Originalien Die Percutane Nucleotomie im aktuellen Behandlungskonzept der Lumboischialgie A . Schreiber, Hj . Leu Aus der O rtho päd ischen Universität sklinik Balgrist Zürich (Direktion : Prof. Dr. med . A. Schre iber)

Der lumba l perkutane Zugang hat sich in der Behan dlun g der nicht seque st rierten Bandscheibenhernie als mini ma l inva sive Alternative zur offenen Hemila mino to mie in den let zten Jahren sta rk entw icke lt . Au fgrund u nserer Erfahru ngen seit 1979 müssen die verschied enen perk utanen Konzepte hin sichtlich lndikationsbreite an ihren techni schen Limit en geme ssen werden und lassen sich so mit lediglich im Bereich übe rlappender Indikation sbereiche direkt vergleichen . Fortschritt e im instrument ellen Bereich lassen in Verbindung mit der seit 1982 eingeführten Disko skopi e für den perkutanen Zugan g au ch im Bereich der lumbalen Segmentrestabi lisation seit 1988 mit der perkutan inte rkor por elIen Spondylodese und fü r die Zuk unft mit allopl astischen Interpon at en eine de r Entwic klung der endo skopi schen Kniegelenkschi rur gie a na log breit standa rdisierte Anw endun g erwarten .

Stoffwechselbed ür fnis se mitt els Diffu sion svorg ängen. namen tlich durch Verm ittlu ng der ihm breitfl ächi g anl iegen den cortico-cartilaginä ren Endplatten der \Virbelkör per. Zweifellos spielen in die sem legenslangen metabolischen Balancea kt der Bandscheibe noch weitere , indi vidu ell a nlagebedin gte Faktoren mit , die sich im klinischen Allt ag bisher noch ka um qu ant ifizieren und prognostisch verwerten lassen . In der postindustriellen Gesellscha ft des 20. J ahrhunderts hat sich die Inzidenz klini sch mani fester disko gener Beschwerdebilder gehäuf t: au f de r einen Seite mögen un sere bezüglich körper licher Ak tivitä ten zunehmend statischen Lebensgewohnheiten den auf dynamische Wechselbelastu ng aus gelegten Bandscheibenstruktu ren wenig zuträglich sein, andererseits ist unzweifelha ft auch die Leidensbereitschaf t des Individuums in un serer sozialen Leistun gsgesellscha ft geringer gewo rden. Nicht selten mag sich so a uch eine psycho soziale Überfo rderung rech t eigent lich im Bereiche der Lendenwirbel säu le zu somati-

sieren. Percutaneous Nucleotomy in the Cu rrent Th erapeutic Co ncept fo r Lu mboi sch ialgia As a minima l invasive a lte rna tive to open disc surgery perc utaneous nucleotom y has remar kably develop ment fo r th e treatment of contained lumbar herni ation . In our experience since 1979, to day avai lable percut an eou s co nce pts have to be c1ear ly ind ividualized in their range of indi cation fo llowin g th eir specific technic a l limit s. So a direct corr elation of operative results remain restricted on ovet lapping ranges of indic ations. Pr ogress in th e technical field, in co rre lation with discoscopy, int roduced since 1982, brough t percu ta neou s interbod y fusion in 1988, a lloplastic percut a neou s implants are in development. Th is fact s let us fo resee a remarkable evolution of percutaneous spine su rgery comparable to art hroscopic knee surgery in the near future.

Auf medi zinisch-technologischer Seite lassen imm er weniger inva sive sta tisch-diagnos tische Verfahren wie Computert omog raphie und Ma gnet resonanzdarstellung mit laufend besserer Detailau flösun g immer geringere strukturelle Abweichungen der Bandscheiben von einer ko llekti v festge legte n No rm erkennen . Wo namentlich in unserer westlichen Kon sum gesellschaft derart pote nte - und da bei ebenso investition s- wie amo rtisat ionsintensive - Gerätscha ften in zunehmendem Maß e breit verfügbar gemacht werd en , darf eine spru ngha ft steigende Zah l dia gnostizierter morphologischer Bandscheibenverände rungen nicht erstaunen . Diese Tat sache kommt dem modernen Kausa litätsbed ürfnis in einer Weise entgegen, die geradezu nach th erapeutischem Akti visumus zu rufen scheint. Jeder in der Bandscheibenchiru rgie erfa hrene Orthopäde wird sich mehr oder weniger offen eingestehen , da ß zwischen dem Kausa litätsprinzip und dem Operationserfolg nicht in jedem Falle ein zwingend gegebener Zusammenha ng besteh t.

