragebögen besitzt der sog. STOP-BANG-Fragebogen (q Tab. 4) den Vorteil, dass er präoperativ schnell und einfach einzusetzen ist sowie eine hohe Sensitivität aufweist [34–36]. Ein hoher Punktwert von 5–8

Tab. 2 (oben) ARDS = Acute Respiratory Distress Syndrom; NIV = nicht-invasive Ventilation. Daten aus [13]. Tab. 3 (unten) Elemente der präoperativen Evaluation im Rahmen der anästhesiologischen Prämedikationsvisite.

Postoperative Komplikationen von OSA-Patienten Organsystem

postoperative Komplikation

Lunge

Hypoxie, Hyperkapnie, Pneumonie, Atelektase, Bronchospasmus, ARDS, Lungenembolie, Notwendigkeit der NIV-Beatmung / Re-Intubation

Herz

Arrhythmien, Ischämien / Myokardinfarkt, Lungenödem

ZNS

Delir, Enzephalopathie, Apoplex

verschiedene Organsysteme

gastrointestinale Blutung, Infektion

weitere Komplikationen

ungeplante Verlegung auf ein höheres Versorgungsniveau, verlängerte Behandlungsdauer

Präoperative OSA-Evaluation Anamnese

▶ Hinweise auf das Vorliegen einer OSA ▶ Hinweise auf perioperative Komplikationen bei vorausgegangenen Allgemeinanästhesien ▶ Vorliegen von Begleiterkrankungen (s. Text)

körperliche Untersuchung

▶ Hinweise auf das Vorliegen eines zu erwartenden schwierigen Atemwegs (Retrognathie, Tonsillengröße)

OSA-Screening

▶ Fragebögen (STOP-BANG) ▶ ggf. Polygrafie oder Polysomnografie

Rösslein M. Erwachsene Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) – Perioperatives Management. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 174–182

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

Komplikationen

CME

Fachwissen

A Tab. 4

Daten aus [34].

STOP-BANG-Fragebogen STOP Snoring

Schnarchen

Schnarchen Sie?

Tiredness

(Tages-)Müdigkeit

Fühlen Sie sich tagsüber häufig müde oder erschöpft?

Observed Apnea

Apnoe (beobachtet)

Wurden bei Ihnen während des Schlafes Atemaussetzer beobachtet?

Pressure

Bluthochdruck

Haben Sie Bluthochdruck oder sind Sie wegen Bluthochdruck in Behandlung?

BMI

Body Mass Index

> 35 kg/m2

Age

Alter

> 50 Jahre

Neck

Halsumfang

> 40 cm

Gender

Geschlecht

männlich

BANG

OSA-Risiko: hohes OSA-Risiko: ≥5 Fragen werden mit „ja“ beantwortet geringes OSA-Risiko: < 3 Fragen werden mit „ja“ beantwortet

korreliert dabei gut mit der Wahrscheinlichkeit für eine schwere OSA [37, 38]. Der Fragebogen ist allerdings weniger geeignet, eine milde OSA auszuschließen [39].

Präoperative Risikoevaluation



Leitlinien der ASA Die präoperative Abschätzung des perioperativen Risikos von OSA-Patienten kann im Einzelfall eine große Herausforderung sein. In den Leitlinien der American Society of Anesthesiologists (ASA) wird eine beispielhafte Methode zur Beurteilung dieses Risikos vorgeschlagen (q Tab. 5) [32]. Dabei gehen die Schwere der OSA-Erkrankung, die Invasivität des anstehenden operativen Eingriffs zusammen mit der dafür erforderlichen Anästhesie sowie die zu erwartende postoperative Analgesie in die Beurteilung mit ein. Dieses Vorgehen ist allerdings nicht evidenzbasiert und wurde nicht klinisch validiert.

Präoperative CPAP-Therapie



Effektivste konservative Behandlung Eine Behandlung mit kontinuierlichem positiven Atemwegsdruck (Continuous Positive Airway Pressure, CPAP) bewirkt als pneumatische Schienung das Offenhalten der oberen Atemwege und ist die effektivste konservative Behandlung einer OSA [40]. Sie zeigte sich auch vorteilhaft im Hinblick auf die Verbesserung einer begleitenden Hypertonie [41]. Der Stellenwert einer präoperativen CPAPTherapie im Hinblick auf die Verhinderung post-

operativer Komplikationen wird in der Literatur uneinheitlich bewertet [23, 42–45].

Präoperative Therapie-Möglichkeit Da die Wirksamkeit einer CPAP-Therapie im nicht operativen Bereich belegt ist, könnte deren präoperativer Einsatz den Zustand von Patienten, die aufgrund einer OSA perioperativ gefährdet sind, verbessern [32]. Dementsprechend sollte auch die präoperative Initiierung einer CPAP-Therapie erwogen werden, v. a. bei schwerer OSA, wobei allerdings unklar ist, wie lang eine solche Therapie dauern sollte [32]. Empfehlungen ▶ Eine präoperativ bestehende CPAP-Therapie sollte perioperativ weitergeführt werden. ▶ Bei schwerer OSA sollte der präoperative Beginn einer CPAP-Therapie erwogen werden.

