Endokrinologie & Diabetologie | Commentary

Lipoprotein(a) als Arteriosklerose-Risikofaktor Lipoprotein(a): a risk factor for atherosclerosis S. Fischer1 U. Julius1 S. Tselmin1 U. Schatz1 S. R. Bornstein1 Endokrinologie Endokrinologie & Diabetologie | Commentary

Schlüsselwörter erhöhter Lipoprotein(a)Spiegel Arteriosklerose-Risiko Diagnostik Therapie Lipoprotein-Apherese

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Keywords lipoprotein(a) atherosclerosis risk diagnostic therapy lipoprotein-apheresis

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In den letzten Jahren haben zahlreiche Untersuchungen [3, 5, 7, 9, 11] gezeigt, dass erhöhte Lipoprotein(a)-Spiegel als weiterer schwerwiegender Risikofaktor für kardiovaskuläre Gefäßkomplikationen (Koronarien, hirnversorgende Gefäße, periphere arterielle Strombahn) von Bedeutung sind. Auswertungen der Daten unserer Fettstoffwechselambulanz haben gezeigt, dass ein erhöhter Lipoprotein(a)-Spiegel wahrscheinlich ein noch schwerwiegenderer Arteriosklerose-Risikofaktor ist als ein erhöhter LDL-C-Spiegel [13]. Mit steigendem Lipoprotein(a)-Spiegel nimmt die Häufigkeit kardiovaskulärer Ereignisse signifikant zu, besonders wenn ein zweiter gravierender Risikofaktor vorliegt [13]. Eine Ursache dafür könnte sein, dass Lipoprotein(a) sowohl proatherogen als auch prothrombotisch wirkt [7, 11] und damit Gefäßverschlüsse auf zwei unterschiedlichen Wegen befördert. Besonders ungünstig ist es, wenn sowohl LDL-C als auch Lipoprotein(a) erhöht sind [12].

Was ist neu? 3Bedeutung von Lipoprotein(a): Es ist noch nicht ausreichend bekannt, dass ein erhöhter Lipoprotein(a)-Spiegel ein unabhängiger Risikofaktor für die Arteriosklerose ist. Seine Bedeutung ist wahrscheinlich genauso groß wie die des LDL-Cholesterins (LDL-C). 3Diagnostik: Der Lipoprotein(a)-Spiegel ist zu 70–80 % genetisch determiniert, deshalb genügen 1–2 Messungen (eine akute Entzündung darf nicht bestehen). Sicher normal sind Werte bis 25 mg/dl; der arbiträre Cut-off für ein erhöhtes Lipoprotein(a) beträgt > 50 mg/dl. 3Therapie: Ein erhöhter Lipoprotein(a)-Spiegel kann nicht durch Ernährungsumstellung, körperliche Aktivität oder derzeit in Deutschland verfügbare Lipidsenker reduziert werden. Daher ist die optimale Einstellung aller anderen Risikofaktoren von Bedeutung; in Einzelfällen muss eine Lipoproteinapherese erfolgen.

Bedeutung von Lipoprotein(a) ▼

Institut Medizinische Klinik und Poliklinik III des Universitätsklinikums Dresden Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1370011 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 : 1204–1206 · © Georg 0 Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13

Lipoprotein(a) ist ein Partikel, das ein LDL-Molekül enthält, zusätzlich aber Ähnlichkeiten mit Plasminogen aufweist und deshalb auch prothrombotisch wirkt (q Abb. 1). Der Lipoprotein(a)-Spiegel ist in hohem Maß genetisch determiniert. Lipoprotein(a) wird wahrscheinlich in der Leber gebildet und über die Nieren abgebaut [7]. Die Lipoprotein(a)-Plasmakonzentration wird wahrscheinlich ausschließlich über die Synthese und nicht über den Abbau reguliert [7]. Erhöhte Lipoprotein(a)-Spiegel können sowohl isoliert als auch in Kombination mit anderen Fettstoffwechselstörungen auftreten [10].

Daten der „Emerging Risk Factors Collaboration“ [1] zeigten eine Beziehung zwischen der Liporotein(a)-Konzentration und der Häufigkeit des Auftretens einer KHK und einem Schlaganfall. Auch eine Assoziation zwischen einem erhöhten Lipoprotein(a)-Spiegel und einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit wurde gefunden [2]. Die Höhe des LDL-C hat diese Beziehung nicht modifiziert [2]. Deutlich erhöhte Lipoprotein(a)-Spiegel erhöhen das Risiko für einen Herzinfarkt bzw eine KHK [6]. Erhöhte Lipoprotein(a)-Spiegel sind mit einem erhöhten Risiko für eine Aortenklappenstenose assoziiert [4].

