Augenheilkunde up2date

Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde

Herausgeber: Eckart Bertelmann, Berlin Annemarie Buser, Aalen Gerd Geerling, Düsseldorf Christian Jonescu-Cuypers, Berlin Ulrich Kellner, Siegburg Christian Meltendorf, Halle (Saale) Torsten Schlote, Basel Heimo Steffen, Würzburg

Rubrik: Tränenwege, Augenlider, Orbita Rubrikherausgeber: Eckart Bertelmann, Berlin

Orbitaerkrankungen im Kindesalter D. J. Salchow Augenklinik, Campus Virchow-Klinikum, Charité – Universitätsmedizin Berlin

Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 1047–1067 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0033-1346702 · VNR 2760512013141210329 · ISSN 0023-2165

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Orbitaerkrankungen im Kindesalter D. J. Salchow

Orbitale Erkrankungen kommen im Säuglings- und Kin-

dieser Altersgruppe auf. Hier soll ein Überblick über

desalter relativ häufig vor, wie z. B. Fehlbildungen der Or-

Orbitaerkrankungen im Kindesalter gegeben werden.

bita im Rahmen von kraniofazialen Syndromen, gutartige

Da eine vollständige Abhandlung den Rahmen sprengen

und bösartige Raumforderungen. Aber auch entzündliche

würde, wird vor allem auf die wichtigeren klinischen und

und infektiöse Erkrankungen und Verletzungen treten in

differenzialdiagnostischen Erkrankungen eingegangen.

Einleitung Epidemiologie Prinzipiell können bei Kindern dieselben Erkrankungen der Orbita wie bei Erwachsenen auftreten. Allerdings stehen bei verschiedenen Altersgruppen andere Erkrankungen im Vordergrund. Eine Auswertung der Daten von 326 Kindern aus Kanada ergab, dass im Säuglings- und frühen Kindesalter neoplastische Läsionen im Vordergrund stehen, gefolgt von strukturellen Anomalitäten. Vaskuläre und entzündliche Erkran-

Abkürzungen AVM

arteriovenöse Malformationen

CT

Computertomografie

EG

eosinophiles Granulom

EO

endokrine Orbitopathie

IOE

idiopathische orbitale Entzündung

LCH

Langerhans-Zell-Histiozytose

MRD

Margin Reflex Distance

MRT

Magnetresonanztomografie

NF

Neurofibromatose

NHL

Non-Hodgkin-Lymphom

kungen waren sehr selten [28]. Im Alter zwischen 2 und 4 Jahren treten dann zusätzlich zu den neoplastischen und strukturellen Veränderungen vaskuläre Probleme häufiger auf, bei den 5- bis 10-Jährigen auch entzünd45

liche Erkrankungen. Im Alter von 11 – 16 Jahren fand sich im Wesentlichen eine Verteilung, die derjenigen

36

pathie (EO) (Abb. 1). Unter Kindern bis 18 Jahren mit Orbitatumoren waren zystische Läsionen am häufigsten (41,8%; Dermoidzyste gefolgt von Mukozele), danach kamen vaskuläre Prozesse (16,3%), mit dem kapillären Hämangiom als Hauptbefund. Dermolipoma war die nächsthäufige

Anzahl

bei Erwachsenen gleicht: Neoplastische Erkrankungen waren am häufigsten, gefolgt von endokriner Orbito-

neoplastisch strukturell entzündlich

vaskulär endokrine Orbitopathie

27 18 9 0

50% des Orbitabodens), eingeschränkte Motilität des Auges ohne signifikante Schwellung sowie Enophthalmos. Durch Einklemmung eines extraokulären Muskels kann es zur Aktivierung des okulokardialen Reflexes mit Bradykardie, Hypotonie sowie Übelkeit und Erbrechen kommen. In die-

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

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div muss die Dosis erhöht und über einen längeren

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

Definition

Orbitale Raumforderungen

Dermoidzyste

Bei Kindern sind Zysten die häufigsten orbitalen

Unter einer Dermoidzyste (orbitales Dermoid) versteht

Raumforderungen. Shields u. Shields haben 2001 eine

man eine Einschlusszyste, die Hautanhangsgebilde (z. B.

Zusammenfassung orbitaler Raumforderungen [43]

Talgdrüsen) enthält und subkutan liegt.

und 2004 eine Klassifikation orbitaler Zysten [46] im Kindesalter vorgeschlagen (Tab. 1). Knoten (Abb. 6), meist am temporal oberen Orbitarand gelegen. Schmerzen und Entzündungszeichen fehlen

Zystische Raumforderungen

in der Regel. Die Diagnose kann meist klinisch gestellt werden. In der MRT ist das Dermoid eine gut begrenzte

n

Dermoidzyste

Raumforderung, die in der T1-Wichtung hyperintens ist [48]. Meist sind Dermoide zu klein, um sekundäre

Diese gutartigen Läsionen sind wahrscheinlich die

Komplikationen (Ptosis, Bulbusdystopie usw.) zu ver-

häufigsten orbitalen Raumforderungen im Kindesalter

ursachen. Dennoch sollten sie entfernt werden, einer-

[8, 10, 28, 42, 46, 48]. Klinisch imponieren Dermoid-

seits zur Sicherung der Diagnose, andererseits, weil bei

zysten als kongenitale prallelastische verschiebliche

Rupturierung eine lokale Entzündungsreaktion entstehen kann.