Medikamentöse Prämedikation



Sedierende Medikamente Sedierende Medikamente wie Benzodiazepine sollten OSA-Patienten präoperativ nur unter größter Vorsicht verabreicht werden. ▶ Diese Substanzen können für einen Kollaps des Atemwegs bzw. eine Atemdepression prädisponieren in einer Phase, in der die Patienten u. U. nicht adäquat überwacht sind (vor bzw. während des Transports in den OP) [39].

Alpha-2-Agonisten Die Datenlage hinsichtlich der Verwendung von alpha-2-Agonisten kann noch nicht abschließend beurteilt werden, aller-

Rösslein M. Erwachsene Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) – Perioperatives Management. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 174–182

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

176

CME

Fachwissen

Einen möglichen Algorithmus zur präoperativen Risiko-Evaluation zeigt q Abb. 1.

Indikation zur schlafmedizinischen Abklärung Die Indikation zur schlafmedizinischen Abklärung sollte immer nach Abwägung der Dringlichkeit des chirurgischen Eingriffs und der Diagnostik und Therapie einer OSA erfolgen. Die Entscheidung, eine weitergehende Diagnostik und Therapie einer möglicherweise bestehenden OSA und relevanter Begleiterkrankungen präoperativ durchzuführen, sollte das Ergebnis einer Einzelfallbeurteilung sein und auf der Einschätzung basieren, dass das Risiko des Patienten, eine perioperative Komplikation zu erleiden, dadurch gesenkt werden kann.

Dies gilt insbesondere für Patienten mit schwerer, nicht adäquat therapierter OSA (ausgeprägte Tagesmüdigkeit, Apnoen, Nicht-Befolgen oder technische Schwierigkeiten bei der Durchführung einer CPAP-Therapie, ausgeprägte Gewichts-

Intraoperatives Management Sicherung des Atemwegs



Schwieriger Atemweg Neben einer erhöhten Häufigkeit an schwierigen Intubationen bei OSAPatienten kann auch die Maskenbeatmung erschwert sein [39]. Außer einer optimierten Körperposition sollten deshalb auch adäquate Instrumente zur Beherrschung eines schwierigen Atemwegs entsprechend des ASA-Algorithmus unmittelbar verfügbar sein [47].

Besonderheiten Bei einer fiberoptischen Wachintubation ist zu bedenken, dass eine topische Anästhesie der oberen Atemwege die Schutzreflexe beeinträchtigen und zu einer Atemwegsobstruktion nach Extubation führen kann. [48, 49] Bei alleiniger Sedierung sollte die Verwendung eines oro-/nasopharyngealen Atemwegs

Möglicher Algorithmus zur perioperativen Evaluation

OSA bekannt





CPAP-Therapie asymptomatisch keine relevante Änderung KG • •

OSA unbekannt

keine oder insuffiziente CPAP-Therapie symptomatisch

• •

STOP-BANG ≥ 5

STOP-BANG < 5

Abb. 1 Die Waagen-Symbole verdeutlichen die Abwägung zwischen der Indikation zur OP und zur schlafmedizinischen Abklärung (s. Text). CPAP = kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck; KG = Körpergewicht.

erwäge schlafmedizinische Abklärung ggf. Start / Optimierung CPAP-Therapie

perioperative OSA-Vorkehrungen

übliches perioperatives Management

OP Bildnachweis: Martin Rösslein

Rösslein M. Erwachsene Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) – Perioperatives Management. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 174–182

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

Empfehlung ▶ Sedierende Medikamente sollten zur Prämedikation von OSA-(verdächtigen) Patienten nur nach eindeutiger Indikationsstellung und unter Einhaltung ausreichender Überwachungsmaßnahmen eingesetzt werden.



A

zunahme), die sich einem ausgedehnten Eingriff (q Tab. 5) unterziehen müssen, oder Patienten mit nicht optimal kontrollierten Begleiterkrankungen (unkontrollierter Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, Arrhythmien). Die Entscheidung, einen elektiven Eingriff zu verschieben, sollte idealerweise gemeinsam mit dem operativen Partner getroffen werden. Weniger dringlich erscheint eine weitergehende präoperative Abklärung bei Patienten, die sich einem oberflächlichen oder peripheren Eingriff (q Tab. 5) unterziehen müssen und unter adäquater Therapie ihrer OSA asymptomatisch sind.

dings zeigen die Studien keine erhöhte Inzidenz respiratorischer Komplikationen [46].

177

CME

Fachwissen

A

bzw. einer CPAP-Therapie erwogen werden [32]. Darüber hinaus ist eine Allgemeinanästhesie mit einem gesicherten Atemweg einer tiefen Sedierung ohne gesicherten Atemweg vorzuziehen [32].

