Z Kardiol 90: Suppl 6, VI/48 – VI/57 (2001) © Steinkopff Verlag 2001

Stefan Brose Rüdiger Autschbach Thomas Rauch Mark Engel Friedrich Wilhelm Mohr

 Patient adapted valve selection: biological vs. mechanical heart valve replacement in aortic valve diseases  Summary Since the first aortic valve replacement performed by Harken in 1960, the operation of aortic valve disease by replacing the native valve with a heart valve prosthesis has become one of the most frequently performed procedures

Dr. S. Brose () · Prof. Dr. R. Autschbach M. Engel Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie Klinikum RWTH Aachen Pauwelstr. 30 52074 Aachen, Germany Tel.: +49-241/80-89221 Fax: +49-241/80-82454 E-Mail: [email protected] Dr. T. Rauch · Prof. Dr. F. W. Mohr Herzzentrum Leipzig Klinik für Herzchirurgie Russenstr. 19 04289 Leipzig, Germany

Patientenadaptierte Klappenselektion: biologischer vs. mechanischer Herzklappenersatz bei Aortenklappenvitien

in cardiac surgery. For valve replacement there are biological (xenografts and homografts) and mechanical heart valve prostheses available. When choosing the most suitable prosthesis the limited durability of a biological prosthesis and the risks of lifelong anticoagulation for a mechanical prosthesis have to be balanced. In this article the indication for operation of aortic valve stenosis and aortic regurgitation are discussed first. Based on the literature of the last 2 years the advantages and disadvantages of mechanical and biological heart valve prostheses (xenograft, homograft and ROSS procedure) are discussed. In addition rarely used techniques like aortic valve reconstruction are presented. Due to the fact that a biological prosthesis has a durability of 12–15 years and the risk of bleeding complications under anticoagulation grows with increasing age, the choice of a biological prosthesis can be recommended from the age of 65 years. Results of long-term studies at to whether this limit can be diminished by using a stentless biological prosthesis have to be awaited.  Key words Aortic valve stenosis – aortic valve insufficiency – mechanical heart valve prosthesis – biological heart valve prosthesis – review

 Zusammenfassung Die operative Versorgung von Aortenklappenvitien durch Ersatz der nativen Klappe mit einer Herzklappenprothese hat sich seit der ersten Operation im Jahre 1960 durch Harken zu einer der am häufigsten durchgeführten Eingriffe in der Herzchirurgie entwickelt. Für den Klappenersatz stehen biologische (Xenografts und Homografts) und mechanische Herzklappenprothesen zur Verfügung. Bei der Auswahl der geeigneten Prothese muss zwischen der eingeschränkten Haltbarkeit einer Bioprothese und dem Risiko der lebenslangen Antikoagulation bei einer mechanischen Prothese abgewogen werden. In dem vorliegenden Artikel wird zunächst die Operationsindikation bei Aortenklappenstenose und Aortenklappeninsuffizienz diskutiert. Anhand von Ergebnissen aus der Literatur der letzten 2 Jahre werden die Vor- und Nachteile der mechanischen und biologischen Herzklappenprothesen (Xenograft, Homograft und ROSS-Operation) erörtert. Zusätzlich werden seltener eingesetzte Verfahren wie die Aortenklappenrekonstruktion beleuchtet. Bei der Haltbarkeit biologischer Herzklappenprothesen von etwa 12–15 Jahren und einem steigenden Risiko für Blutungskomplikationen unter Antikoagulation mit zuneh-

S. Brose et al. Patientenadaptierte Klappenselektion

mendem Lebensalter ist die Wahl einer Bioprothese etwa ab dem 65. Lebensjahr empfehlenswert. Ob diese Grenze durch den Einsatz

gerüstfreier Bioprothesen herabgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten, bis Ergebnisse von Langzeitstudien dieser Klappen vorliegen.

Einleitung Seit der Pionieroperation von Hufnagel, der 1951 ein von ihm konstruiertes Kugelventil („plexiglas-ball-valve“) in die deszendierende Aorta eines Patienten mit Aortenklappeninsuffizienz implantierte [16], hat sich die operative Behandlung von Aortenklappenfehlern zu einem der häufigsten Eingriffe der Herzchirurgie entwickelt. So waren in Deutschland 1999 von den insgesamt 96.906 mit Herz-Lungen-Maschine durchgeführten Herzoperationen 15.264 Herzklappenoperationen. Von diesen 15.264 Eingriffen betrafen 9644 isoliert die Aortenklappe. Hinzu kamen 1063 Operationen an der Aorta ascendens, bei denen additiv die Aortenklappe ersetzt wurde. Beim überwiegenden Teil dieser Operationen wurde ein Aortenklappenersatz mit einer mechanischen (n = 5381) oder biologischen (n = 4076) Herzklappenprothese vorgenommen. Rekonstruktive Verfahren (n = 100) und der Klappenersatz mit menschlichen Klappen (n = 87) stellen zwar interessante Alternativen dar, fallen jedoch zahlenmäßig kaum ins Gewicht [19]. Wie aufgeführt, halten sich der Klappenersatz mit einer mechanischen und einer biologischen Herzklappenprothese in etwa die Waage. Bei der Auswahl des Klappenersatzes müssen die verschiedenen Eigenschaften der einzelnen Prothesentypen ins Kalkül gezogen werden. So ist bei der Wahl einer mechanischen Prothese von einer nahezu unbegrenzten Haltbarkeit auszugehen, jedoch benötigt der Patient eine lebenslange Antikoagulation mit allen damit verbundenen Risiken (Blutungen, thrombembolische Ereignisse) und Unannehmlichkeiten (etwa Umstellung der Therapie bei chirurgischen Eingriffen). Demgegenüber ist bei Verwendung eines Xenografts allenfalls eine befristete Antikoagulation erforderlich, jedoch ist eine begrenzte Lebensdauer der Prothese mit dem Risiko einer erforderlichen Zweitoperation mit in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Generell lassen sich aus den beschriebenen Eigenschaften die Wahl einer mechanischen Klappenprothese für einen jüngeren Patienten herleiten und die Implantation einer biologischen Prothese für den älteren Patienten. Doch bei welchem Alter ist hier die Grenze zu ziehen? Ein weiterer Punkt ist die zunehmende Häufigkeit von Operationen bei Patienten mit einem hohen Lebensalter von 80 Jahren und älter. Der Bevölkerungsanteil der 80und über 80-Jährigen hat sich 1998 auf fast 3 Mio. erhöht. Wenn zusätzlich davon auszugehen ist, dass die Präva-

