Kiln. Wschr. 53, 6 2 3 - 6 2 8 (1975)

@ by Springer-Verlag 1975

Angiotensin I I-Stoffwechsel bei Angiotensininfusion und bei Kochsalzentzug H.P. Nast, U. Walter und A. Distler* ** I. Medizinische Klinik der Universitfit Mainz (Direktor: Prof. Dr. H.P. Wolff)

Metabolism oj" Angiotensin H During Angiotensin Infusion and Following Sodium Depletion Summary. 1. Angiotensin II ( A I I ) and angiotensin (3 - 8)-hexapeptide (H) were measured by radioimmunoassay in arterial and venous plasma before and during infusion of angiotensin II-amide in five normotensive subjects, both in sodium-replete and sodiumdepleted states. The separation of the oligopeptides was performed by thin layer chromatography. 2. Before sodium-depletion the mean ratio of arterial to venous A I I was 1.14 + 0.11:1, corresponding to an A II-extraction of approximately 12 % during a single forearm passage. Infusion of A l lamide increased extraction of A II. The mean ratio of arterial to venous A II increased to 1.68 + 0.3 : 1, corresponding to an extraction of approximately 39% when 8 ng. rain 1. kg-1 were infused. 3. Sodium depletion increased arterial and venous concentrations of A I I and H. During infusion of angiotensin II-amide the arterial and venous concentrations o f A II and H increased approximately parallel to the concentrations before sodium depletion. The extraction of A II did not differ significantly in both states. 4. The augmented extraction of A I I observed during infusion of angiotensin II-amide suggests an overproportional increase of the metabolism o f A II under the latter condition. Sodium depletion, however, does not appear to cause a percent change in A I I metabolism. Key words." Angiotensin II, angiotensin ( 3 - 8)-hexapeptide, radioimmunoassay, sodium depletion. Zusammetfassung. 1. Bei f~inf normotonen Probanden wurde im arteriellen u n d ven6sen Plasma des U n t e r a r m s vor u n d nach di/itetischem Salzentzug sowie vor und wfihrend Infusion yon Angiotensin II-amid Angiotensin II ( A I I ) u n d der Angiotensinmetabolit Angiotensin ( 3 - 8)-Hexapeptid (H) nach dfinnschichtchromatographischer T r e n n u n g radioimmunologisch bestimmt. 2. Vor Salzentzug betrug das Verhfiltnis yon arteriellem zu ven6sere A II-Spiegel 1,14_+0,11:1, entsprechend einer A II-Extraktion wS_hrend einer einzigen Passage durch den Unterarm yon etwa 12%. Die Infusion von Angiotensin IT-amid f/ihrte zu einer Z u n a h m e der Extraktion von A I I ; unter der h6chsten von uns gew/ihlten Infusionsgeschwindigkeit (8 n g . m i n ~.kg ~) stieg das Verhfiltnis von arteriellem zu ven6sem A II-Spiegel a u f 1,68 _+0,3 : 1, entsprechend einer A II-Extraktion yon rund 39% an. 3. Salzentzug f~hrte zu einem signifikanten Anstieg der arteriellen und ven6sen Konzentration von A I I und H. Unter der Infusion von Angiotensin II-amid stieg die arterielle und die ven6se A IIKonzentration yon den erh6hten Ausgangswerten aus annfihernd * Mit finanzieller Unterst~tzung dutch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (Na 58/3) und durch den SFB 36 der Deutschen Forschungsgemeinschaft. ** Herrn Prof. Dr. H.P. Wolff z u m 60. Geburtstag gewidmet.

parallel zu den Konzentrationen vor Salzentzug an. Die Extraktion von A I i unterschied sich nicht signifikant von derjenigen vor Salzentzug. 4. Die Z u n a h m e der Extraktion von A Ii w~ihrend der Angiotensin II-amid-lnfusion, nicht jedoch wfihrend Kochsalzentzug zeigt eine tiberproportionale Steigerung des Angiotensinmetabolismus unter Infusionsbedingungen an. Unter Salzentzug tritt dagegen nach unseren Untersuchungen keine prozentuale A n d e r u n g des Angiotensinmetabolismus auf. Schliisselwb'rter: Angiotensin II, Angiotensin ( 3 - 8 ) - H e x a p e p rid, Radioimmunoassay, Kochsalzentzug.

