Schwerpunkt: Hodenpathologie Pathologe 2014 · 35:238–244 DOI 10.1007/s00292-014-1900-8 Online publiziert: 14. Mai 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

F. Bremmer1 · C.L. Behnes1 · S. Schweyer2 1 Institut für Pathologie, Universitätsmedizin Göttingen 2 Gemeinschaftspraxis Pathologie Starnberg

Nichtseminomatöse Keimzelltumoren

Schwerpunktherausgeber

G. Mikuz, Innsbruck S. Schweyer, Starnberg

Zu den nichtseminomatösen Keimzelltumoren zählen das embryonale Karzinom, der Dottersacktumor, das Chorionkarzinom und das Teratom. Zum einen ist die Diagnostik anhand morphologischer Veränderungen und der Zusammenschau immunhistochemischer Befunde eine Herausforderung. Zum anderen sind aber gerade die wissenschaftlichen Untersuchungen und molekularbiologischen Veränderungen, welche zum Verständnis­ der Pathophysiologie und Entstehung dieser Tumoren beitragen, äußerst spannend. Diese Übersicht soll die morphologische Vielfalt aufzeigen, das Interesse an diesen im jungen Erwachsenenalter vorkommenden Tumoren wecken und nützliche Hinweise für das diagnostische Vorgehen geben.

Embryonale Karzinome Das embryonale Karzinom (EC) ist ein maligner Keimzelltumor mit epithelialem Erscheinungsbild und hat seinen Häufigkeitsgipfel um das 30. Lebensjahr. Es tritt somit etwa 10 Jahre vor einem Seminom auf. Reine embryonale Karzinome sind mit 2–10% selten, als Komponente eines Mischtumors mit 80% jedoch sehr häu-

fig [4, 11, 17]. Makroskopisch sind reine EC meist klein mit granulärer Schnittfläche. Nekrosen und kleine Blutungen geben dem Tumor ein buntes Bild. Mikroskopisch sind embryonale Karzinome durch große Tumorzellen mit hyperchromatischen Zellkernen und basophilem breitem Zytoplasma charakterisiert (. Abb. 1a). Sie zeigen eine Vielzahl an unterschiedlichen Wachstumstypen, am häufigsten ist dabei das solide Wachstum. Glanduläre oder papilläre Wachstumsmuster sind hingegen selten. Wie beim Seminom können auch bei embryonalen Karzinomen synzytiotrophoblastäre Riesenzellen vorkommen, was mit einer Erhöhung des β-humanen Choriogonadotropins (β-HCG) im Serum einhergehen kann [23]. Eine weitere Besonderheit ist das von Friedman u. Moore [6] beschriebene „appliqué pattern“ im Randbereich solide wachsender embryonaler Karzinome. Hierbei handelt es sich um Tumorzellen, die degeneriert sowie gequetscht erscheinen und fälschlicherweise­ als Chorionkarzinom mit Synzytiotro­ phoblasten interpretiert werden können. Desweiteren weisen embryonale Karzinome häufig eine Lymph- oder Blutgefäßinvasion auf. Zur immunhistochemischen Charakterisierung embryonaler­ Karzinome steht eine Vielzahl von Anti-

Tab. 1  Immunhistochemischer Algorithmus für nichtseminomatöse Keimzelltumoren   EC DOT CC

Pan-CK OCT3/4 CD30 + + + + − − + − −

PLAP ± − −

SOX2 + − −

GPC3 − + ±

AFP − + −

β-HCG N-Cad − − − + + −

Pan-CK Panzytokeratin, PLAP plazentare alkalische Phosphatase, GPC3 Glypican-3, AFP α-Fetoprotein, β-HCG β-humanes Choriogonadotropin, N-Cad N-Cadherin, EC embryonales Karzinom, DOT Dottersack­ tumor, CC Chorionkarzinom.