VI/49

 Schlüsselwörter Aortenklappenstenose – Aortenklappeninsuffizienz – Mechanische Herzklappenprothese – Biologische Herzklappenprothese - Review

lenz einer signifikanten Aortenklappenstenose (Klappenöffnungsfläche ≤ 1,2cm2) von 2,5 % im Alter von 75 Jahren auf einen Wert von 8,1% im Alter von 85 Jahren ansteigt, ist mit einer weiteren Steigerung des Anteils an Operationen an über 80-Jährigen auszugehen, der in Deutschland 1998 lediglich 2,7% betrug [23]. Der vorliegende Artikel soll anhand von aktuellen Literaturergebnissen und Ergebnissen aus eigenen Untersuchungen die Problematiken der Prothesenwahl diskutieren (biologische oder mechanische Klappenprothese). Zusätzlich sollen auch Ergebnisse der nicht so häufig angewendeten Operationsverfahren wie die Rekonstruktion der Aortenklappe, die Verwendung eines Homografts oder die Ross-Operation vorgestellt werden, und es soll beleuchtet werden, ob diese Verfahren zu Unrecht so selten eingesetzt werden. Schließlich soll aus diesen Ergebnissen eine Empfehlung zur patientengerechten Auswahl des Operationsverfahrens und der Klappenprothese gegeben werden.

Indikation zum Aortenklappenersatz  Aortenklappenstenose International am meisten anerkannt sind die „Guidelines for the Management of Patients with Valvular Heart Disease“ des American College of Cardiology und der American Heart Association, die im November 1998 veröffentlicht wurden [6]. Bei der Entscheidung zur operativen Therapie eines Aortenklappenfehlers muss immer das Risiko des operativen Eingriffs mit dem natürlichen Verlauf des Vitiums ohne Operation verglichen werden. Bei Patienten mit einer symptomatischen Aortenklappenstenose (Angina pectoris, Dyspnoe oder Synkope) herrscht Konsens darüber, dass eine operative Therapie zu einem Anstieg der Überlebensrate und zu einer Besserung der Symptome führt. Dahingegen ist das Vorgehen bei asymptomatischen Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose immer wieder Gegenstand heftiger Diskussionen. Derzeit geht die Tendenz dazu, diese Patienten nicht zu operieren, wohl aber engmaschig zu kontrollieren. Hintergrund dieser Strategie ist die Tatsache, dass zwar auch bei asymptomatischen Patienten plötzli-

VI/50

Zeitschrift für Kardiologie, Band 90, Supplement 6 (2001) © Steinkopff Verlag 2001

Symptome entwickelten, bevor sie einer Operation zugeführt wurden [28]. Die einzig sinnvolle Therapie ist bis auf wenige Ausnahmen (Kinder oder Heranwachsende mit nicht verkalkten Stenosen) der Klappenersatz. Dies gilt auch für Patienten über 80 Jahre, da die Prognose nach dem Auftreten von Symptomen mit einer Lebenserwartung von etwa 2 Jahren sehr schlecht ist. Patienten, die eine koronare Bypassoperation oder einen Eingriff an der Mitralklappe benötigen und eine hochgradige Aortenklappenstenose, egal ob symptomatisch oder asymptomatisch, aufweisen, sollten in gleicher Sitzung einen Aortenklappenersatz erhalten. Gleiches gilt auch, wenn es sich nur um eine mittelgradige Aortenklappenstenose (Gradient ≥ 30 mmHg) handelt, wobei zu dieser Strategie nur wenige Daten vorliegen.

 Aortenklappeninsuffizienz Abb. 1 Situs einer schwer verkalkten bikuspiden Aortenklappe mit hochgradiger Stenose

che Todesfälle auftreten, diese aber ohne vorherige Symptome sehr selten sind, und dass dieses geringe Risiko mit der perioperativen und Langzeitmortalität und -morbidität bei bzw. nach Klappenersatz aufgewogen werden muss. Rosenhek et al. [28] haben jedoch bei einer Gruppe von 106 Patienten mit zunächst asymptomatischer hochgradiger Aortenklappenstenose (Abb. 1), die sie über 4 Jahre nachverfolgt haben, Risikofaktoren ausgemacht, die eine Operation auch im asymptomatischen Stadium rechtfertigen. So waren das Vorhandensein einer moderaten oder schweren Verkalkung der Klappe und die schnelle Zunahme der echokardiographisch bestimmten Beschleunigung über der Klappe signifikant höher bei den Patienten, die starben oder die

Abb. 2 Situs einer hochgradig insuffizienten Aortenklappe. Die Insuffizienz resultiert aus einer mangelhaften Koaptation zwischen rechtskoronarer und akoronarer Tasche

Im Gegensatz zur Aortenklappenstenose, die sich meist in einem sich langsam entwickelndem chronischem Krankheitsprozess äußert, kann bei der Aortenklappeninsuffizienz (AI) (Abb. 2) zwischen einem akuten und einem chronischen Geschehen differenziert werden. Auch die Ursachen sind weitaus vielfältiger als bei der Aortenklappenstenose. An erster Stelle sind bei der akuten Aortenklappeninsuffizienz die akute Typ-ADissektion mit Beteiligung der Aortenklappe und die Endokarditis zu nennen. Seltener kann ein Trauma zu einer akuten AI führen. Aufgrund der plötzlichen Volumenüberladung des linken Ventrikels führt die akute AI bei medikamentöser Therapie häufig zu kaum zu beherrschenden Komplikationen wie Lungenödem, ventrikulärer Tachykardie, elektromechanischer Entkopplung oder Kreislaufversagen. Daher stellt die sofortige Notfalloperation die einzig sinnvolle Maßnahme dar [6]. Ursachen für die chronische AI sind die Dilatation des Annulus, der Sinus valsalvae oder der Aorta ascendens, des Weiteren angeborene Anomalien der Aortenklappe (häufig bikuspide Klappe, vergesellschaftet mit VSD), Degeneration (häufig mit Verkalkung) oder rheumatisches Fieber. Überzufällig häufig tritt eine AI beim Marfan-Syndrom auf. Die Indikation zur operativen Korrektur der AI ist ähnlich wie bei der Aortenklappenstenose entscheidend von der Symptomatik abhängig. Symptomatische Patienten sollten unabhängig von der linksventrikulären Funktion operiert werden, egal ob ein rekonstruktiver Eingriff oder ein Klappenersatz gewählt werden. Patienten mit normaler LV-Funktion sollten im klinischen Stadium NYHA III und IV bzw. CCS II, III und IV einer Operation zugeführt werden. Auch bei Patienten mit reduzierter LV-Funktion besteht die Operationsindikation im symptomatischen Stadium, wobei hier schon im NYHAStadium II ein operatives Vorgehen indiziert ist. Selbst