Entwic klung perkuta ner Technike n Einleitu ng Die Band scheibendegeneration ist ein ph ysiologischer Pr ozeß . Bereit s im Alter von vier Jahren ist der Int ervertebra lra um nicht meh r vaskularisiert. Dieser bestreitet fo rtan seine je nach Bean spru chung va riablen Z . O rth op. 129 (1991) 1- 5 © 1991 F. En ke Verla g St uttgart

Im operativen Bereich hat sich in den letzten fünfzig J ah ren die offe ne Hemil ami notomie seit den Arbeiten von Mixter & Barr ( 11) zur operativen Bandscheibe nbehandlung weltweit etabliert. Neben der effektvollen Ent lastung der neurologischen Kompression hat dieses in manchen Varian ten beschriebe ne Konzept auc h spezifische Nachteile: übe r einen relat iv inva siven , do rsa len Zuga ng wird unt er Mitn ahme ossä rer Anteile und in-

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Zu sammenfassung

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terlaminärer Ligamente der Duralsack zur Gegenseite abgedrängt , um den mehr od er weniger prominenten Band-

scheibenvorfall operativ ab zutragen. Wo noch keine direkte Lücke im hinteren Längsband, respektive im die Band sch eibe abschließenden Anulus fibrosus zu folge transligamentärer Sequestration vorliegt, muß diese intraoperativ zur Entfernung des degenerierten Bandscheibenmaterials nicht selten erst operativ geschaffen werden. Um einem Nachrutschen weiterer degenerati v alterierter Bandscheibenanteile vo rzubeugen, liegt die Versuchun g nahe ,

den Intervertebralraum weitgehend auszuräumen. So vervollständigt der operative Eingriff was mit der Bandscheibende generati on seinen Anfang nahm : der funk tion elle Au sfall des Druckpolster s . Bandscheibe" beschleunigt die strukturelle segmentäre Insuffi zienz . Verminderte Höhe des Intervertebralraumes führt zur relativen Inkon gruenz der kleinen Wirbelgelenk e, die durch vorzeitige Degeneration eine zusätzliche antero-posteriore Gefü geverschiebung im Sinn e der Pseudo- Spondylolishtesis einleiten. Die ser segmentale Führungsverlust wird seinerseits durch ein, nicht zuletzt durch den o ffenen operativen Zugang vo n dorsal geschaffenes, muskulo ligament äres Defi zit weiter gefö rde rt. Die sich eta blierende Segmentinstabilität unterstützt in einem Circulus vitio sus eine den chronifizierten Verlauf mancher Fälle oft dom inierende epidurale Narbenproblemat ik. Im Rahmen dieses kon ventionell o perativen Therapi ekon zeptes wurden in den letzten Jahren immer wieder An strengungen unternommen, die Gefahrenmomente großer offener Eingriffe du rch möglich st schonende ope rative Technik und unter Zuhilfenahme mikroskopischer Arbeitskontrolle zu verkleinern (9). Gezielte perioperati ve Betreuung , physikalisch-therapeutische sowie auch psychologische (16) Behandlungen konn ten zudem im Bereiche der funktion ellen Kompensation Verbesserungen bewi rken. A llein auch Bemühungen minima lisierter kon ventioneller Dekompre ssion sto ßen an anato mische Grenzen des dor sal interlaminären Zugangs und bild en somit keine grundsätzlich methodische Alte rnati ve. Bereits in den frühen Fünfzigerjahren finden sich in der medizinischen Literatur Versuche, eine gezielte neurologische Dekompression bei Bandscheibenvorfall über alternative op erative Zugäng e, wie etwa vo n ventral (5) zu erreichen . Zweifellos war auch dieses P rinzip neben beträchtlicher Invasivität mit verhältnismäßig radikale r, biomechanisch ungünstiger, Entfernung vo n Bandscheibengewebe verbunden. Neben so lcherart modifizierten offenen Zugängen wurden bereits Ende der Vierzigerjahre percutane Wirbelpunktionsverfahren vorgestellt, die im diagnostischen Bereich eine minim al invasive Gewebeentnahme gestatteten und in Einzelbeobachtungen sog ar einen therapeuti schen Wert zeigten. A llerdings dauerte es daraufhin erneut über zwanzig Jahre, bis dieses bestechende Prinzip in der dekompressiven Bandscheibenchirurgie Eingang fand . So muß heute dem Amerikaner Kambin da s Verdienst zugeschrieben werden , erstmals im Jahr 1973 eine percutan eingeführte Kanüle zur Entlastun g de r Bandscheibe eingeführt zu haben . Diese Anw endung gescha h allerdings noch in Kombination mit einer o ffenen dorsalen Erweiteru ng des lum bal ossär engen Spinalkanals. Die