Verwendung von Anästhetika



Allgemeinanästhesie Hinsichtlich der Sicherheit von Anästhetika bei OSA-Patienten existiert eine nur unzureichende Datenlage. Generell führen fast alle verwendeten i. v. und inhalativen Anästhetika zu einem verringerten Tonus der Pharyngealmuskulatur [50–54], zu einer Reduktion der ventilatorischen Antwort auf CO2 [55, 56] sowie zu einem reduzierten Erwachen bei Atemwegsobstruktion [57]. ▶ Zu bevorzugen sind im Fall einer Allgemeinanästhesie deshalb i. v. und inhalative Anästhetika sowie Opioide mit vorteilhafter Pharmako-

Tab. 5 Mögliche Methode zur Beurteilung des perioperativen Risikos von OSA-Patienten (Daten aus [32]). NIV =nicht invasive Ventilation, PSG = Polysomnografie.

kinetik, d. h. möglichst gut steuerbarer Elimination [39].

Sedierung bei Regionalanästhesie Die oben genannten Überlegungen gelten auch für den Fall, dass bei einer Regionalanästhesie eine zusätzliche (Analgo-)Sedierung erforderlich sein sollte. ▶ In dieser Situation könnten, ähnlich wie bei der medikamentösen Prämedikation, alpha-2Agonisten möglicherweise vorteilhaft sein.

Verwendung von Muskelrelaxanzien



Datenlage Auch bezüglich der Verwendung von Muskelrelaxanzien im Rahmen von Allgemeinanästhesien bei OSA-Patienten existiert eine nur unzureichende Datenlage. Bekannterweise können auch bei nicht von OSA betroffenen Patienten nicht vollständig aufgehobene neuromuskuläre Blockaden dazu beitragen,

Präoperative Risiko-Evaluation Faktoren A

B

C



Punktwert §

Schweregrad der OSA (PSG oder klinische Indikatoren )

(0–3)*

keine OSA

0

mild

1

moderat

2

schwer

3

Invasivität des operativen Eingriffs und der Anästhesie

(0–3)

oberflächlicher Eingriff unter lokaler oder peripherer Nervenblockade ohne Sedierung

0

oberflächlicher Eingriff mit leichter Sedierung oder Allgemeinanästhesie oder peripherer Eingriff in Spinal-/Epiduralanästhesie (keine oder leichte Sedierung)

1

peripherer Eingriff in Allgemeinanästhesie oder Eingriff an den Atemwegen unter leichter Sedierung

2

ausgedehnter Eingriff oder Eingriff an den Atemwegen in Allgemeinanästhesie

3

Bedarf an postoperativen Opioiden

(0–3)

kein Bedarf

0

oral in „niedriger“ Dosierung

1

oral in „hoher“ Dosierung, parenteral oder neuroaxial

3

Abschätzung des perioperativen Risikos Gesamtpunktwert: Punktwert aus A + (größerer Punktwert aus B oder C):

(0–6)

kein erhöhtes perioperatives Risiko

0–3

möglicherweise erhöhtes perioperatives Risiko

4

signifikant erhöhtes perioperatives Risiko

5–6

§

Falls statt einer PSG nur klinische Indikatoren vorliegen, sollte von einer moderaten OSA, bei ausgeprägter Symptomatik von einer schweren OSA ausgegangen werden. * Ein Punkt kann abgezogen werden, wenn ein Patient bereits präoperativ unter einer CPAP- bzw. NIVTherapie steht und diese postoperativ dauerhaft fortführt. Ein Punkt sollte addiert werden, wenn ein Patient mit milder oder moderater OSA einen arteriellen CO2-Partialdruck (PaCO2) von > 50 mmHg aufweist.

Rösslein M. Erwachsene Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) – Perioperatives Management. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 174–182

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

178

CME

Fachwissen

Postoperatives Management Analgesie



Opioide Eine adäquate postoperative Schmerztherapie ist für alle Patienten unerlässlich. Deswegen dürfen Opioide auch OSA-Patienten, falls erforderlich, keinesfalls vorenthalten werden. Ob die Vermeidung bzw. Minimierung von Opioiden postoperative Komplikationen reduziert, kann aktuell aufgrund der insuffizienten Datenlage weder für OSA-Patienten noch für Patienten ohne OSA abschließend beurteilt werden [60]. ▶ In jedem Fall sollte die systemische Gabe individualisiert und titriert erfolgen. Dies gilt auch für den Opioid-Zusatz zu einer rückenmarksnahen Regionalanästhesie. Dieser kann zu einer Sedierung und postoperativen Unterdrückung der Atmung führen, wenn die Anwendung zu weit kranial erfolgt [61]. Lokalanästhetika und Nicht-Opioid-Analgetika sowie Co-Analgetika hingegen reduzieren – insbesondere in kombinierter Gabe – nachweislich den postoperativen Bedarf an systemischen Opioiden [32, 62–64].

