Leitthema Bundesgesundheitsbl 2014 ∙ 57:952–960 DOI 10.1007/s00103-014-1997-1 Online publiziert: 8. Juli 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

L. Albers · S. Ziebarth · R. von Kries Institut für soziale Pädiatrie und Jugendmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, München

Potenziell vermeidbare Risikofaktoren für primäre Kopfschmerzen Ein systematischer Review

Vor dem Hintergrund der Herausforde­ rung in der Therapie von chronischen Kopfschmerzen sind präventive Strate­ gien, die gerade die Chronifizierung ver­ hindern helfen von besonderer Bedeu­ tung. Voraussetzung für die Prävention ist die Identifizierung von Risikofakto­ ren, die potenziell vermeidbar sind. Ihre Reduktion bietet eine Option, um Kopf­ schmerzen zu verhindern. Im gängigen Sprachgebrauch wird oft nicht zwischen Triggerfaktoren und Risikofaktoren dif­ ferenziert. Triggerfaktoren sind definiert als Auslöser bei Patienten mit bekannten Kopfschmerzleiden. Bei diesen Patien­ ten ist das Vermeiden der Risikofakto­ ren eine Option zur sekundären bzw. ter­ tiären Prävention. Unter Risikofaktoren versteht man Umstände, die entweder das Auftreten der Kopfschmerzerkrankung oder ihre Verschlimmerung beeinflus­ sen. Per definitionem müssen diese in der Allgemeinbevölkerung erhoben werden, in der einige Menschen Kopfschmerzen haben und andere nicht. Einige dieser Ri­ sikofaktoren wie das Wetter oder geneti­ sche Dispositionen sind nicht beeinfluss­ bar, andere können gemieden werden. Letztere bieten Angriffspunkte für eine Kopfschmerzprävention. Ziel des vorliegenden systematischen Reviews war die Beurteilung der Relevanz vermeidbarer Risikofaktoren für Kopf­ schmerzen bei Erwachsenen.

Methoden Die Literursuchen wurde in den Da­ tenbanken MEDLINE und Embase von

2 Personen (LA, SZ) unabhängig vonei­ nander durchgeführt. Es wurde von die­ sen nach folgenden Begriffen in den Ti­ teln und Abstracts von Artikeln in deut­ scher oder englischer Sprache gesucht, die den Zusammenhang zwischen Kopf­ schmerzen und den Risikofaktoren Stress, Rauchen, Kaffeekonsum und muskuläre Verspannung im Nacken- und Schulter­ bereich darstellen: 55headache OR cephalea OR migraine OR tension-type, 55risk factor OR risk factors OR hazard factor OR hazard factors OR trigger

MEDLINE (N= 1720)

OR triggers OR association OR asso­ ciations OR impact OR cause, 55coffee OR smoking OR stress OR stressful OR muscular pain OR musc­ le OR neck OR shoulder. Für diesen systematischen Review mit Metaanalyse beschränkten wir uns auf Studien bei Erwachsenen in der Allge­ meinbevölkerung, in denen die Assozia­ tion zwischen Kopfschmerzen und Ri­ sikofaktor als Odds Ratio (OR) angege­ ben ist oder sich diese aus den gegebe­ nen Daten berechnen lässt. Sehr spezielle Kopfschmerzformen wie „New daily per­ Embase (N=1618) Löschung von Duplikaten (N=1075)

Titel-/Abstractscreening (N=2263)

Volltextscreening (N=202) Ausschlussgründe: Konferenzabstracts (N=18) Volltexte nicht erreichbar (N=32) Zu spezielle KS (N=3) Andere Risikofaktoren (N=11) Studienpopulation besteht nur aus Kopfschmerzpatienten (N=62) Ungeeignete Kodierung des Outcomes (N=35) Studienpopulation besteht aus Kindern (N=16)

Abb. 1 7 Flussdiagramm der Literatursuche für den systematischen Review

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In systematischen Review eingeschlossene Studien (N=24)

