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Die Myokarditis im Kindesalter A. A. Schmaltz Abteilung für pädiatrische Kardiologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum GHS - Essen

Entzündliche Herzerkrankungen sind im Kindesalter mit weniger als 1070 der stationären Aufnahmen ausgesprochen seltene, aber schwerwiegende Erkrankungen. Unter den zahlreichen Myokarditisursachen spielt die Virusmyokarditis die größte Rolle. Neben der akuten Form werden auch eine autoimmun vermittelte chronische Form sowie der Übergang in die dilatative Kardiomyopathie beobachtet. Dabei unterliegt die patho-histologische Beurteilung erheblichen subjektiven Einflüssen. Die klinische DiagnosesteIlung ist abhängig von kardialen Symptomen (Adams-Stokes, Herzversagen, LV-Dilatation), EKG-Veränderungen mit Fermenterhöhungen und positiver Virusserologie oder Endomyokardbiopsie. Immunserologie und -histologie und in-situ-Hybridisierung können die Diagnose weiter abstützen, die Echokardiographie, ggf. die invasive Diagnostik andere Differentialdiagnosen ausschließen. Therapeutisch bringen die ACE-Hemmer einen echten Fortschritt zur konventionellen Herzinsuffizienz-Therapie, während der Wert der immunsuppressiven Therapie der chronischen Form umstritten ist. Myocarditis in Childhood Infectious heart diseases in childhood are - with less than 1% of hospital admissions - rare, but serious diseases. Among several causes of myocarditis in our region virus myocarditis plays the most important role. Besides of the acute course an autoimmune mediated chronic myocarditis and the transition to dilated cardiomyopathy are observed. The patho-histological assessment depends also on subjective influences. Clinical diagnosis is based on cardiac symptoms (Adams-Stokes, congestive heart failure, LV-dilatation), ECG-changes with increased enzyme levels and positive virus-serology or endomyocardial biopsy. Immunoserology and -histology as weil as in-situ-hybridization can support diagnosis, echocardiography and eventually heart catheterization exclude other causes. In respect to therapy, ACE-inhibitors are a substantial improvement of conventional therapy of heart faiIure, while immunosuppressive therapy of chronic myocarditis has to assessed.

Klin. Pädiatr. 203 (1991) 1-7 © 1991 F. Enke Verlag Stuttgart

"Die Entzündung unseres Herzens ist schwierig zu diagnostizieren, und wenn wir sie diagnostiziert haben, können wir sie wirklich sicherer behandeln?" Jean Baptiste Senag zu Ludwig XV Entzündliche Herzerkrankungen stellen seit langem ein diagnostisches und therapeutisches Problem dar. Die unterschiedlichen Verlaufsformen und die Seltenheit der Erkrankungen einerseits, sowie die Schwierigkeit beim Nachweis des Entzündungsprozesses und seiner Erreger andererseits, sind Hauptursache dieses Dilemmas. Während für das Krankheitsbild der Endokarditis nicht zuletzt durch die Echokardiographie und die modernen Antibiotika ein wesentlicher diagnostischer und therapeutischer Fortschritt erzielt werden konnte, wollen wir sehen, ob wir die Frage Jean Baptiste Senags heute im Hinblick auf die Myokarditis wesentlich besser beantworten können als vor zweihundert Jahren. 1. Häufigkeit und Epidemiologie