Empfehlungen ▶ falls möglich bevorzugte Anwendung von peripherer bzw. rückenmarksnaher Regionalanästhesie ohne Opioid-Zusatz ▶ falls möglich, Minimierung systemischer Opioide ▶ bei Verwendung eines Patienten-kontrollierten Analgesie-Regimes (PCA-Regime) mit systemischen Opioiden Vermeidung einer basalen Applikation ▶ Vermeidung der gleichzeitigen Gabe von sedierenden Medikamenten (Benzodiazepine, Barbiturate) bei Patienten, die eine systemische Opioid-Gabe erhalten ▶ falls vertretbar Bevorzugung nicht opioidhaltiger Analgetika (nicht-steroidale antiinflammatorische Substanzen, Cyclooxygenase-2-Hemmer, Paracetamol, Ketamin) sowie Co-Analgetika (Dexamethason, Clonidin) allein oder in Kombination ▶ falls möglich Ausschöpfung nicht medikamentöser Analgesie-Methoden (Kühlung, transkutane elektrische Nervenstimulation)

Oxygenierung



Datenlage Die Datenlage zur Beurteilung der supplementierenden postoperativen O2-Gabe bei OSA-Patienten ist unzureichend. Allerdings wurde ein verbessertes Niveau der O2-Sättigung unter dieser Maßnahme bei nicht selektierten chirurgischen Patienten nachgewiesen. Dabei ist nicht klar, ob sich auch die postoperative Komplikationsrate verringert [32].

Hypoxämie-Vermeidung Allerdings ist die O2-Gabe aufgrund der Tatsache zu rechtfertigen, dass es bei OSA-Patienten in der postoperativen Phase rasch zu Hypoxämien kommen kann. ▶ Der Vorteil der Hypoxämie-Vermeidung durch die O2-Gabe überwiegt die möglichen Nachteile (Prolongierung bzw. Maskierung einer Apnoe, Atelektase oder Hypoventilation mit CO2-Retention). Empfehlung ▶ supplementierende kontinuierliche O2-Gabe, bis die basale O2-Sättigung unter Raumluftbedingungen wiedererlangt wird

CPAP-Therapie



Stellenwert Während der Nutzen der CPAPTherapie bei nicht chirurgischen OSA-Patienten klar belegt ist [32, 65, 66], ist ihr Stellenwert im postoperativen Bereich weniger eindeutig. Allerdings zeigen Daten an adipösen Patienten, die eine hohe Prävalenz für eine OSA aufweisen, den Vorteil einer postoperativen nicht invasiven Beat-

Rösslein M. Erwachsene Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) – Perioperatives Management. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 174–182

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

A

dass in der frühen postoperativen Phase verschiedene pulmonale Komplikationen wie Hypoxie oder Atemwegsobstruktion auftreten [58]. Es muss davon ausgegangen werden, dass dieses Risiko bei OSA-Patienten durch die bestehende Grunderkrankung zusätzlich erhöht ist. Aus diesem Grund sollten bei notwendiger Relaxierung Muskelrelaxanzien mit vorteilhafter Pharmakokinetik und / oder Antagonisierbarkeit durch Substanzen mit günstigem Nebenwirkungsprofil gewählt werden. Empfehlungen ▶ falls möglich Bevorzugung regional- / okalanästhesiologischer Verfahren gegenüber einer Allgemeinanästhesie ▶ Erwartung eines schwierigen Atemwegs ▶ adäquate Präoxygenierung mit erhöhter Kopfposition und, falls möglich, Anwendung eines adäquaten PEEP vor Induktion [59] ▶ Verwendung kurzwirksamer Anästhetika ▶ falls erforderlich Verwendung kurzwirksamer und / oder nebenwirkungsarm zu antagonisierender Muskelrelaxanzien ▶ Verwendung eines geeigneten Relaxometrieverfahrens bei Einsatz von Muskelrelaxanzien ▶ Wach-Extubation, bevorzugt in (halb-)sitzender Position nach komplett aufgehobener Muskelrelaxation

179

CME

Fachwissen mung, die in der postoperativen Phase auch einer alleinigen O2-Gabe überlegen sein könnte [67]. Eine mögliche Alternative zur postoperativen CPAP- bzw. NIV-Therapie (NIV = nicht invasive Ventilation) könnten die nasale High-FlowTherapie wie auch das überwachte Atemtraining mittels Spirometern in Verbindung mit einer frühzeitigen Mobilisierung sein [68–70].

Empfehlung ▶ Laterale Körperposition und, falls möglich, eine frühzeitige Mobilisierung bevorzugen

Monitoring



Umfang und Dauer Das erhöhte Risiko für das Auftreten postoperativer Komplikationen bei OSA-Patienten ist klar belegt [13]. Aus der aktuellen Studienlage geht jedoch nicht eindeutig hervor, in welchem Umfang und wie lange ein (respiratorisches) Monitoring für OSA-Patienten postoperativ aufrechterhalten werden sollte [32]. Es ist weder eindeutig belegt, welchen Nutzen ein Telemetrie-System zur Senkung postoperativer Komplikationen bei OSA-Patienten hat, noch welchen Einfluss die Verlegung auf eine Intensivstation im Vergleich zu einer Normalstation besitzt [32]. ▶ Allerdings konnte an unselektionierten chirurgischen Patienten gezeigt werden, dass die Implementierung einer alarmgestützten kontinuierlichen Pulsoxymetriemessung die Anzahl postoperativer respiratorischer Notfälle und Verlegungen auf eine Intensivstation verringert [73]. Außerdem prädestinieren wiederkehrende respiratorische Ereignisse (Bradypnoe, Apnoe, Abfall der O2-Sättigung) während der ersten 90 min des Aufenthalts im Aufwachraum für respiratorische

Empfehlungen ▶ Eine präoperativ bestehende CPAP-Therapie sollte postoperativ so bald wie möglich mit den präoperativen Druckwerten fortgesetzt werden. ▶ Beim Auftreten wiederkehrender respiratorischer Ereignisse in der postoperativen Überwachungsphase sollte die Initiierung einer CPAP-Therapie erwogen werden. ▶ Bei Patienten, bei denen eine CPAP-Behandlung nicht möglich ist, sollte eine Therapie mit nicht invasiver positiver Druckventilation erwogen werden.

