Berichte der Arbeitsgemeinschaften Pathologe 2013 · [Suppl 2] · 34:286–288 DOI 10.1007/s00292-013-1870-2 Online publiziert: 8. November 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

S. Lax

Im Rahmen der Sitzung der Arbeitsgemeinschaft Gynäko- und Mammapathologie am 26. Mai 2013 anlässlich der 97. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie in Heidelberg wurden 15 freie Vorträge präsentiert, davon 9 aus dem Gebiet der Mammapathologie, 4 zum Thema Ovar und je ein Vortrag zu den Bereichen Uterus bzw. Vulva/ Vagina. Die Abstracts sind in einem Ergänzungsband des Pathologen publiziert [1]. Außerdem wurden 3 Übersichtsreferate zu aktuellen Themen eingebaut. Prof. Lars-Christian Horn (Leipzig) und Prof. Dietmar Schmidt (Mannheim) berichteten über die neuen S3-Leitlinien zum Zervixkarzinom. Ein neuer Aspekt stellt die tiefe Invasion der Tumoren in das Zervixstroma dar (mehr als zwei Drittel Infiltrationstiefe). Nach Endabstimmung ist eine Publikation der S3-Leitlinie vorgesehen. Auch Aspekte des Zuschnitts sollen dabei berücksichtigt werden. Dr. Thomas Decker (Neubrandenburg) stellte die wesentlichen Eckpunkte der neuen WHOKlassifikation der Mammatumoren vor, an deren Erstellung er mitgewirkt hatte. Prof. Hans Kreipe (Hannover) referierte über die Bedeutung der Ki67-Analyse beim Mammakarzinom. Er repräsentierte eine automatische Auswertung von Ki67 mit einem Bildanalysesystem (Ventana), wobei die Aufteilung in prognostische Gruppen günstiger war als bei der semiquantitativen Analyse. Ein Cut-off-Wert von etwa 21% fand sich dabei als prognostisch signifikant. In der Folge werden die Themen der einzelnen freien Vorträge kurz zusammengefasst.

Ein Vortrag befasste sich mit einer Analyse molekularer Veränderungen in vulvovaginalen Melanomen. Dabei konnten in knapp 20% der Fälle Mutationen in Exon 9 und 11 des c-kit-Gens bzw. etwas häufiger BRAF-Mutationen (V600) nachgewiesen werden. K-RAS-Mutationen­ fanden sich dabei nicht. Das Studium molekularer Veränderungen von Typ-II-Endometriumkarzinomen an p53-knock-out-Mäusen zeigte häufige Alterationen des mTORC1-Path­ ways. Deren Kombination mit der p53Inaktivierung spielt möglicherweise eine entscheidende Rolle in den unterschiedlichen histologischen Subtypen aggressiver Typ-II-Endometriumkarzinome. Die Untersuchung von Stammzellfaktoren in serösen Ovarialkarzinomen zeigt eine Assoziation mit schlechter Differenzierung, verbessertem Überleben sowie ruhenden Zellpopulationen innerhalb der Tumoren. Stammzellfaktoren scheinen nicht einen einheitlichen Stammzellphänotyp zu reflektieren, sondern ein breites Spektrum von Zellkompartimenten, die Stammzellen enthalten. Innerhalb der hochmalignen serösen Ovarialkarzinome scheint gerade die Expression der Aldehyd-Dehydrogenase 1 (ALDH1) eine Gruppe mit ungünstiger Prognose zu identifizieren, v. a. im Rahmen der Koexpression mit EGFR. Eine biologische Parallelität zu triplenegativen Mammakarzinomen scheint möglicherweise zu bestehen, sodass alternative Therapieoptionen evaluiert werden sollten. Mit Hilfe eines immunhistochemischen Panels aus 9 Antikörpern wurde­ versucht, die Typisierung von Ovarialkarzinomen zu präzisieren. Dieser Kalkula-

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Der Pathologe · Supplement 2 · 2013