A . Schreiber, Hj. Leu erste Veröffentlichung einer Behand lungsserie mit ausschließlich percutan von dorsolat eral entlastet en Bandscheibenvorfällen von 1975 verda nken wir dem Japaner Hijikata. Sein Instrumenta rium umfaßte ein feink alibriges Kan ülensystem . über das sich auch eine kleine Rongeurzange direkt zur Materialentnahme in den Nuk leus pulposus einbringen ließ.

Im gefolge anläßlich der Sicot 1978 in Kyoto l Japan geknüpfter Kontakte fand dieses rein percutane Prinzip nach Hijikata (4) den Weg nach Euro pa, Nach ersten Erfahrungen mit diesem Verfahren an der Klinik Balgrist seit 1979 wurde 1982 über mod ifizierte Kanü lensysteme bei beidseitig percutanem Zugang die diskoskopi sche Arbeitskontr oll e im Bandscheibenraum eingeführt. Diese erlaubte nun erstmals eine optisch geführte, gezielt dorsa l subligamentä re Dekompression . In den Vereinigten Staaten verfeinerte zwischenzeitlich auch Kambin sein Instrumentarium , blieb jedoch vorerst bei einem monolateralen Zugang ohn e o ptische Arbeitskontrolle (6) . Eine prin zipielle Besonderheit bildet dabei au ch eine Trephine, die au s dem Anu lus fibrosus ein verbleibendes Loch ausstanzt, was mö glicherweise neben der längerdauernd entlastenden Öffnung des Anu lus fibrosus a uch im Hinb lick a uf die metab olische Lage des degenerierten Bandscheib engewebe s vo n spezifischem Effekt ist. Im Bemühen den percutanen Zugang weiter zu minimalisieren, bei gleichzeitig mechani sierter Gewebeentnahme über ein motori siertes Vacuurn-Shaver -Kanülensystem, entwickelte Onik in den Vereinigt en Staaten 1985 sein "automatisiertes Nucleotom " (12). Dieses leitete in den USA in einer Zeit, in der die ChemonukleoIyse in Verruf geriet, einen eigentlichen Boom percutaner Bandscheibeneingriffe ein, der sich seit einiger Zeit auch in Euro pa beobachten läßt. Zweifellos ist es wichtig, daß diese in Übersee etablierte Methode nach ersten Pilot studien in Europa, jet zt auch nach europä ischen Maß stäben kriti sch geprüft und bezüglich ihrer Indikation sbreite (7, 13), in multizentrisch ko ntrollierten Studien bearbeitet und vorgestellt wird .

Indikati on zur Perkutanen Nukleo to mie

Angesicht s der heut e verfügba ren Vielfalt o perativer Behandlun gstechniken bei lumba l diskogenen Schmerzsyndromen scheint eine sachbezogene Abgrenzung der jewe iligen An wendung sbreite im Sinne einer Standortbestimmun g notwendig. Eine diesbezüglich in besonderer Weise anspruchsvolle G ruppe bilden die ob genannten unter dem Begriff .Percutane Nucleotornie" zusa mmenge faßten Methoden. So llen verschiedene Techniken einander gegenübergestellt werden , stellt sich prim är die Frage nach der mit der jewe iligen Methode aufgrund anatomi scher Gegeben heiten übe rhaupt zugän glichen stru kture llen Band scheibenveränd erun gen (Abb. I). Gemeinsa m ist dieser in sich durchaus nicht hom ogenen Gruppe der minima l invasive percutane Zugang: über ein feinkalibriges, den Anu lus Fibrosus unterschiedlich scharf durchdringende s Kanüleninstrumentarium wird, mehr oder weniger präzise