Tabelle 1 Zystische Läsionen der Orbita im Kindesalter nach Shields u. Shields [46].

n I. Zysten des Oberflächenepithels

– kutane epitheliale Zyste (epidermale Zyste)

Teratome bestehen aus Anteilen aller 3 Keimblätter. In

– konjunktivale epitheliale Zyste

der Orbita kommen sie selten vor, sollten jedoch bei

– respiratorische epitheliale Zyste

Exophthalmos im Kindesalter in Betracht gezogen

– apokrine Zyste

werden [46]. Zumeist sind Teratome gutartig. Sie kön-

B. Dermoidzysten

nen durch Größenzunahme einen Exophthalmos mit

– epidermale Dermoidzyste

Komplikationen (Lagophthalmos, Optikusneuropathie)

– konjunktivale Dermoidzyste

verursachen [30]. In der Bildgebung imponieren sie als gut begrenzte, heterogene Raumforderung. Therapie

II. teratomatöse Zyste (Teratom) III. neurale Zysten

Teratom

A. einfache epitheliale Zysten

der Wahl ist die operative Entfernung [41]. A. neurale Zyste bei okulärer Fehlentwicklung – kongenitales zystisches Auge – kolobomatöse Zyste (neuroektodermale Zyste mit Mikrophthalmie) B. neurale Zyste assoziiert mit Hirn- und meningealem Gewebe

n

Neurale Zysten

Diese zystischen Orbitaläsionen kommen z. B. im Zusammenhang mit Mutationen im PAX6-Gen vor.

– Enzephalozele und ektopisches Hirngewebe – orbitale Meningozele des N. opticus IV. sekundäre Zysten ausgehend von benachbarten Strukturen

A. Mukozele

V. entzündliche Zyste (parasitäre Zyste)

A. Echinokokkuszyste

n

B. odontogenetische Zyste

Mukozele

Wenn der Abfluss einer knöchernen Höhle (z. B. Kieferhöhle) blockiert ist, kann es zu einer Destruktion des Knochens kommen. Mukozelen der Nasennebenhöhlen

B. Zystizerkose C. andere

VI. nicht zystische orbitale Läsionen mit zystischer Komponente

Definition

A. adenozystisches Karzinom der Tränendrüse

Mukozele

B. Rhabdomyosarkom

Als Mukozele bezeichnet man eine Ansammlung von

C. Lymphangiom

Schleim in einem mit Mukosa ausgekleideten knöcher-

D. andere

nen Hohlraum.

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

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können sich in die Orbita ausdehnen. Anamnestisch weist das Vorliegen einer chronischen Sinusitis auf die Möglichkeit eine Mukozele hin. Klinisch können sich Exophthalmos, Bulbusdystopie sowie Störungen wie Schielen finden. Die Diagnose wird mittels Bildgebung (CT, MRT) gesichert. Die Behandlung besteht in der chirurgischen Entfernung der Mukozele sowie Drainage der betroffenen Nebenhöhle.

n

Infektiöse Zysten

Entzündlich-parasitäre Zysten kommen in unseren

Abb. 6 a Bei einem älteren Kind fällt eine reizlose Schwellung im Bereich der rechten oberen medialen Orbitakante auf. b In der Computertomografie fand sich eine gut umschriebene Raumforderung, deren Inhalt dunkel erschien.

Echinococcus granulosus (Hundebandwurm), E. multilocularis (Fuchsbandwurm) und Zystizerkose (meist durch Taenia solium – Schweinebandwurm).

Gutartige Raumforderungen

n

Abb. 7 Subkutanes kapilläres Hämangiom des rechten Unterlids bei einem Kleinkind.

Kapilläres Hämangiom

Kapilläre Hämangiome der Haut sind bei Kindern häufig. Sie können das Augenlid betreffen (Abb. 7) und eine Ptosis und Anisometropie verursachen (Cave: Amblyopie!) sowie in der Orbita auftreten. Sie sind gutartige embryonale vaskuläre Tumoren mit Proliferation des Endothels, die kapilläre Lumina ausbilden. Typisch ist ein Wachstum im 1. Lebensjahr, gefolgt von Stabilisierung und Involution, die bis zum 5. – 7. Lebensjahr andauern kann.

Therapie Periokuläre und orbitale Hämangiome müssen behandelt werden, wenn sie Komplikationen bedingen (Pto-

Abb. 8 Tiefes Hämangiom mit bukkalem und orbitalem Anteil. a Klinisch sieht man eine leichte Fülle der linken Gesichtshälfte. b In der Magnetresonanztomografie finden sich ein orbitaler und ein bukkaler Anteil (Pfeile). Der Tumor wurde systemisch mit Propranolol behandelt, worauf sich das Hämangiom drastisch verkleinerte und klinisch komplett zurückbildete.

sis, Anisometropie, Kompression des Sehnervs, Strabismus). War bis vor wenigen Jahren eine systemische oder intraläsionale Gabe von Kortikosteroiden die ein-

gewicht erhöht werden. Die Therapie wird für 6 – 12

zig wirksame pharmakologische Therapieoption (ne-

Monate fortgeführt, dann kann ein Auslassversuch er-

ben Interferon alpha und Vincristin, welche sehr selten

folgen. Bei oberflächlichen Hämangiomen sind auch

angewandt wurden), hat sich seit der erstmaligen Be-

topisch applizierte Betablocker wirksam (z. B. Timolol

schreibung im Jahre 2008 die Behandlung mit Betablo-

0,5 % 3- bis 4-mal täglich).