Institut für Pathologie, Landeskrankenhaus Graz-West, Graz, Österreich

Sitzung der Arbeitsgemeinschaft Gynäko- und Mammapathologie der Deutschen Gesellschaft für Pathologie 2013 tur für die Voraussage für Subtypen des Ovarialkarzinoms (COSP) ist hoch signifikant und zeigt eine hohe Übereinstimmung zwischen einzelnen Untersuchern. Das 2-stufige Gradingsystem für seröse Ovarialkarzinome wurde erfolgreich gegenüber dem bestehenden 3-stufigen Gradingsystem getestet und zeigte Vorteile in Form höherer Reproduzierbarkeit und höherer Signifikanz hinsichtlich des Überlebens in der Low-grade-Gruppe. Eine Untersuchung von Mammakarzi­ nomen mit einem Durchmesser von mehr als 3 cm zeigte mit Hilfe der Protein­ extraktionstechnik aus Paraffinmaterial­ ein hohes Maß an Heterogenität. Daraus lässt sich die Notwendigkeit eines genauen­ Samplings an unterschiedlichen Tumorarealen für die Bestimmung insbesondere diagnostischer bzw. prognostischer Marker ableiten. Die Mammakarzinomzelllinie IPH926 (lobuläres Mammakarzinom) weist eine seltene p53-Mutation auf, die mit einem temperatursensitiven Funktionsverlust vergesellschaftet ist. Nach der Wiederherstellung der p53-Aktivität wurden 60 Gene differenziell exprimiert, darunter MDM2 und CDKN1A sowie PHLDA3. Weiter zeigt dieses Modell eine Tendenz für eine p53-anhängige klonale Tumorentwicklung in einem lobulären Mammakarzinom. Mittels „deep sequencing“ wurden prädiktive Marker für die Antwort auf PARP-Inhibitoren in Mammakarzinomzelllinien identifiziert. Die PARib-resistenten Zellen zeigten eine Methylierung von mTOR, ErbB und WNT, die PARibsensitiven Zellen eine Methylierung in DNA-Reparaturgenen.

Die Reaktivierung des Insulinrezeptors (IR) sowie des Insulin-like-growthFaktor-1-Rezeptors (IGF-1R) beeinflusst Zellüberleben und Wachstum in PIK3CAmutierten tamoxifenresistenten Mammakarzinomzelllinien. Dies wurde in der Zellkultur untersucht. Eine zusätzliche Beeinflussung des IR/IGF-1R-Pathways könnte daher therapeutisch sinnvoll sein. Nach neoadjuvanter Chemotherapie von Mammakarzinomen scheint die Expression von MUC1 sowohl prädiktiv als auch prognostisch von Bedeutung zu sein. Dies wurde genauso an Tumorproben der GeparTrio-Studie untersucht wie die Expression von SPARC. Letztere zeigt mögliche prädiktive Informationen hinsichtlich des Ansprechens auf eine neoadjuvante Chemotherapie. Bei triplenegativen Mammakarzinomen zeigte sich eine höhere intramurale Expression gegenüber den restlichen invasiven duktalen Karzinomen. Die quantitative Bestimmung der Biomarker Östrogen- und Progesteronrezeptoren sowie Ki67 mittels Bildanalyse (Verwendung der Aperio-Technologie) ist gegenüber der semiquantitativen Methode überlegen. Gleichzeitig wurde der IHC4-Score getestet, der hinsichtlich der Überlebenswahrscheinlichkeit die beste Aussagekraft hat. Die Untersuchung einer größeren Anzahl von Mammakarzinomen hinsichtlich des Einflusses des Mammographiescreenings auf die pathologischen Parameter zeigte, dass durch Screening entdeckte Karzinome signifikant kleiner sind und weniger häufig Lymphknotenmetastasen aufweisen. Weiter zeigen sie eine bessere Tumordifferenzierung, eine niedrigere Proliferation und häufiger Luminal-A-Subtypen. Die assoziierte DCIS-Kompente ist mit einem signifikant geringeren Differenzierungsgrad assoziiert und kleiner in der Ausdehnung bei Karzinomen, die mittels Screening entdeckt werden, sodass die Mastektomierate­ ebenfalls geringer ist. Zwanzig weitere zu einem großen Teil exzellente Abstracts wurden im Rahmen einer Postersitzung am Samstag, 25. Mai 2013 präsentiert und diskutiert und sind ebenfalls im Sonderband des Pathologen publiziert [2]. Davon waren 10 aus dem Bereich der Mammapathologie, 4