Study on Subgroup Antonov 1996 - A Antonov 1996 - B Cheng 2001 Hange 2013 - A Hange 2013 - B Lee Peterlin 2010 Löwe 2011 Rona 2013 Runnals 2013 Yokoyama 2009

log [Odds Ratio]

SE

Total

Total

Weight

Odds Ratio IV, Random, 95% CI

0.3616 0.5329 0.8555 0.2231 0.6931 1.735 0.7534 1.3303 0.8696 0.8294

0.0709 0.0709 0.0587 0.1733 0.1536 0.1614 0.2664 0.122 0.1366 0.107

3077 2949 5419 402 402 168 83 371 283 11167

4810 4935 9930 736 809 4896 713 9463 1021 1829

11.1% 11.1% 11.2% 9.3% 9.7% 9.5% 7.3% 10.3% 10.0% 10.6%

1.44 [1.25, 1.65] 1.70 [1.48, 1.96] 2.35 [2.10, 2.64] 1.25 [0.89, 1.76] 2.00 [1.48, 2.70] 5.67 [4.13, 7.78] 2.12 [1.26, 3.58] 3.78 [2.98, 4.80] 2.39 [1.83, 3.12] 2.29 [1.86, 2.83]

39142 100.0%

2.26 [1.79, 2.85]

Total (95% CI)

24321

Heterogeneity: Tau2 = 0.12; Chi2 = 112.81, df = 9 (P < 0.00001); I2 = 92% Test for overall effect: Z = 6.84 (P < 0.00001)

Odds Ratio IV, Random, 95% CI

0.01

0.1

1

10

100

Abb. 2 8 Forest Plot für den Risikofaktor Stress

sistant headache“ und „High altitude hea­ dache“ wurden ausgeschlossen.

Ergebnisse Nach dem Löschen von Duplikaten wur­ den 2263  Artikel nach Titel und Abs­ tracts gesichtet (. Abb. 1). 202 dieser Ar­ tikel wurden einer Volltextanalyse unter­ zogen, und von diesen wiederum 24 Arti­ kel in den Review eingeschlossen [1, 3, 4, 6–9, 11–16, 18–20, 22–29]. Bei den Studien handelt es sich um Querschnitterhebungen oder Fall-Kon­ troll-Studien, die Kopfschmerzen und Risikofaktoren in Fragebögen oder Inter­ views erfassten. Hierbei wurden Kopf­ schmerzen und Risikofaktoren auf sehr unterschiedliche Weise definiert und kodiert (s.  .  Tab. 1, 2, 3, und 4): So wird für Kopfschmerzen eine Periodenpräva­ lenz von über 2 Wochen bis zu 12 Mo­ nate berichtet. Bei den Risikofaktoren Rauchen und Kaffeekonsum wird meist nach unterschiedlichen Dosen differen­ ziert. Bei den Angaben zum Stress werden unterschiedliche Ursachen angegeben (posttraumatisches Stresssyndrom (PTSS, durch Arbeit ausgelöster Stress usw.). In einigen Studien erfolgt eine Differenzie­ rung der Kopfschmerztypen nach Migrä­ ne und nichtmigränösem Kopfschmerz oder Spannungskopfschmerz (TTH) (mit zum Teil weiteren Subgruppen). Eine Metaanalyse schien uns nur für den Risikofaktor Stress sinnvoll, da Stress meist bivariat kodiert berichtet wurde (ja/ nein). In 3 von 8 Studien wurde das sub­ jektive Empfinden von Stress erfragt; da­

