Leitthema Ophthalmologe 2014 · 111:210–216 DOI 10.1007/s00347-013-2849-3 Online publiziert: 16. März 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

K. Gerstmeyer1 · W. Sekundo2 1 Augenklinik Johannes Wesling Klinikum Minden 2 Augenklinik, Philipps-Universität und Universitätsklinikum Gießen und

Marburg GmbH, Standort Marburg

Irisnahtfixierte Hinterkammerlinse Neue Perspektiven für eine bekannte Technik

Heutiger Standard in der Katarakt­ chirurgie ist die Implantation einer Intraokularlinse (IOL) in den Kapsel­ sack. Präoperative anatomische Dis­ positionen und intraoperative Kom­ plikationen können einen instabilen Kapsel- bzw. Zonulakomplex bedin­ gen [9]. Auch ohne diese Ausgangs­ situation können im weiteren Verlauf Linsendezentrierungen und Disloka­ tionen auftreten. Die primäre oder sekundäre Nahtfixation einer Hinter­ kammerlinse (HKL) an der Iris ist eine Möglichkeit, dennoch ein funktionell und anatomisch gutes Resultat zu er­ halten. Alternative Strategien zum Aphakieausgleich werden intraoperativ bei Kapselruptur erforderlich oder sekundär bei Austausch des Pseudophakos infolge bullöser Keratopathie, Unmöglichkeit der Nahtfixation (z. B. Plattenhaptik der IOL), Beschädigung der Linse oder aus Refraktionsgründen und umfassen – abgesehen von der Kontaktlinsenkorrektur – die Implantation von Vorderkammerlinsen (VKL, kammerwinkelgestützt oder irisfixiert – auch retropupillar – durch Klauenhaptik) und HKL (Nahtfixation an der Iris oder transskleral im Sulcus ciliaris). Im Falle einer dezentrierten oder subluxierten Linse wäre die weniger traumatische Möglichkeit der Reposition mit Nahtfixation zu prüfen. Die Integrität der Zonula und die endokapsuläre Stabilität beeinflussen auch Marfan-Syndrom, Homozystinurie,

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Weill-Marchesani-Syndrom, Pseudoexfoliation, Uveitiden und Traumata. Der klinische Verlauf von kammerwinkelgestützten VKL ist belastet mit Komplikationen wie bullöse Keratopathie, Glaukom, zystoides Makulaödem und Uveitis [26]. Eine anterior oder posterior enklavierte Irisklauenlinse zeigt günstigere funktionelle und anatomische Langzeitergebnisse [7]. Transskleral fixierte HKL vermeiden viele VKL-spezifische Nachteile, sind aber mit Endophthalmitis, Nahtruptur und Glaskörperblutungen assoziiert [24, 26]. Alternativ bot sich Mitte der 1980erJahre beim Austausch von VKL mit geschlossenen Haptikschlaufen infolge Endotheldekompensation die Nahtbefestigung an der Iris an mit zeitgleicher Keratoplastik „open sky“ [14, 21]. Die wenig geübte Implantation über einen Limbusschnitt war ungleich schwieriger. Populärer wurde die Irisnahtfixation erst wieder, nachdem Stutzman und Condon 2003 eine minimal-invasive Implantationstechnik ab externo im geschlossenen System über eine Inzision von 3,5 mm vorstellten [5, 6, 25].

