Z. Orrhop. 128 (1990)

Pathogenese, Prophylaxe und Therapie der Steroid-Osteoporose M . A . Dambacher', A . J. Olah, H. Maurer, R. Gampp, P. R üegsegger Forschungsla bor für Ca lciu mstoffwechsel der Orthop ädischen Univer sit ätsklinik Balgr lst , Zürich,

Institut für Biomedizinische Technik der Universität Zürich und ETH, Zürich und Anatomisches Institut der Universität Bcrn

Herrn Prof. Dr. A . Schreiber zum 60. Geburtstag gewidmet.

Pa thoge nesls. P rophvl axls and Treatment of Steroid Osleoporosis

Zusammenfass ung

Die Pa thogene se der Gluko ko rt ikoi dOsteoporose ist vielfältig. Es werden zahlreiche, kontroverse Mechanismen diskutiert. Jedenfa lls ist sowohl der Knochenanbau redu ziert, alsauch der Knochenabbau gesteigert, wo bei wahrscheinlich es erst zu einer Steigerung des Knochenabbaus und dann erst später zu einer Reduzierung des Kno chenanba us kommt. Ab einer Schwellendo sis vo n etwa 7, 50/0 Predniso näquivalenten /Tag verabreicht etwa über 1 Jahr, resultiert ein Spo ngiosaverlust, die Verminderung der Kom pakta ist weit weniger ausgeprägt. Histo logisch erscheint die Knochenmatr ixsynthese uniform reduziert, der Knochenabbau variiert erheblich. Die Spo ngiosatrabeke l zeige n ein filigranartiges Au ssehen , erkennbar auch der glasartigen Struktur im Röntgenbild . Die Entwicklung von neuen Gluko kortikoidPräparationen, wie z. B. des Defl azaco rts, das weniger osteo po ro se-fördernd ist als z. B. Prednison, ist sehr erfo lgversprechend . Zur Pro ph ylaxe und Th er a pie der glukoko rtikoi d-induzierten Osteo po rose werden heute insbeson dere Fluoride , Ossein-H ydr o xyap atit-Kom plexe und, vo r allem bei der a kuten Gluko ko rt ikoid-Osteoporose, Ca lcito nin eingesetzt.

Die Entwicklung einer Osteoporose infolge einer endogenen Gluko ko rtiko id-Me hr sekr etio n wurde bereits vo n Cushing 1932 bei 6 seiner 8 Fä lle beschrieben . Dies würde eine Häufi gke it vo n 75% bedeuten . Erst zwei J ah re na ch Einführ ung der Gluko ko rtikoide in d ie Th er apie (arn 2 1. 9. 1948 er hie lt ers tma ls Mrs. G. vo n Hench Cortiso n zur Behan d lun g einer schweren Po lyarthritis), also 1950, und sechs Jahre später (1954) sind di e ersten Berichte über das Entstehen einer Osteo poro se bei Glukokortiko id-T herapie erschienen (Ringe, Kaiser). Ersta unlich ist , daß diese Nebenwirkungen so spät realisiert wurden, o bwohl ja d ie Arbeite n von Cushing bereit s so lche hab en vermuten lassen . Zur Patho genese, Prävention und Behandlung der Gluko ko rt ikoid -O steo po ro se wurde anlä ßlic h der Osteo po ro se-Kon feren z in Aalbo rg 1987 festgeha lten: " . .. inco mpletely understood and its preventio n and trea trne nt are co ntroversial" . z . On hop. 128 (1990) 234-239 © 1990 F. Enke Verlag St uttga rt

The pathogenesis of gluco co rticoid o steo po rosis is co mplex . Numerous, co ntro versial mechanisms have been po stulated . Ho wever, there is certa inly bot h a reductio n in bo ne formatio n as weil as an increase in resorptio n. The increase in resorpt io n probably o ccurs befo re the red uction in forma tio n. As of a thresho ld dose o f approx . 7.5"10 pred niso ne equiva lents per day , administered fo r approx . I year, a loss of cancello us bo ne occurs; the reductio n in co mpact bone is far less pronou nced. Histo logically, bo ne matrix synthesis appears to be uniformly reduced, while resorpt io n varies co nsiderably . The cancello us bone structur has a filigree appeara nce which is also recogn izab le by th e gla ss-like appearance o n radiog raphs. The development of new glucocortico id preparation s such as Defl azacort, which promotes o steopo rosis less than , e.g ., prednisone, is very promis ing. For the preventio n and treatrn ent of glucoco rtico id-indu ced osteoporosis, frequence used drugs tod ay are fluo rides, ossein-hyd ro xy-ap atite complexes a nd , especially in ac ute glucoco rtico id osteoporosis, ca lcito nin.

