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Fortschr. Röntgcnsrr. 131, $ (1979) 529-531

Die perkutane Nephropyelostomie: Indikationen und Technik Von G. Gypser, K. Kratochvil, H. Schreyer und E. Justich 2 Abbildungen Universiratsklinik fUr Radiologie, Gra7 Vorstand: Prof. [)r. E. Vogler) Abteilung fur spezielle Riinrgendiagnustik (Leiter: Prof. Dr. H. Schrever) und Urologisehe Abteilung des landeskrankenhauses Grau (Vorstand: Prim. Dr. G. s:tndsehneider)

Es wird über 24 durchgeführte perkutane Nephropyelostomien berichtet. Die Methode ist schonend, komplikationsarm und rasch durchführbar und empfiehlt sich zur temporaren und permanenten supravesikalen Harnableitung. Sie stellt eine Bereicherung der urologischen MaLnahmen dar. Folgende urologische Probleme stellen eine Indikation zur tempordren oder bleibenden Harnableitung aus dem Nierenbecken dar (7, 10): Dekompression obstruierter ableitender Harnwege zur Beurteilung der potentiellen Erholungsfdhigkcit von Hamstauungsnieren verschiedenster Ursachen, Harnableirung bei Ureterfistel, perkutane Pyelolithotomie, perkutane antegrade Uretersplintung, permanente Ableitung hei inoperablen ohstruierenden malignen Tumoren oder Retroperitoncalfihrose. Die perkutane Nephropyelostomie, welche sich aus der perku-

tanen antegraden Pyelographie (15, 16) entwickelte, wurde erstmals 1955 von Goodwin u. Mitarb. beschrieben (6). Sic wurde teilweise modifiziert von verschiedenen Autoren angewendet (1, 2, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14). Die einfache und bei Verwendung von Feinnadeln komplikationsarme Methode wird in Lokalandsthesie durchgeführt und ist als Notfallseingriff jederzeit einsetzbar (3). Konrraindikationen sind eine hämorrhagische Diathese, Nierentuherkulose oder ein Neoplasma der Niere sowie der Verdacht auf einen perincphritischen Ahsze6 (9).

Technik Nach entsprechender Pramedikation erfolgt die Punktion in Bauchlage des Patienten in Lokalan)isthesic nach einer kleinen

Hautinzision. Die Inzisionsstelle wird individuell gewdhrt: Knapp unter der 12. Rippe, möglichst weit lateral, um eine Knickung des Ureters an der Hautoherflache hei Riickenlage des Patienten zu vermeiden. Dabei mu6 jedoch andererseits die dorsale Begrenzung des Peritoneun-is berücksichtigt werden. Die Punktionsriehtung ergibt sich aus der Nierenlage. Sie ist meist lateral kranial nach medial kaudal. Das Nierenheekenkelchsystem kann vorher durch cine intravenöse Kontrastmittelinjektion dargestellt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Lokalisation des gestauten Nierenheckenkelchsystemes mittels Computertomographie oder Ultraschall. Die Punktion gelingt jedoch auch dann, wenn der Nierenschatten

nur in der Durchleuchtung abgegrenzt werden kann. Das Punktionshesteck besteht aus einer Feinnadel (Länge 17 cm, Außendurchmesser 0,7 mm), die in einer angepa6ten, ea. 10 cm langen stumpfen Kanüle liegt (Abb. 1). In Lokalanästhesie wird die Nadel in Konvexitatsmitte durch das NierenparenHerrn Prof. Dr. E. Vogler zum 60. Geburtstag gewidmet 0340-1618/79

Percutaneous nephropyelostomy has been performed on 24 patients. The method is simple, has few complications and can be performed rapidly; it can he recommended for both temporary and permanent supravesical urinary drainage. It represents an improvement in urologie techniques.

chym unter Durchleuchtungskontrolle bis in das Nierenhekkenkelchsystem vorgeschoben. Die Lage der Nadel wird durch eine Kontrastmittelinjektion kontrolliert, da auch bei Plazierung der Nadelspitze im Nierenheckenkclehsystem wegen des kleinen Lumens Ham nicht spontan austritt bzw. schwer zu aspimieren ist. Liegt die Spitze der Feinnadel im Nierenbecken-

kelehsystein, wird die Außenkanülc bei Fixierung der Nadel soweit vorgeschoben, his ihm Ende in Höhe der Nadelspitze zu liegen kommt. Nach Entfernung der Innennadel tritt nun spontan Ham durch die Außenkaniile aus. 1)urch diese wird in

weiterer Folge ein passender Fühmungsdraht (Nr. 32), am günstigsten ein J-Sicherhcitsdraht, möglichst weit bis in den Ureter eingefuhrt, die Kanüle entfernt und ein Fr. 8 - Teflon Gefa6dilatator über den Draht his ins Nierenhecken vorgeschoben. Der Führungsdmahr Nr. 32 kann nun bei liegendem Dilatator gegen einen Fuhrungsdmahr Nr. 38 ausgetauscht werden, uher den der Katherer besser durch die Weichteile in das

Nierenheckcn eingeführt werden kann. Nach Entfernung des Dilatators wird ein Fr. 8 -. Angiographiekatheter mit mehreren Seitenlochcrn uher den liegenden Draht in die ableitenden Harnwege eingefuhrt. Die Katheterspitzc wird im proximalen Ureter plaziert (Abb. 2). Der Katheter wird dann an der Haut sorgfältig fixiert und mit einem geschlossenen Hamnableitungssystem verbunden. Nach ein bis zwei Wochen wird der Angiographickatheter fiber den Fühmungsdraht gegen einen Charm.