Die Myokarditis ist in allen Lebensaltern eine seltene Erkrankung. So berichtete Doerr (8) 1971 von einer Häufigkeit der Myokarditis im gesamten Obduktionsgut des Pathologischen Instituts in Heidelberg von 3,98%, was auch früheren pathologisch-anatomischen Studien sehr gut entsprach. Bei 90 plötzlich verstorbenen Kindern fand man in Minnesota bei 17% autoptisch eine Myokarditis (4). Demgegenüber berichtete Rautenburg (24) kürzlich, daß von den stationären Aufnahmen der Universitäts-Kinderklinik Gießen in den Jahren 1971-86 alle entzündlichen Herzerkrankungen zusammen nur 0,68% ausmachten. Abhängig von ihrer Aetiologie tritt die Myokarditis sporadisch oder im Rahmen von Grippeepidemien auf und kann alle Altersstufen vom Neugeborenen bis ins hohe Alter betreffen. 2. Aetiologie und Pathogenese Tabelle I gibt eine Zusammenstellung der Myokarditis-Aetiologie. Infektiös-toxischer Natur ist die bei Diphtherie auftretende, medizinhistorisch gut belegte Myokarditis, die zu Reizleitungsstörungen und A V-Blokkierungen mit sehr schlechter Prognose führt. Eine toxische Myokarditis wurde nach einer Vergiftung mit einer unbestimmbaren Menge Paracetamol beschrieben, ebenso auch nach Procainamid-Therapie eines Erwachsenen (21, 29). Bakterielle Myokarditiden finden sich im Rahmen einer Sepsis, gleich welcher Art der verursachende Erreger ist. Fallberichte aus dem Kindesalter finden sich bei der Tuberkulose, bei der Lyme-Disease, Yersiniose und anderen (11).

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Zusammenfassung

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Klin. Pädiatr. 203 (1991)

Tab.3 Antlmyolemmale Antikörper bel Kindern mit lPeri-1 Myokarditis [OJoJ (181 Trivalent Sichere Myokarditis Wahrscheinliche Myokarditis Mögliche Myokarditis Arrhythmie mit Infekt Arrhythmie ohne Infekt Gesunde Kontrollen

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logische Antwort hervorrufen. Abhängig von zahlreichen Wirtsfaktoren kommt es dann zu entsprechenden biochemischen Effekten, die zu einer chronischen Entzündung und Nekrose im Myokard mit Dilatation, Fibrose und Herzversagen führen. Unter den zahlreichen kardialen Antigenen (Sarkolemm, Myolemm, Fibrillen, Aktin, Myosin, Z-Streifen, Mitochondrine u. a.), gegen die Antikörper gebildet werden können, spielen die antimyolemmalen und antisarkolemmalen Antikörper die wesentlichste Rolle bei diesem Autoimmungeschehen der Myokarditis. Tab. 3 zeigt die gestrafften Ergebnisse einer multizentrischen Studie bei Kindern mit (Peri-)Myokarditis, bei denen der Prozentsatz der Kinder mit Antikörpern hochsignifikant größer ist als bei gesunden Kontrollen (18). Andererseits bedeutet ein Nachweis antimyolemmaler Antikörper keinen Beweis für das Vorliegen einer Myokarditis, wir haben sie auch bei Säuglingen mit ischämischer Myokardnekrose bei Bland-White-Garland-Syndrom gefunden. Von anderen Forschergruppen wird deshalb auch die Spezifität dieser Antikörper bestritten und andere Antigene, z. B. der ADP-/ATP-Carrier identifiziert und immunchemisch charakterisiert (26) und ein virusbedingter Verlust der Selbsttoleranz postuliert.

3. Pathologie Pathologisch-anatomisch ist die Myokarditis gekennzeichnet durch einen Zelluntergang benachbarter Myofibrillen in Anwesenheit von Entzündungszellen (23). Im Erwachsenenalter muß durch Anamnese und ggfs. Koronarangiographie eine ischämische Genese ausgeschlossen werden. So einfach diese Definition auch klingt, so schwierig ist sie für den Pathologen umzusetzen. So schwankt bei großen Endomyokardbiopsie-Serien von Erwachsenen mit dilatiertem linken Ventrikel und verminderter Funktion, d. h. also bei Patienten mit dem gleichen klinischen Bild einer dilatativen Kardiomyopathie die Myokarditishäufigkeit zwischen 1,8 und 66070 (15, 35). In einem Ringversuch sieben amerikanischer Pathologen (28) schwankte die Beurteilung von 16 histologischen Präparaten als Myokarditis zwischen 0 und 50070! Deshalb verabredete man 1986 auf dem Dallas-Panel eine histologische Einteilung der Myokarditis (2); Bei der ersten Biopsie spricht man von einer Myokarditis mit und ohne Fibrose und von einer "Borderline"-Myokarditis. Bei den folgenden Biopsien spricht man dann von einer anhaltenden Myokarditis, einer heilenden oder einer ausgeheilten Myokarditis mit und ohne Fibrose. Zweifellos ist damit der Versuch zu einer Standardisierung gemacht; wie sie sich in der Praxis bewähren wird, muß die Zukunft zeigen.

