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"Adenoma malignum" der Zervix: Ein diagnostisches und therapeutisches Dilemma J. Schneider' , J. Gonzalez dei Tanaqo", Malte Martin", Maria del Mur Centeno 1. J. Dies:', F. J. Rodriq uez -Escudero 1

Einfü hrung Zusammen fassung

Das "Adenoma rnal ignurn " der Zervix ist eine extrem se ltene Variante des endozervikalen Adenokarzinom s. Seine Diagnos e ist äußerst schwierig, weil der Tumor in der normal en Lichtmikroskopi e von eine r

Das soge nannte "Ade no ma malignum " der Zervix wurd e 1870 zum ersten Mal von Gusserota beschrie-

ben (I). Es handelt sich um eine äußerst heimtü ckische Variante des endezervikalen Adenokarz inorns. de ren

Haup tmerkmal darin besteht , daß die au gensch einlich e

gutartigen endozerv ikalen Epithelpro liferation kaum

Beni gnität der Histo logie in keinem Verhältnis zum höchst

unterscheidbar ist. Immunh istochemis che Method en hab en in letzter Zeit dazu beiget ragen. eine genaue Dif-

aggressiven klinischen Verhalten des Tumo rs ste ht (2, 3).

fer entialdi agn ose zu ers tellen. Die Beh andlung des "Ade noma rnalignum " ist ebenfalls se hr problematisch .

Das "Aden oma malignum" ist auß erd em höchst se lten und macht etwa 1 % der ze rvikalen Adenokarzinome aus. wobei diese mit 5 % sc hon von vornhe rein die weit selte-

Die me isten Fälle werden in fortges chrittenen Stadien diagn ostiz iert. doch nur eine Früherkennung ermöglicht

den und auch wegen se ine r Una uffä lligkeit in der Scree -

eine erfolgreic he Behandlung. Die Radiotherapi e ha t in allen Fällen im inop er ab len Stad ium versagt. Auc h die Che mothe ra pie ist wenig erfolgvers prechend, da der

ren Stadien diagnosti ziert. Nicht se lten sind daz u mehr ere aufein and erfolgen de Biopsien nötig. die meisten s als

Tumor eine se hr ho he Expression des Multidrug-Resi-

benigne endozervikale Epithelproliferati on befundet we rden. Dies entspricht auch genau dem histologischen Bild,

ste nz markers P-Glykoprotein aufweist. "Adeno ma Ma lign urn" of the Cervi x: A Diagn ostic and The rape utic Dilemma "Adenoma malignum " of the ce rvix is an ex treme ly rare variant of ce rvical ade noca rcinoma. Its diagno sis by means of ligh t microscopy is re ndered ve ry difficult by its strong similarity to beni gn endocervical hyperplasia . During the last few yea rs immun ohi s-

toche mistry ha s pro ved to be of great help in differe ntia l diagn osis . Treatment of "aden om a rnalignum " also poses grea t problems . Most cases are diagnosed in adva nce d stages, although only ea rly diagn osis ofTe rs the

possihllity of effective treatmen t. Radioth erap y has falled in all known cases in an adva nce d stage of the disease . Che mothe ra py is also not promising as a therapeuticai

option, hecau se th e tumour exp resses high levels of th e multidrug-resistan ce marker P-glycoprotein.

nere Art des Zervixkrebses dar stellen (4). Aus diese n Grün ningzytologie wird das ..Adenoma malignum " oft in späte-

welches im Hämatoxylin-Eosin-Pr äpa rat zu beobachten ist. Selbst bei großer Kasuistik und enger Zusa mme narbe it zw ische n Kliniker und Pathologen ist die rechtzeitige Dia-

gnose sehr schwierig. So berichte n Gilks et al. (2) in der grö ßten bisher veröffentlichten Serie über 26 Fälle, von den en 14 präoperativ nicht ahgeklärt werd en konnten . Bulme r et al. (3) beri chten ihrerseits üher eine Patien tin , bei der die endgültige Diagnose erst zwe i Jahre nach Auftreten eines endozervikalen Tumors ges tellt wu rde .

Die Tatsache, daß sowohl das ..Ade nom a malignum " als auch das herkömmliche Aden oka rzinom der Zervix das karzinoembryonale Antigen (CEA)exprimieren, was immunhistoche misc h nachweisbar ist. wä hrend die benigne Endozervixepithelhype rplasie es nicht tut , kann für eine korrekte Diagnose sehr hilfreich se in (4).