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körpern zur Verfügung. Embryonale­ Karzinome zeigen typischerweise eine Expression von Panzytokeratin (PanCK), CD30 und der Transkriptionsfaktoren OCT3/4 (. Abb. 1b), NANOG und SOX2 (. Abb. 1c). Im Gegensatz dazu werden die plazentare alkalische Phosphatase (PLAP), das α-Fetoprotein (AFP), β-HCG und N-Cadherin (. Abb. 1d) von den Tumorzellen nur vereinzelt oder nicht exprimiert (. Tab. 1; [5, 10, 12, 15]). An dieser Stelle ist wichtig zu erwähnen, dass nach erfolgter Chemotherapie die Expression von CD30 in EC in 70% der Fälle verloren geht und der Verlust von CD30 mit einer günstigeren Prognose korreliert [7]. In solchen Fällen kann für die Diagnose eines EC die Expression von OCT3/4 wegweisend sein. In einer aktuellen immunhistochemischen Untersuchung konnten wir in normalem Hodengewebe und der intratubulären Keimzellneoplasie (IGCNU) sowie in Seminomen und Dottersacktumoren eine Expression von N-Cadherin beobachten, wohingegen embryonale Karzinome und Chorionkarzinome keine Expression von N-Cadherin zeigten. Diese Beobachtung kann zur immunhistochemischen Unterscheidung insbesondere eines Seminoms gegenüber einem embryonalen Karzinom genutzt werden [2].

Differenzialdiagnosen Einige Tumoren können auf Grund ihrer morphologischen Vielfalt als ein embryonales Karzinom interpretiert werden, sodass es als Differenzialdiagnose bedacht werden sollte (. Tab. 2).

Abb. 1 9 a Embryonales Karzinom (HE-Färbung, Vergrößerung 200-fach) mit immunhistochemischer   Expression von OCT3/4   (b Vergrößerung 100-fach) und SOX2 (c Vergrößerung 200-fach).   d Immunhistochemische Expression von N-Cadherin in einem Dottersacktumor (positiv) und embryonalen Karzinom (negativ, Vergrößerung 200-fach). Hodenmetastase eines Adenokarzinoms des Ösophagus   (e Vergrößerung 100-fach) und eines Plattenepithelkarzinoms der Lunge   (f Vergrößerung 100-fach)

Eine wichtige Differenzialdiagnose des embryonalen Karzinoms ist das Seminom, besonders wenn das Material schlecht fixiert ist. Es zeigt morphologisch PASpositive hellzytoplasmatische Tumorzellen, welche durch Bindegewebesepten mit einem lymphoplasmazellulären Entzündungsinfiltrat getrennt werden. Immunhistochemisch zeigen Seminome eine Expression von PLAP, Podoplanin (D240), CD117 und N-Cadherin. Darüber hinaus ist der Dottersacktumor auf Grund seiner zahlreichen unterschiedlichen Wachstumsmuster in der differenzialdiagnostischen Abgrenzung von Bedeutung. Hier zeigt insbesondere das solide Wachstumsmuster Ähnlichkeit zu einem em­ bryonalen Karzinom. Morphologisch lassen sich knotige Ansammlungen polygonaler Tumorzellen mit hellem Zytoplasma erkennen. Dottersacktumoren exprimie-

ren immunhistochemisch Glypican-3 und AFP. In etwa 4% der germinalen Mischtumoren treten embryonale Karzinome zusammen mit einem Chorionkarzinom auf. Zur Abgrenzung dienen im Chorionkarzinom vorkommende β-HCG-positi­ ve Tumorzellverbände mit Nachweis von Zytotrophoblasten und Synzytiotrophoblasten. Die Schwierigkeit kann beim sogenannten „appliqué pattern“ im Randbereich solide wachsender embryonaler Karzinome auftreten. Äußerst selten können Metastasen eines anderorts gelegenen Tumors vorkommen (. Abb. 1e, f). Hier empfehlen sich, soweit möglich, der morphologische Vergleich mit dem Primärtumor und die SALL 4 Immunohistochemie, die in über 90% aller Keimzelltumoren positiv ist [2]. Wenn diese Untersuchungen nicht zielführend sind, bleibt

nur mehr der Nachweis eines Isochromosoms 12p (i12p [23]).

