ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG _ FOLGE 442

Prof. Dr. med. habil. Dr. rer. biol. hum. Manfred Gross Internistische Klinik Dr. Müller, München

In Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landesärztekammer

Teilnahme unter www.springermedizin.de/kurse-mmw

Zirrhose – wie erkennen, wie behandeln?

Wenn die Leber den Dienst versagt



Von einer dekompensierten Leberzirrhose spricht man, wenn Komplikationen der Erkrankung wie Aszites, Varizenblutung, Ikterus oder hepatische Enzephalopathie (HE) eingetreten sind. Die dekompensierte Leberzirrhose hat eine sehr schlechte Prognose. Nach der ersten Dekompensation versterben 25– 30% der Patienten im ersten Jahr. Die Mortalität nach zwei Jahren beträgt ohne adäquate Therapie bis zu 50%. Befunde bei der körperlichen Untersuchung Bei der Mehrzahl der Patienten wird die Zirrhose erst diagnostiziert, wenn es zu Komplikationen gekommen ist. Eine gründliche Anamnese auch mit Erfassung des Alkohokonsums und die Suche nach Leberhautzeichen bei der körperlichen Untersuchung (Tab. 1) können helfen, Zirrhosepatienten früher zu erkennen und zu behandeln. Stadieneinteilung Das Stadium der Leberzirrhose wird üblicherweise nach dem Child-Pugh-Score eingeteilt (Tab. 2, S. 76). Für jeden der ■ This article is part of a supplement not sponsored by the industry.

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fünf Parameter werden 1–3 Punkte vergeben, sodass der Patient zwischen 5 und 15 Punkte erreicht. Das Child-Pugh-Stadium korreliert eng mit der Überlebensrate und der perioperativen Mortalität im Fall eines operativen Eingriffs. Allgemeine Therapieempfehlungen Die wichtigste Maßnahme bei Patienten mit einer alkoholischen Zirrhose ist die strikte Alkoholkarenz. Bei Patienten mit einer kompensierten Zirrhose auf dem Boden einer Virushepatitis (Hepatitis B oder C) kann die antivirale Therapie die Progression der Zirrhose verhindern. Ernährung Bei vielen Zirrhosepatienten liegt eine Mangelernährung vor, die zu Muskelabbau und Sarkopenie führt. Ursache hierfür ist, dass der Appetit oft durch eine veränderte Hormonlage (u. a. reduzierter Abbau von Cholecystokinin, erhöhte Spiegel an inflammatorischen Zytokinen) reduziert ist. Zudem kann Aszites durch die Kompression des Magens eine vorzeitige Sättigung bewirken. Der Stoff wechsel ist verändert: Die zirrhotische Leber hat eine reduzierte Synthese- und Speicherkapazität. Die Folge der fehlenden Glykogenreserven

Tabelle 1

Leberhautzeichen

− − − − − − − − − − −

Ikterus, Hautatrophie Aszites Spider naevi („Lebersternchen“) Lackzunge, Lacklippen Mundwinkelrhagaden Palmar- und Plantarerythem Dupuytren‘sche Kontraktur Weißnägel Bauchglatze, Caput medusae (vermehrte Venenzeichnung der Bauchhaut) Gynäkomastie Prurigo simplex

ist in Phasen einer hypokalorischen Ernährung eine gesteigerte Glukoneogenese u. a. durch Verstoff wechslung von Aminosäuren. Dieser Eiweißkatabolis-

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Die Inzidenz der Leberzirrhose steigt kontinuierlich an und hat in den letzten zehn Jahren um 25–30% zugenommen. In dieser Übersichtsarbeit zeigen wir Ihnen, wie Sie eine Leberzirrhose erkennen und was Sie für Ihre betroffenen Patienten tun können.

Atrophische Glossitis bei alkoholischer Leberzirrhose.