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Ein weiteres Problem stellt freilich die Frage dar, wie repräsentativ die Endomyokardbiopsie bei der Diagnostik der Myokarditis ist. Hatten Baandrup et al. (3) 1982 noch mindestens fünf Biopsien pro Patient gefordert, so fanden Hauck et al. (9) bei je zehn rechtsventrikulären Biopsien, die sie an 38 nach letaler Iymphocytärer Myokarditis autopsierten Herzen durchgeführt hatten, nur in 63070 eine Myokarditis nach den Dallas-Kriterien, bei links-ventrikulärer Biopsie nur in 55070. Ein negatives Ergebnis bei der Biopsie könne deshalb nicht als diagnostisch bewertet werden. (Und welcher Kinderkardiologe wird schon bei einem Patienten 10 Biopsien zum gleichen Zeitpunkt durchführen?)

4. Klinische Einteilung, Symptomatik und Diagnostik Für die Klinik haben Maisch und Mitarbeiter (17) folgende Einteilung vorgeschlagen: Sie unterscheiden zwischen einer sicheren Perimyokarditis mit Perikardreiben und Erguß und einer Kardiomegalie bei grippalem Infekt und einer wahrscheinlichen Myokarditis, bei der entweder eine Perikarditis mit Rhythmusstörungen vorliegt oder eine Kontraktionsstörung nach vorausgegangenem grippalen Infekt. Noch deutlich strenger sind die von Sekiguchi und Mitarb. (27) angegebenen diagnostischen Kriterien der akuten Virusmyokarditis, wie sie in Tab. 4 zusammengestellt sind. Für eine sichere Diagnose fordern sie beide Hauptsymptome und zwei von drei Nebensymptomen. Damit beugen sie sicher einem Mißbrauch der Diagnose vor, schließen jedoch leichtere, fokale Formen der Myokarditis, deren Existenz von keinem Kliniker angezweifelt wird, von vornherein aus. Die insgesamt wenig charakteristische Symptomatik der Myokarditis im Säuglings- und Kindesalter wurde am treffendsten von Windorfer und Sitzmann (30) beschrieben: "Die klinischen Symptome der akuten Virusmyokarditis können recht unterschiedlich sein. Meist stehen die Zeichen der akuten Herzinsuffizienz im Vordergrund; Tachykardie bis zu 200-300/min, Tachy- und Dyspnoe, teils mit Pulsdefizit, Extrasystolie, große Leber und graue oder zyanotische Hautfarbe. Aber die Anfangssymptome können gerade bei jungen Säuglingen auch uncharakteristisch sein, so wenn schwere Unruhe, Erbrechen, anhaltendes Schreien oder Wimmern den schweren Tab. 4 Diagnostische Kriterien der akuten Virusmyokarditis (modifiziert nach M. Sekiguchl et al., 27) Hauptsymptome 1. Kardiale Symptome (Adams-Stokes, Herzversagen, kardiogen er Schock, LV-Dilatation im Echokardlogrammllnnerhalb 10 Tage nach Prodromi (Fieber, Grippe, Gastroenteritis, Brustschmerzen) 2. EKG-Veränderungen (Arrhythmien, Überleitungsstörungen, ST-T-Veränderungenl mit Fermenterhöhung Nebensymptome 1. Virusserologie 2 Endomyokardbiopsie 3. Ausschluß einer koronaren Herzerkrankung

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Die Myokarditis im Kindesalter