Aktuelle Technik für primären oder sekundären Aphakieausgleich Gegebenfalls nach vorheriger Vitrektomie wird eine 3-stückige Linse in der „Schnurrbartkonfiguration“ gefaltet eingeführt, sodass sich beide Haptiken re­

tropupillar entfalten und die Optik in der Vorderkammer auf dem Irisdiaphragma kragenknopfartig fixiert und zen­ triert durch die miotische Pupille („optic capture“) zu liegen kommt (. Abb. 1). Über eine Parazentese stützt ein Irisspatel die Optik, denn entscheidend ist die Stabilisation der Linse, um ein Absinken in den Glaskörperraum zu verhindern (. Abb. 2). Die Implantation mittels Injektor direkt in den Sulcus ist nicht möglich. Ein leichtes Anheben des Spatels bewirkt ein Abzeichnen der Haptiken durch das Irisstroma, erleichtert die „blinde“ Nadelführung und reduziert das erfasste Irisstroma auf das erforderliche Maß, um postoperativ eine schlitzförmige Verziehung der Pupille zu vermeiden. Über separate korneale Parazentesen können beide Haptiken anschließend mit einer McCannel-Naht an der Iris fixiert werden [14]. Nachteilig ist hierbei eine Zugspannung des Iris­stromas durch das Knoten außerhalb der Vorderkammer. Ein Auffasern der Iris bzw. ein teilweises Ausreißen der Naht und eine Dezentrierung der Linse sind vorstellbar. Günstiger ist eine Modifizierung mit einem extern geknüpften und sich selbst in der Vorderkammer zusammenziehenden Knoten (. Abb. 3, [4]). Anschließend gleitet die Optik der IOL durch leichten Druck mit einem Irishäkchen durch die Pupille hindurch in die Hinterkammer.

Abb. 1 8 Gefaltete Linse, „Schnurrbartkonfiguration“

Abb. 2 8 „Optic capture“ der Intraokularlinse. Unterstützung der Linse mit Irisspatel (kleines Bild)

Weitere Indikationen: Intra­ okularlinsenreposition und Late-in-the-bag-Dislokation Diese Technik erlaubt die Reposition einer dezentrierten IOL z. B. bei Verlagerung außerhalb des Kapselsackes („outof-the-bag“) oder nach Sulcusimplantation einer IOL mit zu geringem Gesamtdurchmesser und vermeidet einen Linsenaustausch. Fixation und Zentrierung der IOL erfolgen ebenfalls mit „optic capture“, allerdings invers von der Hinterkammer aus in die Vorderkammer.

Chang [3] empfiehlt die Haptikfixation auch „präventiv“, wenn bei einem Kapseldefekt kein „optic capture“ der Optik durch die Rhexis möglich ist. Eine weitere Indikation ist die Dislokation des gesamten Kapselsack-IOLKomplexes („late-in-the-bag“), eine Spätkomplikation der Kataraktchirurgie mit zunehmender Inzidenz, die momentan zwischen 0,2 und 3% beträgt [16]. Falls ein Linsenaustausch nicht sinnvoller erscheint und die IOL nicht zu weit posterior abgesunken ist, kann eine Irisnahtfixation dieses größere chirurgische Trauma vermeiden. Der mobile Kapselsack muss durch einen via Limbus oder Pars plana eingeführten Irisspatel gestützt werden, wenn die Nadel die periphere Iris, Haptik und fibrotische Kapselreste erfasst. Hilfreich sind auch an der IOL angesetzte Irisretraktoren oder transkamerale durch das in diesen Fällen oftmals prominente anteriore phimotische Vorderkapselblatt gelegte Hilfsnähte (Ethicon® STC-6; [8]). Problematisch sind peripher im Kapselsack verbliebene Kortexreste und Elschnig-Perlen im Sinne einer Soemmering-Ring-Bildung, die postoperativ zu Pigmentdispersion und Pupillarblock führen können [22]. Diese Kapsel- und Linsenreste können am Ende der Operation im Rahmen einer Vitrektomie zur Vermeidung von Glaskörperinkarzeration und Traktion entfernt werden.

runde schmale Haptiken gute Voraussetzungen zur Fadenfixation bieten [3]. Um den Kontakt mit der Iris zu minimieren, sollten die vordere Optikkante abgerundet und die Linsenbügel posterior anguliert sein. Zwar kommt es durch die chirurgischen Manipulationen im Rahmen der Implantation schon zu einem gewissen Verlust an Pigmentepithel, eine progressive Dispersion mit Druckanstieg ist durch den festen Sitz der Linse – im Gegensatz zum Flottieren bei der Sklerafixation – in Langzeitstudien nicht belegt [5]. Hydrophobes Acrylmaterial erleichtert mit protrahiertem Entfalten im Gegensatz zum spontanen Öffnen einer gefalteten Silikonlinse den entscheidenden Schritt des „optic capture“.

