Editorial 71

Open Access vs. HaMiPla

Liebe Leserinnen und Leser,

R. E. Giunta

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1371850 Handchir Mikrochir Plast Chir 2014; 46: 71–72 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0722-1819 Korrespondenzadresse Univ.-Prof. Dr. med. Riccardo E. Giunta Handchirurgie Plastische Chirurgie und Ästhetische Chirurgie Klinikum der LudwigMaximilians Universität (LMU) München Pettenkoferstraße 8a 80336 München [email protected]

als Herausgeber für den Bereich Plastische Chirurgie der vorliegenden Zeitschrift wurde ich zu einer Debatte mit dem Herausgeber des Open Access Journals „GMS German Plastic, Reconstructive and Aesthetic Surgery – Burn and Hand Surgery (GPRAS)“ Peter Vogt aus Hannover zum Thema „Open Access vs. HaMiPla“ gebeten. Das Streitgespräch fand anlässlich der 35. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie der Peripheren Nerven und Gefäße (DAM) im November 2013 in Deidesheim statt. Elektronische Medien und das Internet haben auch für die Handchirurgie Mikrochirurgie Plastische Chirurgie eine große Bedeutung und werden zunehmend von unseren Lesern genutzt. Bei der Recherche und Vorbereitung für dieses Streitgespräch haben sich einige sehr interessante Aspekte ergeben, die ich im vorliegenden Editorial für Sie, liebe Leserinnen und Leser zusammenfassen möchte: Zur Aufklärung zunächst zu den Hintergründen von reinen Open Access Journalen. Die „Open Access“ (englisch für „freier Zugang“) Bewegung wurde mit der Etablierung des Internets und der daraus sich ergebenden neuen technischen Möglichkeiten elektronischer Medien Anfang der 1990er Jahre initiiert. Hintergrund waren die steigenden Subskriptionsgebühren bei den herkömmlichen Verlagen und gleichzeitig sinkende Budgets bei den Bibliotheken. Die zentrale Forderung der Open Access Initiative ist, dass öffentlich geförderte Forschung auch öffentlich frei zugänglich sein muss. Im Wesentlichen ergibt sich daraus vor allem für den Leser der Vorteil, Open Access Literatur und andere Materialien im Internet kostenlos – also ohne Abonnement oder Kauf des jeweiligen Artikels – frei zugänglich sind. Mit der Bereitstellung im Internet ist auch die Erlaubnis für Jedermann verbunden, das Dokument zu lesen, zu laden, zu speichern, zu verlinken, zu drucken und kostenlos zu nutzen. Gleichzeitig ist auch die freie, ungeschützte Nach- und Weiternutzung, Vervielfältigung, Verbreitung und häufig auch Veränderung möglich und urheberechtlich nicht geschützt. Bei herkömmlichen Zeitschriften tragen also der Abonnent, der Leser und die Anzeigenkunden die Kosten für den Publikationsprozess. Beim Open Access trägt diese dagegen meist der Autor, der eine Publikationsgebühr („Article Processing Charge“, kurz: APC) entrichten muss. Alternativ werden die Kosten auch von einer Fördergesell-

schaft wie der DFG oder einem Industrieunternehmen übernommen. Man unterscheidet den sogenannten „Goldenen Weg“ vom „Grünen Weg“ der Open Access Publikation. Auf dem „Goldenen Weg“ wird die Publikation direkt in einer Open Access Zeitschrift (oder einer Zeitschrift, die hauptsächlich im Subskriptionsmodell läuft, jedoch auch erlaubt, Artikel Open Access zu stellen), eingereicht, in einem Peer Review Verfahren bewertet und schließlich online veröffentlicht. Derzeit gibt es wohl fast 9 000 Open Access Zeitschriften. Bei insgesamt ca. 28 000 wissenschaftlichen Zeitschriften macht dies mittlerweile einen Anteil von 30 % aus. Mit dem „Grünen Weg“ ist die Parallelveröffentlichung oder Selbstveröffentlichung des Autors gemeint. Dies kann z. B. auf einer Institutshomepage oder einer privaten Homepage erfolgen. Man unterscheidet den „Preprint“, der Fassung vor der Einreichung beim Verlag und die damit ohne Peer Review publiziert wird, vom „Postprint“, also nach Peer Review durch die Zeitschrift. Eine der weltweiten größten Open Access Zeitschriften ist PLOS ONE [1]. Sie ist sowohl in PubMed als auch im Web of Science gelistet und hat einen Impactfaktor von 3,730 (IF 2012). Die APC für die Einreichung eines Manuskripts beträgt derzeit 1 350.-US$. Im Bereich Plastische Chirurgie ist die Open Access Zeitschrift Plastic Surgery International als derzeit größte anzusehen [2]. Sie ist PubMed gelistet, hat aber keinen Impactfaktor. Die Publikationsgebühr beträgt 500.- US$. Eine institutionelle Mitgliedschaft bietet kostenlosen Zugang. Die von Peter Vogt herausgegebene deutsche Zeitschrift GPRAS [3] hatte 2011 ihren ersten Jahrgang. In etwas mehr als 3 Jahren wurden aktuell insgesamt 21 Beiträge publiziert. Der Jahrgang 2013 war mit 9 Publikationen der bislang stärkste. Die Zeitschrift ist nicht PubMed gelistet und hat keinen Impactfaktor. Die Publikationskosten wurden anfangs von der DFG getragen und werden mittlerweile von unserer Fachgesellschaft, der DGPRÄC, übernommen. Hauptkritikpunkt am Open Access ist die Publikation gegen Bezahlung, die einerseits einen zunehmenden Einfluss der Industrie zur Folge hat und andererseits auch in einigen Fällen zu fraglichen Begutachtungsstandards führt. In einer in der Zeitschrift Science veröffentlichten Arbeit [4] hat der Autor Bohannon unter dem Pseudonym Ocorrafo Cobange eine frei erfundene Arbeit zu

