Kasuistik

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Leiomyom der Iris — Eine klinisch-pathologische Kasuistik A. Jünemann, L. Ho/bach, G. 0. H. Naumann

Fallbericht Zusammenfassung Em

20jähriger Patient zeigte einen

2—3 mm grol3en kugeligen, grau-weil3en vaskularisierten

Tumor bei zwölf Uhr im lrisstroma neben dem Sphinkter pupillae des rechten Auges. Der mittels euler Sektoriridektomie entfernte Tumor bestand lichtmikroskopisch aus dichtgepackten spindelformigen Zellen mit

ovalen, an den Enden abgerundeten Zellkernen und granularem eosinophilem Zytoplasma. Elektronenmikroskopisch fanden sich zahlreiche parallel angeordnete 9nm-Filamente, fusiforme Dichtezonen, Basalmembranen und pinozytotische Vesikel. Die immunhistochemische Reaktion der Tumorzellen war positiv für Actin, Desmin und Vimentin, negativ für S100. Leiomyoma of the Iris — a Clinico-Histopathologic Case Report

A 20-year-old white man demonstrated a 2—3 mm in diameter ball like, grey white vascularized tumor at l2h in the irisstroma adjacend to the sphincter pupillae OD. The tumor was excised by sector iridectomy. Lightmicroscopically the tumor consisted of densly packed spindleshaped cells with oval nuclei with granular eosinophilic cytoplasm. Electronmicroscopically numerous 9nm-filaments in parallel configuration were

found, fusiform dense formations, basal membranes and pinocytotic vesicles. Positive immiinhistochemical reaction for Actin, Desmin and Vimentin, negative for SI 00.

Einleitung

Klinik: Em 20jahriger Patient steilte sich wegen eines kornealen Fremdkorpers vor. Bei der Untersuchung fand sich am rechten Auge em 2—3 mm grol3er, gut begrenzter, kugelig erhabener, weif3lich-grauer, bei 12 Uhr am Pupillarsaum lokalisierter Iristumor mit ausgepragter Vaskularisation (Abb. 1). Die Pupille war leicht oval verzogen. Es bestand em gering ausgeprägtes Ektropium uveae. Die Iriswurzel und der Kammerwinkel waren frei von Tumorgewebe. Es lag keine Zellaussaat vor, das Trabekeiwerk war nicht pigmentiert. Der ubrige okulare Befund war bei beidseits vollem Visus unauffallig. Die Papillen waren vital und symmetrisch exkaviert. Die internistische Abklarung einschlielllich immunologischer Parameter und Tumormarker war negativ. Eine Neurofibromatose von Recklinghausen wurde ausgeschlossen. Die klinische Differentialdiagnose umfailte alle nicht-pigmentierten Tumoren der Iris sowohl ausgehend vom Irisstroma als auch vom nicht-pigmentierten Ziliarepithel. Da der Patient sehr beunruhigt war, wurde eine exzisionale Biopsie mittels Sektoriridektomie glatt durchgefuhrt. Der postoperative Verlauf war komplikationslos. Der Visus betrug einen Monat post operationem 0.8. Pathologie Makroskopie: (Ophthalmo-PathologieNr.: 21140) Das Iris-Exzisat zeigte einen 3 mm im Durchmesser messenden, nicht-pigmentierten kugeligen Tumor. Die Tumorschnittflche war weich, solide und von gering grau-weil3licher Färbung.

Histopathologische Methoden: Das exzidierte Irisgewebe wurde in einer gepufferten 4Woigen Para-

Leiomyome der Iris sind seltene Tumoren. formaldehyd-Glutaraldehyd-Losung 24 Stunden fixiert Sie werden in der Literatur mit 2,3 bis 14% aller Iristumo- und anschliel3end in Paraffin eingebettet. Von 3 Mikroren angegeben (4). Die klinische Diagnose ist schwierig, da meter dicken Paraffinschnitten wurden fur die Lichtmidas Leiomyom sehr haufig nicht von einem amelanoti- kroskopie folgende Farbungen angefertigt: Hamatoxilinschen malignen Melanom unterschieden werden kann. Die Eosin (HE), PAS, Masson Trichrom, saure Mucopolysacfür eine sichere Diagnosestellung notwendige elektronen- charide (AMP), Berliner Blau (Fe) und Bodian. Die immikroskopische Untersuchung wurde zweimal durchge- munhistochemischen Untersuchungen wurden an Paraffuhrt (7, 11). finschnitten mit Hilfe der Peroxidase-Antiperoxidase (PAP)-Methode, Gegenfarbung Hämalaun mit den AntiIm folgenden werden Klinik und Histopa- korpern gegen alpha-smooth muscie-Actin, S100, Desmin thologie einschliel3lich Elektronenmikroskopie und Im- und Vimentin (Fa. Dako, Hamburg; Fa. Laboserv, Giemunhistochemie eines Irisleiomyoms dargesteilt. Ben) durchgefUhrt. Für die elektronenmikroskopische Untersuchung wurde em Teil des GewebsstUckes direkt in Eponaraldit eingebettet und Semi- und UltradUnnschnitte angefertigt. Kiln. Mbi. Augenheilk. 201 (1992) 322—324 1992 F. Enke Verlag Stuttgart

