Laryngo-Rhino-Otologie 2014 69

Operative Techniken

Die Operationsmethoden: sicher, logisch und Schritt für Schritt

D. Simmen N. Jones

Priv.-Doz. Dr. Daniel Simmen Zentrum für HNO- und plastische Gesichtschirurgie ORL-Zentrum Witellikerstraße 40 8032 Zürich Schweiz Nick Jones MD; BDS; FRCS; FRCS (ORL), Professor Department of Otorhinolaryngology Head and Neck Surgery University Hospital Queens Medical Centre Nottingham NG7 2UH Großbritannien Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 D-70469 Stuttgart, Germany

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Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht, Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt Laryngo-Rhino-Otol 2013; 92: 69 – 73 · © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0935-8943

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Aus: D. Simmen, N. Jones: Chirurgie der Nasennebenhöhlen und der vorderen Schädelbasis 1. Englische Auflage 2005, Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, New York, 2005; Seiten 52–57

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Dieses Kapitel befasst sich mit der operativen Technik. Die operativen Schritte werden von Abschnitt zu Abschnitt umfangreicher. Wir möchten aber dem Operateur empfehlen, sich während des Eingriffs immer wieder zu fragen, wie umfangreich der Eingriff tatsächlich sein soll. Das Kapitel ist bewusst didaktisch ▶ Abb. 1). aufgebaut und schildert jeden Schritt ausführlich (●

Die einzelnen Techniken



Terminologie der Eingriffe ▶ Infundibulotomie (Uncinektomie) ± maxilläre Sinusotomie (I, II, III) ▶ partielle anteriore Ethmoidektomie ▶ Frontoethmoidektomie ± frontale Sinusotomie (I, II, III) ▶ Sphenoethmoidektomie ± sphenoidale Sinusotomie (I, II, III) ▶ Frontosphenoethmoidektomie ± maxilläre Sinusotomie (I, II, III)

± Sphenoidotomie (I, II, III) ▶ sphenoidale Sinusotomie (I, II, III)

Infundibulotomie (Uncinektomie) ± maxilläre Sinusotomie (I, II, III)



Terminologie und Klassifikation Infundibulotomie (Uncinektomie) Abtragung des Processus uncinatus unter Schonung der Schleimhaut in der Umgebung des natürlichen Kieferhöhlenostiums ▶ Abb. 2). Der obere, kraniale Teil des Processus uncinatus wird (● intakt gelassen. Damit soll jedes Instrumentieren in der Nähe des Recessus frontalis vermieden werden. Es scheint häufig einfacher zu sein weiterzuoperieren als aufzuhören. Fragen Sie sich deshalb immer, ob Sie wirklich fortfahren sollten!

Maxilläre Sinusotomie Sinusotomie Typ I. Das natürliche Ostium wird nach hinten zu vergrößert, jedoch um nicht mehr als 1 cm. Ist ein akzessorisches Ostium vorhanden, wird es in das natürliche Ostium ▶ Abb. 3). integriert (●

Abb. 1 Dreidimensionale Darstellung der einzelnen operativen Schritte in der endonasalen Nasennebenhöhlen-Chirurgie.

Abb. 3 Sinusotomie Typ I.

Abb. 2 Infundibulotomie (orange markiertes Areal).

Abb. 4 Sinusotomie Typ II.