ckern weitgehend durchgesetzt [25]. Bei tiefen (Abb. 8) oder ausgeprägten Läsionen wird Propranolol oral

Neben der pharmakologischen Behandlung können

(Dosierung von 1 mg pro kg Körpergewicht verteilt auf

oberflächliche Hämangiome durch Laser abladiert

3 Dosen) gegeben. Die Therapie sollte unter Beobach-

werden.

tung der Vitalzeichen erfolgen, da selten Nebenwirkungen auftreten können (Bradykardie, Hypotension,

Kapilläre Hämangiome können im Rahmen des PHACE-

Hypoglykämie, pulmonale Komplikationen) [15, 34].

Syndroms auftreten. PHACE steht für die Kombination

Bei Bedarf kann die Dosis auf 2 – 3 mg pro kg Körper-

von Malformationen in der hinteren (posterior)

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

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Breiten selten vor. In diese Gruppe fallen Zysten durch

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

Schädelgrube, Hämangiomen im Gesichtsbereich,

der oberen Atemwege. Klinisch stehen Proptosis (85%),

angeborenen Anomalien der Hirnarterien, Coarctatio

Ptosis (73%) und Restriktion der Augenmotilität (43%)

aortae und andere Herzfehler, und okulären Anomalien

im Vordergrund [49]. Die Unterscheidung von Häman-

(eye). Mikrophthalmie, Kryptophthalmie, Kolobom,

giomen und Lymphangiomen ist meist klinisch mög-

Glaukom sowie Optikushypoplasie sind beschrieben.

lich, bei tieferer orbitaler Beteiligung kann eine Bild-

Der Augenarzt sollte bei ausgedehnten fazialen Hä-

gebung in den meisten Fällen eine definitive

mangiomen und okulären Anomalien an ein PHACE-

Entscheidung ermöglichen [4].

Syndrom denken. Die Diagnose wird mittels Bildgebung des Kopfes (einschließlich MR‑Angiografie) sowie einer kardiologischen Untersuchung gesichert.

Therapie

Die Therapie mit Betablockern bei PHACE‑Patienten

Die Therapiemöglichkeiten umfassen die Sklerosierung

sollte in enger Kooperation mit einem Pädiater und

(z. B. mit OK-432, Picibanil), für die es allerdings keine

ggf. einem Neurologen erfolgen.

kontrollierten Studien für orbitale Lymphangiome gibt [39]. Eine komplette Exzision ist oft nicht möglich, und eine Verkleinerung oder die Aspiration einer einge-

n

Kavernöses Hämangiom

bluteten Zyste die einzige Option. Durch Injektion von Fibrinkleber kann das Lymphangiom dargestellt und

Das kavernöse Hämangiom ist bei Kindern selten. Es

dann Schritt für Schritt reseziert werden. Bei blindem,

tritt eher im frühen Erwachsenenalter auf, wenn es

schmerzhaftem Auge und einer entstellenden Läsion

symptomatisch wird. Allerdings kann es bei Kindern als

kann eine Exenteratio vernünftig sein. Eine Bestrah-

Zufallsbefund bei orbitaler Bildgebung entdeckt wer-

lung zur Behandlung orbitaler Lymphangiome ist nicht

den. Asymptomatische kavernöse Hämangiome bedür-

effektiv. Eine neue vielversprechende Modalität stellt

fen keiner Behandlung, Patient und Eltern sollten aber

die systemische Therapie mit Sildenafil (einem Phos-

auf mögliche spätere Komplikationen hingewiesen

phodiesterase-Inhibitor) dar [18]. Allerdings bestehen

werden.

noch Fragen zur optimalen Therapiedauer, Rezidivrate und Kombination mit anderen Behandlungen.

n

Lymphangiom n

Orbitale Varize

Lymphangiome sind kongenitale vaskuläre Malformationen [4], die aus Lymphgefäßen bestehen (Abb. 9).

Echte Varizen der Orbita sind bei Kindern sehr selten.

Interessant ist, dass lymphatische Gefäße in der Orbita

Es handelt sich um primäre venöse Malformationen.

normalerweise nicht vorkommen. Lymphangiome sind

Sie können mittels Bildgebung von Lymphangiomen

diffus verzweigte, mit Flüssigkeit gefüllte und mit En-

unterschieden werden [4]. Symptomatisch können sie

dothel ausgekleidete Kanäle. Zwischen den Lumina

durch Einblutung und Masseneffekt werden.

finden sich fibröse Septen und Lymphozytenaggregate [4]. Oft haben Lymphangiome intra- und extrakonale Anteile. Typisch sind rezidivierende Einblutungen,

n

Arteriovenöse Malformationen (AVM)

durch welche die Läsion symptomatisch werden kann, und die Ausbildung sog. „Schokoladenzysten“ (im Ab-