bei wurde das Stresslevel auf Skalen von leicht bis stark angegeben [7, 13, 29]. Eine Studie, die sich auf Stress am Arbeitsplatz beschränkt, ermittelte das Stresslevel über die Anzahl möglicherweise Stress-verur­ sachender Arbeitsbedingungen (mono­ ton/hektisch/psychisch belastend) [3]. Bei den übrigen 4 Studien handelte es sich um Studien bei Patienten mit posttrauma­ tischen Stresssyndrom (nach DSM-IVKriterium), bei denen ein validiertes Er­ hebungsmittel zum Einsatz kam [16, 18, 22, 23]. Die Risikofaktoren Rauchen und Kaffeekonsum wurde quantitativ kodiert und darüber hinaus mit unterschiedli­ chen Einheiten kodiert, sodass eine sinn­ volle Zusammenfassung nicht möglich war. Für Nacken- und Schulterschmer­ zen gab es zu wenige Studien, die die Ein­ schlusskriterien erfüllten. Stress erhöht das Risiko für Kopf­ schmerzen unabhängig von der Ursache des Stresses und unabhängig von der Art und Erfassung des Kopfschmerzes wie in . Abb. 2 und . Tab. 1 zu sehen ist. Die Ef­ fektstärken variieren erheblich, was mög­ licherweise auf die unterschiedliche Erfas­ sung und Kodierung der Stressoren zu­ rückzuführen ist. Durchschnittlich kann mindestens von einer Verdoppelung des Kopfschmerzrisikos durch Stress ausge­ gangen werden. Die Assoziation mit dem Rauchen ist insgesamt geringer ausgeprägt als die für Stress (Odds Ratios bis 1,9). Es zeigt sich hier eine erhebliche Heterogenität zwi­ schen den Studien (in manchen Studien werden sogar keine Effekte gefunden). Ein stärkerer diesbezüglicher Zusammen­

hang ist für Migräne als für nichtmigrä­ nösen Kopfschmerz zu sehen. Einige Stu­ dien untersuchen Dosiseffekte; dabei ist ein Anstieg des Effekts mit steigender Do­ sis zu erkennen. Bezüglich des Kaffeekonsums besteht nur ein sehr schwacher Zusammenhang mit dem Auftreten von Kopfschmer­ zen. Zu dieser Fragestellung liegen auch sehr große Studien mit über 50.000 Teil­ nehmern vor. Eine Assoziation wird nur bei sehr hohen Kaffeedosen beobach­ tet (> 540 mg pro Tag). Es zeigt sich kein unterschiedliches Muster bei Migräne und Nicht-Migräne. In den beiden Studien, die Nacken und Schulterschmerzen direkt erfragten, zeigt sich eine deutliche Assoziation mit Kopf­ schmerzen. Weiter Fall-Kontroll-Stu­ dien untersuchen den Zusammenhang zwischen Nacken und einzelnen Kopf­ schmerztypen über Triggerpunkte [8–10, 19, 25]. Dabei wird zwischen aktiven und latenten Triggerpunkten in den einzel­ nen Muskeln unterschieden. Wegen der hohen Anzahl der Subgruppen ist eine tabellarische Darstellung der Ergebnis­ se nicht möglich. Es zeigt sich durchwegs ein deutlicher Unterschied zwischen Pa­ tienten mit und ohne Kopfschmerzen: So­ wohl aktive als auch latente Triggerpunk­ te sind bei Kopfschmerzpatienten häufi­ ger.

Diskussion Von den analysierten putativen Risi­ kofaktoren für Kopfschmerzen war für Stress der Effekt am größten. Auch bei

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Zusammenfassung · Abstract Bundesgesundheitsbl 2014 ∙ 57:952–960  DOI 10.1007/s00103-014-1997-1 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 L. Albers · S. Ziebarth · R. von Kries