Einleitung Das aus Angiotensin I vorwiegend in der Lunge gebildete Angiotensin II [8,27] erreicht gr613tenteils als intaktes Molekfil das periphere Kapillarbett. Ffir den Angiotensinmetabolismus spielen Angiotensin-inaktivierende Enzyme im Blut eine untergeordnete Rolle [5, 16, 17, 22, 27, 33]. Die gr613te Bedeutung ffir die Inaktivierung von Angiotensin II besitzt das Kapillarbett verschiedener Organe wie Leber [1, 10, 13, 19, 24, 26], Niere [5, 10, 17, 18, 23, 24, 30], Milz [10, 31], Herz [30] und Extremitfitenmuskulatur [5, 7, 17]. Als Mechanismus ffir die Inaktivierung yon Angiotensin II in den peripheren Geweben wurden bisher die enzymatische Hydrolyse [24, 30], die Bindung an spezifische Rezeptoren [9, 16], die Aufnahme in die Zellen [14, 29] bzw. in den extrazellul/iren Raum [4, 31] diskutiert, wobei die enzymatische Hydrolyse die wichtigste Rolle zu spielen scheint [24, 30]. Uns interessierte die Frage, ob die unter Kochsalzentzug wiederholt beobachtete Abschw/ichung der pressorischen Wirkung yon Angiotensin II [2, 6, 21, 34] durch einen gesteigerten Metabolismus bedingt ist. Frfihere Untersucher berichteten sowohl fiber einen gesteigerten [20, 24] wie fiber einen verminderten [25] Stoffwechsel von Angiotensin II. Zur Klfirung der Frage einer Verfinderung des Angiotensin-Metabolismus nach Kochsalzentzug bestimmten wir bei freiwilligen Versuchspersonen im arteriellen und ven6sen Blut vor und nach Kochsalzentzug die Konzentration von Angiotensin II sowie yon Angiotensin (3-8)-Hexa-

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H.P. Nast etal. : Angiotensin II-Stoffwechsel bei Angiotensininfusion und bei Kochsalzentzug

peptid, welches nach Untersuchungen von Cain u.Mitarb. [11] die Hauptkomponente des ,,immunreaktiven Materials" im ven6sen Blut darstellt.

Probanden und Methodik

Probanden Untersucht wurden ffinf freiwillige mfmntiche Normatpersonen im Alter zwischen 20 und 25 Jahren, die fiber den Untersuchungsablauf voll informiert waren. Die Blutdruckwerte aller Probanden Iagen im Normbereich.

mit Ammoniak-Methanol (90:I0). Als Referenzsubstanzen ffir Angiotensin II dienten Hypertensin C1BA und Aspl-IleS-AlI (SCttWARZ/MANN), ffir H Angiotensin (3-8)-Hexapeptid (SCHWARZ/MANN). Die radioimmunologische Bestimmung yon A I I und H wurde nach der Methode yon Dfisterdieck u. Mitarb. [15] durchgeffihrt. Nach der Dowex-Extraktion und Dfinnschichtchromatographie betrug die mitttere Wiederfindungsrate yon A I I im Durchschnitt 79%, von H 78 %. Der wfihrend des Anreicherungs- und Trennverfahrens der Peptide auftretende Verlust von 21% ftir A I I und 22% ffir H wurde korrigiert. Die Kreuzreaktion mit Hypertensin CIBA ats Referenz betrug auf molarer Basis ffir H 102%, ffir das Angiotensin (2 - 8)-Heptapeptid 98 %.