Diese Läsionen kommen nur sehr selten isoliert in der

bau befindliches Blut in der Zyste). Charakteristisch ist

Orbita vor. Bei Patienten mit Wyburn-Mason-Syndrom

weiter eine Größenzunahme der Läsion mit Infekten

(AVM der Retina und des Mittelhirns) können orbitale Beteiligungen auftreten.

n

Gliom der Sehbahn (Optikusgliom)

Beim Gliom der Sehbahn handelt es sich um einen langsam wachsenden gutartigen Tumor, der als pilozytisches Astrozytom eingeordnet wird. Histologisch wechseln sich faserreiche Abschnitte (RosenthalFasern) und zystisch aufgelockerte Bereiche (mit sog. Abb. 9 Lymphangiom der rechten Orbita mit konjunktivalem Anteil bei einem Kind.

eosinophilen granulären Körpern) ab. Gliome können

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den Sehnerv (Optikusgliom), das Chiasma sowie den Tractus opticus betreffen. Gehäuft treten Gliome der Sehbahn bei Patienten mit Neurofibromatose Typ 1 (Morbus Recklinghausen, NF-1) auf. NF-1 wird dominant vererbt, das Gen liegt auf Chromosom 17q11.2. Für Patienten mit NF-1 wird die Wahrscheinlichkeit, ein Gliom der Sehbahn zu entwickeln, mit 15% angegeben [27], 18 – 58% der Patienten mit Gliom der Sehbahn haben NF-1 [35]. Bei Patienten mit NF-1 tritt das Gliom meist vor dem 10. Lebensjahr auf, allerdings kann vor allem die sporadische Form alle Altersgruppen betreffen.

der Sehbahn: n

2 oder mehr Lisch-Knötchen der Iris (entwickeln sich während der ersten Lebensjahre und sind bei Geburt meist nicht zu finden),

n

6 Café-au-lait-Flecken der Haut (präpubertär größer 5 mm, danach größer 15 mm),

n

axilläre/inguinale Pigmentierung,

n

2 oder mehr Neurofibrome oder ein plexiformes Neurofibrom,

n

ein Verwandter 1. Grades mit NF-1,

n

typische Knochenläsionen (insbesondere Dysplasie der Orbitahinterwand = Keilbeinflügeldysplasie).

Abb. 10 a Proptosis des linken Auges, verursacht durch Optikusgliom, bei einem 19 Monate alten Mädchen mit Neurofibromatose Typ 1. b Die axiale Magnetresonanztomografie in T2Wichtung mit Fettsuppression zeigt den charakteristisch fusiform verdickten linken Sehnerv und die durch den Tumor verursachte Proptosis.

Die klinische Präsentation hängt von der Lokalisation des Tumors ab. Bei intraorbitalem Gliom kann eine

Therapie. Allerdings sollten alle Patienten mit Gliom

Proptosis bestehen (Abb. 10). Die Proptosis kann einen

des Chiasmas und des Tractus opticus klinisch und

inkompletten Lidschluss mit Expositionskeratopathie

endokrinologisch untersucht werden, um eine Fehl-

verursachen. Papillenschwellung und ‑atrophie sowie

funktion der Hypophyse auszuschließen. Wenn Kom-

Herabsetzung der Sehnervfunktion müssen aus-

plikationen des Glioms auftreten, sollte eine Therapie

geschlossen werden. Bei bis zu ⅔ der Patienten mit

erwogen werden [6], am besten in einem interdiszipli-

NF-1 und Gliom der Sehbahn wird der Tumor durch die

nären Team unter Beteiligung eines erfahrenen Kin-

Untersuchung allein nicht entdeckt [26], sodass in

deronkologen. Als Optionen stehen Chemotherapie

manchen Zentren eine zerebrale MRT nach Diagnose

und operative Behandlung zur Verfügung. Bei Reduk-

der NF-1 durchgeführt wird. Im Gesichtsfeld findet sich

tion des Tumors durch Chemotherapie stellt sich oft

bei Optikusgliom zunächst ein Zentralskotom, bei chi-

keine Verbesserung der Sehfunktion ein. Nebenwir-

asmalem Befall meist temporale Ausfälle. In der MRT

kungen einer Chemotherapie müssen sorgsam er-

erscheint das Gliom dunkel in der T1-Wichtung und

wogen werden. Vincristin und Carboplatin sind die in

hell in der T2-Wichtung. Die Diagnose wird üblicher-

diesem Zusammenhang am häufigsten verwendeten

weise klinisch und durch Bildgebung gestellt, nur selten

Therapeutika. Die zusätzliche Gabe von Etoposid wurde

histologisch bestätigt.

vorgeschlagen, aber bisher gibt es keine eindeutigen Ergebnisse, welche die bessere Wirksamkeit dieser Kombination zeigen. Von einer Radiotherapie wird

Therapie

aufgrund der Toxizität für die sensiblen orbitalen

Die Behandlung von Gliomen der Sehbahn ist umstrit-

Strukturen abgeraten. Die chirurgische Entfernung

ten. Spontane Remission und Resolution ist bei mit

eines erkrankten Sehnervs kann kurativ sein, bringt

NF-1 assoziierten, aber auch bei sporadisch auftreten-

aber zwangsläufig einen Verlust des Sehvermögens mit

den Gliomen beschrieben [36]. Bei vielen NF-1 asso-

sich. Ist ein Sehnerv betroffen und das Auge blind, und

ziierten Gliomen ist keine Progression zu beobachten.

drückt der Tumor auf das Chiasma, macht die Exzision

Daher bedarf nicht jedes Gliom der Sehbahn einer

Sinn, um die Funktion des anderen Auges zu erhalten.