Potenziell vermeidbare Risikofaktoren für primäre Kopfschmerzen. Ein systematischer Review Zusammenfassung Hintergrund.  Vor dem Hintergrund des Risikos für eine Chronifizierung von Kopfschmerzen sind präventive Strategien von besonderer Bedeutung. Voraussetzung für die Prävention ist die Identifizierung von Risikofaktoren, die potenziell vermeidbar sind. Ziel der Arbeit.  Durch einen systematischen Review wird die Effektstärke putativ vermeidbarer Risikofaktoren wie Stress, Rauchen, Kaffeekonsum und Nacken- und Schulterschmerzen quantifiziert. Material und Methoden.  Eine systematische Literatursuche in den Datenbanken MEDLINE und Embase zu den Risikofaktoren wurde von 2 Personen unabhängig durchgeführt. Weitere Aufnahmekriterien waren: Beobach-

tungsstudien bei Erwachsenen in der Allgemeinbevölkerung bzw. Fall-Kontroll-Studien, bei denen der Effekt als OR berichtet ist oder sich aus gegebenen Daten berechnen lässt. Ergebnisse.  24 Studien konnten eingeschlossen werden. Bezüglich der Erfassung und Klassifizierung von Kopfschmerzen und Risikofaktoren sind die Studien sehr heterogen. Die Assoziation der Kopfschmerzen mit dem Risikofaktor Stress ist unabhängig vom Auslöser und der Kopfschmerzdefinition sehr hoch: Die Metaanalyse zeigt ein Gesamteffekt von 2,26 (OR mit 95 %-KI = [1,79; 2,85]). Die Studien zu Nacken- und Schulterschmerzen berichten ebenfalls über einen starken diesbezüglichen Zusammenhang, jedoch konn-

ten die Ergebnisse nicht in einer Metaanalyse zusammengefasst werden. Auch die Ergebnisse für Rauchen und Kaffeekonsum als Risikofaktoren ließen sich nicht mit einem durchschnittlichen Effektschätzer belegen: Die Effekte waren eher gering und überwiegend nur bei höheren Dosen erkennbar. Diskussion.  Ein starker Zusammenhang zwischen Kopfschmerzen und den Risikofaktoren Stress und Nacken- und Schulterschmerzen wird bestätigt. Für Rauchen und Kaffeekonsum waren die Effekte eher gering. Schlüsselwörter Kopfschmerzen · Stress · Rauchen · Kaffeekonsum · Muskuläre Verspannung

Modifiable risk factors for primary headache. A systematic review Abstract Background.  Strategies to prevent primary headaches could be very beneficial, especially given that primary headaches can lead to the development of chronic headache. In order to establish headache prevention strategies, the modifiable risk factors for primary headaches need to be identified. Material and methods.  A systematic literature search on the risk factors for primary headaches was conducted independently by two persons using the databases MEDLINE and Embase. Further inclusion criteria were observational studies in adult general populations or case-control studies, where the effect sizes were reported as odds ratios

den Studien zu Nacken- und Schulter­ schmerzen war eine starke Assoziation zu Kopfschmerzen zu erkennen. Rau­ chen und Kaffeekonsum zeigten geringe Effekte. Untersuchungen zu Risikofaktoren für Kopfschmerzen erfolgen üblicherwei­ se in der Allgemeinbevölkerung oder in bestimmten Teilpopulationen. Ihr Ziel ist die Identifizierung von Faktoren, die dazu führen, dass primär gesunde Men­ schen Kopfschmerzen entwickeln. Über­ sichtsarbeiten zu solchen Risikofaktoren gibt es aber nur sehr wenige [2, 5, 21] – und nur eine von ihnen wurde als syste­ matischer Review durchgeführt [2]: Dies

or where the odds ratios could be calculated from the given data. Results.  In all, 24 studies were included in the analysis. There was a large amount of heterogeneity among the studies concerning headache acquisition, headache classification, and risk factors for headache development. Independent of headache trigger and definition of headache, the association between headache and the risk factor “stress” was very high: The meta-analysis shows an overall effect of 2.26 (odds ratio; 95 %-CI = [1.79; 2.85]). Studies evaluating neck and shoulder pain also report a strong association with headache; however, these results