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Klin. Pädiatr. 203 (1991) Zustand einleiten ... Man sollte bei allen schweren akuten Zuständen, die mit Tachykardie, Atemnot und Unruhe einsetzen, schon im Neugeborenenalter an die Virusmyokarditis denken." Die weitere Diagnostik besteht dann in der Bestimmung der Entzündungsparameter , der Transaminasen, LDH, HBDH, CK(MB) sowie der Virusserologie. Letztere weist freilich nur - mit Methoden von insgesamt nur mäßiger Sensitivität (20) - auf das Vorhandensein eines Virusinfektes hin, ohne daß damit der Ort der Entzündung gesichert wäre. Dieses ist heutzutage mittels rekombinanter DNA-Technologie möglich, indem in der Myokardzelle der Endomyokardbiopsie enterovirales Genom mittels Nukleinsäure-Hybridisierung nachgewiesen werden kann (13), setzt allerdings die Durchführung der Endomyokardbiopsie in einem frühen Stadium der Erkrankung voraus. Im späteren Stadium lassen sich dann die oben erwähnten Myokard-gebundenen Antikörper nachweisen. Dieser Nachweis und der histologische Befund eines lymphozytären Infiltrates weisen auf den Übergang in ein chronisches Stadium hin. Nicht unerwähnt sollen das EKG zur Aufdeckung von Überleitungsstörungen, Tachyarrhythmien und Repolarisationsstörungen und das Thorax-Röntgenbild zur Dokumentation der Kardiomegalie bleiben. Im Echokardiogramm sieht man den möglichen Perikarderguß, die linksventrikuläre Dilatation und Funktionseinschränkung (s. Tab. 4).

5. Differentialdiagnose Differentialdiagnostisch wird man als erstes an ein dekompensiertes Vitium cordis denken müssen, das zum Zeitpunkt des kardiogenen Schocks und der massiven Dekompensation nicht unbedingt mehr ein Geräusch verursachen muß. Hier hilft die Echokardiographie sofort weiter. Schwieriger ist die Differentialdiagnose zur dekompensierten Endokardfibroelastose. Zwar kann auch hier der echokardiographische Befund von sehr kräftig reflektierenden Endokardechos einen aussagekräftigen Hinweis geben, der sichere Beweis erfolgt aber nur durch die Endomyokardbiopsie (25) oder autoptisch. Weiterhin kann eine paroxysmale Tachykardie die Ursache einer akuten Herzinsuffizienz und Dilatation sein, die sich nach Therapiebeginn allerdings rasch wieder zurückbildet. Beim Bland-White-Garland-Syndrom sehen wir bei der Echokardiographie wiederum den dilatierten, funktionsgestörten linken Ventrikel. Im günstigen Fall findet sich zudem im Farbdoppler der Links-Rechts-Shunt über die fehlabgehende linke Koranararterie als Farbwolke in der Art. pulmonalis, sowie der fehlende Abgang in der Aortenwurzel. Trotzdem sollte man hier auf die angiographische Darstellung nicht verzichten. Die schwierigste Differentialdiagnose stellt die dilatative Kardiomyopathie (DCM) dar, bei der es sich nach der WHO-Definition (31) um eine aetiologisch unklare Dilatation des linken Ventrikels mit Funktionseinschränkung handelt. Zweifellos kann die DCM bei einem Teil der Patienten aus einer Myokarditis hervorgegangen sein, andererseits kann sie auch erstmalig unter dem klinischen Bild der Herzinsuffizienz und eines komplizierenden Infektes oder einer Stauungspneumonie manifest geworden sein. Ein diagnostischer Baustein ist wiederum die Endomyokardbiopsie: Typisch für die DCM ist das uncharakteristische Bild von

Myofibrillenhypertrophie, interstitieller Fibrose und im ultrastrukturellen Bereich degenerativen Veränderungen wie Myelinfiguren, Mitochondriose und Lipofuszineinlagerungen (15). Diagnostisch ebenso wichtig sind Infektanamnese, die o. g. Laboruntersuchungen und die Immunserologie. Trotz aller Bemühungen wird bei einem Teil der Patienten die Diagnosefindung erst aus der Verlaufsbeobachtung möglich: Während eine Myokarditis völlig ausheilen kann und die Ventrikelfunktion sich völlig normalisieren kann, ist dies bei der DCM schon definitionsgemäß nicht vorstellbar.