S. Brose et al. Patientenadaptierte Klappenselektion

symptomatische Patienten mit einer EF unter 25% und einer erheblichen Dilatation des linken Ventrikels sollten trotz des erhöhten perioperativen Risikos (um 10%) operiert werden, da diese Strategie der alleinigen konservativen Therapie deutlich überlegen ist. Bei Patienten ohne Symptome sollte dann an eine Operation gedacht werden, wenn die linksventrikuläre Funktion unter 50% liegt oder eine Dilatation des linken Ventrikels vorliegt (enddiastolischer Durchmesser > 75 mm und/oder endsystolischer Durchmesser > 55 mm). Dahingegen weisen die asymptomatischen Patienten mit erhaltener LV-Funktion eine ausgezeichnete Prognose auf. Weniger als 5 % benötigen einen Aortenklappenersatz aufgrund von Symptomen der Verminderung der LV-Funktion. Bei Patienten, bei denen die AI durch eine Dilatation im Bereich der Aortensinus oder der Aorta ascendens hervorgerufen wird, richtet sich die Operationsindikation neben den oben genannten Kriterien nach dem Ausmaß der Dilatation. Durchmesser von über 50 mm stellen die Indikation zur operativen Korrektur dar [5]. Die Klappenendokarditis ist primär eine Domäne der konservativen antibiotischen Therapie. Beim Auftreten von Komplikationen ist eine Operation indiziert. Langley et al. [20] betrachteten eine Serie von 109 Patienten. Folgende Gründe führten zu einer Operation: Herzinsuffizienz (37,6 %), Klappendysfunktion (34,8 %), große flottierende Vegetationen (16,5 %), anhaltende Sepsis (6,4 %), Abszesse (5,5 %), periphere Embolien (2,7 %) und zerebrale Embolien (0,9%) [20].

Herzklappenprothesen Prinzipiell ist zwischen mechanischen und biologischen Herzklappenprothesen zu unterscheiden. Allen gemeinsam, allerdings in unterschiedlicher Ausprägung und Häufigkeit, sind die Risiken des Herzklappenersatzes: Klappenthrombose, Embolie, chronische Hämolyse, Blutungskomplikationen, Prothesenendokarditis, parapro-

Abb. 3 Die 3 am häufigsten eingesetzten mechanischen Doppelflügelklappen: ATS, Carbomedics, St. Jude HP

VI/51

thetische Leckagen, Klappenausrisse und Prothesendegeneration (biologischer Klappenersatz). Generell kann folgende Unterscheidung getroffen werden: Die mechanische Prothese mit dem Vorteil der nahezu unbegrenzten Haltbarkeit ist aufgrund ihrer Thrombogenität, die eine lebenslange systemische Antikoagulation erforderlich macht „unphysiologisch“, während die Bioprothese aufgrund ihrer erheblich geringeren Thrombogenität, die eine systemische Antikoagulation in der Regel nicht erforderlich macht, als „physiologischer“ zu betrachten ist, jedoch den Nachteil der nur begrenzten Haltbarkeit aufweist.

 Mechanische Herzklappenprothesen Wie bereits oben erwähnt, hat Hufnagel 1951 eine mechanische Klappenprothese in die Aorta descendens implantiert, wobei hier weder Herzarbeit noch Koronardurchblutung noch Hirndurchblutung normalisiert wurden. Erst der Erfolg der Erstimplantation einer solchen „Kugel-Käfig-Prothese“ anstelle der eigentlichen Aortenklappe durch Harken 1960 führte zur weiten Verbreitung der operativen Behandlung von Klappenfehlern durch prothetischen Herzklappenersatz in der ganzen Welt. Anfangs wurden lediglich die Ballprothesen (StarrEdwards-Klappe) verwendet. Einige Zeit später fanden zunehmend die so genannten Kippscheibenprothesen Verwendung. Ihre bekanntesten Vertreter sind die Björk-Shiley-Klappe, die Omnicarbon-Klappe und die heute noch weit verbreitete Medtronic-Hall-Prothese. Am häufigsten werden in der heutigen Zeit die so genannten Doppelflügelklappen implantiert. Als erste Klappe dieses Typs wurde 1977 eine St.-Jude-MedicalProthese implantiert. Ihr folgten 1986 die CarboMedicsProthese (Sulzer CarboMedics) und 1992 die ATS-Klappe (ATS Med. Inc.) [16, 18]. Inzwischen stellen diese 3 Klappenprothesen die gebräuchlichsten zum mechanischen Herzklappenersatz dar (Abb. 3). In experimentellen Studien konnte nachgewiesen werden, dass das 2-FügelDesign den Flusseigenschaften der nativen Aortenklappe

VI/52

Zeitschrift für Kardiologie, Band 90, Supplement 6 (2001) © Steinkopff Verlag 2001

