Klinische Studien Internist 2014 · 55:607–608 DOI 10.1007/s00108-014-3497-7 Online publiziert: 16. April 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

Wissenschaftlicher Beirat

M. Hallek, Köln W. Lehmacher, Köln P. Stiefelhagen, Hachenburg M. Wehling, Mannheim T.R. Weihrauch, Düsseldorf

Originalliteratur Estruch R, Ros E, Sala-Salvadó J et al. (2013) Primary prevention of cardiovascular disease with a Mediterranean diet. N Engl J Med 368:1279–1290

Mediterrane Diät gilt allgemein als „gesunde Ernährung“. Diese Einschätzung konnte in Kohortenstudien und in der Lyon Diet Heart Study, einer randomisierten Studie zur Sekundärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen, bestätigt werden. Systematische Reviews bezeichnen eine mediterrane Diät als geeignet, um das kardiovaskuläre Risiko zu senken. Ziel der nachfolgend vorgestellten 3-armigen Studie (mediterrane Diät mit extra Olivenöl vs. mediterrane Diät mit extra Nüssen vs. fettarme Diät) war es, den Stellenwert einer mediterranen Diät für die Primärprävention kardiovaskulärer Ereignisse darzustellen.

Zusammenfassung der Studie S. Nitschmann, Werl-Westönnen

Studiendesign Randomisierte, kontrollierte Multicenterstudie in Spanien mit einem Nachuntersuchungszeitraum von 4,8 Jahren.

Einschlusskriterien

F Bislang kardiovaskulär gesunde Probanden: Männer zwischen 55 und 80 sowie Frauen zwischen 60 und 80 Jahren.

W. Krone1 · S. Nitschmann2 1 Zentrum für Endokrinologie, Diabetologie und Präventivmedizin, Uniklinik Köln 2 Werl-Westönnen

Mediterrane Diät zur Primärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen Prevención-con-DietaMediterránea(PREDIMED)-Studie

F Hohes individuelles Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen: Diabetes mellitus Typ 2 oder drei der folgenden Risikofaktoren: Nikotinabusus, Hypertonie, erhöhtes Low-density-lipoprotein(LDL)-Cholesterin, niedriges High-density-lipoprotein(HDL)Cholesterin, Übergewicht, familiär gehäuft auftretende koronare Herzerkrankung.

Endpunkte

Primär: F Kardiovaskuläre Ereignisse (Myokardinfarkt, Schlaganfall oder Tod aufgrund kardiovaskulärer Ursache) Sekundär: F Myokardinfarkt, Schlaganfall, Tod aufgrund kardiovaskulärer Ursache, Tod insgesamt

Methodik Zwischen Oktober 2003 und Juni 2009 wurden 7447 Patienten randomisiert: 2543 erhielten eine mediterrane Diät mit 1 l Olivenöl pro Woche zusätzlich, 2454 eine mediterrane Diät mit zusätzlich 30 g Nüssen täglich, 2450 Patienten erhielten eine fettarme Kontrolldiät. Bei Studienbeginn wurden alle Probanden hinsichtlich der zugewiesenen Diät unterrichtet. Die Probanden beider mediterranen Diätgruppen sollten vierteljährlich an einem Gruppentreffen teilnehmen, ansonsten waren sie selbst für die Diät verantwortlich. Die Probanden der Kontrolldiätgruppe erhielten 1-mal jährlich eine Diätanleitung – ab 2006 wurden auch die Kon-

trollgruppenprobanden vierteljährlich geschult.

Ergebnisse Die Studie wurde aufgrund der Ergebnisse einer geplanten Interimsanalyse nach einer durchschnittlichen Follow-up-Zeit von 4,8 Jahren beendet. Der kombinierte primäre Endpunkt ereignete sich bei 3,8% der Probanden mit mediterraner Diät und Olivenöl vs. 3,4% mit mediterraner Diät und Nüssen vs. 4,4% der Probanden mit Kontrolldiät. Das Hazard Ratio der mediterranen Diätgruppen bezogen auf die Kontrolldiätgruppe betrug 0,70 (95%-Konfidenzintervall: 0,53–0,90) für die Olivenöl- und 0,72 (95%-Konfidenzintervall: 0,53–0,94) für die Nussgruppe. Hinsichtlich der sekundären Endpunkte ist der Vorteil der mediterranen Diätgruppen lediglich für das Auftreten eines Schlaganfalls signifikant (. Tab. 1).

Kommentar Prof. Dr. W. Krone Zentrum für Endokrinologie, Diabetologie und Präventivmedizin, Uniklinik Köln

Die Autoren berichten in dieser Studie, dass eine mediterrane Diät im Vergleich zu einer Kontrolldiät das Risiko einer kar-

Take home message Eine mediterrane Diät mit dem Zusatz von größeren Mengen Olivenöl oder Nüssen senkt schwere kardiovaskuläre Ereignisse bei kardiovaskulären Hochrisikopatienten. Der Internist 5 · 2014 

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Klinische Studien Tab. 1  Endpunktanalyse Endpunkt Primärer Endpunkt

Schlaganfall

Myokardinfarkt

Tod kardiovaskulärer Ursache

Tod insgesamt

Ereignisse Rate/1000 Personenjahre (95%-KI) p-Wert (zur Kontrollgruppe) Ereignisse Rate/1000 Personenjahre (95%-KI) p-Wert (zur Kontrollgruppe) Ereignisse Rate/1000 Personenjahre (95%-KI) p-Wert (zur Kontrollgruppe) Ereignisse Rate/1000 Personenjahre (95%-KI) p-Wert (zur Kontrollgruppe) Ereignisse Rate/1000 Personenjahre (95%-KI) p-Wert (zur Kontrollgruppe)