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Augenklinik mit Poliklinik der liniversitat Erlangen-Nurnberg (Direktor: Prof. G. 0. H. Naumann)

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a Abb. 3a Elektronenmikroskopie: sp:ndelfdrmige Zellen mit ovalem, am Ende abgerundetem Zellkern. Im Zytoplasma zablreiche, parallel angeordnete 9nm-Filamente und die Zelle urn-

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Abb. 1

Rechtes Auge: Spaltaufnahme von gut begrenztem, kugelig erhabenen, weiRlich-grauen, vaskularisierten Tumor, bei 1 2 Uhr am Pupillarsaum lokalisiert

Abb. 2a Lichtmikroskopische Ubersicht des Iristumors. Der Tumor ist im lrisstroma lokalisiert und steht im Kontakt mit dem Sphinkter pupillae. Die lriswurzel ist frei. )Trichrom-Masson)

Abb. 3b Im Bereich der Filamente zahlreiche fusifome Verdichtungen lPfele)

migen Zellen (Abb. 2b). Die uberwiegend ovalen Zelikerne sind an ihren Enden abgerundet. Das eosinophile Zytoplasma zeigt eine granulare Struktur. Es finden sich keine Mitosen. Vereinzelt sieht man Melanozyten und Melaningranula. Der Tumor wird von einem schmalen kollagenen Bindegewebssaum umgeben. Die Tumorzellen sind fur die AMP- und Berliner Blau-Reaktion negativ.

Elektronenmikroskopie: Der Tumor setzt sich aus langen spindelformigen Zellen mit ovalen, an den

Enden abgerundeten Zelikernen zusammen. Das Zyto-

Histopatho/ogische Befunde

plasma enthalt zahireiche, parallel angeordnete 9nm-Filamente (Abb. 3a). In den filamentaren Anteilen des Zytoplasmas sowie entlang des Plasmalemms finden sich fusiforme Dichtezonen. Die Zellen umgebende Basalmembran und pinozytotische Vesikel kOnnen nachgewiesen werden (Abb. 3b).

Lichtmikroskopie: Der Tumor ist im Irisstroma lokalisiert und steht in Kontakt mit dem Sphincter pupillae. Das Irispigmentepithel ist hier atrophisch, die Iriswurzel ist frei (Abb. 2a). Der Tumor besteht aus dichtgepackten, teilweise faszikular angeordneten spindelför-

Inununhistochemie: Die immunhistochemische Reaktion der Tumorzellen auf S100 ist negativ. Die Reaktion der Tumorzellen auf alpha-smooth muscleActin, Desmin und geringer ausgeprägt auf Vimentin ist positiv (Abb. 4). Die am Rand aul3erhalb des Tumors und

Abb. 2b Drchtgepackte, teils faszikuldr angeordnete spindelformge Zellen. lHdmatoxilin-Eosin)

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Leiomyom der Iris - Eine klinisch-pathologische Kasuistik

324 K/in. Mb!. Augenheilk. 201 (1992)

A. Jünemann und Mitarb.

Abb. 4 mmunhstochemie: postve Reaktion der spftidelfdr

Durch die elektronenmikroskopische Untersuchung konnten die Tumorzellen eindeutig als glatte Muskelzellen identifiziert werden. Zu den elektronenmikroskopischen Charakteristika gehoren parallel angeordnete intrazytoplasmatische 9nm-Filamente, fusiforme Dichtezonen im Bereich der Filamente und entlang des Plasmalemms, pinozytotische Vesikel und die Zellen urngebende Basalmembran (8). Die in der Immunhistochemie positive Reaktion der Tumorzellen fur alpha-smooth muscle-Actin und Desmin sowie die negative Reaktion fur S100 bestäiigen die elektronenmikroskopisch gesicherte Diagnose eines Leiomyoms der Iris. Eine immunhistochemische Untersuchung eines Irisleiornyoms ist nach unserem Wissen bisher nicht veroffentlicht worden.

migen Zellen out Antikdrper gegen a'pha-smooth muscie-Actin

vereinzelt im Tumor gelegenen uvealen Melanozyten zeigen eine positive Reaktion auf S100.