Die Tabelle 1 zeigt pat hog enetische Fakto ren, die zur Entwic klung einer Glukokortiko id-Osteoporose führen so llen. Interessant ist hierbei, daß für viele Faktoren geradezu ko ntrove rse Befunde vo rliegen, so wurde da s 1,25 (O H)2 D3 ern iedr igt, norma l un d a uch erhö ht gefunden, das gleiche gilt für das immune rea ktive Pa ratho rmon . Jedenfa lls scheint doch im Mitt elpunkt der Pat ho genese eine negati ve Calc ium bilan z zu stehen, info lge einer reduzierten Calciumabso rption und einer tubu lären H yperca lzur ie, die dann einen sekundären Hyperparathyreoidismus induzieren iDetcambre und Harduin, Feldman, Need et al. , Riggs un d Melton). Interessant sind auch Übe rleg unge n zu r Suppressio n der ACT H-Sekr etion : Bei Patientinnen mit A no rexia nervo sa haben wir vo rwiegend eine Reduktion der Spongio sa und weniger der Kompa kta gefunden, ein Verteilungsmu ster, das sehr an die Gluko ko rti ko id-O steo po ro se erinnert und mit dieser verminderten A CTH -Sekretion in Zusammenhang stehen könnt e. A us den bisher an geste llten Überlegungen zu r P athogenese I

Mi t Unterstützung des Schweiz. Natio nalfo nds Kredit-Nt . 3.823-0 .86

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Pathogenese, Prophy laxe und Therapie der Stereid-Osteoporose

Vermind erte Kalziumabsorption - 1,25 lOH) 203 Bildung : erniedrigt normal erhöht - 1,25 l OH) 20 3 Receptor : Down Regulation - Direkte Wirkung auf Intestinalzellen Tub uläre Hyperkalziurie Sekundä rer Hyperparathyreoidismu s (PTH wurde normal und erhöht gefun denl durch - verminderte Kalziumabsor ption - direkte Wirkung auf Epithelkörpe rchen (in vitrol - permissive Wirkung der Steroide Suppression der ACTH-Sekretion - verminderte Androgen-Oestrogen-Sekretion Skelettwirkung - direkte Reduzierung von Zahl und Aktivität der Osteoblasten - Suppressio n der Bildung von Progenitorzellen

der G luko kor tiko id-Osteoporose (Ta b . I) kann abgeleitet werde n, daß zur Entwick lung einer Glu koko rtiko id-Osteoporo se beitragen : die vermindert e Calciumabso rption un d die tubul äre Hypercalzu rie, die beide über den sekundären Hyperpa rat hyreoidismu s zu einem hohen Knochenumsatz mit negativer Skelettb ila nz führen . Andererseits liegen a uch Befunde vor, insbesondere in vitro Befunde, die a uf eine direkte Red uzieru ng von Za hl un d Aktivität der Osteobl asten und möglicherweise a uf eine Supp ression der Bildung von Progen itorzellen hinweisen . Dies würde da nn zu einem niedrigen Knochenumsatz führe n. Histol ogisch fande n wir (O lah) un iform eine reduzierte Knochenmatri xsynthese infolge verkürz ter Anbauperiod e bei normaler Osteoblastenzah l und ungestörter Min eralisati on . Im Gegensatz da zu ließen die Kno chena bba uparameter im Mitt el einen beschleunigten Knochenabba u erkennen , bei einer Variation der Za hl der Oste okla sten von ern iedri gt über norma l bis zu einer Er höhung um da s Neun fache. Der verminde rte Knochenanbau führt zur Verschmälerung der Trabekel, wod urc h da s

Abb . 1 Unentkalkte Mikroto mschnitt e (5 um ) aus der Beckenka mrnsponqiosa. v. Kossal M cNeal, Vergröß erung 20x . al 48 -jährige skelettgesunde Frau bl 55 -jährige Frau mit postmenopausaler Osteoporos e (Reduktion der Spongiosa dic hte durch Atro phie zahlreicher Trabekel sowie durch mäßig en Tra bekelschwund. was sich als Abnahme der .Jnte rkormektivit ät" im Bälkchengerüst äußert). er 5 1-jährige Frau mit Kortikosteroid -Osteo porose {schwere Dich tereduktion durch auffallend uniforme massive Trabekelat rophie. was durch die chronisch vermi nderte Knochenanbaurate und den gesteige rten Abbau hinreichend erklärt werden kann l.

Tab. 2 Histologische Parameter der Knochenst ruktur, des Knochenan- und -abbaus bei der Kort ikosteroid -Osteoporose (siehe Text und Tab . 3 l. Corucos teroidOsteoporose

Histomorphom etrische Parameter

Struktur:

Anbau :

Abbau :

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p< O.05 ;

%

Volu men dichte der Spongiosa Mitt lere Breite der Trabekel Mitt lerer intertrabekularer Abstand

~m ~m

10 .4 ± 0 .7 d l 118.5 ± 4 .3 d l 1130 .8 ± 60.3 d l 1.3 a J 0 .5 0 .5 a' 0.04 1.7

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Die Wirksam keit von Deflazacort un d Pr edni son wurde in mehreren meist doppelblinden Cro ssover-Studien verglichen, indem jeder Patient über einen bestimmt en Zeitra um zuerst Deflazacort un d da nn Prednison erhielt, oder umgekehrt. Die Dosisäqu ivalenz zwischen Pr edn ison und Defla zacort berechnet e man für jeden einzelnen Patient en a us den minim alen noch wirksamen Dosieru ngen der beiden Medikament e. Dieses Verhältnis beträgt im Mitt el 5 rng Predni son zu 6 mg Deflazacort, kann aber - sowohl bei einzelnen Pati enten als auch ganzen Studien - geringf ügig nach oben oder unten ab weichen .

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[Pathogenesis, prevention and therapy of steroid osteoporosis].

The pathogenesis of glucocorticoid osteoporosis is complex. Numerous, controversial mechanisms have been postulated. However, there is certainly both ...
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