am nächsten kommt [3]. Dass die Doppelflügelprothese sich diesen idealen Flusseigenschaften nur nähert, kommt in dem häufig beobachteten, für die mechanische Prothese als „physiologisch“ bezeichneten transvalvulären Reflux zum Ausdruck. So fand Hasegawa [16] dieses Phänomen mit einer Rate von 72,4% bei St.-Jude Klappen und 70,3% bei ATS-Klappen. Zusätzlich ist bei jeder implantierten mechanischen Prothese ein transvalvulärer Gradient zu beobachten. Dieser ist umso größer, je kleiner die Klappe ist. In der Studie von Hasegawa [16] wurden Gradienten von 14,3 ± 2,2, 13,0 ± 3,5, 14,9 ± 2,0 und 9,7 mmHg für 21, 23, 25 und 27mm durchmessende ATS-Klappen gemessen. Für St.-Jude-Klappen gleicher Größe ergaben sich folgende Werte: 21,1 ± 6,0, 19,6 ± 7,7, 15,2 ± 4,5 und 14,3 ± 5,5 mmHg. Für die Größen 21 und 23 mm ließ sich ein statistisch signifikanter Vorteil zugunsten der ATS-Klappe nachweisen [16]. In einer eigenen Untersuchung, in der je 100 Patienten mit Implantation einer Carbomedics-, einer ATS- und einer St.-Jude-Prothese (Abb. 3) über 1 Jahr nachbeobachtet wurden, zeigte sich ein statistisch signifikanter Vorteil für die HP-Prothese von St.-Jude [3]. Nichtsdestotrotz führten alle 3 Prothese zu einem statistisch signifikanten Rückgang des linksventrikulären Massenindex (ATS von 222 ± 88 präoperativ auf 176 ± 69 g/m2 nach 6 Monaten, Carbomedics von 205 ± 51 auf 160 ± 56 g/m2 und St.-Jude von 205 ± 72 auf 161 ± 56 g/m2). Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen den 3 Prothesentypen. Somit ist ein wichtiges Kriterium für den Aortenklappenersatz bei allen drei Prothesen erfüllt, nämlich für einen Rückgang der linksventrikulären Hypertrophie zu sorgen, die einen unabhängigen kardialen Risikofaktor mit erhöhter Inzidenz an klinischen Ereignissen inklusive Tod darstellt [3, 21]. Die 30-Tage-Mortalität bewegt sich mit 1 – 2% etwas unter den Werten größerer Sammelstatistiken. So betrug die Gesamtmortalitätin Deutschland 1999 bei Aortenklappenersatz 3,2 % und bei mechanischer Prothesenwahl 2,8%. Astor et al. [2] fanden bei der Auswertung einer großen amerikanischen Datenbank eine Hospitalmortalität von 6,4% für Aortenklappenersatz insgesamt, wobei mechanische Prothesen signifikant niedrigere Werten aufwiesen (6,0 % vs. 8,3 %) [2]. Etwas niedrigere Werte fanden Jamieson et al. [18] bei einer Auswertung von 613 implantierten Carbomedics-Prothesen in Aortenposition. Sie errechneten eine Frühmortalität von 4,3% [18]. Die Spätmortalität betrug in der eigenen Untersuchung nach 1 Jahr auf alle 3 Patientengruppen bezogen 1,3% ohne signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Prothesentypen. Bei der längeren Nachbetrachtungsperiode (8 Jahre) von Jamieson et al. [18] lagen die Werte mit 3,7% pro Patientenjahr deutlich höher, wobei der Anteil an klappenassoziierten Todesfällen nur 1,1% pro Patientenjahr betrug. Birkmeyer et al. [4] haben im Rahmen eines statistischen Simulationsmodells die

Langzeitsterblichkeit noch zusätzlich nach dem Alter des Patienten zum Zeitpunkt der Operation aufgeschlüsselt. So steigt die 12-Jahres-Mortalität von 24% bei den 50Jährigen auf 63% bei den 70-Jährigen und gar 91% bei den 80-Jährigen [4]. Außer der Mortalität sind natürlich auch die klappenbedingten Komplikationen u.a. durch die notwendige systemische Antikoagulation und die Rate der notwendigen Reoperationen von Interesse. In der eigenen Untersuchung traten im Verlauf des Follow-up insgesamt 8 paraprothetische Lecks auf (kein signifikanter Unterschied zwischen den 3 Gruppen), wobei 2 Patienten reoperiert werden mussten. Thrombembolische oder Blutungskomplikationen wurden während des 1. Jahrs nicht gesehen. In der Serie von Jamieson et al. [18] mussten über 8 Jahre insgesamt 7 Patienten erneut operiert werden, davon 4 aufgrund einer Prothesenendokarditis [3]. In dem oben angeführten Simulationsmodell von Birkmeyer et al. [4] wurde eine Reoperationsquote zwischen 1 und 6% je nach Patientenalter zum Zeitpunkt der Operation errechnet [4]. Casselman et al. [9] haben Patienten mit mechanischem Aortenklappenersatz bis zu 30 Jahre nachbeobachtet, wobei es sich jedoch um die heute nur wenig eingesetzten Kippscheibenprothesen (Björk-Shiley) oder überhaupt nicht mehr verwendeten Kugelkäfigprothesen (Starr-Edwards) handelte. Die Inzidenz für eine Prothesenendokarditis lag konstant um 0,5% pro Patientenjahr, die Häufigkeit von Reoperationen in den ersten 5 Jahren bei 1,6%/Jahr, später dann konstant bei 0,8% pro Patientenjahr, bevor dann nach 25 Jahren noch einmal ein Anstieg auf 1,5%/Jahr zu verzeichnen war. Häufigste Operationsindikation war ein paraprothetisches Leck [9]. Ein weiterer wichtiger Punkt, der betrachtet werden muss, sind die Komplikationen, die im Zusammenhang mit der bei mechanischen Klappen zwingend notwendigen Antikoagulation (im Allgemeinen mit Vitamin-KAntagonisten) auftreten. Hierbei kann zwischen Blutungskomplikationen als Ausdruck übermäßiger und thrombembolischen Komplikationen als Ausdruck unzureichender Antikoagulation unterschieden werden. In der Studie mit dem längsten Nachbeobachtungszeitraum (bis zu 30 Jahre) wurde über eine Gesamtinzidenz an Thrombembolien und Blutungen von 3,0% pro Patientenjahr berichtet. Im einzelnen traten Klappenthrombosen in 0,1 %/Patientenjahr, thrombembolische Probleme in 2,0%/Patientenjahr und schwere Blutungen in 1,1%/Patientenjahr auf. Einschränkend muss erwähnt werden, dass ein unabhängiger Risikofaktor die Verwendung der heute nicht mehr gebräuchlichen Kugelkäfigprothese war [9]. Jamieson et al. [18] berichteten über eine Thrombembolierate von 3,7% pro Patientenjahr, wobei ungefähr 1/10 dieser Ereignisse zu Todesfällen führten (Mortalität aufgrund thrombembolischer Ereignisse: 0,3%/Patientenjahr), und eine Blutungskomplikationsrate von