ist die Arbeit von Abbound et al. [2], die über muskuloskelettale Risikofaktoren bei Spannungskopfschmerz berichtet. Sie unterscheiden die erklärenden Variablen Triggerpunkte, Schmerzgrenze bei Druck, Bewegungsbereich, Schmerzempfindlich­ keit. Kopfschmerzpatienten besitzen ver­ glichen mit gesunden Kontrollen häufi­ ger muskuläre Triggerpunkte, niedrigere Schmerzschwellen bzw. einen schmerz­ haft eingeschränkten Bewegungsbe­ reich. Nicholson et al. untersuchen den Zusammenhang zwischen psychologi­ schen Risikofaktoren und Kopfschmer­ zen, wobei vor allem der Einfluss von Ko­ gnition (Selbstkontrolle und Selbstwirk­

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could not be summarized in a meta-analysis. Equally, the overall effects of smoking and coffee consumption on headaches could not be verified because the effect sizes were rather small and predominantly noticeable only at higher doses. Conclusion.  A strong association between headache and the risk factors stress and neck and shoulder pain was confirmed. The effect sizes of smoking and coffee consumption on headaches were rather small. Keywords Headache · Stress · Smoking · Coffee consumption · Muscle pain

samkeit) und negativem Affekt (Depres­ sion, Angst, Ärger) auf das Entstehen von Kopfschmerzen erklärt wird. Auch von Bigal und Lipton [5] werden beeinfluss­ bare Risikofaktoren untersucht, jedoch gehen sie nur auf die Risikofaktoren für „transformierte Migräne“ ein. Der hier vorliegende Review basiert auf einer systematischen Literatursuche, die von 2 Personen unabhängig vonein­ ander durchgeführt wurde. Dabei wur­ den über 2000 Artikel gesichtet. Wir be­ schränkten uns in diesem Zusammen­ hang auf 4  Risikofaktoren für Kopf­ schmerzen, die potenziell beeinfluss­ bar und somit von besonderem Interesse

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Schwedische Bevölkerung älter als 15 Jahre N = 9196

Berufstätige Personen 15 bis 65 Jahre N = 15.345 Frauen 38 bis 60 Jahre N = 1462

Antonov 1996 Schweden [3]

Cheng 2001 Taiwan [7]

„Leiden Sie an Kopfschmerzen?“

Häufige oder starke Kopfschmerzen innerhalb der letzten 12 Monate Starke Kopfschmerzen innerhalb des letzten Monats Kopfschmerzen innerhalb des letzten Monats (gering, mittel, stark) Nicht angegeben

„Hatten Sie innerhalb der letzten 2 Wochen wiederkehrende KS oder Migräne?“ Kopfschmerzen innerhalb der letzten 12 Monate “Haben Sie eine der folgenden Symptome/ Krankheiten?” – darunter Kopfschmerzen

Definition der Kopfschmerzen

PTSS posttraumatisches Stresssyndrom, KS Kopfschmerzen aAdjustiert für Alter bAdjustiert für Alter, Geschlecht, Familienstand, Rasse, Ausbildung und Rauchen

Yokoyama 2009 Japan [29]

Runnals 2013 USA [23]

Soldaten, die im Irak oder in Afghanistan im Einsatz waren N = 1614 Allgemeinbevölkerung 20 bis 79 Jahre N = 12.988

Patienten aus allgemeinen Ambulanzen N = 965 Soldaten; zum Teil 2003 im Einsatz im Irak N = 9.964

Löwe 2011 USA [18]

Rona 2013 Großbritannien [22]

Allgemeinbevölkerung 18 bis 98 Jahre N = 5692

Lee-Peterlin 2011 USA [16]

Hange 2013 Schweden [13]

Studienpopulation N

Studie, Jahr, Land

Tab. 1  Charakteristika der Studien zum Risikofaktor Stress

Nicht klassifiziert

Nicht klassifiziert

Nicht klassifiziert

Alle KS-Typen, episodische Migräne, episodischer nichtmigränöser KS Nicht klassifiziert