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

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Diagnostische Kriterien für NF-1 sind neben dem Gliom

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

Bei orbitalen Rhabdomyosarkomen findet sich in ca. 60 % der Fälle eine akute oder subakute Schwellung im Bereich der Orbita (Abb. 11), eine Proptosis wird in 80 – 100% der Fälle beschrieben. Weitere Befunde sind Bulbusdystopie (80%), Ptosis (30 – 50 %), tastbare Raumforderung (25%) und Schmerzen (10 – 20%) [45]. Etwa 45 % der Rhabdomyosarkome treten im KopfHals-Bereich auf, davon 25 – 35% primär in der Orbita. Der Tumor kann auch aus benachbarten Strukturen in die Orbita einwachsen (sekundäres orbitales Rhabdomyosarkom) oder in die Orbita metastasieren. Bei Verdacht auf Rhabdomyosarkom sollte eine orbitale Bildgebung durchgeführt werden, am besten eine MRT. In dieser findet sich ein mehr oder minder abgrenzbarer Weichteiltumor, meist in der superonasalen Orbita gelegen. In T1-Wichtung erscheint der Tumor hypointens zu orbitalem Fett und isointens zu extraokulären Muskeln. Der Tumor färbt sich mäßig bis stark nach Gadoliniumgabe und kann mit Fettsuppression Abb. 11 a Diskrete Schwellung in der superonasalen rechten Orbita sowie eine geringe Ptosis bei einem 9-jährigen Jungen mit primärem orbitalen Rhabdomyosarkom. In der Magnetresonanztomografie zeigt sich eine unscharf begrenzte Läsion der linken oberen Orbita. b T1-Wichtung ohne Gadolinium. c Koronare T1-Wichtung nach Gadoliniumgabe.

besser abgegrenzt werden (Abb. 11). In T2-Wichtung ist das Rhabdomyosarkom hyperintens zu Fett und Muskeln. Die Diagnose muss durch eine Biopsie gesichert wer-

n

Seltene Läsionen

den, deren weiteres Ziel die komplette Exzision ist. Dies ist aber nicht immer möglich. Mikroskopisch unter-

Andere Erkrankungen, wie das reparative Riesenzell-

scheidet man den am häufigsten auftretenden em-

granulom [14], die aneurysmale Knochenzyste, Osteo-

bryonalen Typ vom alveolären Typ, der botryoide Typ

blastome und Osteoklastome sind bei Kindern be-

tritt eher in Hohlräumen (z. B. Nasennebenhöhlen) auf.

schrieben. Des Weiteren kommen auch die einander

Während embryonaler und botryoider Typ eine relativ

ähnelnden fibröse Dysplasie und das ossifizierende

gute Prognose haben, ist diese für den alveolären Typ

Fibrom vor. Die fibröse Dysplasie ist bis zum Abschluss

eher ungünstig.

des Knochenwachstums langsam progredient, das ossifizierende Fibrom wächst lokal invasiver. Bei bei-

Nach Diagnose eines Rhabdomyosarkoms sollte die Be-

den kann es zur Sehnervkompression kommen, die

handlung durch ein interdisziplinäres Team aus Onko-

Therapie besteht in chirurgischer Exzision.

logie, Pädiatrie und Ophthalmologie erfolgen. Ein Staging gibt Aufschluss über mögliche Metastasen. Nach den Richtlinien der Intergroup Rhabdomyosarcoma

Bösartige Raumforderungen

Study Group (IRSG) kann ein präoperatives Staging vorgenommen werden. Orbitale Tumoren fallen unter

n

Rhabdomyosarkom

Stage I, bei Fernmetastasen unter Stage IV [12]. Das postoperative Staging berücksichtigt, wie radikal der

Das Rhabdomyosarkom ist ein bösartiger Tumor, der zu

Tumor entfernt wurde: In Gruppe 1 fallen komplett

den Weichteilsarkomen zählt und meist im Alter von

resezierte Tumoren, in Gruppe 2 solche mit mikrosko-

5 – 7 Jahren auftritt. Es ist das häufigste Weichteilsar-

pisch befallenem Rand, in Gruppe 3 Tumoren, die

kom bei Kindern und macht ca. 5% aller bösartigen Er-

operativ nicht komplett entfernt wurden, in Gruppe 4

krankungen und 20 % aller malignen Weichteiltumoren

Tumoren mit Fernmetastasen.

bei diesen aus [45]. Die Inzidenz liegt bei ca. 2 – 3/ 100 000/Jahr. Das Rhabdomyosarkom besteht aus Zellen mit Eigenschaften quergestreifter Muskulatur in verschiedenen Stadien der Embryogenese.