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' bulging dls k" Protrusk n

mobile

blig'r>e nl äre Hernia on subl,

immobil

erniatio n fre ie Luxate

Massenprolaps lChemonukleolyse), Automat isierte POE

I

Monoportale PLD Biportale

PN+O-

offene Hemilam inotomie ;

Ab b . 1 Indikationsbreite verschiedener Varianten der perkutanen Nukleot c mie im Spektrum diskoqener Raumforderungen entsprechendem Aktionsradius verschiedener percutaner Techniken . Rech ts im Spektrum bleibt bis heute die konventionelle Laminotomie/ Diskotomie mit ihren mikrochirurgischen Variatio nen die Operationstechnik der W ahl

geführt, degenerativ migriertes, neurologische Strukturen mittelbar beeintr ächtigendes Bandscheibengewebe ent fernt. Eigen tl iche Ind ikationsgrenze aller bis heut e verfügbaren percutanen Techniken bleibt die transligamentär sequestrierte Diskushernie. Diese, im epiduralen Raum liegend, kann vom Bandscheibenraum her nicht nach ventral . zu rückgefischt' und über das ka nü läre System hera usgezogen werden. Diese Form der Bandscheibenhernie bleibt einstweilen unbestreitbare Domäne der konventionellen Hemilaminotomie, respektive ihrer analog mit einer Revision des epiduralen Raumes verbundenen, mikrochirurgischen Var ianten . Es ist denkbar, daß in ab sehbarer Zeit dor solatera l percut an eingeführte fiberoptis che Systeme diese Grenze in Frage stellen könnten. Alleine neben der Probl ematik risikoarmer Lokalisati on des ep iduralen Sequesters bleibt dann immer noch die Frage nach dessen risikooptimierter und aufwandgerechter Entfernung. Im Bereiche der subligamentären Herniation bieten sich percutan zur direkt strukturellen Entlastung jene Systeme an, die eine subligamentäre Gewebeentnahme ermög lichen. Neben einer gezielt dorsalen Arbeitstechnik ist oft auch eine mechanische Retraktion von im rupturierten Anulu s fibrosus verhakten Fragmenten er forderlich . Diese kann ledigl ich mit manuell gefü hrten, nach dor sal abl enkbaren Ron geurzan gen bewer kstelligt werd en . Som it beginn t hier die Indikati onsb reite der bipor tal Percutanen Nucleotomie mit Diskoskopie nach der Balgrist-Tech nik sowie, mit gewissen quantitativen Einschränkungen, der von Kambin eingeführten, monoporta len P N mit sequentiell un iportaler optischer Arbei tskontrolle. Wo gro ße Band scheibenfragm ente nach dor sal su bliga mentä r verlage rt sind , kann bei schma lem . Halsteil" zum Bandscheibenraum hin eine Retraktion nur ungenügend möglich sein . Eine präoperative Unt ersuchung mit Kontrastdiskomanometrie mit anschließender Computertomographie mit sagittaler Rekonstruktion vermag auf grund unserer Erfahrung diese quantitative Diskrimination am ehesten zu geben .