S. Brose et al. Patientenadaptierte Klappenselektion

2,3%/Patientenjahr, davon etwa 20% mit tödlichem Ausgang (Mortalität: 0,4%/Patientenjahr) [18]. Birkmeyer et al. [4] haben in ihrer Analyse lediglich die Blutungskomplikationsrate errechnet und Inzidenzen von 16 – 24% in 12 Jahren mit einer deutlichen Tendenz zu höheren Werten bei älteren Patienten gefunden [4]. Dies deckt sich mit Ergebnissen aus Studien, die die Effekte der Antikoagulation zum Zweck der Behandlung von chronischem Vorhofflimmern untersucht haben. In einer amerikanischen Untersuchung zeigte sich eine deutlich höhere Rate an schwerwiegenden Blutungsereignissen bei Patienten über 75 Jahren gegenüber jüngeren Patienten (4,2 vs. 1,7%/ Patientenjahr) [29]. Noch deutlicher waren die Ergebnisse der ISCOAT (Italian Study on Complications of Oral Anticoagulant Therapy). Hier traten schwerwiegende Blutungskomplikationen bei über 75Jährigen in einem Nachbeobachtungszeitraum von 1,4 Jahren mit 9,6% deutlich häufiger auf als bei jüngeren Patienten (1,2%) [25].

 Biologischer Herzklappenersatz Beim biologischen Herzklappenersatz stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung: 1. Verwendung eines so genannten Autografts, nämlich der körpereigenen Pulmonalklappe als Aortenklappenersatz, und Einsatz eines Homografts in Pulmonalposition (Ross-Operation) 2. Implantation des Homografts direkt in Aortenposition 3. Verwendung von Xenografts. Es existieren sowohl Klappen vom Schwein als auch vom Rind. Ferner muss zwischen Klappen mit und ohne Stent (Abb. 4) unterschieden werden. In Deutschland werden derzeit nur in etwa 1% der Fälle Allografts zum singulären Aortenklappenersatz verwendet [19]. Wesentlicher limitierender Faktor hierfür ist die eingeschränkte Verfügbarkeit von Homografts. Während die Indikationsstellung für die Implantation eines Homografts bis auf wenige Ausnahmen nicht klar ist, existiert weitestgehend Einigkeit darüber, wann eine solche Operation kontraindiziert ist: bei Hämodialysepatienten, bei schweren asymmetrischen Verkalkungen des Klappenrings, bei generalisierten Bindegewebeerkrankungen und bei abnormaler Lage oder starker Verkalkung der Koronarostien [24]. Auf die besondere Eignung von Allografts wird bei der Behandlung der Endokarditis hingewiesen, v.a. wenn der Annulus durch die Entzündung destruiert ist. Mit dem kompletten Ersatz der Aortenwurzel durch den Homograft ist eine hohe Heilungsquote zu erzielen (Freiheit von erneuter Endokarditis nach 5 Jahren: 98%) [29].

VI/53

Sowohl bei der Ross-Operation als auch bei der isolierten Homograftimplantation werden die ausgezeichneten hämodynamischen Eigenschaften der „Prothese“ hervorgehoben. Verschiedene Autoren [1, 22, 31] haben frühpostoperativ keinen bzw. einen minimalen Gradienten über der implantierten Klappe beobachtet (bis maximal 3 mmHg). Ebenso sind Insuffizienzen gar nicht oder in geringem Ausmaß nachweisbar. Im Follow-up über einen mittleren Zeitraum zeigte sich nur eine geringe Zunahme der Insuffizienz [31], die Reoperationsquote aufgrund einer hochgradigen AI wurde von Linden u. Cohn [22] mit 2,5 % angegeben. In der gleichen Serie zeigte sich diesen Patienten, die mit der Ross-Operation behandelt wurden, gering- oder höhergradige Pulmonalstenosen (20% und 10%) des pulmonalen Homografts. Linden u. Cohn [22] berichteten über die Notwendigkeit der Reoperation aufgrund von Pulmonalstenosen in einer Häufigkeit von 4% nach 5 Jahren und 16% nach 20 Jahren [22]. Über Langzeitergebnisse nach Aortenklappenersatz mit Allografts liegen nur wenige Veröffentlichungen vor. Eine der größten Serien stammt von O´Brien et al. [26], die über 800 Patienten über einen Zeitraum von bis zu 24 Jahren nachverfolgt haben. Für die Patienten, die mit den auch mit der heute üblichen Kryopräservationsmethode konservierten Homografts operiert wurden, wird eine Überlebensrate von 62% nach 15 Jahren angegeben. Nach diesem Zeitraum wiesen etwa 25% der implantierten Allografts eine bedeutsame Insuffizienz auf, 31% des gesamten Patientenkollektivs mussten reoperiert werden. Wie bereits erwähnt, hat der biologische Aortenklappenersatz mit Xenografts die erheblich größere Bedeutung. Die entscheidende Variable bei der Verwendung biologischer Herzklappenprothesen ist die Haltbarkeit der Prothese, definiert durch die Freiheit von strukturbedingter Klappenveränderung (SVD). Diese strukturbedingten Klappenveränderungen weisen ab etwa 10 Jahren nach Implantation eine zahlenmäßige Bedeutung auf. In großen Serien mit jeweils über 1000 Patienten zeigten sich nach 10 Jahren 78% der in Aortenklappenposition implantierten porcinen Bioprothesen frei von

Abb. 4 Carpentier-Edwards-Bioprothese (porciner Xenograft mit Stent)

VI/54

Zeitschrift für Kardiologie, Band 90, Supplement 6 (2001) © Steinkopff Verlag 2001

Abb. 5 St.-Jude-Toronto-Klappe (porciner gerüstfreier Xenograft)

