© Klaus Rüschhoff, Springer Medizin

Chirurg 2015 · 86:609–622 DOI 10.1007/s00104-015-0017-9 Online publiziert: 28. Mai 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 Redaktion

M. Betzler · Essen H.-J. Oestern · Celle P.M. Vogt · Hannover

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CME  Zertifizierte Fortbildung S. Nadalin · I. Capobianco · I. Königsrainer · B. Harder · A. Königsrainer Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland

Leberlebendspende – Indikation und Technik Zusammenfassung

Die Leberlebendtransplantation (LDLT) ist eine wichtige und sichere Alternative zur kon­ ventionellen Lebertransplantation (LT) geworden. Hauptproblem ist und bleibt die Spender­ sicherheit, denn ein gesundes Individuum muss sich einer großen nicht risikolosen Operati­ on unterziehen. In diesem Überblick zur Indikation und Technik werden auch die Spender­ selektion, Morbidität und Mortalität behandelt. Prinzipiell unterscheiden sich die Indikatio­ nen nicht von den etablierten Indikationen zur LT. Die Spenderhepatektomie (rechts, links oder links-lateral) wird in 5 Hauptphasen dargestellt. Die Inzidenz postoperativer Kompli­ kationen variiert zwischen 10 % und 60 % und ist von der Zentrumserfahrung abhängig. Das postoperative Mortalitätsrisiko beträgt derzeit 0,1 % für die Resektion der links-lateralen Seg­ mente und 0,5 % für die Hemihepatektomie rechts. Die Ergebnisse der LDLT sind mit der LT vergleichbar und je nach Indikation sogar besser.

Schlüsselwörter

Lebertransplantation · Lebendspende · Spenderhepatektomie · Spendersicherheit · Morbidität

Der Chirurg 6 · 2015 

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CME Lernziele Nach Lektüre dieses Beitrags … 55 kennen Sie die Indikationen zur Leberlebendtransplantation, 55 kennen Sie die wichtigsten Konzepte und Aspekte der Selektion und Evaluation von Leberlebendspender, 55 kennen Sie die Hauptphasen und technische Aspekte der Operation, 55 kennen Sie die Komplikationen sowie die Mortalitätsrate dieses Verfahrens.

Hintergrund

Die Sterberate auf der Warteliste beträgt bei Erwachsen weltweit 10–30%

Der gravierende Mangel an postmortal gespendeten Organen hat zu einer Verbreiterung und Etab­ lierung neuer transplantationschirurgischer Optionen wie die Leberlebendtransplantation (LDLT) geführt. Trotz erheblicher Fortschritte in der Behandlung terminaler Lebererkrankungen bei Erwachsen beträgt die Sterberate auf der Warteliste weltweit 10–30%. Bemühungen, dem Mangel an Spender­ organen durch Öffentlichkeitsaktivitäten, durch Anwendung von Splitlebertransplantationen oder Nutzung grenzwertiger Organe entgegenzuwirken, hatten keinen nennenswerten Erfolg. Seit 5 Jahren beobachtet man eine ständige Abnahme der postmortalen Spenderzahlen (. Abb. 1 und . Tab. 1). Ende der 1980er Jahre wurde die LDLT als zusätzliche Option primär für Kinder und später auch für Erwachsene etabliert.

Entwicklung der LDLT

Mittlerweile ist die Methode sowohl für Kinder als auch Erwachsene fester Bestandteil der LT