Schließlich selten geht das ..Adenoma ma lignum" mit dem Peutz -Jeghers-Syndrom einher (3 von 26 Fällen in der Serie von Gilks et al.). Patientinnen mit eine m solchen Krankh eitshild stellen desha lh eine besonder e Risikogruppe dar und müssen eine r strikteren Kon trolle . als sie von de r Routinezytologie allein gewährleistet wird. unterwo rfen we rde n.

Kasui stik PPL, geb. 20 .9.54, Kbl.-Nr. 71510 2, gesta

Geburtsh. u. Frauenheilk. 51 (1991) 466- 468 © Geo rg Thie me Verlag Stuttgart . New York

2. para 2. wurde von ihrem Gynäkologe n im Dezemb er 1989 wegen hämorrhag ische n vaginalen Fluors se it zwei Woche n zur wei teren Abklärung in unsere Abteilung überwiesen. Ihre jä hrliche Houtinezytologie vor ei ne m Mon at

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Abteilung für 1 Gynä kologie und 2 Abteilung für Pathologie der Universität Bilbao Illospital de Cruces). Spanien

"Adenoma malignum" der Zer vix: Ein diagnostische s und therapeu tisches Dilemma

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Abb. l a Biopsie im Bereich deslinkenl abium minus. Vordringen des proliferierenden endozervikalenDrusenepithels biszur Hautoberfläche. HamatoxylmEosin x 100.

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Abb.l b Stärkere Vergrößerung des Drusenepithe ls von Abb. 1a. Weitgehendes Fehlenvon histologischen Mafignitätsmerkmalen. HämatoxylinEosin x 250.

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Abb. 2 b StarkeP-Glykoprotein-Reaktivität der Iumordrüsen. Mab C21 9. Immunoperoxidase x 250.

wa r als norm al befund et worden. Bei der Aufna hmeuntersuchung wurde eine ste nosie rte, bis zur Hälfte ihrer Länge diffus erhä rte te Vagina vorgefunde n. Die Zervix zeigte um 7.00 eine Zone mit at ypischem Gefäß wac hst um. die biopsiert wurde . Der Ute rus wa r in se ine r Beweglich keit eingeschrä nkt. Das linke Parametrium wa r bis zur Beckenwa nd nodulär verwac hse n, das rechte una uffällig, Die Adne xe bds . sowie die Abtastung des Douglasr au mes wa re n una uffällig. Der klinische Eindruck wa r der eines Zervixkarzinoms im Stadium IIJ b. Die gezielte ßiopsie des obe n bescbri eb en en , kolposkopisch suspekte n Area ls wurde als endozervi kales Gewebe mit großer inflammator ischer Komp onen te beschrieb en. Daraufhin wurde n endozervikale, urethrale und rektale Abstri che zum kulture llen Nachwe is von Gonokokken, Chlamydien und Mykoplasme n entnommen, un d die Pat ientin einstweilen mit lokaler (Betadlne" Ovula) und syste mische r (Doxycyclin) Ther apie bis zum Einga ng der mikro biologischen Befun de entlasse n. Letztere wa ren allesa mt negativ. der Zustand de r Patientin

unverändert . Diese wur de im Jan ua r 90 er neut bei uns stationär aufgenommen. Diesm al wurd en multiple Biopsien der befallen en Zervix und Vaginalkuppel ent nommen . Der Befund lau tete erne ut auf norm ale Endozerv ix mit inflammat orischer Komponente. Aufgrund der Diskrepan z mit dem klinisc hen Krankheitsbild, das außerde m rasch pro gred ient war. wurde die Patienti n schließlich im Februar 90 eine r Narkoseunte rs uchung unterwor fen . Es wurde eine bis zum Introitu s infiltrie rte. sten osierte Vagina vorgefunden . mit noduläre m Befall des linken Labium minus, der biopsiert wurde (Abb . 1a), Die Zervix wa r zu d iesem Zeitpunk t nicht meh r dar stellbar. Die rektale Abtastung ergab eine n tumoröse n Befall des rektovaginalen Raum es in Höhe der Zervix, mit Übe rga ng in die Vagina und Ausdehnung in beide Param etri en links bis zur Becken wand. Sowohl die sonographische als auch die CT-Untersuchung bestätigten diesen Befund , Letztere gab außerd em Anlaß zum Ve rdacht eine r Leb ermetastase sow ie Befall der rechten pelvinen Lymp hdrüse n. Diesma l konnte von der Pathologie die