Mediterrane Diät mit Olivenöl (n=2543) 96 8,1 (6,6–9,9) 0,009 49 4,1 (3,1–5,5) 0,03 37 3,1 (2,2–4,3) 0,31 26 2,2 (1,4–3,2) 0,15 118 10,0 (8,2–11,9) 0,11

Mediterrane Diät mit Nüssen (n=2454) 83 8,0 (6,4–9,9) 0,02 32 3,1 (2,1–4,4) 0,003 31 3,0 (2,0–4,2) 0,25 31 3,0 (2,0–4,4) 0,85 116 11,2 (9,3–13,4) 0,68

Kontrolldiät (n=2450) 109 11,2 (9,2–13,5) – 58 5,9 (4,5–7,7) – 38 3,9 (2,8–5,3) – 30 3,1 (2,1–4,4) – 114 11,7 (9,6–14,0) –

Primärer Endpunkt: Myokardinfarkt, Schlaganfall oder Tod aufgrund kardiovaskulärer Ursache. KI Konfidenzintervall.

diovaskulären Erkrankung (Schlaganfall, Myokardinfarkt oder Tod aufgrund kardiovaskulärer Ursache) um 30% senkt. Diese Risikoreduktion wurde in einer Zwischenanalyse als so eindrucksvoll gewertet, dass die Studie vorzeitig abgebrochen wurde. Trotz dieses großartigen Ergebnisses, das mit Medikamenten kaum erreicht wird, werfen das Design und die Interpretation der Ergebnisse einige Fragen auf [1]. Im methodischen Teil wird geschrieben, dass die Kontrollgruppe eine fettarme Diät erhalten hat. Tatsächlich scheint die Kontrollgruppe jedoch eine Kost zu sich genommen zu haben, die der mediterranen Diät sehr ähnelt. Zum Ende der Studie betrug die Energieaufnahme durch Fett in der Kontrollgruppe 37% und in den beiden Diätgruppen 41%. Der Verzehr von gesättigtem Fett war niedrig und in allen drei Gruppen mit etwa 9% der Energieaufnahme ähnlich. In der Gruppe, die zusätzlich 1 l Olivenöl pro Woche erhielt, wurden die zusätzlichen 4% der Energieaufnahme durch im Wesentlichen einfach ungesättigte Fette erzielt. In der Gruppe, die zusätzlich 30 g Nüsse täglich erhielt, wurden die zusätzlichen 4% der Energieaufnahme durch jeweils etwa 2% an einfach ungesättigtem und mehrfach ungesättigtem Fett erzielt. Das führte am Ende der Studie zu folgenden deutlichen Unterschieden der Diäten: Die durchschnittliche Energieauf-

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nahme durch Olivenöl betrug 22% in der Gruppe, die zusätzlich Olivenöl erhielt, gegenüber 16,4% in der Kontrollgruppe. Die durchschnittliche Energieaufnahme durch Nüsse betrug 8,2% in der Gruppe, die Nüsse erhielt, gegenüber 1,6% in der Kontrollgruppe. Dementsprechend untersucht die PREDIMED-Studie weder die ausschließlichen Einflüsse einer mediterranen Diät noch die ausschließlichen Einflüsse einer größeren Menge von Olivenöl bzw. Nüssen. Im Ergebnisteil ist auffällig, dass der Vorteil der mediterranen Diätgruppen lediglich für das Auftreten eines Schlaganfalls signifikant ist, nicht jedoch für das Auftreten eines Myokardinfarkts, eines Todes aufgrund kardiovaskulärer Ursache oder des Todes insgesamt. Dazu muss vermerkt werden, dass die Autoren bereits im Jahr 2006 in einer PREDIMED-Substudie [2] publiziert haben, dass die mediterrane Diät mit Zusatz von Olivenöl den systolischen Blutdruck um 5,9 mmHg und die mediterrane Diät mit Zusatz von Nüssen um 7,5 mmHg gegenüber der Kontrollgruppe senkt. Diese Reduktion des systolischen Blutdrucks mag verantwortlich sein für die Senkung kardiovaskulärer Ereignisse, insbesondere des Schlaganfalls. Zusammenfassend wird in der PREDIMED-Studie eindrucksvoll gezeigt, dass eine mediterrane Diät mit dem Zusatz einer größeren Menge Olivenöl bzw. eine mediterrane Diät mit zusätzlich grö-

ßeren Mengen an Nüssen gegenüber einer Kon­trolldiät ohne diese Zusätze das kardiovaskuläre Risiko – insbesondere das Schlaganfallrisiko – bei Hochrisikopatienten signifikant senkt. Wichtige Fragen werden nicht beantwortet: Führen diese Diäten mit Zusatz von größeren Mengen Olivenöl oder Nüssen zu einer Gewichtszunahme? Senken sie die Morbidität auch in der Normalbevölkerung ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren?

Korrespondenzadresse Prof. Dr. W. Krone Zentrum für Endokrinologie, Diabetologie und Präventivmedizin, Uniklinik Köln Kerpener Str. 62, 50937 Köln [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  W. Krone und S. Nitschmann geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.     Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur 1. Appel LJ, Van Horn L (2013) Did the PREDIMED trial test a Mediterranean diet? N Engl J Med 368:1353– 1354 2. Estruch R, Martínez-Gonzaléz MA, Salas-Salvadó J et al (2006) Effects of a Mediterranean-style diet on cardiovascular risk factors: a randomized trial. Ann Intern Med 145:1–11

[Mediterranean diet for primary prevention of cardiovascular diseases : Prevención-con-Dieta-Mediterránea (PREDIMED) Study].

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