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FORTBILDUNG _ÜBERSICHT

Mod. n. R. N. Pugh et al. 1973

Child-Pugh-Stadieneinteilung Kriterium

1 Punkt

2 Punkte

3 Punkte

Serum-Bilirubin (mg/dl)

< 2,0

2,0–3,0

> 3,0

Serum-Albumin (g/dl)

> 3,5

2,8–3,5

< 2,8

Quick-Wert (%) oder INR

> 70

40–70

< 40

< 1,7

1,7–2,2

> 2,2

Aszites im Ultraschall

keiner

leicht

mind. mittelgradig

Hepatische Enzephalopathie

keine

Stadium I–II

Stadium III–IV

5–6 Punkte: Stadium A, 7–9 Punkte: Stadium B, 10–15 Punkte: Stadium C

mus führt zum Muskelabbau und zu erhöhten Ammoniakspiegeln. Die Nahrung sollte deshalb über mindestens vier bis sechs kleinere Mahlzeiten pro Tag verteilt werden [2]. Es ist wichtig, dass sich Zirrhosepatienten kalorisch ausreichend ernähren (Richtwerte s. Tab. 3). Der Eiweißgehalt in der Nahrung sollte ausreichend hoch sein, um dem Muskelabbau vorzubeugen. Nur bei Phasen mit manifester HE ist eine vorübergehende Absenkung sinnvoll. Pflanzliches Eiweiß ist zu bevorzugen, da es weniger zur Ammoniakbildung beiträgt. Gemüse mit Ballaststoffen kann zudem die Darmpassage beschleunigen und dadurch die Ammoniak resorption verringern. Viele Patienten haben einen Mangel vor allem an Vitamin D oder Spurenelementen wie Zink. Eine Laboruntersuchung (25-Hydroxy-Vitamin D) mit eventueller Substitution ist daher sinnvoll. Tabelle 3

Mod. n. Moctezuma-Velásquez et al., 2013

Ernährungsempfehlungen für Zirrhosepatienten Klinische Situation

Kalorien Protein (kcal/kg/d) (g/kg)

Keine HE

25–35

1,2–1,5

Mangelernährung

30–40

1,2–1,5

HE Grade I–II

35–40

≤ 1,2

HE Grade III–IV

35–40

≤ 0,7

HE: hepatische Enzephalopathie

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Pharmakotherapie bei Zirrhosepatienten Der Abbau sehr vieler Medikamente läuft über die Leber, weshalb die Pharmakokinetik dieser Präparate häufig deutlich verändert ist. Zwar können die meisten Medikamente gegeben werden, aber man sollte vorsichtshalber mit einer reduzierten Dosis beginnen. Paracetamol ist in Dosierungen bis 2–3 g/Tag bei befristetem Einsatz i. d. R. sicher. NSAR-Präparate sollten möglichst vermieden werden. Diuretika sollten langsam gesteigert werden, um das Risiko eines hepatorenalen Syndroms gering zu halten. Protonenpumpenhemmer sollten vorsichtig verabreicht werden, da sie das Risiko für spontan bakterielle Peritonitiden steigern können [3]. Diagnose und Behandlung häufiger Komplikationen der Zirrhose Aszites

Bei jedem neu diagnostizierten Aszites und bei klinischer Verschlechterung sollte eine Aszitespunktion erfolgen. Der Aszites sollte mindestens auf Zellzahl und Zellart sowie auf Gesamteiweiß untersucht werden. Zusätzlich sollten Blutkulturflaschen beimpft werden. Sinnvoll ist darüber hinaus die Bestimmung des Serum-Aszites-AlbuminGradienten (SAAG), der Differenz (nicht Quotient!) zwischen Albuminkonzentration im Blut und im Aszites. Ein SAAG > 1,1 g/dl spricht für eine portale Hypertension, ein Gradient < 1,1 g/dl

spricht für entzündliche oder neoplastische Ursachen. Jeder Aszites mit klinischen Symptomen sollte behandelt werden. Das Therapieziel ist dabei nicht die vollständige Rückbildung des Aszites, sondern die Rückbildung der Symptome. Primär kommt der Aldosteronantagonist Spironolacton (initial 100 mg/d, falls nötig Steigerung bis 200 mg/d) in Frage. Sollte die Aszitesausschwemmung unzureichend bleiben, kann ergänzend ein Schleifendiuretikum eingesetzt werden, z. B. Furosemid bis maximal 160 mg/d [4, 5]. Spricht der Patient auf eine diuretische Therapie gut an, muss keine diätetische Kochsalzrestriktion empfohlen werden. Bei refraktärem oder schwer zu behandelndem Aszites sollte die tägliche Kochsalzzufuhr mit der Nahrung maximal 5 g/Tag betragen. Bei Patienten mit einem Serumnatrium > 125 mg/l ist keine generelle Flüssigkeitsrestriktion nötig. Bei Natriumwerten < 125 mmol/l, klinisch manifester HE oder einer deutlichen Nierenfunktionseinschränkung sollte auf Diuretika zu Gunsten einer Flüssigkeitsrestriktion und Kochsalzeinschränkung verzichtet werden. Bei therapierefraktärem Aszites kann die Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts (TIPS) erfolgen, da dieser im Vergleich zu wiederholten großvolumigen Aszitespunktionen zu einer Prognoseverbesserung führt [6]. Werden großvolumige Parazenthesen durchgeführt (mehr als 5 l) sollte intravenös Albumin infundiert werden (6–8 g Albumin pro entferntem Liter Aszites).