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

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Therapie Die Therapie richtet sich nach dem Ergebnis des Stagings. Gruppe-1-Tumoren werden meist mit einer Kombinationschemotherapie behandelt (z. B. Vincristin, Dactinomycin). Patienten mit Tumoren in Gruppe 2 werden zusätzlich mit Bestrahlung behandelt. Bei Patienten mit Gruppe-3-Tumoren kann eine Kombinationschemotherapie mit 3 Wirkstoffen erwogen werden. Das primäre orbitale Rhabdomyosarkom hat eine günstige Prognose mit einer 5-Jahres-Überlebensrate ohne Rezidiv von über 90% für Rhabdomyosarkome vom embryonalen Typ [12, 37]. In Deutschland und anmen der Collaborativen Weichteilsarkom-Studie (CWS) behandelt und in das SoTiSaR (Soft Tissue Sarcoma Registry) aufgenommen werden.

n

Neuroblastom

Das Neuroblastom macht ca. 5 – 8% aller malignen Neuerkrankungen im Kindesalter aus und ist damit die dritthäufigste Krebserkrankung in dieser Altersgruppe. Es besteht aus unreifen embryonalen Nervenzellen (Neuroblasten). Der Primärtumor entwickelt sich im sympathischen Nervensystem, typischerweise im Mark der Nebenniere oder den paraspinalen Ganglien, sehr selten primär in der Orbita [7]. Wenngleich der Augenarzt meist nicht der primär behandelnde Arzt ist, nimmt er eine Schlüsselstellung in der frühen Diagnose des Neuroblastoms ein. Klinisch finden sich je nach Lage des Tumors Bulbusdystopie und Exophthalmos (Abb. 12). Oft ist das erste Zeichen eines Neuroblastoms eine dezente Hauteinblutung unter dem Auge („blaues Auge“), welcher bei zu Bagatellverletzungen neigenden Kindern oft keine Beachtung geschenkt wird. Zusätzlich kann ein Opsoklonus und/oder ein Myoklonus bestehen (Opsoklonus/

Abb. 12 a 16 Monate altes Mädchen mit Bulbusdystopie beidseits, verursacht durch orbitale Metastasen eines Neuroblastoms der Nebenniere. b Die Computertomografie zeigt Tumoren in der rechten unteren und linken oberen Orbita. Rechts findet sich eine Destruktion des Orbitabodens mit Invasion des Sinus maxillaris. c Magnetresonanztomografie des primären Tumors in der Nebenniere (Pfeil). Der Tumor und verdrängt die linke Niere nach hinten.

Myosklonus-Syndrom – OMS). Während etwa 2 – 3% der Kinder mit Neuroblastom ein OMS haben, ist ein OMS in bis zu 50% mit einem Neuroblastom assoziiert

Definition

[38] und stellt einen prognostisch günstigen Faktor dar.

Opsoklonus

OMS kann auch im Rahmen von ZNS‑Infektionen auf-

Als Opsoklonus bezeichnet man eine spezifische Augenbewegungsstörung,

treten. Es wird angenommen, dass es durch einen

bei der die Augen konjugierte, unwillkürliche Sakkaden in verschiedene

Autoimmunprozess zur Reizung von Kleinhirnneuro-

Richtungen durchführen, ohne zur Ruhe zu kommen („Sakkadomanie“).

nen kommt, welche die Bewegungsstörungen verursachen. OMS wird zusätzlich zur kausalen Therapie (z. B. des Neuroblastoms) mit Steroiden, ACTH oder in-

blastomen sind aktivierende Mutationen in der Tyro-

travenösen Immunglobulinen behandelt. Ein weiteres

sinkinase, Domäne der anaplastischen Lymphomkinase

klinisches Zeichen für ein Neuroblastom ist ein neu

(ALK), einem Onkogen, sowie in PHOX2B, einem Ho-

aufgetretenes Horner-Syndrom. Bei familiären Neuro-

möobox-Gen, beschrieben worden. Bei sporadischen

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

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deren europäischen Ländern sollten alle Fälle im Rah-

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

Tumoren wird von einem Zusammenwirken verschie-

dieser Gruppe nur etwa 50%. Eine Ausnahme stellt das

dener DNA‑Varianten ausgegangen, von denen jede

Stadium 4S (Lebermetastasen bei Kleinkindern) dar

allein nicht pathogen ist.

(Überlebensrate über 90%).

Der natürliche Verlauf beim Neuroblastom ist sehr variabel, es gibt sowohl spontane Regressionen als auch

n

Langerhans-Zellhistiozytose (Histiozytose X)

überaus bösartige Verläufe. Patienten, die bei Erkrankung jünger als 12 – 18 Monate sind, haben eine bes-

Der Begriff „Histiozytose“ beschreibt eine abnorme

sere Prognose, des Weiteren solche mit lokalisierter

Proliferation bestimmter dendritischer antigenpräsen-

Krankheit.

tierender Zellen, der sog. Langerhans-Zellen [29]. Verschiedene Krankheiten werden dem Spektrum der Langerhans-Zellhistiozytose (LCH, auch Histiozytose X)

Therapie

zugeordnet:

Die Therapie richtet sich nach dem Risikograd der Er-

n

krankung [31]. Während bei isolierten lokalisierten Tumoren die operative Entfernung kurativ sein kann

Granulom (EG), n

lerem Risikograd (lokal begrenzter Tumor, Befall der mark bei Kleinkindern) Operation und Chemotherapie

das aggressivere, multifokal in Schädelknochen und ‑weichteilen auftretende Hand-Schüller-Christian-