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Open Access vs. HaMiPla

Editorial

den onkologischen Eigenschaften einer chemischen Substanz, die aus einem Lichen gewonnen werden würde, innerhalb von 10 Monaten in mehr als 300 verschiedene Open Access Zeitschriften weltweit eingereicht. Die Arbeit wurde zwar in 98 Fällen richtigerweise abgelehnt, aber in immerhin 157 Fällen tatsächlich zur Publikation angenommen. Dies zeigt, dass in einigen Open Access Zeitschriften der Peer Review Prozess nicht wirklich funktioniert hat und vermutlich andere, vor allem ökonomische, Interessen im Vordergrund standen. Von Einigen wird auch die zunehmende Subvention von Open Access Publikationen durch Wissenschaftsförderer und Förderorganisationen sehr kritisch gesehen, da sie durchaus als Zwang zur Veröffentlichung auf diesem Wege gesehen werden kann der dem Wissenschaftler seine Freiheit, den Publikationsweg zu wählen, einschränkt. Insbesondere die ungeschützte Veröffentlichung von geistigem Eigentum auf großen Internetplattformen könnte demnach eine Verletzung des Urheberrechts gerade nach deutschem Recht darstellen. Ähnliche Kritikpunkte in Bezug auf eine Einschränkung der Presse- und Publikationsfreiheit sehen die Unterzeichner des sogenannten „Heidelberger Appells“ auch in der offenen Unterstützung von Open Access durch die Allianz der Wissenschaftsorganisationen. Diese besteht z. B. aus dem Wissenschaftsrat, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Leibniz-Gesellschaft, den Max Planck-Instituten; die „Allianz“ weist diese Kritikpunkte jedoch zurück [5]. Insgesamt ist Open Access also ein noch neues Umfeld mit durchaus verschiedenen kontroversen Aspekten. Wir möchten noch darauf aufmerksam machen, dass auch in der HaMiPla ein kostenloser Download vieler Artikel seit einigen Jahren möglich ist. Auf viele Beiträge wie Consensus Statements, Mitteilungen und andere kann frei zugegriffen werden und die

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Inhalte können kostenlos von der Internetseite der HaMiPla heruntergeladen werden [6]. Außerdem bietet die HaMiPla ihren Autoren jederzeit die Möglichkeit einer Open Access Publikation in der HaMiPla. Für Abonnenten der HaMiPla beträgt die Publikationsgebühr 1 250.-€. Damit wird die publizierte Arbeit neben der herkömmlichen Printversion für die Abonennten auch im Open Access elektronisch allen Internetnutzern frei zugänglich gemacht. Zuletzt soll noch auf die beiden Arbeiten, die auf Einladung nach einer Delegationsreise der LMU München nach Shanghai in China entstanden sind, hingewiesen werden: Sie fassen große Erfahrungen in den jeweiligen Spezialgebieten aus China zusammen, die durchaus in unserer Region deutlich seltener zur Anwendung kommen. Auch die Übersichtsarbeit zum Thema Werberecht der Rechtsanwältin Frau Cornelia Sauerbier bietet gerade im Zusammenhang mit dem Thema Ehrenkodex der DGPRÄC eine sehr gute Übersicht über die aktuelle Rechtslage, die sich in den letzten Jahren ja doch etwas verändert hat. München, Februar 2014 Riccardo Giunta

Literatur 1 2 3 4 5

www.plosone.org www.hindawi.com/journals/psi www.egms.de/dynamic/de/journals/gpras/ Bohannon J. Who‘s afraid of Peer Review? Science 2013; 342: 60–65 http://www.helmholtz.de/aktuelles/presseinformationen/artikel/ar tikeldetail/open_access_gemeinsame_erklaerung_der_wissenschafts organisationen_vom_25_maerz_2009/ 6 www.thieme.de/hamipla

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