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Tabelle 2

Abgerundeter Leberrand bei Leberzirrhose mit Aszites.

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Hepatische Enzephalopathie

Typisch ist das breite Symptomenspektrum der HE: Zu den neuropsychiatrischen Symptomen zählen eine psychomotorische Verlangsamung, Persönlichkeitsveränderungen, ein geänderter zirkadianer Rhythmus mit Störung des Schlafs und des Appetits sowie kognitive Defizite. Mögliche neurologische Symptome sind eine Hypomimie, Dysarthrie, Hypokinesie, gesteigerte Muskeleigenreflexe mit einem erhöhten Muskeltonus sowie Ataxie oder Tremor. Die Einteilung der HE erfolgt über klinische Kriterien nach der West-Haven-Klassifi kation (Tab. 4). Neben der klinisch manifesten HE gibt es eine sogenannte „minimale HE“ (mHE), die

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Tabelle 4

Grad

Symptome

Minimale HE

Keine klinischen Auffälligkeiten, aber pathologische Befunde bei neuropsychometrischen Test (z. B. Zahlenverbindungstest)

Grad 1

Müdigkeit, Rechenschwäche, Euphorie oder Ängstlichkeit

Grad 2

Lethargie oder Apathie, inadäquates Verhalten

Grad 3

Somnolenz, starke Desorientiertheit

Grad 4

Koma (keine Reaktion auf verbale Reize oder Schmerzreize)

sich in neuropsychometrischen Veränderungen wie einem pathologischen Zahlenverbindungstext äußert, aber im klinischen Alltag kaum auff ällt. Bereits die mHE beeinträchtigt die Lebensqualität der Patienten. Sie geht mit rezidivierenden Stürzen und reduzierter Fahrtüchtigkeit einher. Das Risiko für eine manifeste HE ist erhöht und die Prognose verschlechtert sich. Jeder Schub einer HE führt zu kognitiven Defi ziten, die nur partiell reversibel sind. Insbesondere wird das Lernvermögen anhaltend beeinträchtigt. In der hausärztlichen Praxis ist es wichtig, die Symptome einer HE zu kennen. Bei Verdacht auf eine HE kann mit geringem Zeitaufwand beispielsweise der Zahlenverbindungstest eingesetzt werden, der bei Zirrhosepatienten mit guter Sensitivität eine mHE identifiziert. Hierbei geht es darum, in möglichst kurzer Zeit aufsteigende Zahlen miteinander zu verbinden. Die Serumammoniakbestimmung ist vergleichsweise unzuverlässig. Akute Episoden einer klinisch manifesten HE sind in der Regel stationär behandlungsbedürft ig und können den Einsatz intensivmedizinischer Maßnahmen erforderlich machen. Ohne Rezidivprophylaxe ist das Rezidivrisiko der HE sehr hoch. Aus diesem Grund sollte nach jeder Episode eine konsequente Rezidivprophylaxe durchgeführt werden. Zur Rezidivprophylaxe kommt zum einen Laktulose in Betracht, die häufig jedoch wegen Diarrhö, Meteorismus und Bauchschmerzen nicht langfristig eingenommen wird. L-Ornithin-L-As-

Mod. n. Zhan T, Stremmel W, & Stremmel, 2012

West-Haven-Kriterien der hepatischen Enzephalopathie (HE)

partat („LOLA“) ist in seiner Effektivität weniger gut belegt. Alternativ kommt sowohl für die Akuttherapie als auch zur Rezidivprophylaxe das nicht resorbierbare Antibiotikum Rifaximin in Betracht. Rifaximin senkt die Bakteriendichte im Darmlumen. Die Nebenwirkungen sind auf Placeboniveau. Auch bei dauerhafter Einnahme sind bislang keine Resistenzen beschrieben worden. Das Risiko für eine Infektion mit Clostridium difficile steigt nicht an [8, 9]. Ösophagus- und Fundusvarizen