6. Therapie Ist die Diagnose der Myokarditis mit einem Höchstmaß an klinischer Sicherheit gestellt, erhebt sich die Frage nach einer gesicherten Therapie. Unbestritten ist die Wichtigkeit von Bettruhe, Sedierung und antikongestiver Therapie. Tierexperimentell konnte gezeigt werden, daß körperliche Aktivität und Training eine Virusmyokarditis exazerbieren läßt und in eine progressive, tödlich verlaufende Krankheit überführt (33). Die antikongestive Therapie wird sich nach dem Ausmaß der Herzinsuffizienz richten müssen: Man beginnt mit einer vorsichtigen Digitalisierung (unter Spiegel kontrolle) und Diurese; bei schwerer Herzinsuffizienz kann man gezwungen sein, unter Verzicht auf Digitalis gleich zu Katecholaminen zu greifen. Sehr bewährt hat sich die Nachlastsenkung mit ACE-Hemmern. Notfalls kommen intensiv-medizinische Maßnahmen wie Intubation und Respiratortherapie hinzu. Anders als noch Windorfer 1971 (30) empfohlen hat, wird man heute in der akuten Phase kein Cortison geben. Zu eindrucksvoll sind die Tierversuche mit Coxsackie B infizierten Mäusen, die bei gleichzeitiger Cortisongabe besonders hohe Virustiter in den Zielorganen, ausgeprägte Nekrosen im Myokard und eine hohe Letalitätsrate aufwiesen (14, 33). Als Ursache wird die Beeinflussung der Monocyten- und Makrophagenfunktion sowie der Interferonproduktion durch die Steroide angesehen. Das gleiche gilt auch für Cyclosporin und nicht-steroidale Antiphlogistika, während Virustatika, Interferon und monoklonale Antikörper die Mortalität im Tierversuch haben reduzieren können (19, 22). Liest man die Windorfersche Arbeit genau, so war die Steroid-Therapie eben auch die einzige Schocktherapie, die man vor 20 Jahren durchgeführt hat und die heute sicherlich durch Intubation, Respirator- und Katecholamin-Therapie ersetzt wird. Große Uneinigkeit herrscht dagegen über die Therapie der .. ongoing myocarditis", d. h. des autoimmun vermittelten Krankheitsgeschehens, das sich an die akute Phase anschließt. Camerini u. Mitarb. (7) haben aus der Literatur 25 Berichte mit 187 Patienten zusammengestellt: Eine immunsuppressive Therapie bei chronischer Myokarditis brachte in 60070 eine Verbesserung, während Hosenpud (10) aus sechs Studien 215 Patienten sammelte, die eine spontane Verbesserung in knapp 30% zeigten. Diese günstigen Zahlen zur immunsuppressiven Therapie müssen allerdings kritisch gesehen werden: So handelte es sich weder um eine einheitliche histologische Definition der Myokarditis noch um einheitliche Therapieprotokolle

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K/in. Pädiatr. 203 (1991) nimmt. Die größte mir bekannte Studie ist die von Sekiguchi et al. (27). Sie übersehen 30 Patienten mit Virus-Myokarditis, die initial in 90070 durch Pumpversagen, d. h. Schock oder Herzversagen auffielen, in 53070 durch Rhythmusstörungen (AV-Block III. Grades oder ventrikuläre Tachykardie), in 10070 ein Multiorganversagen zeigten und von denen 20070, d. h. sechs Patienten starben. Ihren Langzeitbeobachtungen liegen somit nur 20 Patienten zugrunde. 65070 davon zeigten keinerlei Residuen, 35070 noch lange Zeit EKG-Veränderungen, während bei 10070, d.h. bei zwei Patienten die Myokarditis in eine dilatative Kardiomyopathie überging, von denen einer starb. Im Kindesalter ist die Mortalität eher noch höher: Von den o. g. 119 kindlichen Patienten starben 30 = 25070. Die Einteilung hier in Patienten mit und ohne immunsuppressive Therapie ist nicht korrekt im Sinne der oben angesprochenen Therapie der chronischen Phase. Bis 1972 - und ein Großteil dieser Patienten wurde vor 1972 behandelt - bestand die Empfehlung der Steroidgabe unmittelbar in der akuten Phase. Nur zwei Publikationen (5, 32), insgesamt acht Patienten betreffend, berichten von einem teilweise guten Einfluß der immunsuppressiven Therapie der chronischen Myokarditis, auch wenn in der einen Serie mit sechs Kindern (32) immerhin zwei gestorben sind, eines transplantiert werden mußte und sich nur drei normalisierten. Demgegenüber sind von 17 Patienten einer anderen Serie ohne Therapie (12) ebenfalls nur zwei verstorben, bei einem Kind ging das Krankheitsbild in eine Kardiomyopathie über.