Nicht klassifiziert

Nicht klassifiziert

Nicht klassifiziert

Betrachtete Kopfschmerztypen

Stress (sehr hoch, eher hoch, mittel, gering, sehr wenig oder keinen Stress)

PTSS

PTSS

PTSS

Mentaler Stress: Kein mentaler Stress innerhalb der letzten 5 Jahre (A) Einige Perioden von mentalem Stress innerhalb der letzten 5 Jahre (B) Mehrere Perioden von mentalem Stress innerhalb der letzten 5 Jahre PTSS

(A) „Physical work stress“ (gering, mittel, hoch) (B) “Mental work stress” (gering, mittel, hoch) Psychosoziale Arbeitsstressoren (gering, mittel, hoch)

Messung und Kodierung des Risikofaktors

Gering, sehr wenig oder keinen Stress vs. mittlerer, eher hoher oder sehr hoher Stress: 2,29 [1,86; 2,83]

2,39 [1,83; 2,12]

3,78 [2,98; 4,80]

PTSD vs. kein Trauma: 2,12 [1,26; 3,58]

5,69 [4,13; 7,78]

Effekte (OR mit 95 %-KI) Alle KS-Typen “Gering vs. mittel oder hoch”: (A) 1,44 [1,25; 1,65] (B) 1,70 [1,48; 1,96] “Gering vs. mittel oder hoch”: 2,35 [2,10; 2,64] (A) 1,25 [0,89;1,76]a (B) 2,00 [1,48;2,70]a (Referenz kein mentaler Stress innerhalb der letzten 5 Jahre)















2,93 [1,76; 4,87]b

5,39 [3,47; 8,37]a







Nichtmigränöser KS –





Migräne –

Studienpopulation N

Allgemeinbevölkerung 20 Jahre N = 48.576

Schwedische Bevölkerung älter als 15 Jahre

Allgemeinbevölkerung 15 Jahre N = 913 Allgemeinbevölkerung 20 bis 71 Jahre N = 31.865

Allgemeinbevölkerung 18 bis 98 Jahre N = 5692

Allgemeinbevölkerung 18 bis 64 Jahre N = 43.770

Soldaten; zum Teil 2003 im Einsatz im Irak N = 9964

Allgemeinbevölkerung 18–65 Jahre N = 9.635

Studie, Jahr, Land

Aamodt 2006 Norwegen [1]

Antonov 1996 Schweden [3]

Bener 2006 Großbritannien [4] Le 2011 Dänemark [15]

Lee-Peterlin 2010 USA [16]

Molarius 2008 Schweden [20]

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Rona 2013 Großbritannien [22]

Schramm 2013 Deutschland [24]

Kopfschmerzen innerhalb der letzten 12 Monate

Wiederkehrende KS: „Haben Sie innerhalb der letzten 3 Monate KS gehabt?“ (nein, sehr selten, einige Male, immer); Antwort mit einige Male oder immer = wiederkehrende KS Kopfschmerzen innerhalb des letzten Monats (gering, mittel, schwer)

Hatten Sie schon mal Migräne? Hatten Sie schon mal visuelle Störungen mit der Dauer von 5–60 min nach denen Sie Kopfschmerzen bekamen? Häufige oder starke Kopfschmerzen innerhalb der letzten 12 Monate

Häufige KS: „Hatten Sie innerhalb der letzten 2 Wochen wiederkehrende KS oder Migräne?“ Kopfschmerzen innerhalb der letzten 12 Monate

Kopfschmerzen innerhalb der letzten 12 Monate

Definition der Kopfschmerzen

Tab. 2  Charakteristika der Studien zum Risikofaktor Rauchen

Alle KS-Typen, Migräne, TTH

Nicht klassifiziert

Nicht klassifiziert

Nicht klassifiziert

Migräne

Nicht klassifiziert

Nicht klassifiziert

Alle KS-Typen, Migräne, nichtmigränöser Kopfschmerz

Betrachtete Kopfschmerztypen

Rauchen (ja/nein)