aus dem Bereich der Ovarpathologie, 3 aus dem Bereich des Uterus, 2 aus dem Bereich Peritoneum und eines aus dem Bereich Vulva/Vagina. In der Folge werden die Poster ohne Anspruch auf Vollständigkeit auszugsweise diskutiert. Die Abstracts zum Thema Ovar beschäftigten sich mit der Rolle von Zweitmeinungen im Rahmen von Studien (AGO Ovar 17), die diagnostische Schwierigkeit bei Ovarialmetastasen anhand einer Autopsiestudie, die Bedeutung molekularer Untersuchungen in der Diagnostik adulter Granulosazelltumoren und mit molekularen Veränderungen bei serösen Borderlinetumoren des Ovars und deren Absiedelungen. Mit Hilfe eines neu entwickelten internetbasierten Systems ist eine Zweitmeinung durch Experten vor Einschluss eines Falls in eine Studie, wie am Beispiel der AGO Ovar 17, sehr rasch möglich. Dieses System hat einen zukunftsweisenden Ansatz für weitere­ Studienmodelle. Im Zuge einer Autopsie­ studie konnte gezeigt werden, dass Ovarialmetastasen wesentlich häufiger vorkommen als bisher angenommen. Die häufigsten Metastasen stammen aus dem Gastrointestinaltrakt (mehr als 70%) gefolgt vom Genitaltrakt (etwa 20%) und der Mamma (4%). Die wesentlichen Antikörper in der Differenzialdiagnose von Ovarialmetastasen waren in der vorliegenden Studie CDX2, CK7, CK20 und Östrogenrezeptoren. Für die Diagnose histomorphologisch schwieriger adulter Granulosazelltumoren stellt die Mutationsanalyse für FOXL2 eine hilfreiche Untersuchungsmethode dar, die über die gängige Immunhistochemie hinausführt. Idente K-Ras-Mutationen finden sich in einem Teil der serösen Borderlinetumoren und deren peritonealen bzw. nodalen Absiedelungen, sodass ein klonaler Ursprung angenommen werden kann. Maligne Melanome der Vulva­ und Vagina weisen hinsichtlich ihrer Mutationen in den Genen N-Ras und C-Kit Ähnlichkeiten auf, was auf die Möglichkeit für eine ähnliche Therapie hinweist. Die immunhistochemische Untersuchung des HPV-L1-capsid-Proteins findet sich in einem Drittel der CIN-1Fälle,­jedoch kaum in höhergradigen CIN, sodass es möglicherweise imstande ist,

zwischen Läsionen mit Progression und Regression zu unterscheiden. Bei Zervixkarzinomen im Stadium Ib (Tumorkategorie pT 1b) ist der horizontale Tumordurchmesser prognostisch bedeutsamer als der Längsdurchmesser. In Leiomyosarkomen des Uterus fehlen im Gegensatz zu Leiomyomen MED12-Mutationen. Dies ist möglicherweise bedingt durch einen unterschiedlichen genetischen Hintergrund, sodass die MED12Mutationsanalyse nach entsprechender­ Validierung für die Abklärung diagnostisch schwieriger glattmuskulärer Tumoren (insbesondere atypischer leiomyogener Tumoren) herangezogen werden könnte. Mit Hilfe multizellulärer Tumorsphäroide (MCTS) können auf dynamische Weise komplexe Interaktionen des Ovarialkarzinoms mit menschlichen Peritonealzellen studiert werden.­ Das Mesothel stellt möglicherweise eine mechanische und z. T. auch TGF-βmediierte parakrine Barriere gegenüber der Progression von Ovarialkarzinomen dar. Die unterschiedlichen Farben von Endometrioseherden sagen möglicherweise wenig über die Krankheitsaktivität einer Endometriose aus. Die Abstracts zum Thema Mammakarzinom beschäftigten sich mit einer Reihe möglicher neuer Prognosefaktoren wie GABARAP und PTP1B. GABARAP (Gamma-Aminobuttersäure-assoziiertes Protein) stellt eine Komponente autophager Vakuolen und Autophagosomen dar und scheint in Mammakarzinomen als mögliches Klasse-II-Tumorsuppressorgen­ zu wirken. Die Reexpression von GABARAP wird durch MAP-Kinase-Inhibitoren bewirkt und führt zur Hemmung des Tumorzellwachstum, wodurch auch ein möglicher therapeutischer Ansatz gegeben ist. PTP1B (Protein Tyrosinphosphatase 1B) wird ohne Bezug zu Her2/neu in etwa der Hälfte der Mammakarzinome­ exprimiert und ist mit einer günstigen Prognose verbunden. Der Verlust des Progesteronrezeptors oder eine erhöhte Proliferation wie zum Beispiel Ki67 über 20% stellen ein verlässliches und hochsignifikantes Kriterium zur Stratifikation östrogenrezeptorpositiver Mammakarzinome in Luminal-A- und -B-Tumoren dar. Der Pathologe · Supplement 2 · 2013 