Dottersacktumoren Der Dottersacktumor ist ein seltener maligner Keimzelltumor des Hodens. Er tritt im Erwachsenenalter in etwa 40% der Fälle als Komponente eines Mischtumors auf, wohingegen reine Dottersacktumoren eine Rarität darstellen [13, 20]. Der in reiner Form auftretende Dottersacktumor ist nach dem Teratom der zweithäufigste Keimzelltumor des Kindesalters und im Gegensatz zum gutartigen präpubertalen Teratom ausnahmslos maligne. Dottersacktumoren gehen in der Regel mit einer deutlichen AFP-Werterhöhung im Serum einher [21]. Die histologische Besonderheit besteht in seiner großen morphologischen Vielfalt, welche sich häufig Der Pathologe 3 · 2014 

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Zusammenfassung · Abstract in einem Tumor präsentieren kann, mit einem Nebeneinander unterschiedlicher Wachstumstypen: F mikrozystisch-retikulär (. Abb. 2a), F makrozystisch, F solide, F hepatoid, F enterisch, F drüsig-alveolär, F endodermaler Sinustyp, F papillär, F myxomatös oder F polyvesikulär. Der Dottersacktumor vom endodermalen Sinustyp weist als pathognomonisches Zeichen sogenannte Schiller-Duval-Körperchen auf (. Abb. 2b). Die zystische Beschaffenheit ist meist auch makroskopisch erkennbar. Bezüglich der Therapie und Prognose ist die Unterscheidung in die verschiedenen Wachstumstypen allerdings ohne Bedeutung [23]. Insbesondere das solide, hepatoide, enterische oder drüsig-alveoläre Wachstumsmuster kann die Diagnose eines Dottersacktumors deutlich erschweren. Hilfreich sind dann immunhistochemische Untersuchungen, die in nahezu 100% der Fälle eine Expression von Glypican-3 und Pan-CK zeigen. Vorsicht ist geboten bei der immunhistochemischen Expression von AFP, denn dieses Protein kann lediglich in etwa 50% der Dottersacktumoren in oft nur fokalem Expressionsmuster dargestellt werden. Diese Schwierigkeiten sind in einem Fall eines gemischten nichtseminomatösen Keimzelltumors des Hodens demonstriert. Neben einem Teratom zeigte sich eine weitere Tumorkomponente mit solidem Wachstumsmuster und blastemartigen Tumorzellen (. Abb. 2c, d), die keine Expression von AFP aufwiesen. Dagegen exprimieren die Tumorzellen Glypican-3 (. Abb. 2e). Eine fehlende AFP-Expression schließt somit einen Dottersacktumor nicht aus [19, 25].

Differenzialdiagnosen In den differenzialdiagnostischen Überlegungen sollte wie auch beim embryonalen Karzinom das Seminom mit immunhistochemischer Expression von PLAP, D2-40, CD117, OCT3/4 und N-Cadhe-

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rin bedacht werden. Weiterhin können Sertoli-Zell-Tumoren einem Dottersacktumor mit retikulärem Wachstumsmuster ähneln. Hier dienen insbesondere immunhistochemische Marker des Dottersacktumors zur Unterscheidung. Eine Übersicht der unterschiedlichen Differenzialdiagnosen zeigt . Tab. 2.

