Originalien Ophthalmologe 2014 DOI 10.1007/s00347-014-3188-8 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
J. Steinberg1, 2 · J. Mehlan1 · A. Frings1 · V. Druchkiv1 · G. Richard1 · T. Katz1, 2 · S.J. Linke1, 2 1 Augenklinik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg 2 Care-Vision Hamburg
Pachymetrie und Augeninnendruckmessung mittels Corneal-Visualization-ScheimpflugTechnologie (Corvis ST) Ein klinischer Vergleich zum Goldstandard
Hintergrund und Fragestellung Das Corvis® ST [Kurzform für „corneal visualization Scheimpflug technology“ (CST) Oculus] ist ein Non-Kontakt-Tonometer, das den Augeninnendruck (IOD), die Hornhautdicke und biomechanische Eigenschaften der Hornhaut in vivo ermittelt. Da die Berücksichtigung der Pachymetrie sowie der Biomechanik für die Ermittlung des „wahren“ Augeninnendruckes von entscheidender Bedeutung ist, hat das CST das Potenzial, einen wichtigen Beitrag für die klinische Praxis zu leisten [19, 23]. Ziel unserer Studie ist es, die Reproduzierbarkeit und Vergleichbarkeit sowohl der tonometrischen als auch der pachymetrischen Messungen des CST im Vergleich zu den jeweiligen Goldstandards [Goldmann-Applanationstonometrie (GAT) bzw. Ultraschallpachymetrie (USP)] zu analysieren.
Studiendesign und Untersuchungsmethoden Daten von Patienten, die in der Augenklinik des Universitätsklinikums HamburgEppendorf aufgrund einer okulären Hypertension bzw. eines primären Offenwinkelglaukoms behandelt wurden, wurden retrospektiv ausgewertet. Daten von Patienten, die korneale Narben oder ophthalmologische Voroperationen aufwiesen, wurden nicht in die Analysen einge-
schlossen. Bei allen Patienten wurden an beiden Augen jeweils 2 CST-Messungen direkt hintereinander, dann 2 GAT-Messungen sowie eine Non-Kontakt-Tonometrie (NCT)-Messung (NT 2000, Nidek Co., Ltd) und eine USP (PacScan 300AP, Sonomed Escalon) durchgeführt. Die Messungen sind in folgender Reihenfolge durchgeführt worden: 1. CST, 2. GAT, 3. NCT, 4. USP. Die IOD-Messungen wurden jeweils innerhalb 1 h durchgeführt. Zwischen den Einzelmessungen lag eine Pause von mindestens 1 min. Für das CST und die GAT wurden sowohl die Einzelmessungen (1. Messung = M1; 2. Messung = M2) als auch die errechneten Mittelwerte ([M1 + M2]/2) verglichen. Das CST ist ein Non-Kontakt-Tonometer, kombiniert mit einer Ultra-highspeed-Scheimpflug-Kamera, welche die Reaktion der Hornhaut auf einen Luftimpuls in einer kurzen Filmsequenz mit 4330 Bildern pro Sekunde erfasst [22]. Die Zeitspanne zwischen dem Auslösen des Luftimpulses und dem Erreichen des Applanationszustandes dient dabei als Grundlage für die IOD-Messung. Die IOD-Messbreite des Gerätes reicht von 1–60 mmHg [22]. Die Messung der zentralen Pachymetrie erfolgt mittels Scheimpflug-Technologie entsprechend
der optischen Pachymetrie der Pentacam: Die Vorder- und Rückfläche der Hornhaut werden anhand der Scheimpflug-Aufnahmen automatisch erfasst. Der Abstand zwischen Vorder- und Rückfläche im Bereich der prominentesten Stelle (Apex) entspricht der zentralen Pachymetrie. Zum aktuellen Zeitpunkt hat das Gerät eine FDA-Zulassung für Pachymetrie und Tonometrie. Für die Erfassung biomechanischer Eigenschaften steht eine Zulassung noch aus. Das CST stellt sowohl für die Gesamtmessung als auch für die Erfassung der Bilder, die als Grundlage für die Tonometrie (Applanationsbild) bzw. Pachymetrie (Ausgangsbild) dienen, die Qualität mittels eines Qualitätsscores (QS) dar. Der QS berücksichtigt F mögliche Modellabweichungen der Hornhaut von einem errechneten, zu erwartenden Modell, F die Vollständigkeit der Datenerfassung, F die richtige Positionierung der Hornhaut (x-, a-, z-Achse), F die regelrechte zeitliche und qualitative Abgabe des Luftimpulses. Für unsere Analysen wurden nur Aufnahmen verwendet, bei denen sämtliche QS den Status „OK“ (= maximale Qualität) erreichten. Die IOD-Messungen mittels CST, GAT und NCT wurden von einer erfahrenen Untersucherin (JM) durchgeführt. MitDer Ophthalmologe 2014
| 1
Originalien
Analysen zur Augeninnendruckmessung
23 21 19
IOD
17 15 13
Abb. 1 9 Unterschiede des mittleren Augeninnendrucks [Corvis ST® vs. GoldmannApplanationstonometrie (GAT)]. IOD Augeninnendruck
11 9 7 5
Corvis
GAT
21
Corvis GAT
19 17
IOD
15 13 11 9 7 5
M1
tels GAT wurden nach Applikation eines Lokalanästhetikums und Fluoreszein jeweils 2 Messungen im Abstand von jeweils 1 min direkt hintereinander erhoben. Die sonographische Vermessung der Hornhautdicke wurde von einer weiteren erfahrenen Untersucherin mittels direkter Ultraschallkontaktmessung durchgeführt. Die Messung erfolgte durch Aufsetzen der Ultraschallsonde auf die zentrale, anästhesierte Hornhaut. Es wurden jeweils 3 Messungen durchgeführt, und der errechnete Mittelwert wurde notiert. Eine Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission zur retrospektiven Datenauswertung liegt vor. Die Studie wurde im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Die Patienten haben der Datenauswertung zugestimmt.