Nr. 10 bzw. 12 - Nephrostomiekathetem ausgetauscht. Die Einfuhmung eines gro6eren Nephrostomiedrains als Charm. 12 war in keinem unserem Fälle notwendig.

Patientengut, Ergebnisse Die Nephropvelostomie wurde 24mal durchgefiihrt, davon bei 5 Patienten wegen ungünstiger Katheterlage bzw. unbeabsichtigter Entfernung des Drains und Unmöglichkeit dem Wiedereinfuhrung desselben 2mal. Dem älteste Patient war 83 Jahre alt, der jungste 51. Alle Patienten wiesen eine Umeterobstruktion mit Reststiekstoff- und Kreatininemhühung auf, die bei 16

Patienten durch ein inoperables Neoplasma, bei I Patient 1 Patient durch eine Narhenstenose und hei 1 Patient durch eine postoperative durch eine Retmopemitonealfibrose, hei

Umeterstenose bedingt war (Tab. 1). Die Nephropyelostomien wurden als permanente Palliativmaßnahme durchgeführt. In den meisten Fallen konnte das Nierenheckenkelchsystem mittels intravenösem Urographie lokalisiert werden, in einem Fall erfolgte die Kontmastmittelfüllung über einen liegenden Ureter-

kathcter. In 2 Fallen von funktionslosen Nieren wurde zur Nierenlokalisation ein Computertomogramm mit Hautmar-

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Percutaneous nephropyelostomy: indications and technique

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0. Gypser und Mitarb.

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Tabelle 1: Indikationen zur perkutanen Nephropyelostomie Ze rvi x karz ¡nom

7

Blasen karzinom

4

Prostatakarzinom Ovarialkarzinom Rektumkarzinom Narbige Ureterstenose

3

R etro

pe rition ealt ib rose

Postop, Ureterstenose

del verwendet werden. In beiden Fällen ergaben sich keine Komplikatiuneii, was auch von anderen Autoren hestatigt wird Abb. 1

(4). Wegen der beschriebenen Komplikationen bei Punktion

Punktionsinstrument und Führungsdraht.

der Niere sollte diese Nadel edoch nur in entsprechenden Ausnahmefällen verwendet werden.

Da die Fixierung durch eine Hautnaht ntir fur kurze Zeit kierungen durch Bleimarken zur Bestimmung des Zielpunktes angefertigt. Bei 6 Patienten gelang die Punktion des Nierenheckenkeichsystemes ohne vorherige Kontrastmittelfuhrung

möglich Ist, kommt es hei anderen Fixierungsarren nicht selten zur Spontanentfernung des Katheters hzw. des Nephrostomiedrains. Für die Wiedereinführung des Katheters durch den in

nur an Hand der lokalisation des Nierenschattens in der

der Abdominalwand oft gewunden verlaufenen Drainkanal

Durchleuchtung. Die Drainagedauer betrug hei S Patienten und 6 weniger als I Monat, hei S Patienten zwischen Monaten und bei 3 Patienten mehr als 6 Monate. Diese 3 Patienten sind die einzigen Uberlehenden, da sie an henignen

eignet sich nach unseren Erfahrungen am besten ein TiemannKatheter mit stumpfer gebogener Spitze. Der Drainkanal sollte vor der Wiedereinführung von der Hautöffnung her mit Kontrastmittel dargestellt werden. Bei 3 Patienten gelang die Wiedereinfiihrung des Drains wenige Stunden nach der Entfernung

1

Erkrankungen leiden. Komplikationen. Bei 1 Patienten gelang die Nephropyelostomie nicht, da der sehr adipöse, funktionell cinnierige Patient

mit akuter Harnstauungsniere nicht in Bauchlage gebracht werden konnte. Eine operative Nephropyelostomie war wegen des schlechten Allgemeinzustandes nicht moglieh. Der Patient verstarb wenige Stunden nach dem Versuch der Nephropyelo-

stomie. Die Obduktion ergab eine Harnstauung hei hochsitzendern Ureterstein und ciii mäßiges peri- und pararenales Hämatorn, welches auf die Punktionsversuche zuruckzufuhren waren. Bei einem anderen Patienten traten 21 Tage nach der Nephropyelostomie septische Temperaturen auf. Da nach 2maliger Spontanentfernung des Drains die Wiedereinfuhrung

nicht gelang, erfolgte die Freilegung der Niere unter der Annahme eines paranephritischen Abszesses. lntraoperativ fand sich eine eitrige Pyelonephritis. Bei einem dritten Patien-

ten wurde ebenfalls wegen Spontanverlust des Drains eine operative Nephrostomie durchgeführt. Dabei wurde zwei Tage nach der perkutanen Nephropyelostornie ein größeres perirenales Hämatom diagnostiziert.