Pädiatrische Aphakie Keinen Konsens gibt es bei der Korrektur mit Intraokularlinsen bei der pädiatrischen Aphakie [28]. Manche Autoren sehen bei der speziellen anatomischen Situation einer Megalokornea Vorteile für eine Irisnahtfixation hinsichtlich der Zentrierung gegenüber den alternativen Verfahren [7, 13]. Problematisch ist die Haltbarkeit des Fixationsfadens. Diskutiert wird bei der Ectopia lentis auch eine nachteilige enzymatische Reaktion auf das Prolenematerial [12, 13].

Akkommodierende IOL sind ausschließlich zur Kapselsackimplantation geeignet. Dezentrierte wellenfrontkorrigierende negative asphärische Linsen lassen sich mit „optic capture“ zentrieren. Eine Ausrichtung auf die Sehachse oder die geome­ trische Mitte der Kornea ist damit nicht gewährleistet, allerdings lassen sich dezentrationsbedingte asymmetrische Aberrationen höherer Ordnung mindern [27]. Günstiger wäre bei geplanter Sekundärimplantation eine rein asphärische IOL, die die optische Abbildungsqualität nicht beeinflusst.

Welche Intraokularlinsen sind geeignet?

Kritische Aspekte der Irisnahtfixation

Übereinstimmend werden in der Literatur 3-stückige IOL mit einem Optikdurchmesser von 6,0–6,5 mm empfohlen, deren

Voraussetzung ist eine erhaltene Anatomie des vorderen Segmentes. Stromadefekte, Sphinkterläsionen und ein Flop-

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Empfohlen werden 1-stückige Intraokularlinsen mit einem Optikdurchmesser von 6,0–6,5 mm Einstückige hydrophobe und hydrophile Acryllinsen mit ihren breiten rechteckigen und nicht angulierten Linsenbügeln sind ungeeignet und können ein UGH (Uveitis, Glaukom, Hyphäma)-Syndrom begünstigen [3].

Irisnahtfixation von refraktiven Linsen?

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Zusammenfassung · Abstract py-Iris-Syndrom unter Therapie mit α1Antagonisten können Kontraindikationen sein. Eine Positionierung der Haptik im Sulcus ciliaris ist anzustreben, denn weiter anteriore Lokalisationen begünstigen Pigmentdispersion und periphere anteriore Synechien, mehr posteriore in den Ziliarkörperfortsätzen Uveitis und bei asymmetrischer Lokalisation Linsenkippung. Ultraschallbiomikroskopische (UBM) Untersuchungen belegen eine variable Lage der Linsenbügel bei Irisnahtfixation. In einer Übersicht findet Mura [18] Sulcuslokalisationen zwischen 11,5 und 53,3%, während weiter anteriore und weiter posteriore Lokalisationen zwischen 30,7 und 46,7% zu finden sind. Bezüglich des Gesamtdurchmessers der IOL oder der Dimension des Sulcus ciliaris wird nicht differenziert. Da aber auch Fälle mit ausschließlichem Haptikkontakt zur Irisrückfläche beschrieben sind, ist zu vermuten, dass alleine die Irisnaht entscheidend zur Befestigung ist und auch Linsen mit einem kleineren Gesamtdurchmesser von 12,0–12,5 mm, die gut mit dem Durchmesser des Ziliarkörperrings korrespondieren, zur Irisnahtfixation geeignet wären [1]. Vorteilhaft ist, dass die Vorderkammertiefe bei Irisnahtfixation (3,84 mm) in etwa der kapselsackfixierten Situation (3,61–4,06 mm) entspricht, sodass bei einer Linsenreposition keine wesentliche Refraktionsänderung eintritt [18]. Als gleichwertiges Nahtmaterial haben sich 9-0- oder 10-0-Prolenefäden mit gerader oder gebogener Nadel bewährt (Ethicon® CTC-6 L oder STC-6), alternativ Polytetrafluoräthylen, Gore-Tex®. Der etwas kleinere Optikdurchmesser der IOL von 6,0 mm erleichtert die Fixation der immobilen mittelperipheren Iris, damit weder Kammerwinkelstrukturen tangiert noch die Physiologie der Iris beeinflusst werden. Für die Rotationsstabilität ist es günstig, dass hiermit zugleich der noch gerade verlaufende Teil der Haptik erfasst wird. Vorstellbar ist, dass Knoten in der 3- und 9-Uhr-Position sicherer sind, da sie gleichen Gravitationskräften ausgesetzt sind [11]. Ursachen für Linsendislokationen können zu lockere als auch zu feste, durchschneidende Knoten sein.