Nicht-Raucher (A) Ex-Raucher (B)  10 Tassen/ Tag Kaffeekonsum (ja/nein)

(A) 0,90 [0,57; 1,41] (B) 0,83 [0,56; 1,24] (C) 0,86 [0,57; 1,30] (D) 2,05 [0,88; 4,76] (Referenz kein Koffein) 1,08 [0,75; 1,55]



Nichtmigränöser KS –





(A) 0,96 (A) 1,02 [0,91;1,00]a [0,94;1,10]a (B) 0,97 (B) 1,00 [0,92;1,02]a [0,92;1,10]a (C) 1,13 (C) 1,10 [1,07;1,20]a [1,01;1,20]a (Referenz 0–240 mg) 0,98 [0,74; 1,32] –

Boardman 2005 Großbritannien [6]

Allgemeinbevölkerung 18 Jahre N = 2662

KS innerhalb letzten 3 Monate

Nicht klassifiziert

Bener 2006 Großbritannien [4] Hagen 2009 Norwegen [12]

Allgemeinbevölkerung 15 Jahre N = 913 Allgemeinbevölkerung 20 Jahre N = 50.483

KS innerhalb der letzten 12 Monate KS innerhalb der letzten 12 Monate

Nicht klassifiziert Alle KS-Typen, Migräne, nichtmigränöser KS

Koffeinkonsum: 0–240 mg (A) 241–400 mg (B) 401–540 mg C) > 540 mg

Wiendels 2006 Niederlande [27]

Allgemeinbevölkerung 25 bis 55 Jahre N = 744

KS innerhalb des letzten Monats

Nicht klassifiziert

Übermäßiger Koffeinkonsum (mehr als 5 Tassen/Gläser koffeinhaltige Getränke)

(A) 0,94 [0,88;0,99]a (B) 0,96 [0,90;1,03]a (C) 1,14 [1,07;1,21]a –

KS Kopfschmerzen, mg Milligramm aAdjustiert für Alter, Geschlecht, Rauchen und Ausbildung

Tab. 4  Charakteristika der Studien zum Risikofaktor muskuläre Verspannung in Nacken- und Schulterregion Studie, Jahr, Land

Studienpopulation

Definition der Kopfschmerzen

Betrachtete Kopfschmerztypen

Boardman 2005 Großbritannien [6]

Allgemeinbevölkerung 18 Jahre N = 2662

KS innerhalb letzten 3 Monate

Nicht klassifiziert

Hasvold 1996 Norwegen [14]

Allgemeinbevölkerung 20 bis 56 Jahre N = 18.105

Wie oft haben Sie KS? Selten oder nie, vs. einmal im Monat, einmal die Woche oder täglich Leiden Sie oder haben Sie an Migräne gelitten?

Alle KS-Typen, Migräne

Messung und Kodierung des Risikofaktors

(A) Nackenschmerzen (ja/nein) (B) Schulterschmerzen (ja/nein) Mehr als 4 Wochen andauernde Rückenschmerzen (ja/ nein)

Effekte (OR mit 95 %-KI) Alle KSMigräne Typen (A) 3,4 – [2,7; 4,3]a (B) 1,9 [1,5; 2,3]a 1,76 1,01 [1,35; 2,30] [0,71;1,44] (99 %-KI) 1,02 (99 %-KI)

KS Kopfschmerzen aAdjustiert für Alter und Geschlecht

sind, da durch ihr Vermeiden möglicher­ weise eine Reduktion der Kopfschmerzen erreicht werden kann. Ziel des Reviews war der Versuch, die unterschiedlichen

Risikofaktoren zu quantifizieren. Hierfür wurden entweder in den Studien ange­ gebene Odds Ratios verwendet oder die­ se aus den berichteten Proportionen be­