Abb. 2 a

Homogene CEA-Reaktivität des Drüsenepithels. Immunoperoxidase

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Der Patientin konnte aufgrund des fortgeschrittene n Stadiums nur Telekobalttherapie verabreicht werde n. Eine Progr edienz des Tumors konnte dadurch nicht verhindert we rden, und sie sta rb letztlich im Oktober 1990, knap p ein Jahr nach dem Auftrete n der ers ten Symptome ihrer Krankheit. Diskussion Der au sfüh rlich besch rieben e klinische Fall belegt d ie Schwierigkeit eine r korrekten - und recht zeitigen - Diagnose dies es Tumors, eine Erfahrung, die zahlreiche andere Autoren leider auch gemac ht haben (2. 3). Jedoc h nur durch eine Früherkennung des Tumor s läßt sich dieser erfolgreich behandeln. Kaminski und Norris (6) beric hten über 13 Fälle, von denen 12 im Stadi um I a und I b und eine r im Stadium 1I diagnostiziert wurden . Der Verlauf dieser Patien tinnen war zwar besser als bish er in anderen Arb eiten berichtet (2, 3), ab er trotzdem schlecht er als der einer vergleichbaren Grupp e mit and eren Formen des Zervixkarzinoms. Ein Grund dafür war, da ß zwei der Fälle gleichzeitig ein Ovari alkarzinom aufwiesen, eine Assoz iation, die in anderen Arb eiten nicht erwähnt worden war. Zum ominösen Verlauf der Krankheit in fortgeschritten en Stadien kommt als besonders tragisches Merkmal hin zu , daß dieser Tumor vor zugsw eise bei Patientinnen eine r jüngeren Alte rsgruppe , wie es bei unserer der Fall war, vorkommt. Auch ' die Che mothe rapie, welche beim fort geschritten en Zervixkarzinom bisher keine spektakulären Erg ebnisse gebracht hat, ist in der heutigen Form beim "Adenoma malign um" we nig erfolgversprec hend. Unser Fall wies in den Tumor zellen auße rdem einen extr em hoh en Gehalt an P-Glykoprotein auf(Abb. 2 b), das ein spe zifische r Mark er für Multid rug-resist ente Tumor en ist und ind irekt für eine gene relle Che moresiste nz sp richt (7), so daß eine Che mothera pie von vornhe rein als The ra pie der Wah l ausgesch lossen war.

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Gusserow, A. L. S.: Übe r Sarkome des Ute rus . Arch . Gyn äko l. 1 (1870).240 . Gilks, C. B., R. H. Young, P. Aguirre, R. A. DeLellis. R. E. Scu lly: Adenoma mali gnum (minimal deviation adenoc arcino ma ) ofthe uter ine cervix. Am. J . Surg. Pathol. 13 (19 89). 717 . Bulme r, J . N.. N. R. Griffin. C. Bat es, R. E. Kingston , M. Wells: Minim al deviation adenoca rcin oma Iad en om a malignum) of the endocervix: A histo ch emi cal an d imm unohistoche mical s tudy of two cases. Gyneco!. Onco!. 36 (19 90) ,13 9 . Piver, M. S.: Manual of Gynec o!ogic Oncology an d Gynec ology. 1. Aufl. Little Brown . Boston 1989 . Stee pe r, T.• M. R. Wick: Minima l dev iation ade nocarci n oma of the ute rine ce rvix (..aden om a malign um") . An imm uno histochemical com pa rison with microglandular endocervica l hyper pla sla and conve ntiona l endocervica l ade nocarcinoma . Cance r 58 (1986) .1 131. Kami nski. F. , J . Nor ris : Minimal deviation ca rcinoma (ad en cm a malign um) of the cervix . lnt. J. Gynec ol. Pathol. 2 (1983). 141. Sch ne ider. J ., T. Efferth. M. Kau fmann . J . C. Mati a . J . Mattem, E J . Hodrlgu ez-Escu der o. M. Volm : Exp ression of the multidrug resistance gene pr oduct P-glycoprotein in gynecologic tu mors . Th e Cancer J ournal 3 (1990). 202 .

Dr.J. Schneider Dep . de Ginecologia Hosp ital de Cruces Bilbao. Span ien

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Diagnose ein es .,Adenoma malignum" geste llt werde n. Trotz imm er noch weitgehend unauffälliger zytologische r Merkmale (Abb. 1 b), sprachen das Vorhandensein von endozervikalem Gewebe im Vulvabereich sow ie die höchst aggr essiv en klinischen Merkmale für ein Malignom . Endgültig wurde die Diagnos e durch ein en pos itiven immunhistoc hem ischen Nachweis von CEA in den Thmorzellen belegt (Abb, 2 a).

J. Schneider u. Mitarb.

[Malignant adenoma of the cervix: a diagnostic and therapeutic dilemma].

"Adenoma malignum" of the cervix is an extremely rare variant of cervical adenocarcinoma. Its diagnosis by means of light microscopy is rendered very ...
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