Ergebnisse

Methodik 1. Vor Salzentzug (Abb. 1 a) Angiotensin-Infusionen Die Untersuchungen erfolgten in 2 Abschnitten: Die Probanden erhielten zun~ichst drei Tage lang eine Elektrolytbilanzdifit mit einem Natriumgehalt yon 120- 140 reval/die und einem Kaliumgehalt yon 60 - 80 mval/die. Im Anschlul3 daran erfolgte eine dreitgtige Satzrestriktion mit einem Natriumgehalt der Di/it yon I0 mvaI/die bei einem Kaliumgehalt von 60 mval/die. Die Natriumausscheidung wurde durch eine einmalige Gabe yon 40 mg Furosemid i.v. zusS.tzlich beschleunigt. Um 7.00 Uhr morgens unmittelbar nach dem letzten Tag jeder der beiden Di/itformen und nach mindestens 8 Std strenger Bettruhe erfotgte die Placierung der Katheter. Vygon-Aiguille-Katheter (Nr. 112-12) in den Cubitalvenen beider Arme dienten ftir die Infusion bzw. f/Jr die ven6se Blutentnahme; arterielles Blut wurde durch einen Katheter aus der A. brachialis entnommen. Um 8.00 wurde die Infusionsstudie begonnen. Dem liegenden Probanden wurden AsnLValS-Angiotensin II (HYPERTENSIN ® CIBA) in 5% Laevutose in drei aufeinander folgenden Perioden yon jeweiIs 1 Std Dauer mit einer Infusionsgeschwindigkeit yon 2, 4 und 8 ng. rain 1.kg- 1 K6rpergewicht durch einen Perfusor infundiert. Die Blutdruckwerte stiegen w~ihrend der Infusion in keinem Fall an. In der Basalperiode vor Infusionsbeginn und w~ihrend der letzten Minuten einer jeden Infusionsperiode wurden jeweils 15 ml arterielles und 15 ml ven6ses Blut simultan fiber durch Eiswasser geleitete PVC-Schl/iuche in vorgekfihlte R6hrchen entnommen, die als Inhibitor ffir die Angiotensinasen 0,5 ml einer L6sung yon Na2EDTA (TtTRIPLEX® MERCK) in der Konzentration yon 0,1 tool/1 und o-Phenanthrolin (SIGMA) in der Konzentration von 0,05 mol/l enthielten. Nach jeder Blutentnahme wurde das entnommene Volumen durch eine entsprechende Menge HAEMACCEL® ersetzt.

1.1. Basalbedingungen

1.1.1. Angiotensin-Oktapeptid ( A II) Das VerhNtnis yon arterieller zu ven6ser Plasmakonzentration von A II betrug unter Basalbedingungen 1,14_+0,1I : 1 (entsprechend einer ven6sen A IIKonzentration von 87,5_+7,5% des arteriellen A IISpiegels (Tabelle 1) bzw. einer A II-Extraktion im Unterarm von rund 12%).

1.1.2. Angiotensin (3 - 8)-Hexapeptid ( H) Das Verhfiltnis von arterieller zu ven6ser Plasmakonzentration von H betrug unter Basalbedingungen 0,85 _+0,27 : 1 (entsprechend einer ven6sen H-Konzentration von 125,4+33,0% des arteriellen H-Spiegels, Tabelle 1).

1.2. Infusion von Angiotensin II-amid (Abb. t a und b)

1.2.1. Angiotensin-Oktapeptid ( A I I ) Bestimmung von Angiotensin II und Angiotensin (3-.-~8)-Hexapeptid Angiotensin II (AII) und seine Metabolite wurden mit dem Ionenaustauscher Dowex 50W-X2 (100-200 mesh, H+-Form) aus dem arteriellen und ven6sen Plasma extrahiert und mit einem Ammoniak-Methanol-Gemisch (90:10) eluiert. Das getrocknete Eluat wurde in 200 gl 2,5% Ammoniak aufgenommen, quantitativ auf eine Kieselgel-Platte (DC-Fertigplatten, Kieselgel 60 MERCK, 20 x 20 cm) aufgetragen und aufsteigend mit dem FlieBmittel nButanol-Eisessig-Wasser-AcetessigsfiureMhylester (30 : 3 : 15:30) in 6 Std chromatographiert. Entsprechend den Rf-Werten yon A I I und des Angiotensin (3-8)-Hexapeptids (H) erfolgte die Elution

Unter Infusion von Angiotensin II-amid kam es zu einem linearen Anstieg der arteriellen und ven6sen A II-Konzentration. Die ven6se A II-Konzentration stieg jedoch deuttich weniger steit an ats die arterielle. Bei einer Infusionsgeschwindigkeit yon 8 n g . m i n - 1 . kg- 1 betrug das Verh/iltnis 1,68 _+0,3 : 1 (entsprechend einer ven6sen A II-Konzentration yon 60,9 + 12,1% des arteriellen A II-Spiegels (Tabelle 1) bzw. einer A II-Extraktion im Unterarm yon etwa 39%).