Jede Blutung aus Ösophagus- oder Magenvarizen ist ein lebensbedrohliches Ereignis, das im Krankenhaus meist intensivmedizinisch behandelt werden muss. Im Vordergrund steht die endoskopische Blutstillung mittels Ligatur. Nach einer Varizenblutung müssen die Varizen durch wiederholte Ligaturen eradiziert werden. Nicht selektive Betablocker wie Propranolol oder Nadolol oder besser Carvedilol werden meist be-

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Spontan bakterielle Peritonitis

Eine Zahl von > 500 kernhaltigen Zellen/ µl oder > 250 segmentkernigen Granulozyten im Aszites ist ein diagnostisches Kriterium für das Vorliegen einer spontan bakteriellen Peritonitis (SBP). Der Keimnachweis wird für die Diagnosestellung nicht gefordert. Die SBP kann bei unkompliziertem Verlauf mit Chinolonen (Norfloxacin oder Ciprofloxacin) oral behandelt werden. Komplizierte Verläufe sollten in erster Linie intravenös durch Cephalosporine der 3. Generation behandelt werden. Der Erfolg der Antibiotikatherapie sollte durch eine diagnostische Kontrollpunktion 48 Stunden nach Beginn der Therapie überprüft werden. Nach einer erfolgreichen Behandlung sollte eine antibiotische Dauertherapie (Sekundärprophylaxe) ohne zeitliche Befristung durchgeführt werden. Bei Patienten mit niedrigem Gesamteiweiß im Aszites (< 1,5 g/dl) besteht ein hohes Risiko für eine SBP. Bei solchen Patienten wird eine prophylaktische Antibiotikagabe empfohlen. Finden sich zusätzliche Risikofaktoren (Child-PughScore über 9, Bilirubin > 3 mg/dl, Serumkreatinin > 1,2 mg/dl, Natrium < 130 mmol/l) sollte in jedem Fall eine antibiotische Primärprophylaxe erfolgen. In Studien wurden überwiegend Norfloxacin (400 mg/d), Ciprofloxacin oder Trimethoprim/Sulfamethoxazol (160 mg/800 mg) eingesetzt [7].

Palmarerythem bei alkoholischer Leberzirrhose.

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FORTBILDUNG _ÜBERSICHT

gleitend zur Senkung des Pfortaderdrucks gegeben. Bei rezidivierender oder bei nicht beherrschbarer Blutung kann die Notfallanlage eines TIPS notwendig werden. Patienten mit rezidivierender Blutung trotz endoskopischer Therapie und Pharmakotherapie sind ebenfalls Kandidaten für einen TIPS. Patienten mit mittelgroßen bis großen Varizen, die bislang noch keine Blutung erlitten haben, sollten prophylaktisch eine Varizenligatur erhalten. Alternativ oder ergänzend kommt der Einsatz von Betablockern in Betracht [10]. Hepatorenales Syndrom

Man unterschiedet zwei Typen des hepatorenalen Syndroms. Beim Typ 1 kommt es zu einer raschen Nierenfunktionsverschlechterung mit einer Verdopplung des Serumkreatinins auf über 2,5 mg/dl innerhalb von zwei Wochen. Bei Typ 2 steigt das Kreatinin auf 1,5–2,5 mg/dl. Der Verlauf ist stabil oder nur langsam fortschreitend. Patienten mit hepatorenalem Syndrom sollten stationär eingewiesen werden. Die Prognose ist insbesondere beim Typ 1 schlecht [7]. Hepatopulmonales Syndrom

Eine weitere Komplikation ist das hepatopulmonale Syndrom, das bei 15–20% der Patienten auft ritt. Durch eine Überproduktion von Stickstoff monoxid und einer vermehrten Expression des Endothelin-B-Rezeptors kommt es zu einer Vasodilatation der pulmonalen Gefäße. Die Patienten leiden unter einer Hypoxie, die sich unter Sauerstoffgabe rasch bessert. Seltener ist die portopulmonale Hypertonie, die bis zu 20% der Patienten mit refraktärem Aszites betreffen kann und wahrscheinlich auf den vermehrten Anfall von pulmonalen arteriellen Vasokonstriktoren zurückzuführen ist [11]. Hepatischer Hydrothorax