Die erste erfolgreiche LDLT konnte 1989 von Strong aus Brisbane, Australien, bei einem 15 Monate alten japanischen Kind vorgenommen werden. Bei dem Spender traten keine Komplikationen auf, und das Kind überlebte ein Jahr [1, 2]. Im gleichen Jahr führte Nagasue die erste LDLT in Japan und Broelsch in Chicago durch. Es folgten weitere Transplantationen in Kyoto und in Matsumoto [1], Broelsch Ch, Frilling [3]. Im November 1993 gelang dann die erste Leberlebendtransplantation zwischen zwei Erwachse­ nen [4]. Mittlerweile ist die Methode sowohl für Kinder als auch Erwachsene fester Bestandteil der Trans­ plantation und das operative Verfahren standardisiert. Die LDLT ist nun zum einen in Ländern Re­ alität, in denen die postmortale Organspende extrem gering ist (Asien, Japan …), und zum anderen konnte in Bereichen, wo der Transplantationsbedarf wegen des zu geringen Spenderaufkommens li­ mitiert ist, eine zeitnahe Transplantation gerade für Kinder erst erreicht werden [5].

Living liver donor: indications and technical aspects Abstract

Living donor liver transplantation (LDLT) nowadays represents an important and safe alternative to conventional deceased donor liver transplantation (DDLT). A major concern related to the LD­ LT procedure is still represented by donor safety because a serious operation not without risks must be carried out on a healthy individual. In the present review of the indications for LDLT the techni­ cal concepts of donor surgery, criteria for donor selection and evaluation and morbidity and mortal­ ity results related to the procedure are presented. In general, the indications for LDLT are almost the same as for DDLT. The donor hepatectomy (right, left or left lateral) is presented in five main phas­ es. The reported morbidity rates vary between 10 % and 60 % and are strongly related to the experi­ ence of the transplant center. The currently reported postoperative mortality rates for left and right hepatectomy are 0.1 % and 0.5 %, respectively. The results of LDLT are similar if not even better than those for DDLT depending on the specific indications.

Keywords

Liver transplantation · Living donor · Donor hepatectomy · Donor safety · Morbidity

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CME Infobox  Praxisrelevante Inter­ netadressen 55Eurotransplant: www.eurotransplant.org 55European Liver Transplant Registry: www. eltr.org 55International liver transplant society: www.ilts.org 55The transplant society: www.tts.org 55Deutsche Stiftung Organtransplantation: www.dso.de

Seither wurden weltweit um die 20.000 LDLT durch­ geführt. [European Liver Transplantat Registry, www. eltr.org; United Network for Organ Sharing, www.unos. org] [6]. In den letzten 5 Jahren beläuft sich die LDLT im Eurotransplant(ET)-Bereich und in Deutschland je­ weils auf ca. 7 bzw. 9 % aller LT (www.Eurotransplant. org; www.dso.de), wobei gerade Kinder von dieser Form der Transplantation profitieren (. Abb. 2).

In den letzten 5 Jahren beläuft sich die LDLT im ET-Bereich und in Deutschland jeweils auf ca. 7 bzw. 9 % aller LT

Rationale der LDLT Im Vergleich zur konventionellen LT bietet die LDLT gerade für den Empfänger gewisse Vortei­ le: Durch die strenge Spenderselektion ist das Transplantat von exzellenter Qualität und Konservie­ rungsschäden sind durch die kurze kalte Ischämiezeit praktisch nicht relevant. Wesentlich dabei ist, dass die Transplantation in den allermeisten Fällen geplant und elektiv durchgeführt werden kann, noch bevor ernsthafte Komplikationen beim Empfänger aufgetreten sind. Hauptproblem dieser Methode ist und bleibt die Spendersicherheit, denn ein gesundes Individu­ um muss sich einer großen nicht risikolosen Operation unterziehen. In diesem Überblick zur Indikation und Technik sollen auch neue Entwicklungen wie Spender­ selektion, Morbidität und Mortalität behandelt werden.