8. Ausblick Kommen wir auf misere Ausgangsfrage zurück, muß man feststellen, daß die Schwierigkeiten der Diagnostik keineswegs überwunden sind. Anamnese und Klinik geben wesentliche Hinweise, die Echokardiographie liefert mit der Erkennung der LV-Dilatation ein gutes diagnostisches Kriterium und ermöglicht eine weitgehende Einengung der Differentialdiagnose. Bei der invasiven Diagnostik einschließlich der Endomyokardbiopsie ermöglicht aber erst die Kombination mehrerer neuer Methoden (Immunhistologie, in-situ-Hybridisierung), die patho-histologische Diagnose auf sichere Füße zu stel1en. Therapeutisch. haben die ACE-Hemmer, deren Einsatz auch im Kindesalter unter anfänglicher stationärer Kontrplle unproblematisch ist, zweifellos einen Fortschritt gebracht. Beztiglich der autoimmun-vermittelten chronischen Pha~e·.wird man freilich erst die Ergebnisse der amerikanischen Multicenter-Studie (1) abwarten müssen, um dann die an Erwachsenen erprobte Therapie auf das Kindesalter zu übertragen.

Danksagung

Herrn Prof. Dr. J. Apitz, Univ.-Kinderklinik Tübingen, wird herzlich für die Erlaubnis der Verwendung Tübinger Befunde gedankt. Herrn Prof. Dr. W. Hort, Pathologisches Institut der Universität Düsseldorf, danke ich für die histologischen, Herrn Prof. Dr. B. Maiseh, Kardiologische Abteilung der Medizinischen Universitätsklinik Marburg, für die immunologischen Untersuchungen und Abbildungen.

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u.,

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Die Myokarditis im Kindesalter

Klin. Pädiatr. 203 (1991) Wimmer, M., E. ProlI, U. Salzer-Muhar, M. Schlemmer, E. Strigl: Immunsuppressive Behandlung der chronischen Myokarditis. Wien. klin. Wschr. 10 (1988) 658-663 Jl Woodruff, J. F.: Viral myocarditis - a review. Am. J. Pathol. 101 (1980) 427-478 34 Wynne, J., E. Braunwald: The cardiomyopathies and myocarditides. In Braunwald, E. (ed.): Heart Disease. Saunders, Philadelphia 1980, 1437-1498 " Zee-Cheng, c.-S., C. C. Tsai, D. C. Palmer, J. E. Codd, D. G. Pennington, G. A. Williams: High incidence of myocarditis by endomyocardial biopsy in patients with idiopathic congestive cardiomyopathy. J. Am. Coll. Cardiol. 3 (1984) 63-70 J2

Prof. Dr. A. A. Schmaltz Univ.-Kinderklinik, Abteilung für pädiatrische Kardiologie Hufelandstr. 55 D-4300 Essen

Buchbesprechung

Barbara

KaI/mann,

Margitta

Kruse:

Krebskranke Jugendliche und ihre Familien. Problematik und Möglichkeiten einer psychologischen Begleitung. (Psychologie zwischen Theorie und Anwendung, Bd. 4 / Herausgegeben von Bernd Gaseh). Essen: Verlag Die Blaue Eule, 1990,219 Seiten. Preis: 42,00 DM, kartoniert. ISBN 3-89206-354-0