Patientenpositionierung

▼ Abb. 2 Daten aus [74, 75]. 1 AWR = Aufwachraum oder mind. gleichwertige Überwachungseinheit 2 abhängig vom Patienten, operativen Eingriff und postoperativem Opioidbedarf entsprechend der präoperativen Risikoevaluation nach ASA (q Tab. 5) 3 Auftreten von 2–3 (gleichen oder verschiedenen) der folgenden Ereignisse in 2–3 der insgesamt drei 30 min-Intervalle (bei jedem der folgenden Punkte handelt es sich bei Auftreten innerhalb eines 30 minIntervalls um 1 Ereignis): 3× SpO2 < 90 %; 3× Bradypnoe < 8 Atemzüge/min, 1× Apnoe ≥ 10 s; einmaliges Auftreten von starkem Schmerz (VAS > 5) und gleichzeitig tiefer Sedierung (RASS -3 bis -5). 4 (Monitor-)Überwachung mit Möglichkeit der (nicht) invasiven Beatmung mind. solange, bis ein erhöhtes Risiko für postoperative Komplikationen nicht weiter besteht (Absetzen von Opioiden, frei wählbare Schlafposition, adäquate Oxygenierung, Wiederaufnahme der CPAP-Therapie). ASA = Punktwert der präoperativen Risikoevaluation nach ASA; CPAP = kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck; NIV = nicht invasive Ventilation.

Rückenlage vermeiden Bei nicht chirurgischen OSA-Patienten gibt es Hinweise für eine Verbesserung von Apnoe-Hypopnoe-Index und Oxygenierung, wenn eine Körperposition in Rückenlage vermieden wird [71, 72].

Möglicher Algorithmus zum postoperativen Management von OSA-Patienten OSA bekannt

OSA unbekannt keine CPAP/NIVTherapie

CPAP / NIV-Therapie

STOP-BANG ≥ 5

STOP-BANG < 5

OP keine CPAP / NIV möglich ASA ≥ 5

CPAP / NIV möglich

ASA < 5

AWR1: Dauer wird individuell festgelegt (mind. 3 h)2 Beurteilung des Pat. in den ersten 3 x 30 min: 0 ‐ 30 min

30 ‐ 60 min

60 ‐ 90 min

Ereignis?

Ereignis?

Ereignis?

2-3 respiratorische Ereignisse3?: Ja

Überwachung4

Nein + keine anderen KI

ggf. Normalstation

übliches perioperatives Management

Rösslein M. Erwachsene Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) – Perioperatives Management. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 174–182

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

A

Bildnachweis: Martin Rösslein

180

CME

Fachwissen

Empfehlung ▶ Art, Umfang und Dauer des postoperativen Monitorings müssen für jeden OSA-Patienten individuell festgelegt werden. Sie sind u. a. abhängig vom Schweregrad der OSA, von der Art und Invasivität des operativen Eingriffs und der dafür erforderlichen Anästhesie sowie dem zu erwartenden postoperativen Bedarf an Opioiden. ▶ Eine kontinuierliche (respiratorische) Überwachung kann auch nach Entlassung aus dem Aufwachraum erforderlich sein. Diese sollte andauern, bis keine erhöhten Risiken für das Auftreten postoperativer Komplikationen mehr existieren (Absetzen von Opioiden, frei wählbare Schlafposition, adäquate Oxygenierung, Wiederaufnahme der CPAP-Therapie). ▶ Da eine ungerechtfertigte Beendigung der Überwachung für den Patienten potenziell lebensbedrohlich sein kann, sollte diese im Zweifelsfall immer aufrechterhalten werden.

Ambulante Eingriffe Faktoren Bei Patienten mit einem erhöhten perioperativen Risiko aufgrund einer OSA sollte vor einem operativen Eingriff entschieden werden, ob ein ambulanter Ablauf angemessen ist. Folgende Faktoren sollten dabei in Anlehnung an die ASA-Leitlinien berücksichtigt werden [32]: 1. Schweregrad der OSA 2. Hinweise für das Vorhandenseins eines schwierigen Atemwegs 3. Ausmaß und Schweregrad bestehender Begleiterkrankungen 4. Art des geplanten operativen Eingriffs 5. geplantes Anästhesieverfahren 6. voraussichtlicher Bedarf an postoperativen Opioiden 7. Alter des Patienten 8. Ausstattung des ambulant-operativen Zentrums, d. h. Vorhaltung von Instrumentarien zur Beherrschung eines schwierigen Atemwegs, gegebene Beatmungsmöglichkeit, Möglichkeit der bildgebenden (bettseitiger Röntgen-Thorax) und laborchemischen (Blutgasanalyse) Diagnostik, Möglichkeit der Verlegung in ein stationäres Zentrum

auch bei OSA-Patienten grundsätzlich sicher durchführbar, wenn es sich nicht um einen Eingriff an den Atemwegen handelt und hierbei Lokal- / Regionalanästhesie eingesetzt wird [32].