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Berichte der Arbeitsgemeinschaften Für die Bestimmung der neuroendokrinen Differenzierung im Mammakarzinom stellen Synaptophysin und Chromogranin A die am stärksten spezifischen Marker dar. Mammakarzinome­ mit neuroendokriner Differenzierung werden mitunter aufgrund des Fehlens eindeutiger histomorphologischer Kriterien unterdiagnostiziert. Unter den molekularen Subtypen scheinen die Luminal-B-Karzinome am häufigsten eine diffuse­neuroendokrine Differenzierung aufzuweisen. PIK3CA-Mutationen­ werden während der Progression von invasiven lobulären Karzinomen in Lokalrezidive positiv selektioniert, nicht jedoch im Zuge einer Fernmetastasierung. Dies hat möglicherweise zukünftig klinische Auswirkungen auf eine Therapie mit PI3K-Inhibitoren. Die Expression des granulozytenkoloniestimulierenden Faktors G-CSF korreliert offensichtlich mit schlechter Differenzierung bzw. Triplenegativität von Mammakarzinomen und zeigt eine ungünstige Prognose an. Die Imprintzytologie mit Corenadel­ biopsien von Mammatumoren zeigt eine gute Reproduzierbarkeit zwischen einzelnen Untersuchern und eine gute Korrelation mit dem histologischen Ergebnis. Sie kann dazu herangezogen werden, um die Diagnosezeit zu verkürzen. Im Zuge der GeparTrio-Studie wurde anhand von mehr als 1000 Fällen die prädiktive und prognostische Bedeutung des prätherapeutischen Ki67 untersucht. Der Ki67-Färbeindex stellt einen verlässlichen prädiktiven und prognostischen Parameter dar, dessen „cut off “ allerdings eine große Streubreite aufweisen kann. Tamoxifenresistente Zelllinien zeigten eine erhöhte Vulnerabilität gegenüber Aldehyden, die wiederum Nebenprodukte der Glykolyse bzw. das Ergebnis des oxidativen Stress darstellen. Daher könnte eine Akkumulation von Glykolyseendprodukten sowie Glyoxalasen und Fruktosamin-3-Kinasen mögliche prognostische Marker darstellen. Antiglyoxylasethera­ peutika könnten eine Rolle bei der Behandlung tamoxifenresistenter Mammakarzinome darstellen. Im Anschluss an die Sitzung der Arbeitsgemeinschaft am 26.05. wurde auch eine Mitgliederversammlung abgehalten.

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Korrespondenzadresse Prof. Dr. S. Lax Institut für Pathologie,   Landeskrankenhaus Graz-West Göstinger Str. 22, 8020 Graz Österreich [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  S. Lax gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren. The supplement this article is part of is not sponsored by the industry.

Literatur   1. 97. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie e. V. (2013) Pathologe 34(Suppl) 1:56– 60   2. 97. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie e. V. (2013) Pathologe 34(Suppl) 1:114– 120

[Meeting of the Working Group on Gynecopathology and Breast Pathology of the German Society for Pathology 2013].

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