Editorial

Mykologie in der Dermatologie Mit dieser Ausgabe beginnt eine Serie von CME-zertifizierten Fortbildungen zur Mykologie. Der Beitrag von Nenoff et al. „Mykologie – ein Update Teil 1: Dermatomykosen: Erreger, Epidemiologie und Pathogenese“ besticht unter anderem durch aktuelle Daten zu Epidemiologie und Spektrum wichtiger Erreger von Dermatomykosen und bezieht Informationen zu prädisponierenden Erkrankungen und zur Pathogenese ein. Gerade in der universitären Medizin in Deutschland scheint der Stellenwert der Mykologie rückläufig. Dies mag auch darin begründet sein, dass das Teilgebiet von Seiten der Forschung als nicht ergiebig angesehen wird. Die in dem Beitrag zitierte, hochrangig publizierte Arbeit aus der Gruppe um Peter Staib vom HKI in Jena, die mit der Cysteindioyxgenase einen neuen Virulenzfaktor bei Dermatophyten definiert, könnte hier ein Gegenbeispiel darstellen. Viele der angesprochenen Dermatomykosen gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten des Menschen. Die Daten zur Koinzidenz von psoriatischer Nagelbeteiligung und Onychomykose sind nach der Literatur sehr uneinheitlich. Damit ist es derzeit unklar, ob eine psoriatische Erkrankung der Nägel eher protektiv (durch rascheres Wachstum, eventuell vorhandene Defensine) oder eher prädisponierend (Störung der Nagelstruktur) für eine Onychomykose ist. In vitro fördern nach einer Arbeit aus dem Jahre 1968 Schuppen von Psoriatikern das Wachstum von Dermatophyten, Hefeund Schimmelpilzen, neuere Daten scheinen hierzu nicht publiziert und auch hier besteht Forschungsbedarf. Patienten mit Diabetes mellitus gelten als Risikopatienten für eine Tinea pedis beziehungsweise für eine Onychomykose. Diese Erkrankungen sind aufgrund der potenziellen Komplikationen (Onychomykose ist ein wesentlicher Prädiktor für ein diabetisches Fußsyndrom) nicht zu vernachlässigen, was in die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Diabetologen eingebracht werden sollte. Die Übertragung von Dermatophyten im häuslichen M ilieu, durch eine Stammdifferenzierung auf molekula­ rer Ebene gestützt, wird sicher hinsichtlich der (Rezidiv-) Prophylaxe von Dermatomykosen zu wenig berücksichtigt. Kenntlich wird dies daran, dass Fußmykosen wie die Tinea pedum und Onychomykosen bei Jugendlichen und Kindern häufiger beobachtet werden können. Ferner ist hierbei auch ein autosomal-dominantes Vererbungsmuster, welches die ­intrafamiliäre Übertragung fördert, zu berücksichtigen. Die Mykologie, bestehend aus klinischer Diagnostik, ­Labor und Therapie, ist ein wesentlicher und historisch gewachsener Bestandteil der Dermatologie. Eine mikroskopische, kulturelle und PCR-gestützte Sicherung der Diagnose ist wesentlich vor Initiierung einer gezielten topischen und systemi-

