K/in. Mb!. Augenheilk. 197 (1990) 53

Moschcowitz Syndrom und retinale Neovaskularisation mit Traktionsamotio P. Wiedemann, K. Heimann

Fallbeschreibung

Zusammenfassung

Sechs Monate nach der ersten Untersuchung konnten wir eine Patientin mit thrombotischthrombozytopenischer Purpura (Moschcowitz Syn-

drorn), bei der beidseits massive GefaBverschlusse diagnostiziert wurden, erneut untersuchen. Sie hatte nun

ausgepragte retinale Neovaskularisationen in beiden Augen und eine Traktionsarnotio links. Eine Traktionsamotio bei M. Moschcowitz wurde bisher nur einmal beschrieben. Da die Uberlebenschancen der Patienten durch die moderne Intensivmedizin deutlich besser wurden, erscheint es sehr wichtig, entsprechende Patienten kurzfristig zu kontrollieren, urn beginnende Neovaskularisationen nicht zu ubersehen.

Thrombotic Thrombocytopenic Purpura with Neovascularization and Traction Detachment

The authors exarnined a patient with thrornbotic thrombocytopenic purpura (Moschcowitz's disease). Six months after the patient was first seen with massive bilateral vascular occlusion, she presented with advanced retinal neovascularization in both eyes and traction retinal detachment in the left eye. While traction retinal detachment is a very rare sequela of this hematologic disorder, patients with Moschcowitz's disease should be carefully examined for early signs of ocular neovascularization in order to prevent loss of residual vision.

Im Februar 1988 wurde eine 25jahrige Frau wegen plotzlich einsetzender zerebraler Krampfe und akutem Nierenversagen in unserer internistischen Intensivstation aufgenom-

men. Die Diagnose ,,thrombotische Mikroangiopathie Typ Moschcowitz" wurde durch hamatologische Untersuchungen be-

sttigt. Taglich wurde em Plasmaaustausch durchgefuhrt; dies gilt zur Zeit als die Standardtherapie. Aullerdem wurden Steroide und em Thrombozytenaggregationshemmer verordnet. Das Nierenversagen wurde mit Dialyse behandelt. Unter dieser Therapie kam es zu einer raschen Besserung des Allgemeinzustandes.

Nachdem die Patientin das BewuOtsein wiedererlangt hatte, wurden eine neurologische Untersuchung und eine Schadeltornographie durchgefuhrt. Beide waren unauffallig. Bei der ophthalmologischen Untersuchung betrug das Sehvermogen beidseits Handbewegungen. Die symmetrischen Befunde zeigten choroidale und retinale GefJ3verschlusse, die eine zentrale serose Netzhautabhebung mit massiver subretinaler Exsudation verursachten. Beidseits sah man einen kirschroten Makulafleck. Insgesamt erschien die Netzhaut wolkig, trUbe und geschwollen. Veranderungen des Pigmentepithels im Sinne von De- und Hyperpigmentierungen und ebenso retinale Blutungen waren erkennbar (Abb. 1). Der temporale Sektor der Papille erschien blaB.