SVD, nach 15 Jahren nur noch zwischen 49 und 58% [15, 17]. David et al. [12] nannten bei der Verwendung der Hancock-I-Klappe wenigstens z.T. bessere Ergebnisse. Ein entscheidender Faktor scheint hierbei das Alter des Patienten zum Zeitpunkt der Implantation zu sein. Bei den über 65-Jährigen weisen nach 10 Jahren 5% und nach 15 Jahren 10% der Klappenprothesen SVD auf, während die Quote bei den unter 65-Jährigen nach 10 Jahren noch vergleichbar (6%), nach 15 Jahren aber deutlich höher ist (24%). Die sich daraus ergebende Reoperationsquote für alle Patienten beträgt 6% nach 10 Jahren und 23% nach 15 Jahren [12]. Motiviert durch dieses Wissen sind zahlreiche Anstrengungen unternommen worden, diese degenerativen Veränderungen an den biologischen Klappenprothesen hinauszuzögern. Bei der Mosaic®-Klappe handelt es sich um eine porcine, gestentete Klappenprothese, bei der die Segel mit einer speziellen Technik („Null-DruckTechnik“) fixiert werden. Als antikalzifizierendes Agens wird Aminölsäure statt des früher üblichen Glutaraldehyds zugesetzt. Für diese Klappe liegen allerdings erst 5-Jahres-Ergebnisse vor, sodass zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage über die beabsichtigten Langzeiteffekte gemacht werden kann. Alle weiteren Variablen zeigten ähnliche Ergebnisse wie die bisher verwendeten Bioprothesen [13]. Ein weiterer Ansatzpunkt, die Hämodynamik zu verbessern und die Haltbarkeit zu verlängern, war die Entwicklung von biologischen Prothesen, bei denen auf einen Stent verzichtet wird. Bei der von David entwickelten Toronto®-Klappe (Abb. 5) handelt es sich um eine solche stentlose porcine Klappenprothese. Es liegen inzwischen 9-Jahres-Ergebnisse vor. Die Überlebensrate beträgt 89 %, 92 % der Patienten sind frei von thrombembolischen Ereignissen, bei lediglich 2% trat eine Prothesenendokarditis auf. Bei immerhin 18% musste ein erneuter Aortenklappenersatz vorgenommen werden, 15% der Klappen wiesen strukturbedingte Veränderungen auf [10]. Die verbesserten hämodynamischen Eigenschaften konnten in einer eigenen, prospektiv randomisierten Studie nachgewiesen werden. Beim Vergleich zwischen

biologischen Klappenprothesen mit und ohne Stent waren bei den Stentless-Prothesen sowohl frühpostoperativ als auch im 6-Monats-Follow-up sowohl signifikant niedrigere transvalvuläre Gradienten als auch eine signifikant stärkere Abnahme der linksventrikulären Hypertrophie nachweisbar. Die Implantation einer gerüstfreien Prothese stellt allerdings einen deutlich höheren operativen Aufwand dar. Dies ist an einer mit 75 ± 19 min gegenüber 55 ± 13 min signifikant längeren Aortenklemmzeit ablesbar [30]. Die theoretischen Vorteile einer biologischen Klappenprothese, die sich aus der nur für kurze Zeit notwendigen Antikoagulation ergeben, konnten in zahlreichen Untersuchungen untermauert werden. Puvimanasinghe et al. [27] errechneten niedrige jährliche Risiken für Klappenthrombosen (0,03%), Thrombembolien (0,87%) und Blutungen (0,38%) [27]. David et al. [12] beobachteten bei der Hancock-IKlappe keine Klappenthrombose in 15 Jahren. Insgesamt 7% der Patienten erlitten thrombembolische Komplikationen, was einer jährlichen Rate von etwa 0,5 % entspricht [12]. Auch Blutungskomplikationen werden mit 4 – 6% in 12 Jahren deutlich seltener angegeben als bei mechanischen Klappen [4].

 Aortenklappenrekonstruktion Die Möglichkeit, eine Aortenklappe zu rekonstruieren, ergibt sich beim Erwachsenen nur äußerst selten. Eingriffe, die an der Klappe selber angreifen (Kommissurotomie, Plikaturen oder Resuspensionen insuffizienter Taschen) (Abb. 6a, b) zeigten langfristig keine befriedigenden Ergebnisse und haben auch keine weite Verbreitung gefunden. Wenn die Aortenklappeninsuffizienz durch eine Dilatation der Aorta ascendens oder der Sinus valsalvae hervorgerufen wird, ist ein Klappen erhaltendes Verfahren mit Ersatz der Aorta ascendens möglich. Auch bei der akuten Typ-A-Dissektion können solche Verfahren eingesetzt werden [8]. Die am weitesten verbreiteten Techniken sind die nach David und Yacoub (Abb. 7). Vorteile dieser Verfahren sind die nicht notwendige Antikoagulation und dass es sich durch Erhalt der eigenen Klappe um das wohl „physiologischste“ Verfahren handelt. Die Ergebnisse sind durchaus viel versprechend. Bei einer Nachbeobachtungszeit von 14 Monaten wiesen 38 von 40 (95%) Patienten eine kompetente oder nur geringfügig insuffiziente Aortenklappe auf, lediglich 2-mal fand sich eine AI Grad II. 90% der Patienten befanden sich im klinischen Stadium NYHA I [14]. David et al. [11] haben 126 Patienten bis zu einem Zeitraum von fast 10 Jahren verfolgt. Lediglich 2 Patienten benötigten im Verlauf einen Aortenklappenersatz. Bei den echokardiographischen Kontrollen zeigte sich keine oder eine vernachlässigbare AI in 54 Fällen, eine geringgradige in 47 Fällen, und lediglich 9 Klappen waren

S. Brose et al. Patientenadaptierte Klappenselektion Abb. 6 a, b Schematische Darstellung verschiedener Rekonstruktionstechniken bei normaler Klappenmotilität (a) und Schematische Darstellung verschiedener Rekonstruktionstechniken bei vermehrter Taschenmotilität (b)

VI/55

a

Annular dilation

Circumclusion

Cusp perforation

Patch closure

Plication

b

Abb. 7 a, b Schematische Darstellung der Operationstechniken von David (a) und Yacoub (b)

Cusp prolapse

Resection

Commissural prolapse

Commissural resuspension

Resuspension

VI/56

Zeitschrift für Kardiologie, Band 90, Supplement 6 (2001) © Steinkopff Verlag 2001

mittelgradig insuffizient [11]. Bei akuter Typ-A-Dissektion zeigten sich bei klappenerhaltender Operation deutlich häufiger (bis zu 25%) höhergradige Insuffizienzen (AI II oder mehr) [8].