Das vorliegende Buch ist als 4. Band in der Reihe "Psychologie zwischen Theorie und Anwendung" erschienen. Ziel des Buches soll es sein "die Problematik des krebskranken Jugendlichen und seiner Familie möglichst praxisnah darzulegen und Möglichkeiten einer patientenzentrierten psychologischen Krankheitsprozeßbegleitung aufzuzeigen". Untergliedert ist der Band in 5 Hauptkapitel. Zunächst werden onkologische und psychoonkologische Grundlagen dargestellt und im zweiten Kapitel die entwicklungspsychologische Problemstellung herausgearbeitet. Psychosoziale Belastungen des krebskranken Jugendlichen und seiner Angehörigen sind Thema des folgenden Kapitels. Die Krankheitsverarbeitung wird anhand verschiedener Modelle erläutert. Die größte Aufmerksamkeit wird hierbei dem Spiralmodell von Schuchardt gewidmet, das zum einen die soziale Dimension der Krankheitsverarbeitung betont und zum anderen die Krankheitsbewältigung als Lernprozeß versteht. Im letzten Hauptkapitel werden aus den theoretischen Überlegungen der ersten Kapitel und eigenen Erfahrungen Möglichkeiten einer psychologischen Krankheitsprozeßbegleitung des krebskran-

ken Jugendlichen und seiner Angehörigen hergeleitet und beschrieben. Sämtliche Kapitel sind sachlich und wissenschaftlich fundiert erarbeitet. Ausgehend von der Tatsache, daß Krebs nicht durch psychologische Faktoren entsteht, konzentriert sich das Buch auf die "psychologische Beeinflußbarkeit des Krankheitsverlaufs bzw. Krankheitserlebens ". Es wird gezeigt, daß die psychologische Betreuung krebs kranker Jugendlicher mehr einer "Krankheitsprozeßbegleitung" gleicht, als daß psychopathologische Störungen als Reaktion auf die Krankheit zu therapieren sind, da diese nur selten auftreten. Ein besonderes Verdienst des Buches liegt in der konkreten Beschreibung, wie die Begleitung dieser Patienten erfolgen kann. Abgerundet wird das Buch über die Darstellung einer onkologischen Jugendlichenstation in New York, in der eine "ganzheitliche" Betreuung gewährleistet ist. Auch wenn das Buch für einen "NichtPsychologen" an manchen Stellen schwer zu lesen ist, so stellt es eine praxisnahe Beschreibung der psychologischen Problematik krebskranker Jugendlicher dar und bietet zudem konkrete Hilfestellungen an. Es ist deshalb uneingeschränkt für alle Berufsgruppen zu empfehlen, die mit dieser Patientengruppe konfrontiert sind. Aber auch EItern, Geschwistern und Betroffenen kann das Buch wertvolle Hilfen anbieten. Der Preis ist für das Buch angemessen. N. Graf, Homburg

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" Schmaltz, A. A., J. Apitz, W. Hort, E. Steil, D. Lang, F. Hentrich, J. Stoermer: Dilatative Kardiomyopathie im Kindesalter: Intravitale Differenzierung von der EndokardfibroelaslOse mittels transvaskulärer Endomyokardbiopsie. Herz 9 (1984) 237-243 26 Schultheiss, H.-P.: Virusmyokarditis - neue Aspekte zum Pathomechanismus, zur Diagnose und zur Therapie. Wien. klin. Wschr. 100 (1988) 779-786 27 Sekiguchi, M., M. Hiroe, S. Hiramitsu, T. Izumi: Natural history of acute viral or idiopathic myocarditis: A clinical and endomyocardial biopsy follow-up. In H.-P. Schultheiß (ed.): New concepts in viral heart disease. Springer, Berlin 1988, S. 33~50 28 Shanes, J. G., J. Ghali, M. E. Billingham, V. J. Ferrans, J. J. Fenoglio, W. D. Edwards, C. C. Tsai, J. E. Saffitz, J. Isner, S. Furner, R. Subramanian: Interobserver variability in the pathologie interpretation of endomyocardial biopsy results. Circulation 75 (1987) 401-405 29 Wakeei, R. A., H. T. Davies, J. D. Williams: Toxic myocarditis in paracetamol poisoning. Br. Med. J. 295 (1987) 1097 3D Windorfer, A., F. C. Sitzmann: Die akute Virusmyokarditis im Säuglings- und Kindesalter. Dtsch. med. Wschr. 96 (1971) 1177-1184 11 WHO/ISFC task force: Report of the WHOIISFC task force on the definition and classification of cardiomyopathies. Br. Heart J. 44 (1980) 672-673

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[Myocarditis in childhood].

Infectious heart diseases in childhood are--with less than 1% of hospital admissions--rare, but serious diseases. Among several causes of myocarditis ...
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