Als hepatischer Hydrothorax werden Pleuraergüsse bei Patienten mit Leberzirrhose bezeichnet, die auf die portale Hypertension und nicht auf eine primäre Herz- oder Lungenerkrankung zurückgeführt werden. Die Therapie entspricht der des Aszites. Bei rezidivierendem he-

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patischen Hydrothorax ist die Anlage eines TIPS zu erwägen. Alternativ kommt eine Pleurodese in Betracht [5]. Hepatozelluläres Karzinom (HCC)

Das HCC ist der häufigste maligne Lebertumor bei Zirrhosepatienten. Bei der Hepatitis C beträgt im Stadium Child-Pugh A das jährliche HCC-Risiko etwa 4%. Das kumulative Fünf-Jahres-Risiko bei Hepatitis-C-Zirrhose liegt bei fast 20%. Kurative Ansätze sind die Resektion des Tumors oder die Lebertransplantation. Das Karzinom ist nicht strahlensensibel. Palliativ sind mehrere Ansätze inkl. Chemotherapie (Sorafenib) möglich [12]. Die Langzeitprognose ist eher schlecht. Regelmäßige Untersuchungen Bei Patienten mit einer Zirrhose sollte regelmäßig auf den Ernährungsstatus geachtet und nach Aszites und HE gesucht werden. Die Laboruntersuchungen sollten neben den Leberwerten (Bilirubin, GOT, GPT, Gamma-GT, alkalische Phosphatase) auch ein kleines Blutbild, die Nierenretentionswerte sowie Albumin, Serumelektrolyte und die Gerinnung (INR) beinhalten [5, 7, 10]. Die Bestimmung des Alpha-1-Fetoproteins (AFP) kann eine Früherkennung eines HCC ermöglichen [12]. In halbjährlichen Abdomensonografien sollte nach Aszites und Leberrundherden (HCC) gesucht werden. Dabei können auch weitere Komplikationen wie eine Pfortaderthrombose oder die Ausbildung von Umgehungskreisläufen erfasst werden. Bei der Erstdiagnose einer Zirrhose sollte eine Magenspiegelung mit der Frage nach Varizen durchgeführt werden. Liegen keine Varizen vor, sollte die Gastroskopie alle zwei bis drei Jahre wiederholt werden. Im Falle kleiner Varizen sollte die Kontrolle bereits nach ein bis zwei Jahren erfolgen. Bei Patienten mit einer dekompensierten Zirrhose werden jährliche Gastroskopien empfohlen [10]. Wichtig ist die Anbindung von Zirrhosepatienten an ein Leberzentrum, begleitend zur hausärztlichen Betreuung, um rechtzeitig die Kandidaten für eine Lebertransplantation zu erkennen.

Literatur unter mmw.de Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. med. habil. Dr. rer. biol. hum. Manfred Gross Internistische Klinik Dr. Müller, München Am Isarkanal 36 D-81379 München E-Mail: [email protected]

Leberzirrhose

Fazit für die Praxis 1. Bei Patienten mit Leberzirrhose werden in halbjährlichen Abständen Anamnese, eine klinische Untersuchung, Laboruntersuchung und eine Abdomensonografie empfohlen. Dabei sollte auch auf die Ausbildung einer hepatischen Enzephalopathie (HE) geachtet werden.

2. Wenn möglich sollte eine an der Ätiologie der Erkrankung ausgerichtete Therapie erfolgen: Strikte Alkoholkarenz bei äthyltoxischer (aber auch sonstiger) Zirrhose bzw. die Therapie der Virusinfektion bei einer virusbedingten Zirrhose.

3. Die Ernährung von Zirrhosepatienten sollte kalorisch ausreichend sein. Eine Eiweißrestriktion ist nur bei akuter HE, Salzreduktion nur bei schwer behandelbarem Aszites und eine Flüssigkeitsrestriktion nur bei Hyponatriämie notwendig.