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Ophthalmologe 2014 · 111:210–216  DOI 10.1007/s00347-013-2849-3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 K. Gerstmeyer · W. Sekundo

Irisnahtfixierte Hinterkammerlinse. Neue Perspektiven für eine bekannte Technik Zusammenfassung Hintergrund.  Strategien zum primären oder sekundären Aphakieausgleich umfassen Vorderkammerlinsenimplantationen, die Fixation einer Iris-Clip-Linse mittels Enklavation und nahtfixierter Hinterkammerlinse transskleral oder an der Iris. Ziel der Arbeit.  Indikation und Kontraindikation zur Irisnahtfixation, Darstellung der operativen Technik, Komplikationen, Ergebnisse, Vergleich mit alternativen Techniken. Material und Methoden.  Basierend auf einer selektiven Literaturrecherche in PubMed Analyse, Zusammenfassung und Diskussion von Originalarbeiten und Reviews. Ergebnisse.  Aktuelle operative Techniken haben der Irisnahtfixation mit guten anatomischen und funktionellen Ergebnissen neue Impulse gegeben und sie zu einer vielversprechenden Alternative werden lassen.

Weitere Indikationen sind die minimal-invasive Reposition dezentrierter Intraokularlinsen (IOL) und die Refixation eines dislozierten Kapselsack-IOL-Komplexes („late-in-thebag“), einer Spätkomplikation der Kataraktchirurgie mit zunehmender Inzidenz. Schlussfolgerungen.  Eine abschließende Bewertung bezüglich der Überlegenheit einer Methode ist nicht möglich. Jede Technik bietet Vorteile als auch potenzielle Komplikationen. Prospektive, randomisierte Studien zur Bestimmung der Sicherheit und Effektivität der verschiedenen Rehabilitationsmöglichkeiten sind notwendig. Schlüsselwörter Irisfixation · Aphakie · Kapseldefekt ·   Subluxierte Intraokularlinse · Dezentrierte   Intraokularlinse

Iris suture fixation of posterior chamber lenses. New perspectives for an old technique Abstract Background.  Intraocular approaches to correct aphakia in cases of inadequate capsular support include an anterior chamber intraocular lens, fixation of a posterior chamber lens to the sclera or iris by suturing or iris claw, respectively. Objectives.  This article reviews the indications and contraindications for iris fixation with sutures and gives an overview of surgical techniques, potential complications and outcomes. Methods.  Based on a selective search of pertinent literature in PubMed the information from original articles and reviews are analyzed, summarized and discussed. Results.  New surgical techniques have imparted an impetus to iris suture fixation with encouraging functional and morphologi-