Chorionkarzinome Chorionkarzinome sind trophoblastär differenzierte, hochmaligne Tumoren des Hodens. Als histologische Komponente sind sie in lediglich 8% aller Keimzelltumoren nachweisbar. Reine Chorionkarzinome sind mit weniger als 1% äußerst seltene Keimzelltumoren [4, 11]. In den meisten Fällen erkranken die Patienten im Alter zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr und nicht selten ist die initiale klinische Symptomatik durch die Metastasierung in Lunge, Leber und ZNS geprägt. Eine Besonderheit stellt das „Chorionkarzinomsyndrom“ dar, bei dem es unter Chemotherapie eines metastasierten Chorionkarzinoms zu lebensbedrohlichen Blutungen insbesondere im Bereich von pulmonalen Metastasen kommen kann. Der Primärtumor im Hoden kann auch in einem fortgeschrittenen Stadium nicht tastbar sein. In nahezu allen Fällen zeigen die Patienten eine ausgeprägte Erhöhung des β-HCG (>100.000 mlU/ml), die aufgrund hormoneller Kreuzreaktivitäten zu einer Gynäkomastie und Hyperthyreose führen kann [3, 8, 14]. Für das Chorionkarzinom existieren unterschiedliche Wachstumsmuster, die alle eine hohe Gefäßdichte gemeinsam haben. Histologisch zeigt sich meist ein solides Tumorwachstum in Nachbarschaft zu Nekrosen und zystoiden Hämorrhagien. Der Tumor besteht aus mehrkernigen Synzytiotrophoblasten sowie mononukleären intermediären Tropho- und Zytotrophoblasten (. Abb. 2f), wobei der intermediäre Trophoblast häufig säulenförmige Aggregate mit pseudovillösen­ Synzytiotrophoblastauflagerungen ausbildet. Das Chorionkarzinom kann, wenn auch selten, als Manifestation einer in­t ratubulären Keimzellneoplasie mit intratubulär gelegenen Synzytiotrophoblasten auftreten (. Abb. 2g). Immunhistochemisch zeigen nahezu alle Fälle eine

Pathologe 2014 · 35:238–244 DOI 10.1007/s00292-014-1900-8 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 F. Bremmer · C.L. Behnes · S. Schweyer

Nichtseminomatöse Keimzelltumoren

Zusammenfassung Von der Gruppe der Seminome wird morphologisch und therapeutisch die Gruppe der Nichtseminome unterschieden. Diese Tumorgruppe umfasst das embryonale Karzinom, den Dottersacktumor, das Chorionkarzinom und das Teratom. Diese Tumoren können (selten) in reiner Form oder (sehr viel häufiger) als Mischtumoren auftreten. Auch die Nichtseminome sind molekularbiologisch durch das Auftreten eines Isochromosoms 12p, i(12p), charakterisiert und entstehen aus einer gemeinsamen Vorläuferläsion, der intratubulären Keimzellneoplasie (IGCNU). Zur Unterscheidung der verschiedenen Tumorkomponenten dienen neben morphologischen Charakteristika insbesondere verschiedene immunhistochemische Marker. Schlüsselwörter Immunhistochemische Marker · Embryonales Karzinom · Dottersacktumor · Chorionkarzinom · Teratom

Non-seminomatous germ cell tumours Abstract The group of non-seminomatous germ cell tumors can be morphologically and therapeutically distinguished from the group of seminomas. The group of non-seminomatous germ cell tumors includes embryonal carcinoma, yolk sac tumor, choriocarcinoma and teratoma. All entities can occur rarely in pure form or much more commonly in mixed germ cell tumors consisting of more than one histological type. The non-seminomatous germ cell tumors are also characterized by the appearance of an isochromosome 12p, i(12p) and arise from a common precursor lesion called intratubular germ cell neoplasia of the unclassified type (ITGCNU). Various immunohistochemical markers are used to distinguish the different tumor components in addition to morphological characteristics. Keywords Immunohistochemical markers · Embryonal carcinoma · Yolk sac tumor · Choriocarcinoma · Teratoma

Tab. 2  Differenzialdiagnosen nichtseminomatöser Keimzelltumoren Embryonales   Karzinom

Dottersacktumor

Chorionkarzinom

Seminom Dottersacktumor Chorionkarzinom Metastasen Seminom Sertoli-Zell-Tumor Teratom mit somatischer Malignität Embryonales Karzinom Hämorrhagische Infarzierung Keimzelltumoren mit Synzytiotrophoblasten