Sechs Monate spater sahen wir die Patientin wieder. Die internistischen und hamatologischen Untersuchungen zu diesem Zeitpunkt waren normal. Man sah am Fundus ausgepragte intraretinale Neovaskularisationen mit Glaskorperblutung rechts und eine Traktionsarnotio irn linken Auge. Das Sehvermogen betrug 0,025 am rechten Auge und Handbewegungen ohne Lichtprojektion links. Die Fluoreszenzangiographie zeigte eine verzogerte Fullung der Aderhaut, Nichtperfusion retinaler Kapillaren und intensive Neovaskularisation mit zunehrnender FarbEinleitung stoffleckage in der Spatphase der Fluoreszenz (Abb. 2). Das Moschcowitz Syndrom oder auch Die zentralen Aderhautverschlusse, die Glaskorperbluthrombotisch-thrombozytopenische Purpura ist eine selte- tung, die Traktionsamotio und die Sehnervenatrophie erne Erkrankung mit einer schlechten Prognose wThrend der klärten den Visus. akuten Krankheitsphase. Das Syndrom ist gekennzeichnet durch eine mikroangiopathische harnolytische Anämie mit Diskussion Thrombozytopenie, neurologischer Dysfunktion, Fieber und Nierenversagen. Die vaskularen Schaden werden hervorgerufen durch disseminierte hyaline Thromben aus FlBin ahnlicher Fall wie hier mit beidseitiger brin-Plattchen-Aggregaten in den kleinen GefaBen. Die massiver retinaler GefaBokklusion bei einer thrombotipathogenetischen Mechanismen der Erkrankung sind im schen thrombozytopenischen Purpura wurde erstrnals von Einzelnen immer noch wenig verstanden. Gum und Mitarbeitern (1988) berichtet; es handelte sich bei diesern Patienten allerdings urn einen Diabetiker. Das Auftreten einer neovaskularisationsbedingten TraktionsKim. Mbl. Augenheilk. 197 (1990) 53—54 1990 F. Enke Verlag Stuttgart

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IJniversitatsaugenklinik Koln (Direktor: Prof. Dr. G. K. Krieglstein) Abteilung für Netzhaut- u. Glaskorperchirurgie (Direktor: Prof. Dr. K. Heimann)

54 K/in. Mb!. Augenheilk. 197 (1990)

P. Wiedemann, K. Heimcznn: Moschcowitz Syndrom und Neovaskularisation

1 Photographie des linken Auges mit retinalen Blutungen, zentraler serdser Amotio und partieller Optikusatrophie (Februar 1 988)

Fig.

Singerman 1980). Eine seröse Amotio findet man bei M. Moschcowitz dagegen haufiger (Wyszynski und Mitarbeiter 1988). Die Lebenserwartung von Patienten mit Moschcowitz Syndrom 1st gut, da es sich bei der Erkrankung meist urn eine einmalige Episode handelt. Es solite jede Anstrengung gemacht werden, urn die verbleibende Sehkraft zu retten. Die Patienten mussen daher kurzfristig yam Augenarzt kontrolliert werden und gegebenenfalls fruhzeitig einer Laserbehandlung zugefuhrt werden. Das rechte Auge unserer Patientin behandelten wir mit panretinaler Photokoagulation. Eine Vitrektomie mit Gastamponade und Endophotokoagulation wurde am linken Auge durchgefuhrt und fUhrte zur kompletten Netzhautanlage, so daB die Patientin beidseits em orientierendes SehvermOgen behielt. Ltteratur Gum, K. B., K. D. Carter, A. K. Vine: Massive bilateral retinal vascular occlusion secondary to thrombotic thrombocytopenic purpura. Retina 8 2

(1988) 185—187 Lewellen, D. R., L. .1. Singerinan: Thrombotic thrombocytopenic purpura with optic disk neovascularization, vitreous hemorrhage, retinal

detachment, and optic atrophy. Am. J. Ophthalmol. 89 (1980) 840—844 Wyszynski, R. E., K. E. Frank, H. E. Grossnik/aus: Bilateral retinal de-

tachments in thrombotic thrombocytopenic purpura. Graefe's Arch. Clin. Esp. Ophthalmol. 226 (1988) 501—504

Manuskript erstmals eingereicht 5. 7. 1989, zur Publikation in dee vorliegenden Form angenommen 8. 7. 1989.

Dr. Peter Wiedemann (iniversitatsaugenklinik J oseph-Stelzmannstr. 9 5000 Kdln 41

2 Fluoreszenzangiographie des rechten Auges mit (Ionden Neovasku(arisationen (November 1988). Fig.

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amotio wurde bisher nur einmal beschrieben (Lewellen und

[Moschcowitz syndrome and retinal neovascularization with retinal detachment].

The authors examined a patient with thrombotic thrombocytopenic purpura (Moschcowitz's disease). Six months after the patient was first seen with mass...
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