Zur sicheren Fixation werden auch 4 Irisnähte oder die Kombination mit Sklerafixation vorgeschlagen [15]. Linsenkippungen sollen nur bei einseitiger Nahtfixation mit entsprechender Anteropositionierung induziert werden [2, 18]. Erosionen der radiär verlaufenden kleinen Irisgefäße sind sehr selten [18, 20]. Bedenken bestehen bezüglich der Langzeitintegrität des Materials, denn Nahtrupturen werden bei allen Metho-

cal results offering a new promising alternative to the established options. Improved aspects arise for repositioning of a decentered intraocular lens and for a minimally invasive method for repair of late in-the-bag lens dislocation as seen more frequently by cataract surgeons. Conclusion.  A final evaluation of the proposed techniques is not possible because none has clearly emerged as the optimal method. Precise determination of small differences in visual outcome or complication rates requires a large prospective, randomized clinical trial. Keywords Iris fixation · Aphakia · Capsular support · Lens dislocation · Lens subluxation

den der Nahtfixation beschrieben. Nach In-vitro-Versuchen mit Ultraviolettbestrahlung soll die Haltbarkeit des Fadens zwischen 53 und 70 Jahren betragen, allerdings sind degradative Veränderungen schon nach 6 bis 7 Jahren beschrieben [10, 17]. Andere Autoren führen Rupturen nach 8 bis 10 Jahren auf Erosion der durch ein Positionsloch oder das periphere Optikmaterial geführten Irisnaht zurück [29].

Leitthema

Abb. 3 8 Der Operateur sitzt temporal. Die Nahtfixation der Haptik, die Schlaufenbildung und das Knüpfen des Fadens erfolgen durch eine gemeinsame kleine Parazentese oben

Langzeitergebnisse Mehrere Studien zur Evaluierung der Sicherheit und Effektivität von Irisnahtfixation beziehen sich auf den Aphakieausgleich im Rahmen einer perforierenden Keratoplastik, die selbst Funktion, Glaukominzidenz und Prävalenz eines Makulaödems nachhaltig beeinflusst [5, 29]. Wenige Studien untersuchten die Ergebnisse mit einem bis zu 9 mm großen Limbusschnitt. Navia-Aray [19] erzielte bei 63% von 30 Augen, Parker [20] bei allen 7 Augen einen Visus von 0,5 und Zeh [29] bei 57,1% von 16 Augen einen Visus von 0,5 bis 1,0. D Die aktuelle minimal-invasive

Technik stellt einen Paradigmenwechsel dar und verhilft der Irisnahtfixation zu neuer Popularität. Condon [5] berichtet bei 46 Augen über einen Visus von 0,5 oder besser in 69,6%. Es traten 2 Linsendislokationen auf, 3 Fälle einer milden, mit topischer Steroidgabe beherrschbaren Uveitis. Bei 3 Patienten mit Pigmentdispersionen kam es in 1 Fall zu einer Drucksteigerung. Zu einer

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Visusminderung führte je 1 Fall einer bullösen Keratopathie und einer epiretinalen Membranbildung. Vergleichbare Ergebnisse fand Michaeli [15] bei der Irisfixation subluxierter IOL. Insgesamt entsprechen die funktionellen Ergebnisse der Irisnahtfixation mindestens denen der Aphakiekorrektur mit Brille oder Kontaktlinse [5].

Welche Alternative der Aphakiekorrektur ist überlegen? Die meisten Studien hierzu sind unkontrolliert, oftmals 20 Jahre alt, vergleichen fast ausschließlich nur 1 oder 2 der verschiedenen Implantationsalternativen und schließen Patienten mit unterschiedlichen anatomischen und funktionellen Ausgangssituationen und Komorbiditäten ein. Die einzige randomisierte prospektive Studie fand bei vergleichbarem Visus für die Irisnahtfixation die geringste Inzidenz an Linsendislokation und zystoidem Makulaödem sowie eine insgesamt geringere Komplikationsrate als bei transskleraler Fixation [23]. Eine Übersichtsarbeit wertete 43 Publikationen zur Linsenimplantation bei nicht tragfähigen Kapsel-