Keywords Liver cirrhosis and the most common complications: diagnosis and treatment Liver cirrhosis – ascites – encephalopathy – esophageal varices – peritonitis hepatorenal syndrome

Interessenkonflikt Der Autor erklärt, dass er sich bei der Erstellung des Beitrages von keinen wirtschaftlichen Interessen leiten ließ. Er legt folgende potenzielle Interessenkonflikte offen: Vortragstätigkeit für die Falk Foundation und für Norgine GmbH. Der Verlag erklärt, dass die inhaltliche Qualität des Beitrags von zwei unabhängigen Gutachtern geprüft wurde. Werbung in dieser Zeitschriftenausgabe hat keinen Bezug zur CME-Fortbildung. Der Verlag garantiert, dass die CME-Fortbildung sowie die CMEFragen frei sind von werblichen Aussagen und keinerlei Produktempfehlungen enthalten. Dies gilt insbesondere für Präparate, die zur Therapie des dargestellten Krankheitsbildes geeignet sind.

MMW-Fortschr. Med. 2015; 157 (S1)

springermedizin.de/eAkademie FIN: MM1523HY

DOI 10.1007/s15006-015-2550-3

CME-Fragebogen

gültig bis 13.4.2015

Bitte beachten Sie: • Die Teilnahme ist nur online unter www.springermedizin.de/eAkademie möglich. • Ausführliche Erläuterungen unter www.springermedizin.de/info-eakademie

Diese CME-Fortbildungseinheit ist von der Bayerischen Landesärztekammer mit zwei Punkten in der Kategorie I zur zertifizierten Fortbildung anerkannt.

Leberzirrhose Wie sollte die Ernähung von Zirrhose-Patienten aussehen? ⃞ Generell sollten die Patienten so wenig Eiweiß wie möglich zu sich nehmen. ⃞ Eine streng kochsalzarme Diät ist auch dann notwendig, wenn ein Patient mit Aszites gut auf Diuretika anspricht. ⃞ Die Ernährung sollte kalorienarm sein, um einer Übergewichtigkeit vorzubeugen. ⃞ Das Eiweiß sollte möglichst tierischen Ursprungs sein. ⃞ Wenn keine Enzepahlopathie vorliegt, sollte die tägliche Eiweißzufuhr bei 1,2–1,5 g liegen. Welche Aussage zur Aszitespunktion und Interpretation der Befunde ist richtig? ⃞ Aszitespunktionen haben ein hohes Risiko, zu einer Infektion des Aszites zu führen und sollten deshalb möglichst unterbleiben. ⃞ Bei jeder klinischen Verschlechterung eines Zirrhosepatienten mit Aszites ist eine Punktion sinnvoll. ⃞ Die P unktion ist zur Diagnosestellung einer spontan-bakteriellen Peritonitis nicht notwendig. Die CRP-Bestimmung genügt. ⃞ Auch bei großvolumigen Aszitespunktionen (> 5l) muss kein Eiweiß zugeführt werden. ⃞ Nur der Keimnachweis in einer Kultur des Aszitespunktats sichert die Diagnose einer spontan-bakteriellen Peritonitis. Welche Aussage zur Therapie eines Aszites bei Leberzirrhose trifft zu? ⃞ Zunächst sollte die Flüssigkeitszufuhr gedrosselt werden. ⃞ Der erste Therapieschritt ist die Kochsalzreduktion. ⃞ Die Gabe von Aldosteronantagonisten und Schleifendiuretika ist Standard. ⃞ Wegen der Gefahr eines hepatorenalen Syndroms sollten keine Schleifendiuretika verabreicht werden. ⃞ Regelmäßige Aszitespunktionen sind notwendig, um den Organismus zu entlasten. Ein 72-jähriger Mann stellt sich wegen Kurzatmigkeit und Zunahme des Bauchumfangs bei Ihnen vor. Sie stellen klinisch und im Ultraschall einen ausgeprägten Aszites und Zeichen der Leberzirrhose fest. Die Zirrhose war bislang nicht bekannt. Die Laboruntersuchung zeigt erhöhte Transaminasen, Bilirubin 2,7 mg/dl, INR 1,4,