(Überlebensrate 98 %), werden bei Patienten mit mittregionalen Lymphknoten, Metastasen im Knochen-

das lokalisiert im Knochen auftretende eosinophile

Syndrom, n

das akut und disseminiert auftretende Abt-LettererSiwe-Syndrom.

erfolgreich kombiniert (Überlebensrate 90 – 95%). Bei Patienten mit hohem Risiko (Knochen- und Knochen-

Männliche Patienten sind häufiger betroffen als weib-

markmetastasen bei älteren Kindern) wird eine hoch-

liche. Die Zuordnung zu benignen oder malignen Lä-

dosierte Chemotherapie mit Bestrahlung und Trans-

sionen ist für diese Erkrankungen nicht immer ein-

plantation von hämatopoetischen Stammzellen

deutig.

angewandt, dennoch beträgt die Überlebensrate in Die mit ca. 70% häufigste Form der LCH ist das eosinophile Granulom, das auch die knöcherne Orbita betreffen kann. Klinisch imponiert eine Schwellung des Augenlids, meist über der oberen temporalen Orbitakante, bei weiter posterior gelegenen Läsionen können Proptosis und Bulbusdystopie auftreten (Abb. 13). Orbitale eosinophile Granulome sollten bei allen neu auftretenden Raumforderungen in Betracht gezogen werden. Eine Bildgebung engt die Diagnose weiter ein, die CT zeigt meist Knochendestruktionen und verdrängendes Wachstum eines gut begrenzten Tumors. Durch eine exzisionale Biopsie wird Gewebe für eine histologische Untersuchung gewonnen, damit die Diagnose gesichert wird. Durch Färbungen für CD1a sowie den Nachweis sog. Birbeck-Granula in der Elektronenmikroskopie wird die Diagnose bestätigt. Bei Vorliegen eines eosinophilen Granuloms muss eine onkologische systemische Erkrankung (Hand-Schüller-ChristianSyndrom, Abt-Letterer-Siwe-Syndrom) ausgeschlossen werden. Abb. 13 a 12-jähriger Patient mit leichten Schmerzen im Bereich der oberen temporalen Orbitakante links, dort mit geringer Schwellung und Ptosis des linken Oberlids. b In der Computertomografie findet sich eine deutliche Erosion und Destruktion des temporalen Orbitadachs. c Die Magnetresonanztomografie zeigt eine mögliche beginnende Extension in die vordere Schädelgrube.

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

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Augenheilkunde up2date

n

Therapie

1063

Metastasen

Bei isoliertem eosinophilen Granulom wird die Be-

Bösartige Tumoren können bei Kindern in die Orbita

handlung noch kontrovers diskutiert. Kürettage,

metastasieren, am häufigsten das Neuroblastom. Ins-

Kürettage plus intraläsionale Kortikosteroidinjektion,

gesamt sind orbitale Metastasen bei Kindern selten,

niedrig dosierte Bestrahlung sowie einmalige Chemo-

von 100 untersuchten Patienten mit orbitalen Metas-

therapie mit Vinblastin plus Prednisolon über 6 Wo-

tasen war nur ein Patient ein Kind (5 Jahre alt), das ein

chen wurden erfolgreich angewandt [13, 50]. Offenbar

primäres Neuroblastom der Nebenniere hatte [44].

genügt in manchen Fällen die Manipulation einer Bi-

Bullock u. Mitarb. fanden unter 141 Kindern mit orbi-

opsie oder Kürettage, um eine Heilung herbeizuführen.

talen Tumoren nur 2 mit Metastasen (beide Neuroblas-

Differenzialdiagnostisch muss beim EG insbesondere

tom) [7], orbitale Metastasen von Ewing-Sarkom und

ein Rhabdomyosarkom ausgeschlossen werden.

Wilms-Tumor sind in einzelnen Fällen beschrieben

n

Lymphoide Tumoren und Leukämie n

Invasion

Leukämie und Lymphom machen bis zu 10% aller orbitalen Tumoren aus [11]. Die beiden häufigsten Erkran-

Tumoren angrenzender Strukturen können sich in die

kungen sind das granulozytäre Sarkom (Chlorom), das

Orbita ausdehnen. Vor allem das unbehandelte Retino-

meist im Rahmen einer myelogenen Leukämie bei jün-

blastom wächst letztendlich in die Orbita, allerdings

geren Kindern auftritt, und das Non-Hodgkin-Lym-

wird dies in den entwickelten Ländern fast nie gesehen.

phom (NHL) bei älteren Kindern [41]. Das Chlorom

Einwachsen von Tumoren der Nasennebenhöhlen, des

kann bilateral auftreten, was es klinisch vom Rhabdo-

Schädels und der Haut sind bei Kindern selten.

myosarkom unterscheidet. Ein Blutbild kann helfen, die Diagnose einer noch nicht bekannten Leukämie zu stellen. Gesichert wird die Diagnose des Chloroms bzw.

n

Tränendrüse

des Lymphoms durch Biopsie. Tumoren der Tränendrüse sind bei Kindern selten. Das NHL tritt zumeist bei Erwachsenen auf, kann aber

Neben Lymphomen können auch bei Kindern primäre

auch ältere Kindern und Jugendliche betreffen. Im Ge-

Tumoren der Tränendrüse auftreten. Diese Gruppe von

gensatz zum Rhabdomyosarkom, der wichtigsten Dif-

Erkrankungen wird im Beitrag über maligne Neopla-

ferenzialdiagnose, ist beim NHL oft die Tränendrüse

sien der Orbita ausführlicher besprochen [3].

beteiligt [11]. Interessenkonflikt: Der Autor bestätigt, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

Therapie Die Behandlung besteht in der Therapie der Grunderkrankung. Weil Lymphome in der Regel sehr strahlensensibel sind, kann bei orbitalen Lymphomen auch eine Radiatio wirksam sein.