Tab. 3  Häufige Formen von Teratomen mit somatischer Malignität Mesenchym

Neuroektoderm

Epithel

Undifferenzierte Sarkome mit Differenzierung von quergestreifter oder glatter Muskulatur Chondrosarkome Maligner Nervenscheidentumor Neuroblastome Medulloepitheliome Periphere Neuroepitheliome Ependymoblastome Nephroblastome häufig in Metastasen Adenokarzinome Plattenepithelkarzinome Neuroendokrine Karzinome

Expression von β-HCG in den Synzytiotrophoblasten und mononukleären intermediären Trophoblasten, wohingegen Zytotrophoblasten nur selten eine Expression von β-HCG besitzen. Darüber hinaus ist eine Expression von Inhibin und EMA („epithelial membrane antigen“) in Synzytiotrophoblasten typisch [23]. Die Prognose des Chorionkarzinoms ist insbesondere im fortgeschrittenen metastasierten Stadium deutlich schlechter als die anderer Keimzelltumoren. Darüber hinaus korreliert die Prognose mit der Höhe des β-HCG-Werts, der eine hohe Tumorlast widerspiegelt.

Differenzialdiagnosen Chorionkarzinome weisen häufig ausgeprägte Einblutungen auf, welche von einer hämorrhagischen Infarzierung durch Torsion, Trauma, thromboembolische Geschehen oder Hyperkoagulopathie unterschieden werden sollten (. Tab. 2). Hier sind insbesondere die klinischen Angaben hilfreich. Mehrkernige Synzytiotrophoblasten können gelegentlich auch in anderen Keimzelltumoren (Keimzelltumoren mit synzytiotrophoblastären Zellen) auftreten

und liegen hier meist isoliert oder in kleinen Gruppen vor. Der fehlende Nachweis der mononukleären intermediären Tropho- und Zytotrophoblasten hilft bei der Abgrenzung gegenüber einem Chorionkarzinom.

Teratom Als besondere Tumorentität der nichtseminomatösen Keimzelltumoren ist das Teratom anzusehen, welches aus Geweben aller 3 Keimblätter bestehen kann (Endo-, Meso- und Ektoderm, . Abb. 3a, b). Findet man lediglich Derivate eines Keimblatts, spricht man von einem monodermalen Teratom. Die historisch geprägte Nomenklatur „reifer“ und „unreifer“ Teratome wird in der aktuellen WHOKlassifikation nicht mehr aufgeführt [4]. Hierbei bezeichnete der Begriff des reifen Teratoms adulte Gewebetypen und der des unreifen Teratoms embryonale oder fetale Gewebetypen, bei denen es sich in der Regel um neuroektodermales Gewebe handelt. Aufgrund fehlender Unterschiede im biologischen Verhalten und in der Therapie ist die Unterscheidung zwischen einem reifen und unreifen Teratom nun

obsolet. Dies steht im Gegensatz zur Einteilung der Teratome im Ovar. Hier bestimmt das Ausmaß der Reife bzw. Unreife des Gewebes das histologische Grading, welches mit der Prognose korreliert [18]. In der Gruppe der Teratome sind als Besonderheit die Epidermoidzyste (plattenepithelial ausgekleidete Zyste ohne Hautanhangsgebilde; . Abb. 3c) und die Dermoidzyste (plattenepithelial ausgekleidete Zyste mit Hautanhangsgebilde; . Abb. 3d) abzugrenzen. Diese Läsionen weisen in der Regel im angrenzenden Hodengewebe keine intratubuläre Keimzellneoplasie auf. Zhang et al. [24] konnten­ kürzlich anhand einer klinischen, histopathologischen und molekularbiologischen Analyse zeigen, dass Patienten mit diesen Tumoren im Langzeitverlauf nur ganz selten eine Metastasierung aufweisen­ und diese Tumorgruppe als benigne anzusehen ist. Im Rahmen ihrer Untersuchungen schlagen sie zur Diagnose eines offensichtlich benignen Teratoms das Fehlen der folgenden Kriterien vor [24]: F zytologische Atypien, F intratubuläre Keimzellneoplasie, F narbige Areale, F Mikrolithiasis, F signifikante tubuläre Atrophie, F Nachweis eines Isochromosoms 12p und F verminderte Spermatogenese. Selten können testikuläre Teratome eine maligne Komponente beinhalten, die typischerweise in extratestikulären Gewebearten vorkommt. Diese Form der Teratome wird als Teratom mit somatischer Malignität bezeichnet. Die Definition und die Unterscheidung sind wichtig, da die somatische Malignität nach Auftreten in Metastasen im Wesentlichen die Prognose der Patienten bestimmt (. Abb. 3f). Im Gegensatz dazu hat das testikuläre Teratom mit somatischer Malignität im Stadium I eine vergleichbare exzellente Prognose wie andere nichtseminomatöse­ Keimzelltumoren [16]. Eine Übersicht der verschiedenen somatischen Malignitäten zeigt . Tab. 3. Die Richtlinie zur Unterscheidung eines Teratoms mit somatischer Malignität von einem Teratom mit einem hohen Anteil von unreifem Gewebe ist der Nachweis „somatischer“ maligner TumorforDer Pathologe 3 · 2014 