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Die Operationsmethoden: sicher, logisch und Schritt für Schritt

Operative Techniken 71 Sinusotomie Typ II. Erweiterung des Kieferhöhlenfensters in seiner hinteren und unteren Zirkumferenz bis zu einem Durch▶ Abb. 4). messer von 2 cm (●

Sinusotomie Typ III. Die Kieferhöhlenfenster werden bis an die Ebene der Kieferhöhlen-Hinterwand, nach vorn bis zum Tränensack und nach unten bis zur Basis des Os turbinale erweitert ▶ Abb. 5). (●

Indikationen ▶ Eine Infundibulotomie allein ohne weitere Eingriffe ist bei einer isolierten eitrigen Sinusitis maxillaris angezeigt. ▶ Die Infundibulotomie ist bei der Behandlung einer chronischen Rhinosinusitis meistens der 1. Schritt des Nebenhöhleneingriffs. ▶ Akzessorische vordere oder hintere Ostien sollten miteinander verbunden werden, da Sie andernfalls das Risiko eingehen, einen zirkulierenden Schleimtransport von einem Ostium zum anderen zu produzieren. Damit soll ein nicht endender infektionsfördernder Zyklus unterbunden werden ▶ Abb. 6). (● ▶ Bei zystischer Fibrose ist ein weites Ostium für die Spülungen und die mechanische Reinigung der Kieferhöhle von Nutzen. ▶ Es gibt Hinweise, dass eine Typ-II-Sinusotomie bei atopischen Patienten erfolgreicher ist als eine Typ-I-Sinusotomie. Nach

Abb. 5 Sinusotomie Typ III.

a

b

c

Abb. 6 a–c Schleimtransport zwischen dem primären Ostium der Kieferhöhle und dem sekundär operativ angelegten hinteren Ostium („missed ostium“) (Kreuz). Die koronaren CT-Bilder zeigen diesen Sachverhalt – das primäre Ostium (Stern in b) wurde operativ nicht in die Sinusotomie c einbezogen.

a

b

Abb. 7 a, b Myzetom am Boden des rechten Sinus maxillaris a Endoskopische Ansicht, perioperativ. b. Koronares CT.

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einer Typ-I-Sinusotomie verschließt sich das Ostium häufiger wieder durch eine Hypertrophie der Schleimhaut. ▶ Bestimmte pathologische Prozesse verlangen einen weiten Zugang zur Kieferhöhle (Typ-III-Sinusotomie): – Bei einem Choanalpolyp ist die Entfernung der Basis des Polypen am Boden der Kieferhöhle notwendig, da er sich sonst neu bildet. ▶ Abb. 7) kann häufig nur über eine maxi– Ein Myzetom (● male Öffnung der Kieferhöhle „radikal“ entfernt werden. ▶ Bei einer ausgedehnten Polyposis der Kieferhöhle raten wir zur Verwendung eines Mikrodebriders (Shavers) oder von schneidenden Zangen. Die Verwendung stumpfer Instrumente, welche die Schleimhaut von den Kieferhöhlenwänden abziehen, führt dagegen zur sekundären Wundheilung mit lang andauernder Verkrustung oder Eiterung. ▶ Bei Patienten, die sich einer ausgedehnten Siebbeinoperation unterziehen müssen oder einer Operation, die ihr Riechvermögen verbessern soll, sollte das Ostium der Kieferhöhle nach unten zu in Richtung Os turbinale erweitert werden. Wenn man dann die mittlere Muschel lateralisiert, um die Riechspalte zu öffnen, ist die Drainage der Kieferhöhle trotz▶ Abb. 8). Auch der Zugang ist für den Chirurdem gesichert (● gen weiterhin gewährleistet.

