Beck u. a.: Périkarditis nach akutem Myokardinfarkt

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Dtsch. med. Wschr. 102 (1977), SS9S63 © Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Perikarditis nach akutem Myokardinfarkt

Pericarditis after acute myocardial infarction

Hämoperikardrisiko und Antikoagulantientherapie

909 patients were treated between 1970 and 1975 in an

O. A. Beck, J. Schunder und H. Hochrein

intensive-care unit for acute myocardial infarction. 91(100/o) had associated pericarditis. In these patients the clinical course was characterised by a significandy high incidence of haemodynamically severe complications such as left and right heart failure and cardiogenic shock, as well as rhythm and conduction disturbances. Highgrade arrioventricular block, intraventricular conduction disturbances, ectopic and tachycardic supraventricular arrhythmias and ventricular ectopic rhythms occurred much more frequently in patients with infarct-pericarditis than in those without it. The occurrence of pericarditis indicates an extensive infarction and thus a worse prognosis. The hospital mortality of pericarditis was significantly higher (61°/o) than in the remaining 818 patients without it (24.40/o). Anticoagulation did not increase the risk of haemopericardourn.

Ill. Medizinische Klinik, Rudolf-Virchow-Krankeishaus Berlin (Chefarzt: Prof. Dr. H. Hochrein)

Von 909 Patienten mit akutem Myokardinfarkt, die in den Jahren 1970 bis 1975 auf der Intensivstation behandelt wurden, hatten 91(100/o) eine Infarktperikarditis. Der klinische Verlauf ist bei diesen Patienten

durch das signifikant häufigere Auftreten von hämodynamisch schwerwiegenden Komplikationen, wie globaler Herzinsuffizienz und kardiogenem Schock, sowie Rhythmus- und Leitungsstörungen gekennzeichnet. Höhergradige atrioventrikuläre Blockierungen, intraventrikuläre Erregungsleitungsstörungen, ektope und tachykarde supraventrikuläre Arrhythmien und ventrikuläre Ektopien traten bei Patienten mit Infarktperikarditis erheblich häufiger auf als bei den übrigen Kranken. Das Auftreten einer Perikarditis zeigt einen ausgedehnteren Myokardbefall an und bedeutet damit eine schlechtere Prognose. Mit 61°/o war die Kliniksterblichkeit der Patienten mit Perikarditis beträchtlich höher als bei den übrigen 818 Patienten ohne diese Komplikation mit 24,4°/o. Eine gleichzeitige Therapie mit Antikoagulantien erhöht die Gefahr des Hämoperikards nicht, so daß der alleinige Nachweis einer Infarktperikarditis keine Indikation zum Abbruch der Antikoagulation darstellt.

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Nr. iS, 15. April 1977, 102. Jg.

Deutsche Medizinische Wochenschrift

Beck u. a.: Perikarditis nach akutem Myokardinfarkt

Große, sorgfältig geplante klinische Studien haben ergeben, daß Antikoagulantien beim akuten Myokardinfarkt zwar nur eine geringfügige, statistisch kaum zu sichernde Senkung der Letalität, aber eine hochsignifikante Verminderung thromboembolischer Komplikationen bewirken. Dieses Ergebnis rechtfertigt damit nach wie vor die Antikoagulantienbehandlung während der akuten Krankheitsphase (6, 7, 12, 17, 29, 36). Ungeklärt ist bis heute die Frage, ob bei Auftreten einer Infarktperikarditis eine begonnene Antikoagulantientherapie wegen der Gefahr hämorrhagischer Komplikationen unterbrochen werden sollte. Das ist deshalb von praktischer Bedeutung, weil bei etwa 10% der Infarktkranken mit einer Pericarditis epistenocardica gerechnet werden muß und gerade diese Patienten aufgrund ausgedehnterer Infarkte einen komplizierteren klinischen Verlauf erwarten lassen (3, 19, 20, 28, 32). Anhand klinischer Beobachtungen und pathologischanatomischer Erhebungen wurde auf das Risiko der Antikoagulantientherapie für die Entwicklung eines Hämoperikards mit konsekutiver Herzbeuteltamponade hingewiesen (1, 2, 15, 18, 24, 28, 30, 31, 34, 35). Dem stehen Untersuchungen gegenüber, die das Hämoperikardrisiko durch Antikoagulantien bei Perikarditis nicht erhöht finden (5, 9, 20, 32). Entsprechend verschieden sind die therapeutischen Empfehlungen (13, 14, 20, 27, 28, 33). Um zu prüfen, ob Antikoagulantien bei Infarktperikarditis die Entwicklung eines Hämoperikards begünstigen, haben wir in einer retrospektiven Studie den klinischen Verlauf und die Prognose der Infarktperikarditis untersucht. Unter gleichzeitiger Berücksichtigung pathologisch-anatomischer Befunde haben wir dabei Patienten mit und ohne Antikoagulantientherapie sowie mit und ohne Perikarditis gegenübergestellt.

travenös, anschließend zwei- bis dreitägige Dauerinfusion mit 1250 E/h; gleichzeitig wurde eine Behandlung mit einem oralen Cumarinpräparat (Acenocumarol, Sintrom®) eingeleitet; als optimaler therapeutischer Bereich wurde ein Quick-Wert von 15_250/0 angesehen und angestrebt. Die statistische Prüfung erfolgte mittels des Vierfelder-°-Tests. Ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen zwei Häufigkeitsangaben wurde angenommen, wenn die Irrtumswahrscheinlichkeit unter 50/e lag. Unberücksichtigt blieben in dieser Untersuchung Fälle von soge. nanntet Dressler-Perikarditis (11).

Tab. n. s.

1.

Klinische Daten von Patienten mit und ohne Perikarditis. nicht signifikant

Perikarditis n = 91 mittleres Alter (Jahre)

keine Perikarditis n

=

P

818

66,8

64,6

69 (76°/o) 22 (24°/o)

544 (67°/o) 274 (33°/o)

87 (96%) 4 (4°/o)

591 (72°/o) 220 (27°/o) 7

42 (46°/o) 39 (43°/o)

396 (48%) 343 (42°/o)

Geschlecht

Infarktausdehnung transmural nichttransmural fraglich

Infarktlokalisation Vorderwand (VW) Hinterwand (HW) VW + HW sonstige

9 (10°/o)

18

(2°/o)

1

61

(8°/o)

Hypertonus

49 (54°/o)

348 (43°/o)

Infarkt in der Anamnese

23 (25°/o)

180 (22°/o)

Antikoagulantientherapie

62 (68°/o)

597 (73°/o)

[Pericarditis after acute myocardial infarction (author's transl)].

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