304 K/in. MbI. Augenheilk. 196 (1990)

Keratoplastik in der Privatpraxis R. Witmer

Zusammenfassung

Die Probleme der Keratoplastik in der Privatpraxis werden kurz dargesteilt: Zugang zu einer Augenbank, Patienten mit hohem Risiko, immunsuppressive Behandlung, Komplikationen und Resultate.

Belastend ist die relativ grol3e Zahi der primären

Transplantatversager (10%) während die Immunreaktionen seltener sind (5). Die besten Ergebnisse erzielen die Keratokonus-Patienten. Penetrating Keratoplasty in Private Practice The problems associated with performing penetrating keratoplasty in private practice are briefly discussed: access to an eye bank, high-risk patients, immunosuppressive therapy, complications, and results. One negative aspect is the relatively high incidence (10%) of primary graft failure, but allograft reactions are less frequent (5%). The best results are obtained in keratoconus cases.

Seit meinem Weggang aus der Klinik habe

ich in den nunmehr 4'/2 Jahren 110 Keratoplastiken im Privatspital durchgefuhrt, uber die ich lhnen berichten mOchte. Denn die Situation 1st für den Privatarzt sicher et-

was anders als fur die Klinik.

Zunachst das Problem des Spendermateriales. Aus der von mir, dank der grof3zugigen Stiftung der verstorbenen Frau Bruppacher, 1972 gegrundeten Augenbank wurden mir, nach anfanglichen personlichen Schwie-

rigkeiten, auch weiterhin Hornhaute zur Verfugung gestelit. Ich mOchte an dieser Stelle meinem Nachfolger, Prof. Gloor und Frau Ganzfried danken für diese Dienstleistung, ohne die diese operative Tatigkeit nicht denkbar

stik im Grunde genommen eine ,,one man show" ist, bei der der Assistent praktisch nur zuschauen kann, habe ich auf eine Assistenz — mit wenigen Ausnahmen — verzichtet. Ich ziehe für diesen Eingriff die Aligemeine Anasthesie vor, und mache, urn einen Pupillarbiock zu vermeiden, eine kleine halbperiphere Iridotomie. Unter Monokulus bleibt der Patient 5—6 Tage hospitalisiert. Je nach dem postoperativen Astigmatismus werden zuerst nach Ca. 6 Monaten die Einzelknopfnähte, die fortlaufende Naht frQ-

hestens nach 8, meistens erst nach 10—12 Monaten entfernt. Die Indikationen ergeben sich aus der 1. Tabelle. Wie schon in der Klinik steilten die Keratokonuspatienten die Hauptindikation dar, gefolgt von den hereditaren sowie der Fuchsschen Dystrophien. Herpetische und bakterielle Keratitiden waren relativ haufig und z. T. in ihrem Verlauf sehr belastend.

Einige Bemerkungen zu den sogenannten ,,high risk" Fallen. Meiner Ansicht nach wird dieser Begriff heute zu breit gesteilt. Eine nur leicht vaskularisierte Narbe nach herpetischer oder bakterieller Keratitis und auch eine 2. oder 3. Rekeratoplastik sind nicht von vornherein mit einem grol3eren Risiko einer Abstollungsreaktion belastet. Die relativ haufigen primaren Transpiantatversager werden nicht selten falschlicherweise als Immunreaktionen aufgefai3t und bekommen dann den Stempel ,,high risk" aufgedrückt. In meinem Krankengut fanden sich 6 Falle mit von vorneherein sehr schlechter Prognose, die mich dann auch Uber Monate und Jahre in Atem hielten (Tab. 2). Zweimal handelte es sich urn tiefe bakterielle U!cera in anderswo eirigesetzten Transpiantaten (1 Keratoko-

nus, 1 metaherpetische Keratitis), eine Patientin litt an beidseitiger Acantamoeben-Keratitis, eine l4jahrige Patientin (Monocula) mit schwerster atopischer und mit Candida superinfizierter Keratitis und Dermatitis zeigte 4mal

hintereinander wirkliche AbstoBungsreaktionen mit ra-

Tab.