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Im Bereiche anulär kont inenter Herniationen vermöge n zweifellos auc h sehr feinka libr ige System e wie das von Hijikata verwendete, ohne optische Arbeitskontrolle, sowie das von Onik eingeführte automati sierte System relevante Dekompressionen zu bewerkstelligen. Namentlich für das automatisierte System, das mit einer Vacuum-Aspirationssonde arbeitet, sind jedoch gewisse An forderun gen bezüglich Viskosität der migri erten Bandscheibenanteile zu stellen , ents prechend dürfte ein dorsal migrierter, gelatinöser Nukleus pulposus des jungen Patienten die eigentliche Zielind ikation stellen. Bei verm ehrt de hydrierte r Hern iation gegen da s mittlere Leben sa lter hin müßte aufgrund unserer Untersuchungen in vitro auch bei diesen Systeme n eine mög lichst dorsale La ge des Kanülenendes respektive des Aspirationspoles vorausgesetzt werden. Beim automatisierten System ist diese Bedingung auch fü r Eta gen pro ximal des lumbosakra len Überganges am eheste n mit der primär für lumb osak ra l entwic kelte n gebogenen Führ ungska nüle zu erre ichen. Bei entsprechend engmaschiger radiologischer Bildverstärkerkontrolle kann damit eine zumindest einseitig ausreichende subanuläre Dekompression bei minimaler Invasivität erreicht werden. Neben diesen letztgenannten Systemen behalten auch die Technik nach Kambin sowie die Balgrist-Methode mit Diskoskop ie im Bereiche subanulär kontinenter Herniation en respektive breiter Protrusionen ihre Berechtigung. Namentlich in Fällen mit breiter subligarnentä rer Protrusion dürfte der bilaterale Zugang mit diskoskopischer Arbeitskontrolle zu r Erzielung einer durchgehenden Deko mpression, insbesondere bei Pa tient en mittleren Lebensalters spezifische Vort eile aufwe isen. Die bei Lebensalter über 30 Jahre zunehmende Dehydratation erfordert zur Entfernung subligrnentä r migrierter Gewebeanteile eine gezielt mechanische Retraktion unter opt ischer Kontrolle, die mit reinen Vakuurn systemen nicht zu bewerkstelligen ist. Im Bereiche der nur unter Bela stung relevanten diskogeneu Raumforderung im Sinne des ..bulging disc" bei computertomogr aphisch in liegend er Stellung nur marginal em Befund liegen ohne Zweifel die G ra uzo nen operativer Indikationen an sich; dies auch bei minimal percuta ner Tech nik . Au fgrund unserer Erfa hru ngen sind hier die Behandlungsergebnisse bei kon sequent konservativem Behandlungspla n ebenso erfo lgverspr echend und sollt en, ohne evo lutive klinische Sympt omati k , für mindestens sechs Wochen durchgezogen werden. Zur konservativen Behandlung zählen wir namentlich die physikalische Therapie nach McKenzie in Ergänzung zu einer gezielten Rückenschu lung. Wo diese Ind ikationsdisziplin nicht eingehalten wird, erstaunen exzellente percutan-o perative Behandlungserfolge kaum. Neben den Fällen mit isoliert monosegmental diskogener Raumforderung mehren sich namentlich an Häusern mit Zentrumsfunktion jene Patienten , die neben der diskogenen Raumforderung eine lumbale Begleitpathologie aufw eisen. Dazu gehö ren strukturelle Anlageschwächen wie die Spondylolyse, der ossä r eng a ngelegte Spinalkanal sowie Fä lle mit Zustand nach konventi onellen lumbalen Eingriffen (13). Aufgru nd unserer Erfahrun gen mit nun übe r 100 de ra rt gelagerte r Fälle mit komplexer Pathologie halten wir hier eine minimal invasive percutane Entlastung der diskogenen Raumfor derung im Rahmen der meth odi sch band scheibenbezogenen Indika-

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Die Percutan e Nucleotomie im aktu ellen Behandlungskon zept der Lumboischialgie

Z. Orthop. /29 (/99/)

A . Schreiber, Hj. Leu

tion sbreite für gegeben. Der gegenüber kon ventionell of-

die Frage nach einer ergänzend notwendigen Spondylode-

fener Entlastung erreichbare Gewinn an muskuloligamentärer Stabilität ist für die Rehabilitation erheblich . Bei of-

se stellen (I).

fenem Vorgehen wäre eine mehrsegment ale Revision mit ergä nze nde r Spondylod ese ja oft kaum zu um gehen . Umsomehr meinen wir, daß die Indikationsbreite der percut aneo Nucleotomie in diesen Fällen in ihrer ganzen Breite ausgeschöpft werden darf. Vermag der perkutane W eg einmal nicht zu genügen, bleibt das Ergebnis eines kon -

Aufgrund unserer Erfahrungen zeigen erste Nacheingriffe nach percutaner Nucleotomie diesen kumulativ negativen Effekt nicht. Von über dreißig, in den ersten Jahren vorrangig zufolge primär verpaßter freier Luxate reoperierter Patienten erreichten über 75070 ein

ventionellen Eingriffs ohne Beeinträchtigung. Dies im Gegensatz zur Erfolgsaussicht nach bereits konventionellem

der Reop eration sproblernat ik die percut an e Nucleotomie nicht den hypothekarischen Stellenwert eines offenen lum-

günstiges Resul tat , wa s eind rückli ch belegt , daß bezüglich

ba len Eing riffs einnimmt. Unt er diesem Gesichtspunkt

Vorein griff.

darf die Indikationsbreite im Hinblick auf den potentielNeben der Fra ge der st ru kturellen Indikation sbreite der verschiedenen Operation stechnik en ist bei percutanen Methoden die Frage der pr äoperat iven Diagnostik vo n aussc hlagge be nder Bedeutung . Im Hin blick

len Gewinn bei bleib endem Erfolg sicher vo ll au sgeschöp ft werd en (13).