Diagnostik ▼ Lipoprotein(a)-Spiegel (q Tab. 1) sollten bei allen Patienten mit einer sich frühzeitig manifestieren-

Cholesterol(-ester)

Apolipoprotein (a)

Apo B-100 Kringle IV

Korrespondenz PD Dr. med. Sabine Fischer Medizinische Klinik und Poliklinik III, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden Fetscherstr. 74 01307 Dresden eMail sabine.fischer@ uniklinikum-dresden.de

S Kringle V

S

HO2C

HO2C

H2N H2N

Protease-Domain Kohlenhydrate

Phospholipid Triglyzeride

Abb. 1 Molekulare Struktur von Lipoprotein(a), bestehend aus einem LDL-ähnlichen Partikel und Apolipoprotein(a), das kovalent mit Apolipoprotein B-100 verbunden ist. In Anlehnung an Schwandt P, Parhofer KG. Handbuch der Fettstoffwechselstörungen. 3. Aufl, Stuttgart: Schattauer 2007; 217.

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Lipoprotein(a)-Spiegel

mg/dl (mg/l)

normal

25 (250)

Grenzbereich

25 – 30 (250–300)

erhöht

> 30 (> 300)

arbiträrer Cut-off-Wert, definiert

> 50 (> 500)

als erhöhter Lp(a)-Spiegel [9] Indikation für die Lipoprotein-

> 60 (> 600)

Apherese bei progredienten Gefäßkomplikationen

den oder schwer verlaufenden Arteriosklerose bestimmt werden. Wegen der hohen genetischen Prägung ist auch eine Messung von Lipoprotein(a) bei Verwandten 1. und 2. Grades von Patienten mit sich früh manifestierenden oder schwer progredienten Gefäßkomplikationen notwendig. Es genügen wegen der genetischen Prägung 1–2 Messungen, die aber nicht bei Bestehen einer akuten Entzündung erfolgen dürfen. Zur Varianz von Lipoprotein(a) und ob der Spiegel mit dem Alter ansteigt, gibt es bisher keine sicheren Daten. Unterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen wahrscheinlich nicht [11].

Klinische Relevanz Die Messung von Lipoprotein(a) ist bei allen Patienten mit rezidivierenden oder hochgradigen Gefäßverschlüssen indiziert. Bei Patienten mit erhöhtem Lipoprotein(a), die bisher kein Gefäßereignis erlitten haben, sind eine kardiologische Untersuchung zum Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit und eine Duplexsonographie der extrakraniellen Halsgefäße indiziert.

Therapie ▼ Erhöhte Lipoprotein(a)-Spiegel sind nicht durch Ernährungsumstellung, normale körperliche Aktivität oder Gabe von Statinen, Fibraten, Anionenaustauscherharzen oder Ezetimib zu senken. Lediglich Nikotinsäurederivate senken den Lipoprotein(a)-Spiegel um 20–30 %. In Deutschland steht, nachdem Tredaptive vom Markt genommen wurde, kein Medikament mehr zur Senkung erhöhter Lipoprotein(a)-Spiegel zur Verfügung. Interventionsstudien zur medikamentösen Lipoprotein(a)-Senkung fehlen noch. Jaeger et al. [3] verglichen bei 120 Patien-

ten mit koronarem Ereignis eine alleinige lipidsenkende Therapie (im Mittel über 5,6 ± 5,8 Jahre) mit einer Lipoprotein(a)Apherese (mittlere Apherese-Dauer 5,0 ± 3,6 Jahre), wobei die Ereignisraten vor Apheresetherapie mit denen unter Apheresetherapie verglichen wurden. Sie konnten zeigen, dass durch die Apherese die Lipoprotein(a)-Konzentration und die Anzahl manifester koronarer Ereignisse hochsignifikant reduziert werden konnten und die Apheresetherapie effektiv und sicher ist. Wir stellten in eigenen Untersuchungen [14] fest, dass die Lipoprotein-Apherese sowohl bei Patienten mit isoliert erhöhtem Lipoprotein(a) (Gruppe 2: Lipoprotein(a)  ≥ 60 mg/dl, LDL-C 

[Lipoprotein(a): a risk factor for atherosclerosis].

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