Statistische Analysen Unter der Annahme, dass die Voraussetzung der Normalverteilung der Dif-
2 |
Der Ophthalmologe 2014
M2
Abb. 2 9 Augeninnendruck (IOD)-Unterschiede zwischen 2 direkt aufeinanderfolgenden Messungen (M1, M2) für das Corvis ST® und die Goldmann-Applanationstonometrie (GAT)
ferenzen erfüllt wurde, wurde der t-Test für verbundene Stichproben verwendet, um den Unterschied der Differenzen von 0 zu testen. Um die Zuverlässigkeit der Geräte zu überprüfen, wurde die TestRetest-Reliabilität durchgeführt. Da sich die Reliabilität anhand der Variationen zwischen den Augen und zwischen den wiederholten Messungen eines Auges errechnet, wurden zusätzlich zu den aggregierten Reliabilitätswerten die Standardabweichungen zwischen den Augen und zwischen den Messungen eines Auges angegeben.
Ergebnisse Es konnten 129 Augen von 66 Patienten (29 Frauen und 37 Männer; okuläre Hypertension: 22 Augen von 11 Patienten, primäres Offenwinkelglaukom: 107 Augen von 55 Patienten) in unsere Analysen eingeschlossen werden. Das Alter der Patienten betrug im Median 57 Jahre (Interquartilsabstand: 48–68, Mindestalter: 8, höchstes Alter: 79).
Der mittlere, in unserem Kollektiv gemessene, IOD ergab für das CST statistisch signifikant höhere Werte als die Messungen mittels GAT [CST 15,5 mmHg (SD ± 4,4); GAT 14,8 mmHg (SD ± 4,4), p
J. Steinberg1, 2 · J. Mehlan1 · A. Frings1 · V. Druchkiv1 · G. Richard1 · T. Katz1, 2 · S.J. Linke1, 2 1 Augenklinik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg 2 Care-Vision Hamburg
Pachymetrie und Augeninnendruckmessung mittels Corneal-Visualization-ScheimpflugTechnologie (Corvis ST) Ein klinischer Vergleich zum Goldstandard
Hintergrund und Fragestellung Das Corvis® ST [Kurzform für „corneal visualization Scheimpflug technology“ (CST) Oculus] ist ein Non-Kontakt-Tonometer, das den Augeninnendruck (IOD), die Hornhautdicke und biomechanische Eigenschaften der Hornhaut in vivo ermittelt. Da die Berücksichtigung der Pachymetrie sowie der Biomechanik für die Ermittlung des „wahren“ Augeninnendruckes von entscheidender Bedeutung ist, hat das CST das Potenzial, einen wichtigen Beitrag für die klinische Praxis zu leisten [19, 23]. Ziel unserer Studie ist es, die Reproduzierbarkeit und Vergleichbarkeit sowohl der tonometrischen als auch der pachymetrischen Messungen des CST im Vergleich zu den jeweiligen Goldstandards [Goldmann-Applanationstonometrie (GAT) bzw. Ultraschallpachymetrie (USP)] zu analysieren.