Hauptproblem ist und bleibt die Spendersicherheit

Indikation zur LDLT Man differenziert zwischen elektiver LDLT und akuter Indikation und zwischen pädiatrischer und erwachsener LDLT. Prinzipiell unterscheiden sich die Indikationen nicht von den üblichen inzwischen akzeptierten Indikationen zur Lebertransplantation. Die Allokation der LT basiert im Eurotransplantbereich (ET) auf den MELD-Score (Model of End stage Liver Disease), der die Schwere der Lebererkrankung be­ schreibt und maximal 40 Punkte ausmachen kann. Ein Patient mit einem Score von größer 35 hat eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, innerhalb von 3 Monaten an den Folgen des Leberversagens zu versterben. Das heißt, die Dringlichkeit steht im Vordergrund der Organzuteilung. Für besondere Erkrankungen wie den cholestatischen Hepatopathien, hepatozelluläres Karzinom (HCC) und Stoff­ wechselerkrankungen gibt es gesonderte festgelegte Kriterien, die aber auch über den MELD abge­ bildet werden können. Laut Eurotransplant-Report 2013 (www.eurotransplant.org) wurden mehr als 50 % der LT bei Pa­ tienten mit einem MELD > 25 durchgeführt. Diese Patienten stellen aber nur 10 % der Patienten auf Wartelisten (WL) dar. Das heißt, 90 % der Patienten auf der WL müssen mit den übrigen 50 % der zu Verfügung stehenden Organe versorgt werden. Daraus resultiert, dass in 2014 die Mortalitätsrate auf der WL für erwachsene Patienten in ET 23 % betrug (persönliche Mitteilung, G. Berlakowich, ELIAC Meeting, Frankfurt, March 2014). Laut ET-Daten sind im Zeitraum 2008 bis 2013 ca. 60 Kinder (al­ ter zwischen 0 und 2 J) auf der WL verstorben, das entspricht ca. 10 % aller Kinder auf der Warteliste. Bei der LDLT gilt aber der Grundsatz: Im Vordergrund steht die Spendersicherheit, d. h. der Be­ nefit für den Empfänger muss das Risiko für den Spender rechtfertigen. Gerade dieser Aspekt muss mit Spender und Empfänger ausführlich besprochen werden und die Problematik muss auch ver­ standen sein. Diesbezüglich wurden 2005 in einer internationalen Konsensuskonferenz in Vancouver, Kanada wesentliche Grundprinzipien der Leberlebendspende definiert [7]: a. Eine LDLT darf nur dann durchgeführt werden, wenn das Spenderrisiko mit dem zu erwarten­ dem Transplantationsergebnis gerechtfertigt werden kann. (d. h. 75 % 5-Jahres-Überleben). b. Das Transplantat- und das Empfängerüberleben müssen identisch zu dem zu erwartendem Er­ gebnis einer konventionellen Transplantation sein und bei einer Kinderlebertransplantation dieses übertreffen. c. Die Indikationen für eine LDLT müssen der konventionellen Transplantationsindikation mit Ausnahme abgesicherter Studienprotokolle entsprechen.

2013 wurden mehr als 50 % der LT bei Patienten mit einem MELD > 25 durchgeführt

Bei der LDLT gilt der Grundsatz: Im Vordergrund steht die Spendersicherheit

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Abb. 1 9 Organspenderzahlen in Deutschland in Zeitraum 2008 bis 2014 [61]

d. Die Entscheidung für eine LDLT sollte nach sorgfältiger Risiko- und Nutzenanalyse, bezogen auf die Schwere des Leberversagens, der Lebensqualität und der geschätzten Wartezeit getroffen werden. Bei Erwachsenen wird die LDLT vorwiegend bei stabilen Patienten mit einem MELD 1 %. oo Schwerwiegende psychologische Prob­ leme. oo Gallengangs- oder Gefäßstrikturen sind nach Hemihepatektomie rechts häufiger. oo Komplikationen sind Blutungen, Gallele­ ckagen, perihepatische Abszesse, Wund­ infektionen.

??Welche Aussage zu den Indikationen zur LDLT trifft nicht zu? oo LDLT hat die gleichen Indikationen wie

DDLT. oo Die besten Ergebnisse der LDLT werden erreicht bei MELD 

[Living liver donor: indications and technical aspects].

Living donor liver transplantation (LDLT) nowadays represents an important and safe alternative to conventional deceased donor liver transplantation (...
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