1

Indikationen der 110 perforierenden Keratoplastiken

1985—1989

gewesen ware. Diagnose

Die operative Technik habe ich im Verlaufe

der letzten Jahre nicht wesentlich verandert. Nach einem spektakularen Zwischenfall, auf den ich noch kurz zu sprechen kommen werde, habe ich in den letzten 2 Jahren jeweils die 4 Kardinalnahte belassen und dazu eine einzelne fortlaufende Naht gelegt. Da die perforierende KeratoplaKim. Mbl. Augenheilk. 196 (1990) 304—306

1990 F. Enke Verlag Stuttgart

Keratokonus Hereditäre Dystrophien Fuchs'sche Dystrophien Metaherpetische Keratitis Bakterielle Keratitits Veratzungen Diverses, Trauma Total

ZahI

47 9 15

13 14

2 10

110

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Zurich

K/in. Mb!. Augenheilk. 196 (1990) 305

Keratoplastik in der Privatpraxis Tab. 2 Patienten mit hohem Risiko

BA. 9

Diagnose

Therapie

Resultat

AcanthamOben Keratitis o.u.

Sandimmun

V o.d.2

Sandimmun

V o.d. 0.4 V o.d. 0.1

Sandimmun

V o d. 0 1

Sandimmun Endoxan Endoxan

V o.d. FZ V 0.2 V04

lx os. L.C. or

Bakt. Ulkus in Transpl. Keratokonus. Triple Proc Bakt. Ulkus in Transpi. Candida Keratitis Rez. Immunreakt. 5x Transpi Spontan Pert. in Transpl. Metaherp. Keratitis

HA. 9 de F.P. 9 S.P. or

K.W. or

Pat. verstorben nach Varicellen-lnfektion und Stevens Johnson Ectodermose Pat. verstorben an Herzinfarkt

Tab. 3 Komplikationen der Keratoplastik

Primdres Versagen lmmunreaktionen Dehiszenz Sekunddres Glaukom Spate Dystrophie

RezidivHerpes Acant. Amotio retinae Phthisis bulbi

Diagnosen Fuchs Metaherp.

Total

Konus

Hered.

11

6 2

1

4

1

1

1

2

1

1

5 5 6 2 3

Dystr.

1

Bakt.

Trauma

2 1

1

2 1

1

2

Diverses

1

1

1

1

1

Mikrophthalmus, Aniridie, Aphakie

scher Einschmelzung der Transpiantate. Em Patient erlitt Tab. 4 Triple procedure: Perfor:erende Keratoplastik + Ex3mal eine spate Dystrophie der Transpiante ohne Zeichen tractio lentis + ioL. einer Immunreaktion, das 4. Transpiantat blieb kiar. Und Resultat ZahI der letzte Patient in dieser Gruppe machte auf dem Boden Diagnose 0.2 0.4 2 einer Transpiantat-Dystrophie eine Spontanperforation. Hereditdre Dystrophie 0.3 0.5 0.4 3 Das notfallmal3ig eingesetzte 2. Transpiantat blieb kiar. Fuchs Dystrophie 0.3 Die 4 ersten Patienten dieser Gruppe wurden uber 6 Mona- Bandfarmige Keratopathie 0.16 0.2 ? 3 Metaherpetische Keratitis te mit Sandimmun (Cyclosporin A) behandelt, leider mit FZ gar nicht sehr uberzeugendem Erfoig. Die 2 Ietzten Patien- Bakterielle Keratitis FZ Trauma ten mit kiar gebliebenen Transpiantaten wurden während eines Jahres mit Cyclophosphamid (Endoxan) behandelt. Nur bei der Patientin mit Candida-Keratitis wurde em von Wien bezogenes HLA kompatibles 5. Transplantat eingesetzt, das sich zwar auch trUbte, aber wenigstens nicht Tab. 5 Funktionelle Endresultate 84 Augen mehr einschmolz. 1