A

Aufklärung In jedem Fall sollte der Patient bereits im Aufklärungsgespräch informiert werden über die speziellen Risiken seiner Erkrankung in der postoperativen Phase und die je nach Verlauf mögliche Notwendigkeit einer längeren, ggf. auch stationären, postoperativen Überwachung. Empfehlungen ▶ Patienten mit bekannter OSA und bestmöglich kontrollierten Begleiterkrankungen können für einen ambulant durchgeführten Eingriff in Betracht gezogen werden, wenn sie in der postoperativen Phase ein CPAP / NIV-Gerät benutzen können. ▶ Patienten, bei denen eine OSA aufgrund eines Screening-Instruments (z. B. STOP-BANGFragebogen) vermutet wird, und bei denen Begleiterkrankungen bestmöglich optimiert sind, können für einen ambulant durchgeführten Eingriff in Betracht gezogen werden, wenn zur postoperativen Schmerztherapie nicht vornehmlich Opioide genutzt werden. ▶ Patienten, die einen ASA-Risiko-Punktwert von 5–6 in der präoperativen Evaluation (q Tab. 5) aufweisen oder bei denen Begleiterkrankungen nicht bestmöglich kontrolliert sind, sind für eine ambulant durchgeführte Operation grundsätzlich nicht geeignet. ▶ OSA-Patienten sollten zum frühest möglichen Zeitpunkt im Tagesprogramm operiert werden, um eine möglichst lange Überwachungsdauer im Aufwachraum zu ermöglichen.

Fazit Die OSA ist eine häufige Atmungsstörung mit

zunehmender Prävalenz. Bei der Mehrzahl der chirurgischen OSA-Patienten ist die Erkrankung präoperativ nicht diagnostiziert und die betroffenen Patienten sind daher in besonderem Maße für perioperative Komplikationen gefährdet. Ein präoperatives Screening und ein perioperativer Behandlungsalgorithmus können die Patientensicherheit erhöhen. Auch wenn das Evidenz-Niveau für einige Maßnahmen bislang noch unzureichend ist, sollte das perioperative Management dieser Patienten so erfolgen, dass das Risiko für mögliche Komplikation so gering wie möglich gehalten wird. ◀

Datenlage Die Datenlage hinsichtlich der Frage, welcher OSA-Patient sicher durch einen ambulanten Eingriff begleitet und nach welcher Zeit er entlassen werden kann, ist unzureichend [32]. Ein operativer Eingriff, der bei Nicht-OSA-Patienten typischerweise ambulant möglich ist, scheint

Rösslein M. Erwachsene Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) – Perioperatives Management. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 174–182

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

und andere Komplikationen im weiteren postoperativen Verlauf [74]. Einen diese Erkenntnisse berücksichtigenden möglichen Algorithmus zum postoperativen Management von OSA-Patienten im stationären Bereich zeigt q Abb. 2.

181

CME

Fachwissen

A Kernaussagen:

▶ Die Diagnose bzw. der Verdacht auf eine OSA sollte präoperativ möglichst frühzeitig bekannt sein, um ein adäquates perioperatives Management zu erlauben. ▶ Eine präoperativ bestehende CPAP-Therapie sollte perioperativ fortgeführt werden. ▶ Für die mit Bedacht einzusetzende medikamentöse Prämedikation bieten sich alpha-2-Agonisten an. ▶ Ein Schwerpunkt des intraoperativen Managements ist die Beherrschung des Atemwegs. ▶ Wann immer möglich sollte die systemische Gabe von Opioiden vermieden und der Einsatz lokal- und / oder regionalanästhesiologischer Methoden bevorzugt werden. ▶ Die Dauer einer kontinuierlichen postoperativen Überwachung eines OSA-Patienten muss im Einzelfall entschieden werden und ist von mehreren Faktoren abhängig. Dazu zählen der Schweregrad der bestehenden OSA-Erkrankung, die Invasivität des operativen Eingriffs sowie der zu erwartende postoperative Bedarf an Opioiden. ▶ Die kontinuierliche Überwachung sollte mind. so lange fortgeführt werden, bis ein erhöhtes Risiko für postoperative Komplikationen nicht weiter besteht (Absetzen von Opioiden, frei wählbare Schlafposition, adäquate Oxygenierung, Wiederaufnahme der CPAP-Therapie). Dr. med. Martin Rösslein, DESA, EDIC, ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Freiburg. Zu seinen Schwerpunkten zählen Anästhetika- und Gasotransmitter-induzierte Organ- und Zytoprotektion sowie das perioperative Management von Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe. E-Mail: [email protected]