Der Processus uncinatus „bewacht“ das natürliche Ostium maxillare. Er bildet die mediale Lippe einer schlitzförmigen Spalte, ▶ Abb. 10). Der sichelförmige des Infundibulum ethmoidale (● Eingang zu dieser Spalte ist der Hiatus semilunaris. Seine hintere und untere Begrenzung wird vom freien Rand des Processus un▶ Abb. 11). cinatus gebildet (● Der Processus uncinatus besteht aus einer dünnen Knochenlamelle, die vorn mit der knöchernen Bedeckung des Ductus nasolacrimalis verschmilzt. Es ist deshalb bei der Entfernung des Processus uncinatus wichtig, diesen nicht zu weit vorn abzutragen. Er inseriert kranial in ca. 70 % der Fälle in der lateralen Nasenwand, in 30 % an der Schädelbasis oder der mittleren Muschel. Der Ansatz des Processus uncinatus bestimmt, ob der Sinus frontalis direkt in den mittleren Nasengang (Typ A) oder lateral des Processus uncinatus in das Infundibulum ethmoidale ▶ Abb. 12). (Typen B1 und 2) drainiert (● Der Processus uncinatus steht normalerweise in einer sagittalen Ebene, wenn nicht Polypen im Infundibulum seinen hinteren Rand nach medial verlagern. Bei weniger als 1 % der Bevölkerung kommen Anomalien vor. Sein vorderer Rand kann paradox nach medial gebogen sein. Selten ist er pneumatisiert. Er ist normalerweise sehr dünn und jede Inzision sollte nicht tiefer als 1 mm

Anatomie



▶ Abb. 9). Der Processus uncinatus hat die Form eines Ruders (● Sein oberes Ende kann ▶ entweder mit einer Agger-nasi-Zelle oder mit der lateralen Nasenwand verschmolzen sein – er bildet dann eine blind endende Tasche, den sog. Recessus terminalis – oder ▶ an der Schädelbasis ansetzen – er bildet dann einen Überhang, der den Zugang zum Recessus frontalis von vorn limitiert, ▶ alternativ aber auch an der mittleren Muschel ansetzen und damit ein Segel bilden, das den Recessus frontalis schützt.

a

Abb. 9 Entfernter rechter Processus uncinatus – anatomisches Präparat.

b

Abb. 8 a, b Bei Patienten, deren Riechspalte eröffnet werden muss, sollte die maxilläre Sinusotomie weit nach unten – unter den inferioren Rand der mittleren Muschel – ausgedehnt werden, sodass sie bei der Lateralisation im Ausheilungsprozess sicher offen bleibt.

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b

Abb. 11 Zustand nach Fensterung der mittleren Muschel: Der Rand des Processus uncinatus (Pfeil), der Hiatus semilunaris und die Bulla ethmoidalis (Stern) liegen nun frei.

c

Abb. 12 a, c Insertionsformen des Processus uncinatus: Typ A inseriert an der Lamina papyracea a Typ B1 an der Schädelbasis b und Typ B2 am lateralen Blatt der mittleren Muschel c.

reichen. Andernfalls könnten lateral gelegene Strukturen verletzt werden, z. B. vordere Siebbeinzellen oder die Orbita, da häufig keine Zellen zwischen Processus uncinatus und medialer Orbitawand liegen. Unten verschmilzt der Processus uncinatus mit der unteren Muschel. Die übrige mediale Wand des Sinus maxillaris ist nicht knöchern angelegt. Sie wird nur von den beiden Schleimhautblättern der medialen Kieferhöhlenwand und der lateralen Nasenwand gebildet, der vorderen und hinteren Fontanelle. Man

kann diese mit einem Kieferhöhlensauger tasten. Ein Ast der A. nasalis posterior lateralis, die wiederum ein Ast der A. sphenopalatina ist, verläuft in der medialen Kieferhöhlenwand. Eine Erweiterung des Ostium maxillare bis etwa 0,5 cm vor der Hinterwand der Kieferhöhle kann zu einer schweren Blutung führen!

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Abb. 10 Anatomisches Präparat. Der Processus uncinatus wurde mit der Pinzette nach vorn weggeklappt, um das natürliche Kieferhöhlenostium darzustellen – die mittlere Muschel wurde zur übersichtlichen Darstellung entfernt. Der grüne Draht liegt im Infundibulum der anterioren Siebbeinzellen, die alle in den mittleren Nasengang drainieren (blau Drähte). Der orange Draht definiert den Sinus retrobullaris, der weiße Draht die Drainage einer hinteren Siebbeinzelle.

[Operation methods: safe, logical and step by step].

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