Diskussion Die Verwendung von Feinnadeln erlaubt eine relativ gefahrlose perkutane Punktion eines gestauten Nierenbeckenkelchsysterns

und das Einlegen eines Katheters zur Harnahleitung. Diese kann auch in dringlichen Fällen, wenn eine Darstellung des Nierenbeckens bei funktionsloser Niere unmoglich ist bzw. eine Lokalisation durch Computertornographie oder Ultraschall nicht durchgeführt werden kann, vorgenommen werden. Technische Probleme ergeben sich vor allein bei sehr adiposen

Patienten, da außer der erschwerten lokalisierbarkeit der Niere die dicke Abdominalwand der Einführung des Katheters Widerstand entgegenset7en kann. l)urch sorgfältige [)ehnung

des Punktionskanales mit einem Gefäßdilatator lassen sich diese Schwierigkeiten überwinden. Bei zwei sehr adiposen Patienten mußte wegen der großen Distanz zwischen Haut und Nierenbeckenkelchsystem eine translumbale Aortograph iena-

leicht, in einem Fall einen Tag später. Bei 3 Patienten, bei welchen die Wiedereinführung ohne Darstellung des Kanales versucht wurde, war dies erfolglos.. In diesen Fallen mußte nochmals die Nephrostomie durchgeführt werden. Zusätzlich wurde die Nephrostomie hei 2 Patienten wiederholt, bei welchen die zu weit dorsal liegenden Katheter Beschwerden beim liegen verursachten bzw. Knickungen an der Hautoberfläche auftraten. Daher schließen auch wir uns der Meinung anderer Autoren an, daß wegen der hesseren Fixierung des Katheters durch das Nierenparenchyrn ein möglichst lateraler Zugang zur Nephrostoniie gewählt werden sollte (1, 4). Durch die fur

den Patienten bequemere Katheterlage ist die Gefahr der Ahkniekung des Katheters an der Hautoherfldehe außerdem wesentlich verringert. Das in einem Fall hei der operativen Nephrostomie entdeckte perirenale Härnatoin hatte klinisch keine Beschwerden verur-

sacht. Oh es bei der Nephrostomie bzw. bei den Wiedereinfiihrungsversuehen nach Spontanentfernung des Katheters ent-

standen war, ließ sieh nicht erklären. Hämatome hzw. kurzdauernde Blutungen aus dem Dram sind nicht selten, erfordern jedoch kaum operative Konsequenzen (2, 9, 12). Unter der iihlichen antibiotischen Therapie stellten auch Infektionen keine Probleme dar. Nur in einem Fall entwickelte sich offenbar als Folge mehrfacher Wiedereinfiihrungsversuche des Nephrostomiedrains nach Spontanentfernung desselben eine

ausgedehnte Pyelonephritis. Da diese Einfuhrungsversuche durch den Drainkanal vergeblich waren, mußte die operative Nephropyelostornie durchgeführt werden. Wir mochten daraus den Schluß ziehen, daß vor dem Versuch einer Wiedereinführung unbedingt der Drainkanal mit Kontrastmittel darge-

stellt werden sollte. Bestehen hei der Wiedereinfuhrung des Katheters Schwierigkeiten, sollte diese nicht forciert werden. Es erscheint vorteilhafter, die perkutane Nephropvelostomie zu wiederholen. Unsere Erfahrungen mit der perkutanen Nephrostomie hestätigen die Meinung anderer Autoren, daß es sich hierbei um eine einfache und jederzeit einsetzbare Methode handelt, die eine wertvolle Ergänzung der urologischen Maßnahmen darstellt.

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the perkutane Ncphropyelostoinic: Indikationen und Technik

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Abb. 2

Zustand nach einer perkutanen Nephropyelostomie Die

Spitze des Katheters liegt im proximalen Ureter.

i arr antegraden Pyelographie und perkutanen

Neph roprelostornie.

Fortsch. Rönt-

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OA Dr. G. Gypser Prof. Dr. H. Schreycr Dr. E. j usri cli Univ. Klinik fur Radiologie, Graz OA Dr. K. Kratochvil Urologische Abteilung des Landeskrankcnhauses Graz A-5036 Graz

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Al mga rd, L. F.. I. Fernstriim : Perca taneou s teph ropvelostomy. Acta radail, I 974 288

[Percutaneous nephropyelostomy: indications and technique (author's transl)].

Fortschr. Röntgenstr. 131, 5 529 Fortschr. Röntgcnsrr. 131, $ (1979) 529-531 Die perkutane Nephropyelostomie: Indikationen und Technik Von G. Gypse...
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