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rechnet. Über die Verwendung eines ver­ gleichbaren Assoziationsmaßes konnten die Effektstärken unterschiedlicher Risi­ kofaktoren miteinander verglichen wer­

den, wenngleich Unterschiede in ihrer Kodierung ursächlich für eine erhebliche Variabilität der Effektstärken identischer Risikofaktoren sind. Während die meisten in den Stu­ dien angegebenen Odds Ratios für Al­ ter und Geschlecht adjustiert waren, lag für die Kopfschmerztypen bei nur einer der Studien eine mutuelle Adjustierung für unterschiedliche Risikofaktoren vor [12]. Somit sind die berichteten Effekt­ stärken möglicherweise nicht unabhän­ gig und könnten den Effekt der Summa­ tion unterschiedlicher Risikofaktoren re­ flektieren. Beispielsweise ist bekannt, dass zwischen Stress und muskulärer Verspan­ nung eine gegenseitige Interferenz exis­ tiert [17]: Psychischer Stress führt zu ver­ mehrter Muskelspannung, die wiederum zu Muskelschmerzen führt. Ein solcher Zusammenhang kann hier nicht berück­ sichtigt werden. Generell ergibt sich das Problem, dass die Effektstärke einzelner Risikofaktoren überschätzt werden kann, da die Studien prinzipiell nicht für alle weiteren Einflussgrößen adjustiert haben bzw. adjustieren konnten. Eine weiterer potenzielle Limitation könnte sich aus der Beschränkung auf Studien ergeben, die die Ergebnisse als Odds Ratio mit oder ohne Adjustierung oder in einer Form berichtet haben (z. B. Häufigkeiten), die es erlaubten, Odds Ra­ tios zu berechnen. Andererseits erscheint es aber nicht sehr wahrscheinlich, dass das Ausmaß der beobachteten Effektstär­ ken die Auswahl des Effektmaßes (Odds Ratio) beeinflusst hat. Inwiefern die Heterogenität und Aus­ wahl z. B. der Stressoren (eine Vielzahl der Studien untersucht den Zusammen­ hang mit dem posttraumatischen Stress­ syndrom) die Ergebnisse beeinflusst ha­ ben, ist schwer zu beurteilen. Möglicher­ weise werden bei der Beurteilung der Zu­ sammenhänge in Bezug auf spezifische Kopfschmerztypen und Risikofaktoren hierdurch die „externe Validität“ einge­ schränkt. Dieser systematische Review bestätigt, dass Kopfschmerz durch eine Reduk­ tion von Stress und muskulärer Verspan­ nung vermieden werden kann. Stress­ vermeidungsstrategien und Muskelent­ spannungsübungen sollten folglich einen wichtigen Teil von Präventionsprogram­

men bilden. Basierend auf diesem syste­ matischen Review kann jedoch das Aus­ maß der zu erwartenden Reduktion nicht sicher beurteilt werden, da nur in einer Studie eine gegenseitige Adjustierung für die betreffenden Risikofaktoren stattfand.

Fazit Es konnte eine signifikante Assoziation zwischen Kopfschmerzen und den Risikofaktoren Stress und Nacken-/Schulterschmerzen gezeigt werden. Der Gesamteffekt für Stress beträgt 2,26 (OR mit 95 %-KI = [1,79; 2,85]). Für Rauchen und Kaffeekonsum zeigten sich insgesamt nur geringe Effekte, die für Migräne ausgeprägter als für andere primäre Kopfschmerzen waren.

Korrespondenzadresse L. Albers Institut für soziale Pädiatrie und Jugendmedizin Ludwig-Maximilians-Universität Haydnstraße 5/VI Stock, 80336 München [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  L. Albers, S. Ziebarth und R. von Kries geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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[Modifiable risk factors for primary headache. A systematic review].

Strategies to prevent primary headaches could be very beneficial, especially given that primary headaches can lead to the development of chronic heada...
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