Resümee Die operative Behandlung von symptomatischen Aortenklappenvitien durch Ersatz der Aortenklappe mit einem perioperativen Mortalitätsrisiko von 1-4% ist heutzutage akzeptierter Therapiestandard. Nach wie vor strittig ist das optimale Vorgehen bei hochgradigen Klappenfehlern (egal ob Aortenklappenstenose oder -insuffizienz), die bisher asymptomatisch waren. Derzeit wird mehrheitlich die Meinung vertreten, dass bei engmaschiger Kontrolle ein Warten auf Symptome gerechtfertigt ist [4, 6, 28]. Beim prothetischen Herzklappenersatz haben mechanische Herzklappenprothesen und porcine und bovine Xenografts zahlenmäßig die größte Bedeutung. Trotz der guten Ergebnisse nach biologischem Aortenklappenersatz mit durchaus akzeptabler Lebensdauer der biologischen Prothesen werden weltweit, auch bei älteren Patienten, immer noch deutlich mehr mechanische Klappen implantiert. 1989 war in England der Anteil mechanischer Prothesen mit 70% erstaunlich hoch, 1985 betrug er weltweit 69% [4]. Der Anteil von biologischen Prothesen, der nach 12 Jahren frei von strukturbedingten Veränderungen ist, liegt zwischen 78 und 94% [12, 15], nach 15 Jahren sinkt diese Quote jedoch erheblich (58%) [17]. Etwa 10% der Patienten müssen sich innerhalb von 10 Jahren einem erneuten Aortenklappenersatz unterziehen. Auch die u.a. mit der Vorstellung einer besseren Haltbarkeit entwickelte Stentless-Bioprothese scheint hier keine Besserung zu bringen, der Anteil der Patienten, die eines erneuten Aortenklappenersatzes bedürfen, ist vergleichbar dem bei Bioprothesen mit Stent [10]. Ebenso bleibt abzuwarten, ob durch neuartige Fixierungs- und Antikalzifizierungsverfahren eine längere Haltbarkeit zu erreichen ist (z. B. Mosaic®-Prothese). Allerdings hat der Einsatz der gerüstfreien Klappe gegenüber den gestenteten Prothesen zu einer signifikant vermehrten Regression der linksventrikulären Hypertrophie geführt. Da die linksventrikuläre Hypertrophie einen unabhängigen Risikofaktor darstellt [21], bedeutet dieser Vorteil einen klinischen Benefit, welcher allerdings durch einen erhöhten operativen Aufwand erkauft werden muss.

Strukturbedingte Veränderungen sind bei der mechanischen Prothese nahezu nie zu verzeichnen. Probleme ergeben sich aus der lebenslang notwendigen Antikoagulation. Die antikoagulationsbedingten Komplikationen (Blutung, Thrombembolien) treten mit einer Häufigkeit von bis zu 6% pro Patientenjahr auf [4, 9, 18]. Zusätzlich wurde mehrfach nachgewiesen, dass das Blutungsrisiko mit steigendem Lebensalter steigt [4, 25]. Angesichts dieser nicht geringen Komplikationsraten erscheint es verwunderlich, dass nicht mehr Chirurgen zu einer biologischen Prothese greifen. Offensichtlich ist das Sicherheitsbedürfnis, eine erneute Operation zu vermeiden und dafür die antikoagulationsbedingten Komplikationen in Kauf zu nehmen, größer als das eventuelle Risiko, einen zweiten Klappenersatz vornehmen zu müssen. Die Altersgrenze für die Wahl einer biologischen Aortenklappenprothese wird derzeit mit etwa 65 Jahren angegeben. Angesichts der vorliegenden Daten erscheint uns eine Absenkung dieser Altersgrenze auf 60 Jahre oder vielleicht sogar darunter überlegenswert. Ältere Patienten können konsequent mit einer Bioprothese, wenn möglich mit einer gerüstfreien, versorgt werden. Der Einsatz von Homografts bleibt ebenso wie Aortenklappenrekonstruktionen speziellen Indikationen bzw. Voraussetzungen vorbehalten. Homografts haben v.a. bei der schweren destruierenden Endokarditis ihr Indikationsgebiet [20]. Einem breiteren Einsatz stehen die eingeschränkte Verfügbarkeit und die ähnlich dem biologischen Xenograft begrenzte Haltbarkeit entgegen. Immerhin 1/4 der Patienten mit einem Homograft müssen im Zeitraum von 12 Jahren erneut operiert werden [26]. Der Erhalt der Aortenklappe mit Ersatz der Aortenwurzel und der Aorta ascendens stellt bei entsprechender Pathologie eine viel versprechende Alternative mit guten Langzeitergebnissen dar [11]. Dieses Verfahren bedeutet aber einen erheblichen operativen Aufwand und bedarf eines geübten Chirurgen. Die Entwicklung von Bioprothesen mit effektiver antikalzifizierender Behandlung, die Herstellung von Klappenprothesen aus patienteneigenem Material mittels Tissue engineering oder die Erschaffung mechanischer Prothesen mit optimalen Blutflusseigenschaften sind die Herausforderungen für die Zukunft. Die Frage, welches dieser Ziele sich zuerst erreichen lässt und welcher Weg der am meisten Erfolg versprechende ist, kann derzeit nicht beantwortet werden. Ziel aller Anstrengungen sollte es jedoch sein, eine unbegrenzt haltbare Prothese mit einer optimalen, idealerweise der nativen Klappe gleichen Hämodynamik zu schaffen, die dem Patienten eine optimale Lebensqualität verschafft.