Studiendesign und Untersuchungsmethoden Daten von Patienten, die in der Augenklinik des Universitätsklinikums HamburgEppendorf aufgrund einer okulären Hypertension bzw. eines primären Offenwinkelglaukoms behandelt wurden, wurden retrospektiv ausgewertet. Daten von Patienten, die korneale Narben oder ophthalmologische Voroperationen aufwiesen, wurden nicht in die Analysen einge-
schlossen. Bei allen Patienten wurden an beiden Augen jeweils 2 CST-Messungen direkt hintereinander, dann 2 GAT-Messungen sowie eine Non-Kontakt-Tonometrie (NCT)-Messung (NT 2000, Nidek Co., Ltd) und eine USP (PacScan 300AP, Sonomed Escalon) durchgeführt. Die Messungen sind in folgender Reihenfolge durchgeführt worden: 1. CST, 2. GAT, 3. NCT, 4. USP. Die IOD-Messungen wurden jeweils innerhalb 1 h durchgeführt. Zwischen den Einzelmessungen lag eine Pause von mindestens 1 min. Für das CST und die GAT wurden sowohl die Einzelmessungen (1. Messung = M1; 2. Messung = M2) als auch die errechneten Mittelwerte ([M1 + M2]/2) verglichen. Das CST ist ein Non-Kontakt-Tonometer, kombiniert mit einer Ultra-highspeed-Scheimpflug-Kamera, welche die Reaktion der Hornhaut auf einen Luftimpuls in einer kurzen Filmsequenz mit 4330 Bildern pro Sekunde erfasst [22]. Die Zeitspanne zwischen dem Auslösen des Luftimpulses und dem Erreichen des Applanationszustandes dient dabei als Grundlage für die IOD-Messung. Die IOD-Messbreite des Gerätes reicht von 1–60 mmHg [22]. Die Messung der zentralen Pachymetrie erfolgt mittels Scheimpflug-Technologie entsprechend
der optischen Pachymetrie der Pentacam: Die Vorder- und Rückfläche der Hornhaut werden anhand der Scheimpflug-Aufnahmen automatisch erfasst. Der Abstand zwischen Vorder- und Rückfläche im Bereich der prominentesten Stelle (Apex) entspricht der zentralen Pachymetrie. Zum aktuellen Zeitpunkt hat das Gerät eine FDA-Zulassung für Pachymetrie und Tonometrie. Für die Erfassung biomechanischer Eigenschaften steht eine Zulassung noch aus. Das CST stellt sowohl für die Gesamtmessung als auch für die Erfassung der Bilder, die als Grundlage für die Tonometrie (Applanationsbild) bzw. Pachymetrie (Ausgangsbild) dienen, die Qualität mittels eines Qualitätsscores (QS) dar. Der QS berücksichtigt F mögliche Modellabweichungen der Hornhaut von einem errechneten, zu erwartenden Modell, F die Vollständigkeit der Datenerfassung, F die richtige Positionierung der Hornhaut (x-, a-, z-Achse), F die regelrechte zeitliche und qualitative Abgabe des Luftimpulses. Für unsere Analysen wurden nur Aufnahmen verwendet, bei denen sämtliche QS den Status „OK“ (= maximale Qualität) erreichten. Die IOD-Messungen mittels CST, GAT und NCT wurden von einer erfahrenen Untersucherin (JM) durchgeführt. MitDer Ophthalmologe 2014
| 1
Originalien
Analysen zur Augeninnendruckmessung
23 21 19
IOD
17 15 13
Abb. 1 9 Unterschiede des mittleren Augeninnendrucks [Corvis ST® vs. GoldmannApplanationstonometrie (GAT)]. IOD Augeninnendruck
11 9 7 5
Corvis
GAT
21
Corvis GAT
19 17
IOD
15 13 11 9 7 5
M1
tels GAT wurden nach Applikation eines Lokalanästhetikums und Fluoreszein jeweils 2 Messungen im Abstand von jeweils 1 min direkt hintereinander erhoben. Die sonographische Vermessung der Hornhautdicke wurde von einer weiteren erfahrenen Untersucherin mittels direkter Ultraschallkontaktmessung durchgeführt. Die Messung erfolgte durch Aufsetzen der Ultraschallsonde auf die zentrale, anästhesierte Hornhaut. Es wurden jeweils 3 Messungen durchgeführt, und der errechnete Mittelwert wurde notiert. Eine Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission zur retrospektiven Datenauswertung liegt vor. Die Studie wurde im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Die Patienten haben der Datenauswertung zugestimmt.
Statistische Analysen Unter der Annahme, dass die Voraussetzung der Normalverteilung der Dif-
2 |
Der Ophthalmologe 2014
M2
Abb. 2 9 Augeninnendruck (IOD)-Unterschiede zwischen 2 direkt aufeinanderfolgenden Messungen (M1, M2) für das Corvis ST® und die Goldmann-Applanationstonometrie (GAT)
ferenzen erfüllt wurde, wurde der t-Test für verbundene Stichproben verwendet, um den Unterschied der Differenzen von 0 zu testen. Um die Zuverlässigkeit der Geräte zu überprüfen, wurde die TestRetest-Reliabilität durchgeführt. Da sich die Reliabilität anhand der Variationen zwischen den Augen und zwischen den wiederholten Messungen eines Auges errechnet, wurden zusätzlich zu den aggregierten Reliabilitätswerten die Standardabweichungen zwischen den Augen und zwischen den Messungen eines Auges angegeben.
Ergebnisse Es konnten 129 Augen von 66 Patienten (29 Frauen und 37 Männer; okuläre Hypertension: 22 Augen von 11 Patienten, primäres Offenwinkelglaukom: 107 Augen von 55 Patienten) in unsere Analysen eingeschlossen werden. Das Alter der Patienten betrug im Median 57 Jahre (Interquartilsabstand: 48–68, Mindestalter: 8, höchstes Alter: 79).
Der mittlere, in unserem Kollektiv gemessene, IOD ergab für das CST statistisch signifikant höhere Werte als die Messungen mittels GAT [CST 15,5 mmHg (SD ± 4,4); GAT 14,8 mmHg (SD ± 4,4), p