H.P. Nast et al. : Angiotensin II-Stofl\vechsel bei Angiotensininfusion und bei Kochsalzentzug

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Tabelle 1. Arterioven6se Verhfiltnisse von Angiotensin li-Oktapeptid (AII) und Angiotensin (3 8)-Hexapeptid (H) mit prozentualer Angabe des ven6sen Anteils yon A I I bzw. H am arteriellen Plasma-Spiegel vor und nach Kochsalzentzug unter Basalbedingungen sowie w/ihrend Infusion von 8 ng Angiotensin II-amid rain-~ kg -I @=5) Basal

AII arteriell

Angiotensin-Infusion 8 ng rain- 1 kg- 1

vor Salzentzug

nach Salzentzug

vor Salzentzug

nach Salzentzug

t,[4+0,11

1,25_+0.11

1,68_+_0,30

1+38-+0,08

87,5-+7,5%

80,7_+7,7%

60.9 :k 12,1%

72,5-+4,3%

0,85_+0,27

0,85+0,19

1,12_+0,12

0.98_+0,14

125,4_+33%

05,5_+30,4%

89.8_+8,4%

103,0_+ 13,2%

A I I venOs A II ven6s in % von arteriell H arteriell H venos H ven6sin % von artefiell

vor Satzentzug 200

/!

Satzentzug

OKTAPEPTID

m (i OK.rAPEPTID

200

150 150 OKTAPEPTID

100

50

/

IC> +- i

50

U

Infundiertes All-amid (ng rain'1 kg-1) Infundiertes A l l - a m i d (ng min-I kg! )

(.)

(b)

Abb. 1. (a) Arterielle (; -" ;) und ven6se (~,, , ) Angiotensin-Oktapeptid-Konzentration (AII) bzw. arterielle (~-~-e) und ven6se (e e-e) Angiotensin (3-8)-Hexapeptid-Konzentration (H) vor und wS,hrend Infusion yon Angiotensin II-amid vor Salzentzug (n=5)+ (b) Arterielle (i ~-~-) und ven6se ( ~ ) Angiotensin-Oktapeptid-Konzentration ( A I I ) bzw. arterMIe (e4~e) und ven6se Angiotensin (3-8)-Hexapeptid-Konzentration (H) vor und wS,hrend Infusion yon Angiotensin II-amid nach Salzentzug @=5)

(eee)

1.2.2. Angiotensin ( 3 - 8 )-Hexapeptid ( H )

2. Salzentzug (Abb. lb)

U n t e r I n f u s i o n v o n A n g i o t e n s i n I I - a m i d k a m es bis zu einer I n f u s i o n s g e s c h w i n d i g k e i t von 4 n g . m i n - 1. k g - 1 zu e i n e m tinearen A n s t i e g d e r arteriellen u n d ven6sen H - K o n z e n t r a t i o n . Bei h 6 h e r e n A n g i o t e n sin I I - a m i d - I n f u s i o n s g e s c h w i n d i g k e i t e n n a h m j e d o c h die arterielle u n d v e n 6 s e H - K o n z e n t r a t i o n geringer zu, Bei einer I n f u s i o n s g e s c h w i n d i g k e i t v o n 8 ng- m i n - 1 • k g - 1 b e t r u g das Verh/iltnis 1,12_+0,12:1 (entsprechend einer ven6sen H-Konzentration yon 89,8_+8,4% des arteriellen H-Spiegels, T a b e l l e 1).

2.1. B a s a l b e d i n g u n g e n

2.1.1. Angiotensin-Oktapeptid ( A I I ) Bei Salzentzug k a m es zu einem A n s t i e g der arteriellen A I I - K o n z e n t r a t i o n y o n 45,9+_5,7 p g / m l a u f 84,9_+18,1 p g / m t ( p < 0 , 0 1 ) u n d d e r ven6sen A IIK o n z e n t r a t i o n v o n 40,1 _+ 5,7 p g / m l a u f 68,3 _+ 14,2 p g / ml (p < 0,01). D a s Verhfiltnis y o n arterieller zu ven6ser A I I - K o n z e n t r a t i o n b e t r u g 1,25 + 0,11 : 1 (entsprechend einer ven6sen A II-Konzentration von

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H.P. Nast et al. : AngiotensinII-Stoffwechselbe± Angiotensininfusionund be± Kochsalzentzug

80,7±7,7% des arteriellen A II-Spiegels, Tabelle 1). Der Anstieg des Verhfiltnisses von arterietler zu ven6ser A II-Konzentration unter Salzentzugsbedingungen war gegenfiber den Ausgangsbedingungen nicht signifikant.

2.1.2. Angiotensin (3 - 8) -Hexapeptid (H) Unter Salzentzug kam es zu einem Anstieg der arteriellen H-Konzentration von 25,7 ± 9,9 pg/ml auf 45,3+ 12,9 pg/ml (p

[Metabolism of angiotensin II during angiotensin infusion and following sodium depletion].

1. Angiotensin II (A II) and angiotensin (3--8)-hexapeptide (H) were measured by radioimmunoassay in arterial and venous plasma before and during infu...
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