S. Brose et al. Patientenadaptierte Klappenselektion

VI/57

Literatur 1. Affonso da Costa FD, Pinton R, Haggi Filho H, Rosa GS da, Albuchaim DC, Quintaneiro V, Milani R, ITO R, Burger M, Sallum F, Faraco D, Affonso da Costa IA (1998) The Ross procedure: is it the ideal operation for the young with aortic valve disease? Heart Surg Forum 1: 116–124 2. Astor BC, Kaczmarek RG, Hefflin B, Daley WR (2000) Mortality after aortic valve replacement: results from a nationally representative database. Ann Thorac Surg 70: 1939–1945 3. Autschbach R, Walther T, Falk V, Kostelka M, Rösler A, Langebartels G, Krüger M, Diegeler A, Mohr FW (2000) Prospectively randomized comparison of different mechanical aortic valves. Circulation 102: III1–III4 4. Birkmeyer NJ, Birkmeyer JD, Tosteson AN, Grunkemeier GL, Marrin CA, O’Connor GT (2000) Prosthetic valve type for patients undergoing aortic valve replacement: a decision analysis. Ann Thorac Surg 70: 1946–1952 5. Bonow RO (2000) Aortic regurgitation. Curr Treat Option Cardiovasc Med 2: 125–132 6. Bonow RO et al. ACC/AHA Task Force Report (1998) ACC/AHA guidelines for the management of patients with valvular heart disease. J Am Coll Cardiol 32: 1486–1582 7. Bouma BJ, Meulen JHP van den, Brink RBA van den, Arnold AER, Smidts A, Teunter LH, Lie KI, Tijssen JGP (2001) Variability in treatment advice for elderly patients with aortic stenosis: a nationwide survey in the Netherlands. Heart 85: 196–201 8. Casselman FP, Tan ES, Vermeulen FE, Kelder JC, Morshuis WJ, Schepens M (2000) Durability of aortic valve preservation and root reconstruction in acute type A aortic dissection. Ann Thorac Surg 70: 1227–1233 9. Casselman FP, Bots ML, Lommel W von, Knaepen PJ, Lensen R, Vermeulen F (2001) Repeated thromboembolic and bleeding events after mechanic aortic valve replacement. Ann Thorac Surg 71: 1172–1180

10. David TE, Feindel CM, Scully HE, Bos J, Rakowsky H (1998) Aortic valve replacement with stentless porcine aortic valves: a ten-year experience. J Heart Valve Dis 7: 250–254 11. David TE, Armstrong S, Ivanov J, Webb GD (1999) Aortic valve sparing operations: an update. Ann Thorac Surg 67: 1840–1842 12. David TE, Ivanov J, Armstrong S, Feindel CM, Cohen G (2001) Late results of heart valve replacement with the Hancock I bioprosthesis. J Thorac Cardiovasc Surg 121: 268–277 13. Eichinger W, Gunzinger R, Botzenhardt F, Simmerl D, Gansera B, Kemkes BM (2000) Mosaic bioprosthesis after 5 years. Herz 25: 659–666 14. El Khoury GA, Underwood MJ, Glineur D, Derouck D, Dion RA (2000) Reconstruction of the ascending aorta and aortic root: experience in 45 consecutive patients. Ann Thorac Surg 70: 1246–1250 15. Fann JI, Miller DC, Moore KA, Mitzhell RS, Oyer PE, Stinson EB, Robbins RC, Reitz BA, Shumway NE (1996) Twentyyear clinical experience with porcine bioprosthesis. Ann Thorac Surg 62: 1301– 1311 16. Hasegawa M (2000) Clinical evaluation of ATS prosthetic valve by Doppler echocardiography: comparison with St. Jude medical (SJM) valve. Ann Thorac Cardiovasc Surg 6: 247–251 17. Jamieson WR, Munro AI, Miyagishima RT, Allen P, Burr LH, Tyers GF (1995) Carpentier Edwards standard porcine bioprosthesis: clinical performance to seventeen years. Ann Thorac Surg 60: 999–1006 18. Jamieson WR, Fradet GJ, Miyagishima RT, Henderson C, Brownlee RT, Zhan Germann E (2000) CarboMedics mechanical prosthesis: performance at eight years. J Heart Valve Dis 9: 678–687 19. Kalmar P, Irrgang E (2000) Cardiac surgery in Germany during 1999. Thorac Cardiovasc Surg 48: XXVII–XXX 20. Langley SM, Alexiou C, Stafford HM, Dalrymple-Hay MJ, Haw MP, Livesey Monro JL (2000) Aortic valve replacement for endocarditis: determinants of early and late outcome. J Heart Valve Dis 9: 697–704 21. Levy D, Garrison RJ, Savage DD, Kannel WB, Castelli WP (1990) Prognostic implications of echocardiographically determined left ventricular mass in the Framingham Heart Study. N Engl J Med 322: 1561–1566

22. Linden PA, Cohn LH (2001) Mediumterm follow-up of pulmonary autograft aortic valve replacement: technical advances and echocardiographic followup. J Heart Valve Dis 10: 35–42 23. Mortasawi A, Gehle S, Schröder T, Ennker IC, Rosendahl U, Dalladaku F, Bauer S, Albert A, Ennker J (2000) Aortenklappenersatz bei 80- und über 80-jährigen. Z Gerontol Geriatr 33: 438–446 24. Nagele H, Doring V, Rodiger W, Kalmar P (200) Aortic valve replacement with homografts. An overview. Herz 25: 651–687 25. Pengo V, Legnani C, Noventa F, Palareti G (2001) Oral anticoagulant therapy in patients with nonrheumatic atrial fibrillation and risk of bleeding. Thromb Haemost 85: 418–422 26. O’Brien MF, Stafford G, Gardner MAH, Pohlner PG, Tesar PJ, Cochrane AD, Mau TK, Gall KL, Smith SE (1995) Allograft aortic valve replacement: long term follow-up. Ann Thorac Surg 60: S65–S70 27. Puvimanasighe JPA, Steyerberg EW, Takkenberg JJM, Eijkemans MJC, Herwerden LA von, Bogers AJJC, Habbema JDF (2001) Prognosis after aortic valve replacement with a bioprosthesis. Circulation 103: 1535 28. Rosenhek R, Binder T, Porenta G, Lang I, Christ G, Schemper M, Maurer G, Baumgartner H (2000) Predictors of outcome in severe asymptomatic aortic stenosis. N Engl J Med 343: 611–617 29. Stein PD (2001) Antithrombotic therapy in valvular heart disease. Clin Geriatr Med 17: 163–172 30. Walther T, Falk V, Langebartels G, Krüger M, Bernhardt U, Diegeler A, Gummert JF, Autschbach R, Mohr FW (1999) Prospectively randomized evaluation of stentless versus conventional biological aortic valves: impact on early regeression of left ventricular hypertrophy. Circulation 100: II6–II10 31. Willems TP, Takkenberg JJM, Steyerberg EW, Kleyburg-Linkers VE, Roelandt JRTC, Bos E, Herwerden LA von (2001) Human tissue valves in aortic position. Circulation 103: 1515

[Patient adapted valve selection: biological vs. mechanical heart valve replacement in aortic valve diseases].

Since the first aortic valve replacement performed by Harken in 1960, the operation of aortic valve disease by replacing the native valve with a heart...
291KB Sizes 0 Downloads 0 Views