Interessenkonflikt Der Autor erklärt, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Beitrag online zu finden unter http://dx.doi. org/10.1055/s-0041-100965

VNR 2760512015147121509

Literatur online Das vollständige Literaturverzeichnis zu diesem Beitrag finden Sie im Internet: Abonnenten und Nichtabonnenten können unter „www.thieme-connect.de/ejournals“ die Seite der AINS aufrufen und beim jeweiligen Artikel auf „Zusatzmaterial“ klicken – hier ist die Literatur für alle frei zugänglich. Abonnenten können alternativ über ihren persönlichen Zugang an das Literaturverzeichnis gelangen. Wie das funktioniert, lesen Sie unter: http://www.thiemeconnect.de/ejournals/help#SoRegistrieren Literaturverzeichnis 1 Sleep-related breathing disorders in adults: recommendations for syndrome definition and measurement techniques in clinical research. The Report of an American Academy of Sleep Medicine Task Force. Sleep 1999; 22: 667–689 2 Heatley EM et al. Obstructive sleep apnoea in adults: a common chronic condition in need of a comprehensive chronic condition management approach. Sleep Med Rev 2013; 17: 349–355 3 Drager LF et al. Obstructive sleep apnea: a cardiometabolic risk in obesity and the metabolic syndrome. J Am Coll Cardiol 2013; 62: 569–576 4 Schulz R et al. Obstruktive Schlafapnoe - ein wichtiger kardiovaskulärer Risikofaktor. Dtsch Arztebl 2006; 103: A-775 / B-655 / C-635 5 Konecny T, Kara T, Somers VK. Obstructive sleep apnea and hypertension: an update. Hypertension 2014; 63: 203–209 6 Pedrosa RP et al. Obstructive sleep apnea: the most common secondary cause of hypertension associated with resistant hypertension. Hypertension 2011; 58: 811–817 7 Unnikrishnan D, Jun J, Polotsky V. Inflammation in sleep apnea: An update. Rev Endocr Metab Disord 2015; 16: 25–34 8 Kezirian EJ et al. Obstructive sleep apnea surgery practice patterns in the United States: 2000 to 2006. Otolaryngol Head Neck Surg 2010; 143: 441–447 9 Lee W et al. Epidemiology of obstructive sleep apnea: a population-based perspective. Expert Rev Respir Med 2008; 2: 349–364 10 Yang YX et al. Gastroesophageal reflux and sleep events in obstructive sleep apnea. Eur J Gastroenterol Hepatol 2013; 25: 1017–1023 11 Chung F et al. Validation of the Berlin questionnaire and American Society of Anesthesiologists checklist as screening tools for obstructive sleep apnea in surgical patients. Anesthesiology 2008; 108: 822–830 12 Finkel KJ et al. Prevalence of undiagnosed obstructive sleep apnea among adult surgical patients in an academic medical center. Sleep Med 2009, 10: 753–758 13 Vasu TS, Grewal R, Doghramji K. Obstructive sleep apnea syndrome and perioperative complications: a systematic review of the literature. J Clin Sleep Med 2012; 8: 199–207 14 Ravesloot MJ et al. Obstructive sleep apnea is underrecognized and underdiagnosed in patients undergoing bariatric surgery. Eur Arch Otorhinolaryngol 2012; 269: 1865–1871 15 Gurubhagavatula I et al. Screening for severe obstructive sleep apnea syndrome in hypertensive outpatients. J Clin Hypertens (Greenwich) 2013; 15: 279–288 16 Peppard PE et al. Increased prevalence of sleep-disordered breathing in adults. Am J Epidemiol 2013; 177: 1006– 1014 17 Young T, Skatrud J, Peppard PE. Risk factors for obstructive sleep apnea in adults. JAMA 2004; 291: 2013–2016 18 Vgontzas AN et al. Sleep apnea and sleep disruption in obese patients. Arch Intern Med 1994; 154: 1705–1711

Rösslein M. Erwachsene Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) – Perioperatives Management. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 174–182

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

182

A

CME

Fachwissen

CME-Fragen

Erwachsene Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA)

Welche der folgenden Aussagen zur obstruktiven

C

Zu den typischen Symptomen der obstruktiven Schlafapnoe gehört lautes Schnarchen. Zu den typischen Symptomen der obstruktiven Schlafapnoe gehören Atemaussetzer während des Schlafes. Übergewicht gehört zu den bekannten Risikofaktoren für eine OSA. Bei chirurgischen Patienten ist die Prävalenz höher als in der Allgemeinbevölkerung. Ein Apopnoe-Hypopnoe-Index von 2 korreliert mit einer schweren Form der OSA.