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Schwerpunkt: Hodenpathologie

Abb. 2 9 a Mikrozystisches Wachstumsmuster eines Dottersacktumors (Vergrößerung 100-fach). b Dottersacktumoren vom endo­ dermalen Sinustyp können­ Schiller-Duval-Körperchen ausbilden (Vergrößerung 400-fach). Dottersacktumor mit blastemartigen Tumorzellen (c Vergrößerung 100-fach und d Vergrößerung 200-fach) und   immunhistochemischer   Expression für Glypican-3   (e Vergrößerung 100-fach). f Tumorzellverbände eines Chorionkarzinoms neben ausgeprägten Einblutungen (HE-Färbung, Vergrößerung 100-fach) und   intratubulär gelegener Synzytiotrophoblast   (g Vergrößerung 200-fach)

mationen bei schwacher Vergrößerung (Objektiv 4-fach) in mehr als der Hälfte eines Gesichtsfeldes [22]. Zur genauen Charakterisierung des testikulären Teratoms mit somatischer Malignität sind entsprechende immunhistochemischen Untersuchungen anzuraten. Bei Auftreten der somatischen

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Malignität in lymphogenen oder hämatogenen Metastasen, nicht selten als Spätrezidiv eines nicht-seminomatösen Keimzelltumors, ist die differentialdiagnostische Abgrenzung gegenüber Metastasen eines anderen Primärtumors oft morphologisch nicht möglich. Hierbei kann der molekularpathologische Nachweis des

Isochromosoms 12p i(12p), welches auch in der somatischen Malignität nachweisbar ist, den Ursprung von einem malignen Keimzelltumors des Hodens beweisen [22].

Abb. 3 9 a Anteile eines Teratoms (Vergrößerung­ 100-fach) mit Ausbildung­ neuroektodermalen Gewe­ bes (b Vergrößerung 200-fach). c Epidermoidzys­ te des Hodens (Vergrößerung 200-fach). d Dermoidzyste des Hodens mit Hautanhangsgebilden (Vergrößerung 100-fach) und Nachweis einer intratubulären Keimzellneoplasie   (e Vergrößerung 100-fach). f Lungenmetastase eines Rhabdomyosarkoms als Form einer somatischen Malignität bei einem Patient mit einem Teratom des Hodens (Vergrößerung 100-fach)

Gemischte Keimzelltumoren Gemischte Keimzelltumoren beinhalten definitionsgemäß mehr als einen der vorgestellten histologischen Typen. Sie repräsentieren 69% der nichtseminomatösen und 32% aller Keimzelltumoren. Für die Diagnose wird vorgeschlagen, folgende Formulierung anzuwenden: „Gemischter Keimzelltumor des Hodens bestehend aus mehr als einem histologischen Typ: …“ mit anschließender Auflistung und Prozentangabe der verschiedenen Tumoranteile, beginnend mit der vorherrschenden Komponente. Zur Erfassung aller Tumorentitäten sollte eine sorgfältige und ausreichende Aufarbeitung des Hodentumors (mindestens ein Tumorblock pro 1 cm Tumor) erfolgen. Darüber hinaus ist für die TNM-Klassifikation als auch für die Therapieplanung