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CRP 7 mg/l. Welche Untersuchung sollten Sie als Nächstes durchführen oder veranlassen? ⃞ Röntgenaufnahme Thorax. ⃞ CT des Abdomens. ⃞ Blutkulturen. ⃞ Aszitespunktion. ⃞ Gastroskopie. Welche Aussage zur spontan-bakteriellen Peritonitis (SBP) ist richtig? ⃞ Nach erfolgreicher Therapie sollte eine antibiotische Prophylaxe über drei Monate durchgeführt werden. ⃞ Bei Patienten mit niedrigem Gesamteiweiß im Aszites besteht die Notwendigkeit einer prophylaktischen Antibiotikagabe. ⃞ Die SBP kann durch Einhaltung strenger Hygienemaßnahmen verhindert werden. ⃞ Die Therapie besteht in der Verordnung von Lactulose. ⃞ Die regelmäßige Einnahme von Lactulose kann eine SBP verhindern. Welche Aussage zur hepatischen Enzephalopathie (HE) trifft zu? ⃞ Die HE ist eine seltene Komplikation der Zirrhose. ⃞ Patienten mit einer HE Grad 1 fallen durch eine tiefe Somnolenz auf. ⃞ Eine HE kann bei einem normalen Serumammoniakspiegel ausgeschlossen werden. ⃞ Die miminale HE hat keine klinische Relevanz. ⃞ Patienten mit einer minimalen HE fallen im klinischen Alltag kaum auf. Wie sieht die Therapie und Prophylaxe der hepatischen Enzephalopathie (HE) aus? ⃞ Patienten mit einer HE sollten eine intravenöse Antibiotikatherapie erhalten. ⃞ Die Therapie besteht in erster Linie in einer eiweißarmen Diät. ⃞ Die Gabe von Lactulose und/oder Rifaximin ist zur Therapie und Prophylaxe etabliert. ⃞ Eine medikamentöse Sekundärprophylaxe ist nicht möglich. ⃞ Patienten mit einer HE sollten zur portosystemischen Shuntanlage vorgestellt werden. Welche Aussage zu Ösophagusvarizen ist richtig? ⃞ Bei der Erstdiagnose einer Leberzirrhose ist eine Gastroskopie sinnvoll, um nach Varizen zu suchen.

⃞ Bei Ösophagusvarizen ist eine strenge Blutdruckeinstellung zur Blutungsprophylaxe wichtig. ⃞ Eine Ligaturbehandlung wird nur durchgeführt, wenn es zu einer Blutung kam. ⃞ Bei Nachweis von Varizen sollten Protonenpumpeninhibitoren zur Blutungsprophylaxe verschrieben werden. ⃞ Bei einer akuten Blutung ist die medikamentöse Pfortaderdrucksenkung die effektivste Therapie. Welche Aussage zum hepatozellulären Karzinom ist richtig? Es ... ⃞ ... kann kurativ nur mittels Resektion oder Lebertransplantation behandelt werden. ⃞ ... ist strahlensensibel und spricht gut auf Bestrahlung an. ⃞ ... tritt nur bei fortgeschrittener Zirrhose auf. ⃞ ... findet sich fast nur bei Zirrhosepatienten im hohen Lebensalter. ⃞ ... ist ein extrem langsam wachsender Tumor mit guter Langzeitprognose. Sie betreuen eine 72-jährige Patientin mit alkoholischer Leberzirrhose Stadium Child A. Seit fünf Jahren hält die Patientin zuverlässig eine Alkoholkarenz ein. Welche regelmäßigen Untersuchungen sollten Sie routinemäßig durchführen? ⃞ Keine, Untersuchungen nur bei Symptomen. ⃞ Halbjährliche Ultraschalluntersuchung des Abdomens. ⃞ Jährlich eine Röntgen-Thorax-Aufnahme. ⃞ Alle zwei Jahre eine Computertomografie des Abdomens. ⃞ Alle drei Jahre eine Vorsorgekoloskopie (verkürztes Intervall). Bitte beachten Sie: Diese zertifizierte Fortbildung ist zwölf Monate auf springermedizin.de/eakademie verfügbar. Dort erfahren Sie auch den genauen Teilnahmeschluss und erhalten bei technischen und inhaltlichen Fragen tutorielle Unterstützung. Pro Frage ist jeweils nur eine Antwortmöglichkeit (Richtig- oder Falschaussage) zutreffend. Sowohl die Fragen als auch die zugehörigen Antwortoptionen werden im Online-Fragebogen in zufälliger Reihenfolge ausgespielt, weshalb die Nummerierung von Fragen und Antworten im gedruckten Fragebogen unterbleibt. Prüfen Sie beim Übertragen der Lösungen aus dem Heft daher bitte die richtige Zuordnung.