Histopatho/ogische Diagnose: Leiomyom der Iris.

Danksagung Die Autoren danken Frau Rummelt für die Erstellung der lichtmikroskopischen und immunhistochemischen Schnitte, Frau Dr. Schrehardt-Schlotzer für die Erstellung der elektronenmikroskopischen Schnitte.

Literatur

Diskussion

Das Leiomyom der Iris wird als em abgegrenzter, leicht erhabener, oft auch diffus und flach wachsender, grau-weiller his rosa-farbener Tumor beschrieben (12). Es ist häufig im temporal-unteren Quadranten mehr zum Pupillarsaum hin lokalisiert und lallt die Iriswurzel und den Kammerwinkel frei (3, 4). Haufig findet sich em Ektropium uveae. Klinische Symptome fehlen meistens, der Visus kann durch em Hyphama vermindert sein (3,

Ash/on, N.: Primary Tumours Of The Iris. Brit. .1. Ophthalmol. 48 (1964) 650—668 2 Blodi, F. C.: Leiomyoma of the ciliary body. Am. J. Ophthalmol. 33 (1950) 939—942 Erdbrink, W. L., F. Harbert: Leiomyoma of the Iris. Arch. Ophthal. mol. 53(1955) 643—648

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Duke, J. R., S. N. Dunn: Primary Tumors of the Iris. Arch. Ophthal6

4).

Klinisch wird die Diagnose eines Leiomyoms der Iris meist nur differentialdiagnostisch erwogen (9, 13). Hierbei mull vor allem an melanozytare (Nävus, malignes Melanom), myogene (Leiomyom, Leiomyosarkom,

Rhabdomyosarkom), neurogene (Neurofibrom, Neurilemmom) und vaskuläre Tumoren (Hamangiom) gedacht werden. Aber auch andere Tumoren wie em juveniles Xanthogranulom, Xanthom, Zysten, reaktive lymphoide Hyperplasie, leukamisches Infiltrat, entzündlicher Pseudotumor oder Tumoren des Irispigmentepithels sowie sekundare Tumoren (Metastase, primarer Ziliarkorpertumor) sind in die Differentialdiagnose einzubeziehen. Die

8

mol. 66 (1968) 1061—1068

Neumann, G. 0. H..' Tumoren der Uvea. Kapitel 8: Uvea. In G. 0. H. Naumann und Mitarbeiter: Pathologic des Auges, Band 12 Spezielle Pathologische Anatomic, Springer Verlag (1980) 427—501 '° Nover, A.: Zur Differentialdiagnose einiger Irisveranderungen. Kim. Monatsbl. Augenheilkd. 179 (1981) 399—401

Okamoto, N., T. Sotani, M. Shirno-Oku, T. Sashikata: A Case With Leiomyoma Of Iris Extirpated With Cryosurgery And Its Pathological 2 13

14

Die vorliegenden histopathologischen Be-

15

Charakteristika eines Leiomyoms (2, 12, 15). Lichtmikroskopisch kann die Diagnose eines Leiomyoms mit letzter Sicherheit nicht gestellt werden, da neben dem Leiomyom auch andere spindeizellige Tumoren wie das amelanotische maligne Melanom, das Neurilemmom und das Neurofibrom in Frage kommen. Die fur die Diagnose notwendige elektronenmikroskopische Untersuchung (11) ist bei

Meyer, S. L., B. S. Fine, R. L. Font, L. F. Zimmerman: Leiomyon7a

of the ciliary body. Electron microscopic verification. Am. J. Ophthal-

Unterscheidung von einem amelanotischen malignen Melanom ist nicht moglich (4, 11, 12, 14).

funde entsprechen den in der Literatur beschriebenen

mol. 59 (1958) 204—214

Hochart, G., P. Aracil, J. F. Rouland: Leiomyomes de l'iris (a propos de observations). Bull. Soc. Ophthalmol. Fr. 86 (1986) 161—162 Jellie, H. G., J. R. Gonder, N. R. Willis, L. Green, A. C. Tokarewicz.' Leiomyoma of the iris. Can. J. Ophthalmol. 24 (1989) 169—171

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Manuskript erstmalig eingereicht am 1. 8. 92, in der vorliegenden Form angenommen am 9. 8. 92 Dr. A. JOnemann Univ.-Augenklmnik

Schwabachanlage 6 D-8520 Erlangen

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den bisher veroffentlichten Leiomyomen der Iris (1, 3, 5, 6, 10) erst zweimal durchgefuhrt worden (7, 11).

[Leiomyoma of the iris--a clinicopathologic case report].

A 20-year-old white man demonstrated a 2-3 mm in diameter ball like, grey white vascularized tumor at 12h in the iris stroma adjacent to the sphincter...
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