auf die mittlerweile weitgehend standardisierten Operationsvorgänge muß es darum gehen, die Methode nicht

folgs sollte jedoch mit einer konventionellen Revision nicht lange zugewartet werden . Bei fehlendem Ansprechen oder gar evo lutiver klinischer Symptomatik sollte die prospektive Wartezeit vier Wochen nicht überschreiten. Grundlage dieser Haltung ist dabei einerseits die bessere neurologische Rehabilitationsaussicht, andererseits die

durch Fehlindikationen in Verruf zu brin gen . Selbst haben

wir am Balgrist seit 1979 in dieser Hinsicht ebenso vieles dazulernen müssen. In den ersten 20 Fällen lag die Reoperationsrate zufolge Versagen der Methode bei über 70070. Mit den stufenweisen Entwicklungen im operationstechnischen Bereich haben namentlich Fortschritte der präoperativen Diagnostik die Reinterventionsrate auf unter 10070 im Jahre 1989 sinken lassen. Von besonderem Wert zur Beurteilung der ligamentären Kontinenz haben sich in den letzten Jahren die dynamische Untersuchung mittels Kontrastdiskomanometrie (8) sowie die Kontrast-computerto-

Im Falle eines sich a bzeichnenden Mißer-

Neigung diskoge ner Schmerzbild er sich mit zunehm ender Wa rte zeit . weitgehend unabhängig von therapeutischen

Maßnahmen, im psychosozialen Bereich funktionell zu verselbstä ndigen (18, 19).

Perspektiven

mo graphie (10) erwiesen : das qu al itative Druckabfall ver-

halten nach normierter, kontrastgebender Volumeninjektion läßt einerseits eine Beurteilung der strukturellen Kontinenz, allenfalls verbunden mit einer unmittelbar positiven Schmerzprovokation, zu, andererseits kann ebendieses Druckabfall verhalten dir ekt mit dem diskographischen

..Pattern" korreliert werden. Diese Untersuchung ist derzeit der nich t-in vasiven , jedoch statisch bildgebenden Kernspintomographie no ch überlegen. Letztere läßt a ls lediglich indirekt morphologisches Wa sserstoff-IonenAequivalent namentlich in Fällen mit akut oede matös er

Komponente noch einen reichlich breiten Interpretationsspielraum of fen und hängt somit nicht nur von der Wahl der Schnittebene sondern in noch höherem Maße vom Untersucher selbst ab. Mit zunehmender Verfügbarkeit und weiterer quantitativer Differenzierbarkeit in Verbindung mit dreidimensionaler Bildaufarbeitung neuer Gerätegenerationen gewinnt die Kernspintomographie jedoch laufend an Aussagemöglichkeiten.

Aufgrund unserer Versuche in vitro konnten wir feststellen, daß bei Positionierung perkutaner Instrumentarien im geometrischen Zentrum des Bandscheibenraumes keine plausible strukturelle Entlastung dorsal hernierter Bandscheibenanteile erwartet werden kann. P ostoperativ e CT- Ko ntrollen weisen denn gelegentlich,

trotz gutem klinischem Behandlungserfolg auch kaum eine namhafte Veränderung der hinteren Bandscheibenbegrenzung aus (3). Beim automatisierten System konnten wir feststellen, daß bei Verwendung der geraden Führungskanüle mit Polzenti erung gegen das geometrische Zentrum des Intervertebralraumes hin, nach einer Aspirationszeit von 20 ; bereits eine haemorrhagisch-ser öse Diath ese durch die anli egend en Deckplatten zu beobachten

war. Diese Beobachtungen lassen die Frage aufkommen, ob neben dem bisher gängigen strukturellen Indikationskon zept a llenfalls ein met ab olischer Effe kt bei nicht kon -

trolliert dorsal subligament är entlastenden perkutanen Bandscheibeneingriffen einer Beachtung bedarf. Aufgrund der lebensla ng kriti schen met ab olischen Versor -