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schen antimykotischen Therapie. Wir haben uns damit auch neuen Herausforderungen zu stellen wie den molekularbiologischen Techniken zum Dermatophyten-DNS-Nachweis. Diese Techniken haben auch zu einer klinisch relevanten Neuklassifikation des Trichophyton-mentagrophytes-Komplexes geführt. Fast alle früheren anthropophilen und zoophilen Varietäten von T. mentagrophytes werden heute taxonomisch zur neuen Art Trichophyton interdigitale zusammengefasst. Die uns bislang vertraute Bezeichnung Trichophyton mentagrophytes hat demnach ihre Berechtigung nur noch für den in Europa kaum anzutreffenden Erreger des Mäusefavus, früher T. mentagrophytes var. quinckeanum. Diese neue Klassifikation sollte heute Standard sein, da sonst die übermittelten und publizierten Daten nicht mehr vergleichbar sind. Bedeutsam sind auch die Änderungen des Erregerspektrums. Zwar ist T. rubrum immer noch der mit Abstand am häufigsten isolierte Dermatophyt, aber auch hier werden ungewöhnliche Manifestationen wie das Granuloma trichophyticum Majocchi bei Immunsupprimierten oder follikuläre Trichophytien durch diesen Erreger klinisch bedeutsamer. In Zusammenhang mit Immigration und Tourismus treten neue Erreger auf oder sie erleben ein Comeback mit teils epidemieartigem Auftreten besonders bei Kindern und Jugendlichen wie insbesondere die Tinea capitis durch die anthropophilen Dermatophyten M. audouinii, T. soudanense, T. violaceum und T. tonsurans. Der vorliegende Beitrag stellt aktuelle Daten zu Verbreitung und Charakteristika dieser Erreger zusammen. Bedeutsam für die Therapieresistenz und Rezidivhäufigkeit der Tinea capitis durch anthropophile Erreger sind asymptomatische Überträger, oft die im gleichen Haushalt lebenden Erwachsenen, die miterfasst und ggf. behandelt werden müssen. Diagnostisch bietet sich hierbei die Bürstenmethode an. Problematisch für den Therapieerfolg erscheint ferner aber auch, dass bei der Tinea capitis heute nicht mehr die Maßnahmen nach § 42 Infektionsschutzgesetz, wie wir sie bei der Skabies kennen, zum Tragen kommen.

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Neue Haustiertrends führen zum vermehrten Auftreten bisheriger Raritäten wie T. erinacei (Igel, insbesondere afrikanischer Weißbauchigel) oder Trichophyton-Spezies von A. benhamiae (meist von Meerschweinchen). Kompliziert wird die Erfassung dieses Erregerwandels, wie im Artikel angesprochen, auch durch die fehlende Meldepflicht. Ferner führen zoophile Erreger oft zu sehr entzündlichen Tinea-Formen, was therapeutische Berücksichtigung finden sollte. Auch berufsdermatologisch spielen Dermatophytosen eine Rolle. Der Verdacht auf eine beruflich erworbene T.-verrucosum-Infektion ist laut Berufskrankheitenverordnung anzeigepflichtig, ebenso wie eine Infektion mit M. gypseum bei Gärtnern. Die zur residenten Flora gehörenden Malassezia spp., von denen derzeit 14 Spezies bekannt sind, spielen eine bedeutende Rolle beim atopischen Ekzem, während bei der durch sie bedingten Pityriasis versicolor neue pathogenetische Ansätze propagiert wurden. Schimmelpilze, insbesondere Fusarium und Aspergillus spp., werden als „emerging pathogens“ bei der Onychomykose benannt. Die Unterscheidung zwischen Schimmelpilzen als relevante Erreger einer Onychomykose stellt eine diagnostische Herausforderung dar, für die aktuelle Kriterien herausgearbeitet werden. Die Beschäftigung mit mykologischen Fragestellungen kann sehr spannend und anregend sein, wie der Artikel von Nenoff et al. zeigt. Die besondere Kompetenz unseres ­Fachgebietes ist die klinisch-mykologische Korrelation, die

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Zusammenschau von klinischen Befunden, die Labordiagnostik (die mit dem Nativpräparat „on-site“ erfolgen kann) und die sich daraus ableitenden Therapieempfehlungen. Die Anforderungen der „Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen“ (Rili-BÄK) sollten bis spätestens 01.04.2015 in Klinik und Praxis umgesetzt werden, damit mykologische Leistungen weiter durchgeführt und vergütet werden können. Der vorliegende Artikel macht Mut und gibt Anleitung, diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden.

Peter Andreas Mayser Korrespondenzanschrift Prof. Dr. med. Peter Andreas Mayser Universitätsklinikum Gießen und Marburg Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie – Standort Gießen Gaffkystraße 14 35385 Gießen E-Mail: [email protected]

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