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Literatur 1. Ratib S, West J, Crooks CJ, Fleming KM. Diagnosis of liver cirrhosis in England, a cohort study, 1998-2009: a comparison with cancer. Am J Gastroenterol. 2014;109(2):190–8. 2. Moctezuma-Velázquez C, García-Juárez I, Soto-Solís R, Hernández-Cortés J, Torre A. Nutritional assessment and treatment of patients with liver cirrhosis. Nutrition 2013;29(11–12):1279–85. 3. Lewis JH, Stine JG. Review article: prescribing medications in patients with cirrhosis – a practical guide. Aliment Pharmacol Ther 2013;37:1132–56. 4. Ginès P, Cárdenas A, Arroyo V, Rodés J. Management of Cirrhosis and Ascites. N Engl J Med 2004;350(16):1646–54. 5. Gerbes AL, Gülberg V, Sauerbruch T, Wiest R, Appenrodt B, Bahr MJ, Dollinger MM, Rössle M, Schepke M. German S 3-guideline „ascites, spontaneous bacterial peritonitis, hepatorenal syndrome“. Z Gastroenterol. 2011;49(6):749–79. 6. Salerno F, Cammà C, Enea M, Rössle M, Wong F. Transjugular intrahepatic portosystemic shunt for refractory ascites: a metaanalysis of individual patient data. Gastroenterology 2007;133(3):825–34. 7. European Association for the Study of the Liver. EASL clinical practice guidelines on the management of ascites, spontaneous bacterial peritonitis, and hepatorenal syndrome in cirrhosis. J Hepatol. 2010;53(3):397–417. 8. Kimer N, Krag A, Møller S, Bendtsen F, Gluud LL. Systematic review with meta-analysis: the effects of rifaximin in hepatic encephalopathy. Aliment Pharmacol Ther. 2014;40(2):123–32. 9. Mullen KD, Sanyal AJ, Bass NM, Poordad FF, Sheikh MY, Frederick RT, Bortey E, Forbes WP. Rifaximin is safe and well tolerated for longterm maintenance of remission from overt hepatic encephalopathy. Clin Gastroenterol Hepatol. 2014;12(8):1390–7. 10. Garcia-Tsao G1, Sanyal AJ, Grace ND, Carey W; Practice Guidelines Committee of the American Association for the Study of Liver Diseases; Practice Parameters Committee of the American College of Gastroenterology. Prevention and management of gastroesophageal varices and variceal hemorrhage in cirrhosis. Hepatology 2007;46(3):922-38. 11. Halank M, Strassburg CP, Hoeper MM. Pulmonary complications of liver cirrhosis: hepatopulmonary syndrome, portopulmonary hypertension and hepatic hydrothorax. Internist 2010;51(Suppl 1):255–63. 12. Zitierweise der Leitlinie gemäß Vermerk in der Leitlinie selbst: Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik und Therapie des hepatozellulären Karzinoms, Langversion 1.0, AWMF Registrierungsnummer: 032-053OL, http://leitlinienprogrammonkologie.de/Leitlinien.7.0.html Autoren: Greten TF, Malek NP, Schmidt S, Arends J, Bartenstein P, Bechstein W, Bernatik T, Bitzer M, Chavan A, Dollinger M, Domagk D, Drognitz O, Düx M, Farkas S, Folprecht G, Galle P, Geißler M, Gerken G, Habermehl D, Helmberger T, Herfarth K,

Hoffmann RT, Holtmann M, Huppert P, Jakobs T, Keller M, Klempnauer J, Kolligs F, Körber J, Lang H, Lehner F, Lordick F, Lubienski A, Manns MP, Mahnken A, Möhler M, Mönch C, Neuhaus P, Niederau C, Ocker M, Otto G, Pereira P, Pott G, Riemer J, Ringe K, Ritterbusch U, Rummeny E, Schirmacher P, Schlitt HJ, Schlottmann K, Schmitz V, Schuler A, Schulze-Bergkamen H, Schweinitz von D, Seehofer D, Sitter H, Straßburg CP, Stroszczynski C, Strobel D, Tannapfel A, Trojan J, van Thiel I, Vogel A, Wacker F, Wedemeyer H, Wege H, Weinmann A, Wittekind C, Wörmann B, Zech C. S3 Leitlinie Diagnostik und Therapie des hepatozellulären Karzinoms (www.dgvs.de)

[Liver cirrhosis and the most common complications: diagnosis and treatment].

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