1 1

Recht eindrUcklich ist die Liste derKomp/i-

Diagnose

ZahI

Sehschdrfe

Keratokonus

38

0.6 Mittelwert

10

FZ 0.6

10 12 7

0.1 - 0.4 0.1 - 0.8 0.1 - 0.4

1

0.3

kationen (Tab. 3). Erstaunlicherweise blieben die wirkli- Hered. Dystrophie chen lmmunreaktionen mit 5 Fallen relativ selten, 4 lieBen Fuchs Dystrophie sich durch erhohte lokale Steroidgaben rasch beheben, die Metaherp. Keratitis Transplantate blieben kiar, der Visus gut. Nur die eine be- Bakter. Keratitis reits erwähnte Patientin mit Candida-Keratitis machte wie- Veratzung derholte schwere effektive AbstoBungsreaktionen. Bela- Trauma stend für den Privatarzt und den Patienten sind die zu häufigen primaren Transp!antatversager (10¾); sie konnen zwar meistens durch eine Rekeratoplastik behoben werden. Sehr eindrucklich war em Fall einer Transpiantatexpulsion am ersten postoperativen Tage infolge Fadenrup-

6 84

FZ-0.5

tur durch postoperative (Healon bedingte?) massive neues Transpiantat einsetzen. Der hochmyope Patient Drucksteigerung. Notfallmaf3ig muBte ich nach extrakapsularer Extraktion der in die Wunde prolabierten Linse em

sieht heute mit KS = 1 ,0. Aber seither lasse ich die 4 Kardi-

nalnähte als zusätzliche Sicherung 6 Monate liegen.

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Transplantation 2x od.

Kim. Mbi. Augenheilk. 196 (1990)

Schlielllich zu den funktionellen Re-

R. Witmer: Keratopiastik in der Privatpraxis

Bei 11 Patienten habe ich wegen gleichzeitig bestehender Katarakt eine sog. ,, Triple Procedure" mit

Zusammen.fassend kann ich sagen, daB die perforierende Keratoplastik eine chirurgisch relativ einfache befriedigende Operation ist, die aber doch in vielen Fallen einen fur den Patienten, aber auch fur den Operateur belastenden Verlauf nimmt. Die meisten Komplikatio-

Implantation einer IOL durchgefuhrt (Tab. 4). Obwohl

nen lassen sich zwar einigermal3en beherrschen. Eiri groi3es

dieser Eingriff ausnahmslos leicht und ohne spatere Komplikationen vor sich ging, sind die funktionellen Resultate nicht uberwaltigend. Die endgultige Zahi von Augen, bei denen heute em abschlieBendes Urteil moglich ist, reduziert sich von der Zahi der Operationen (110) durch die 5 Patienten, bei denen die Operation vor weniger als 6 Monaten durchgefuhrt wurde. Au]3erdem müssen wir die Rekeratoplastiken (insgesamt 15) abzahlen und schlieBlich sind eine Reihe von Patienten (6) nicht mehr zur abschliel3enden Kontrolle erschienen. Es bleiben 84 Augen (Tab. 5). Am besten haben die Keratokonuspatienten (39) abgeschnitten mit einem durchschnittlichen Visus von 0,6. Bei den hereditaren Hornhautdystrophien (10) variiert der Visus zwischen Fingerzahlen und 0.6. Noch etwas weniger sehen die Patienten mit Fuchsschen Dystrophien (10), auch hier variieren die Visuswerte von 0,1 bis 0,4. Etwas besser dran sind die metaherpetischen Keratitiden (12) mit einem durchschnittlichen Visus von knapp 0,5.

Problem, wenn auch keine Komplikation, bleibt der recht haufig hohe Astigmatismus, der sich nicht vorausbestimmen lhl3t, und bei der endgultigen optischen Korrektur neue Probleme aufwirft.

suitaten.

Was die Frage der HLA-kompatiblen Spenderhornhaute betrifft, so ist es heute wahrscheinlich zu verantworten bei wirklichen ,,high risk" Augen zunachst auf die aufwendige HLA-Bestimmung zu verzichten, den Patienten aber, sei es unter Cyclosperin A, sei es unter Cyclophosphamid, zu operieren und diese Therapie mindestens 3—6 Monate fortzufuhren. Prof. Dr. R. Witmer Pestalozzistral3e 29

CH-8032 Zurich

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[Keratoplasty in private practice].

The problems associated with performing penetrating keratoplasty in private practice are briefly discussed: access to an eye bank, high-risk patients,...
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