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

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[10].

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Korrespondenzadresse Univ.-Prof. Dr. med. Daniel J. Salchow Leiter der Abteilung für Kinderaugenheilkunde/Strabologie/ Neuro-Ophthalmologie Charité – Universitätsmedizin Berlin Augenklinik Campus Virchow-Klinikum Augustenburger Platz 1

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281 – 299 47 Sires BS, Goodrich SD, Holds JB. Spontaneous orbital hemorrhage

Orbitaerkrankungen im Kindesalter

CME‑Fragen

Viel Erfolg bei Ihrer CME-Teilnahme unter http://cme.thieme.de Bitte informieren Sie sich über die genaue Gültigkeitsdauer unter http://cme.thieme.de Sollten Sie Fragen zur Online-Teilnahme haben, unter http://cme.thieme.de/hilfe finden Sie eine ausführliche Anleitung.

1 Einen Enophthalmos findet

A

endokriner Orbitopathie.

man am ehesten bei …

B

Fraktur des Orbitabodens.

C

primärem orbitalem Neuroblastom.

D

Morbus Crouzon.

E

kapillärem Hämangiom der Orbita.

Die häufigste orbitale

A

ein Rhabdomyosarkom.

Raumforderung bei Kindern ist …

B

ein Neuroblastom.

C

eine Dermoidzyste.

D

ein kapilläres Hämangiom.

E

eine Echinokokkuszyste.

Ein subperiostaler Abszess

A

er medial gelegen ist.

der Orbita sollte bei Kindern am

B

das Kind jünger als 5 Jahre ist.

ehesten drainiert werden, wenn …

C

kein Fieber besteht.

D

sich ein Gas-/Flüssigkeitsspiegel findet.

E

der Visus altersentsprechend ist.

Therapie der Wahl für ein kapilläres

A

operative Entfernung.

Hämangiom der Orbita ist …

B

Bestrahlung (Radiatio).

C

intraläsionale Steroidinjektion.

D

systemische Kortikosteroidtherapie.

E

Gabe von Betablockern.

Als Lymphangiom bezeichnet

A

soliden, mit klarer Flüssigkeit gefüllten Tumor.

man einen/eine …

B

diffus verzweigte Gefäßmissbildung.

C

diskrete Schwellung eines Lymphknotens.

D

bösartigen lymphoproliferativen Tumor.

E

bei Kindern fast nie vorkommende Läsion.

Das Rhabdomyosarkom

A

tritt gehäuft im Alter zwischen 2 und 3 Jahren auf.

der Orbita …

B

hat, verglichen mit anderen Lokalisationen, eine relativ günstige Prognose.

C

wird histologisch unterteilt in einen embryonalen, einen alveolären und einen trabekulären Typ.

D

sollte durch operative Entfernung des gesamten Orbitainhalts behandelt werden.

E

ist bei Mädchen deutlich häufiger als bei Jungen.

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Orbitaerkrankungen im Kindesalter

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Augenheilkunde up2date

CME‑Fragen

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Orbitaerkrankungen im Kindesalter

Die endokrine Orbitopathie

A

ist oft durch einen besonders schweren Verlauf charakterisiert.

bei Kindern …

B

kommt vor allem vor dem 12. Lebensjahr vor.

C

sollte aggressiv mit Kortikosteroiden behandelt werden, um Komplikationen vorzubeugen.

D

findet sich bei Mädchen häufiger als bei Jungen.

E

führt häufig zur Exotropie.

Bei einer Orbitafraktur

A

sollte auch bei fehlender Schwellung eine Besserung der Augenmotilität abgewartet werden.

im Kindesalter …

B

ist die Sonografie die Bildgebung der Wahl.

C

findet sich meist ein im Vergleich zu Erwachsenen großer Bruchspalt.

D

entwickelt sich häufig eine Orbitaphlegmone.

E

muss eine Restriktion der Augenmotilität ausgeschlossen werden.

A

sollte eine Chemotherapie mit Vincristin begonnen werden.

B

sollte eine Neurofibromatose Typ 1 (Morbus Recklinghausen) ausgeschlossen werden.

C

sind spontane Remissionen nicht zu erwarten.

D

ist die Visusprognose schlecht.

E

sollte eine Biopsie zur Diagnosesicherung durchgeführt werden.

Welche Aussage zur Langerhans-

A

Erblindung ist eine häufige Komplikation.

Zellhistiozytose (Histiozytose X)

B

Das eosinophile Granulom ist die häufigste Variante.

der Orbita bei Kindern trifft

C

Die Diagnose sollte mittels Biopsie gesichert werden.

nicht zu?

D

Eine Differenzialdiagnose ist das Rhabdomyosarkom.

E

Elektronenmikroskopisch lassen sich Birbeck-Granula nachweisen.

8

9 Bei einem Gliom der Sehbahn …

10

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