Nacheingriffe

Nicht un erwähnt bleiben da rf auch die Frage nach der Erfo lgschance allfä llig notwendi ger kon-

ventioneller Folgeeingriffe im Falle eines Versagens einer perkutanen Nukleotomie, Von Zweiteingriffen nach Versagen offener Ersteingriffe ist, wie bereits erwähnt, bekannt, daß die Erfolgsaussichten bei jeder Revision drastisch abn ehm en (17). Dies ist bei meh rfachem dorsalem Ei ngehen mit schri tt weiser Schädigung der mu skuloliga-

mentären Strukturen, mehrfacher epiduraler Irritation mit wachsender Narbenproblematik und zunehmend destabilisierender intervertebraler Ausräumung auch kaum anders zu erwarten. Berechtigterweise kann sich da schon bald

gungslage der Bandscheibe mögen solcherart forcierte metabolische .Hints:' in einzelnen Fällen durchaus von therapeutischem Wert sein. Ob dieser dann über längerfristige Kontrollperioden aufrecht erhalten bleibt, müssen kontrollierte Studien erst noch zeigen. Immerhin weist dieser Aspekt darauf hin , daß in der Aeti olo gie lumbal disko ge-

ner Schmerzbilder nicht in jedem Falle nur strukturelle A lterationen eine maß gebliche Rolle spielen, sondern daß

ebenso ein lokal histochemischer Faktor in der Schmerzgenese mitspielt. Dieser mag im Rahmen konservativer Behandlung heute bereits durch Rekompensation eines metabolischen Ungleichgewichtes angegangen werden. Bei gegebenen falls gesichert län gerfristigem Effe kt bietet sich

dieser therapeutische Ansatz unter Umständen auch in der

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Die Percutane Nu cleotomie im akt uellen Behandlungsk onzept der Lu mboischialgie

Unbeac ht et der zum heutigen Zeitpunkt somit noch nicht endgültig abschließbar en Disku ssion um die Indikationsbreite der dekomp ressiven percuta nen Nucleot omi e mü ssen auc h die prinzipiellen Weiterun gen dieses zweifellos opt ima l schonenden Zuga ngsweges zum Band scheibenr aum zur Kenn tnis genommen werden . So hat bereits 1985 Shepperd in Gro ßbr itannien eine Techni k der percutan inter korporellen Stabilisation klinisch erprobt . Über eine n bilatera l ka nülären Zugang mit Arbe itskalib er bis 1I mm erfolgte eine int ercorpore lle Düb elung mit auto logern Knochenm at eria l (15). Zur Verb esserun g der postopera tiven Stabilität entwickelte derselbe Au tor auch ba ld eine ebenso percutan einzub ringende dorsal interfacet äre Stapler-Klammer . Am Balgrist wu rde die percutan e inter korporelle Spongiosap lastik mit Platzhalter funk tion 1987 eingefü hrt. Im Jah re 1988 wurde diese na ch Entwicklung eines ada pt ierten , exzentrischen Deckp lattenfr äsers in Kombination mit dem von der AO seit 1979 eingefü hrten percutan tran spedikuläre n Fixat eur externe zur percutan interk orpor ellen Spond ylod ese weiter entwickelt (8, 14). Pr inzipiell wä re es natür lich vorteilhaft, eine Restitut ion der Intervert ebralen Segmenthöhe ohne Einbuße der segmentä ren Bewegungsfun ktion a uf per kutan em Wege zu erzielen . Denk bar wäre dies durch percutan e Einführung eines allop lastischen Ban dscheibenersat zes mit da uerhaft dyna mischer Plat zha lterfunkt ion . Ob ent spr echend pende nte G run dlagenfo rschungen zu einem klinisch brau chba ren Impla nta t fü hren werde n, bleibt als eine der interessa nten Perspektiven des percutan en Zuga ngsweges ab zuwa rten .

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Prof. Dr. A . Schreiber Orthopädische Univ.-Klinik Balgrist Fo rchst raß e 340 C H-8008 Zürich

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gezielt minimal invasiven Band scheibenb ehand lung an . Es ist zu erwa rten , daß zunehmende Erfahrungen mit der Kern spintomogra ph ie (2) in naher Zukunft neben struktu rellen Alt era tion en auch pro gnostisch interessant e metabolische Kriterien erkenn en und auch in die IndikationssteIlung der Percutan en Nucleotomie mit einb eziehen lassen.

Z. Orthop. 129 (1991)

[Percutaneous nucleotomy in the current treatment concept of lumbar ischialgia].

As a minimal invasive alternative to open disc surgery percutaneous nucleotomy has remarkably development for the treatment of contained lumbar hernia...
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