essentiell, eine Blut-/Lymphgefäßinvasion zu dokumentieren. Dabei lassen sich sehr häufig Anteile eines EC in Blut- und/oder Lymphgefäßen beobachten. Eine Zusammenfassung der verschiedenen Kombinationen gemischter Keimzelltumoren zeigt . Tab. 4 [6, 11, 17]. Die Prognosekriterien bei nichtseminomatösen Keimzelltumoren werden zurzeit kontrovers diskutiert. Eine Zusammenfassung und Übersicht nach Albers et al. [1] und Heidenreich et al. [9] zeigt . Tab. 5. Als Besonderheit der germinalen Mischtumoren sind das Polyembryom und das diffuse Embryom zu nennen. Beide Wachstumsmuster wurden in der alten WHO-Klassifikation noch als eigenständige Tumorentitäten aufgeführt, werden in der aktuellen Klassifikation allerdings unter den gemischten Keimzelltumoren subkategorisiert. Beide Tumor-

komponenten treten häufig in Kombination mit einem embryonalen Karzinom und einem Dottersacktumor auf. Histologisch bildet das Polyembryom typischerweise amnionähnliche Höhlen mit einer Größe von bis zu 0,7 mm [4].

Fazit für die Praxis F Nichtseminomatöse Keimzelltumoren weisen ein großes morphologisches Spektrum und zahlreiche Differenzialdiagnosen auf. F Der diagnostische Goldstandard umfasst die HE-Morphologie kombiniert mit einem Panel immunhistochemischer Untersuchungen (. Tab. 1). F Die gründliche Aufarbeitung ist bei germinalen Mischtumoren und insbesondere bei teratomatösen Keimzelltumoren zum Ausschluss einer soDer Pathologe 3 · 2014 

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Schwerpunkt: Hodenpathologie Tab. 4  Kombination verschiedener Tumorentitäten in gemischten Keimzelltumoren. (Mod. nach [11]) Tumorentitäten EC und T EC und S EC, DOT und T EC, T und CC EC, T und S T und S EC und DOT EC, DOT, T und CC EC und CC EC, DOT und T EC, DOT und S Andere Kombinationen

Anteil (%) 26 16 11 7 6 6 4 4 4 3 3 10

EC embryonales Karzinom, T Teratom, S Seminom, DOT Dottersacktumor, CC Chorionkarzinom.

Tab. 5  Ungünstige Prognosefaktoren

nichtseminomatöser Keimzelltumoren. (Mod. nach [1, 9]) Prognostische un­ günstige Faktoren für den Primärtumor Prognostisch ungünstige Faktoren in Metastasen

Gefäßinvasion Prozentanteil von EC >50% Ki67-Index Vitaler Tumor Entwicklung einer   somatischen Malignität

EC embryonales Karzinom.

matischen Malignität von Bedeutung (mindestens ein Tumorblock pro 1 cm Tumor). F Molekularbiologisch sind auch nichtseminomatöse Keimzelltumoren durch das Vorliegen eines Isochromosoms 12p, i(12p), charakterisiert. F Für die Diagnose gemischter Keimzelltumoren empfiehlt sich folgende­ Formulierung: „Gemischter Keimzelltumor des Hodens bestehend aus mehr als einem histologischen Typ: …“ mit anschließender Auflistung und Prozentangabe der verschiedenen Tumoranteile, beginnend mit der dominanten Tumorkomponente   sowie der zwingenden Angabe der Gefäßinvasion.

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Korrespondenzadresse Dr. F. Bremmer Institut für Pathologie, Universitätsmedizin Göttingen Robert-Koch-Str. 40, 37075 Göttingen Felix.bremmer@ med.uni-goettingen.de

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  F. Bremmer, C.L. Behnes und S. Schweyer geben an, dass kein Interessenkonflikt   besteht.    Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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