D

Welche Erkrankung gehört nicht zu den typischen,

B

koronare Herzerkrankung chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) arterieller Hypertonus Diabetes mellitus Herzrhythmusstörungen

C

1 Schlafapnoe (OSA) trifft nicht zu? A B C D E

2 mit einer OSA vergesellschafteten? A B C D E

E

Welche Aussage zum intraoperativen Management von

7 OSA-Patienten trifft eindeutig zu? A

D E

3 Welche Aussage zur Prävalenz einer OSA ist richtig?

Die hohe Prävalenz von OSA ist für den Anästhesisten nicht relevant. In Deutschland sind ca. 4 Mio. Menschen betroffen. Für chirurgische Patienten ist die Prävalenz ca. 2-mal so hoch. Bei einem Großteil der betroffenen Patienten ist die Diagnose zum Zeitpunkt der präoperativen Untersuchung bereits gestellt. Die Prävalenz von OSA hat sich in den letzten Jahren nicht geändert.

A B C D E

Welche Aussage zu den Auswirkungen einer OSA ist

4 falsch?

Eine bestehende OSA scheint für ein erschwertes AtemwegsManagement (Maskenbeatmung und / oder Intubation) zu prädestinieren. Mit einer OSA werden postoperative Komplikationen verschiedener Organsysteme assoziiert. Der intraoperative Katecholaminbedarf bei OSA-Patienten ist niedriger. Komorbiditäten erschweren das perioperative Management von OSA-Patienten häufig zusätzlich. Die frühe (24 h) postoperative Phase scheint besonders kritisch zu sein.

A

B C D E

5 Welche Aussage zum STOP-BANG-Score ist korrekt?

Er ist präoperativ schnell und einfach einzusetzen. Er weist keine hohe Sensitivität auf. Er ist gut geeignet, um eine milde OSA auszuschließen. Ein Punktwert von 3–8 korreliert gut mit der Wahrscheinlichkeit für eine schwere OSA. Das Alter des Patienten spielt keine Rolle für den Score.

A B C D E

6 A

Welche Aussage zur von den ASA-Leitlinien vorgeschlagenen Methode zur präoperativen Risikoevaluation trifft nicht zu?

In die Beurteilung gehen der Schweregrad der OSA, die Invasivität des operativen Eingriffs und der dazu erforderlichen Anästhesie sowie der voraussichtliche Bedarf an postoperativen Opioiden ein. Das perioperative Risiko wird mit einem Punktwert von 0 bis 6 Punkten ausgedrückt.

CME B

Die Erfassung des perioperativen Risikos anhand dieser Methode konnte in klinischen Studien eindeutig validiert werden. Der Schweregrad der OSA geht in jedem Fall in die Bewertung des Risikos ein. Bei einer Applikation von Opioiden über einen Periduralkatheter ist die Invasivität des operativen Eingriffes für die Risikobewertung unerheblich.

Eine (Analgo-)Sedierung in Spontanatmung ist einer Allgemeinanästhesie mit gesichertem Atemweg und nach erfolgter Muskelrelaxation in jedem Fall vorzuziehen. Neuroaxiale Verfahren sollten, wann immer möglich, vermieden werden. Um postoperative pulmonale Komplikationen zu vermeiden, sollten OSA-Patienten noch vor Erreichen des „Exzitationsstadiums“ extubiert werden. Zur Minimierung des Aspirationsrisikos sollte die Induktion in Trendelenburg-Position erfolgen. Opioide können zu einem verringerten Tonus der „airway dilator“-Muskeln führen.

Was ist keine Empfehlung zum postoperativen

8 Management? A B C D E

falls möglich bevorzugte Anwendung von peripherer bzw. rückenmarksnaher Regionalanästhesie ohne Opioid-Zusatz falls möglich Minimierung systemischer Opioide falls möglich Ausschöpfung nicht medikamentöser AnalgesieMethoden (Kühlung, transkutane elektrische Nervenstimulation) basale Applikation bei Verwendung eines Patienten-kontrollierten Analgesie-Regimes (PCA-Regime) mit systemischen Opioiden Vermeidung der gleichzeitigen Gabe von sedierenden Medikamenten (Benzodiazepine, Barbiturate) bei Patienten, die eine systemische Opioid-Gabe erhalten

Was ist kein Faktor, der bei der Überlegung ambulanter

9 Eingriff bedacht werden muss? A B C D E

Schweregrad der OSA Hinweise für das Vorhandenseins eines schwierigen Atemwegs allergische Disposition des Patienten Art des geplanten operativen Eingriffs geplantes Anästhesieverfahren

Was ist prinzipiell keine postoperative Komplikation

10 von OSA-Patienten? A B C D E

gastrointestinale Blutung Atelektase Ischämien / Myokardinfarkt Enzephalopathie akutes Nierenversagen

CME.thieme.de CME-Teilnahme ▶ Viel Erfolg bei Ihrer CME-Teilnahme unter http://cme.thieme.de. ▶ Diese Fortbildungseinheit ist 12 Monate online für eine CME-Teilnahme verfügbar. ▶ Sollten Sie Fragen zur Online-Teilnahme haben, unter http://cme.thieme.de/hilfe finden Sie eine ausführliche Anleitung.

CME-Fragen – Erwachsene Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA). Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 184

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

184

[Perioperative management of adult patients with obstructive sleep apnea].

Obstructive sleep apnea (OSA) is a common sleep related breathing disorder with an increasing prevalence. Most surgical patients with OSA have not bee...
425KB Sizes 0 Downloads 15 Views