blattresten der Jahre 1980 bis 2002 aus und konnte die Überlegenheit einer Methode nicht bestätigen [26]. Acht Arbeiten bezogen sich auf irisnahtfixierte Linsen, davon 5 auf den Aphakieausgleich im Rahmen einer perforierenden Keratoplastik mit Open-sky-Technik. Zusammenfassend besteht bezüglich der verschiedenen Techniken und Linsenempfehlungen sowie der damit assoziierten Komplikationen kein Konsens zur Sicherheit und Effektivität. Gegenüber einer kammerwinkelgestützten VKL wahrt die Irisnahtfixation die potenziellen Vorteile einer HKL, ist bindehautschonend und tangiert präexistente Sickerkissen nicht. Die vergleichsweise einfache Implantation einer kammerwinkelgestützten VKL ist mit einem großen Schnitt verbunden, kann aber dennoch beim älteren Patienten eine Alternative sein. Trotz einer gewissen Rückbesinnung durch verbesserte offene Haptikschlaufen hat dieser VKL-Typ an Bedeutung verloren. Heute wird die Implantation einer Irisklauenlinse favorisiert, die durch kurze Operationszeit und die kontrollierte und schnell zu erlernende Enklavati-

on besticht. Nachteilig aus vitreoretinaler Sicht sind der geringe Optikdurchmesser von 5 mm und die in Richtung der Enklavationsstelle reduzierte Pupillenweite. In einer Langzeitstudie erreichten 68% von 116 Augen einen Visus von 0,5 oder besser. Drucksteigerungen traten bei 9,5% auf, ein zystoides Makulaödem bei 7,7%, eine Subluxation bei 6% und eine korneale Dekompensationsrate bei 1,7% [7].

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Heute wird die Implantation einer Irisklauenlinse favorisiert Die skleranahtfixierte HKL hat den Nachteil der anspruchsvollen und letztendlich „blinden“ Nahtführung verbunden mit Risiken wie Glaskörperblutung, Netzhautablösung und zystoidem Makulaödem [24, 26]. Neuere Techniken mindern das Risiko der Nahtexposition mit Endophthalmitis [2]. IOL-Dislokationen durch Nahtrupturen (7,8–27,9%) und Linsenkippungen von über 10° bei 11,4– 16,7% der Augen sind bei der Skleranahtfixation häufiger als bei der Irisnahtfixation (4,3%), da wahrscheinlich die mechanischen Belastungen einer Sklerafixation durch Lidschlag und Reibeeffekte höher sind [5, 6, 23, 26, 29]. UBM-Untersuchungen und histopathologische Präparate zeigen, dass eine präzise Fixation der Haptik im Sulcus nur schwierig zu erreichen ist und im Gegensatz zur Irisnahtfixation in fast 50% der Fälle Glaskörper inkarzeriert ist mit entsprechend höherer Wahrscheinlichkeit eines zystoiden Makulaödems [18]. Bei skleranahtfixierten IOL ist auch der Anteil anteriorer Haptikpositionierungen zwischen 5,9 und 38,2% höher mit der Konsequenz von vorderen Synechierungen und Kammerwinkelveränderungen. Die resultierende flachere Vorderkammer kann Pigmentdispersion begünstigen und muss bei der Berechnung der IOL-Stärke berücksichtigt werden [18]. Mit der aktuellen Technik ist die Irisnahtfixation eine vielversprechende Alternative zu den bisherigen Verfahren des operativen Aphakieausgleiches. Nachteilig ist insbesondere gegenüber der Irisklauenlinse die zeitaufwendige, nicht ganz einfache Technik. Prospektive, randomisierte Studien zur Bestim-

mung der Sicherheit und Effektivität sind notwendig.

Fazit für die Praxis F Neuere Operationstechniken ermöglichen die sichere und effektive Irisnahtfixation einer faltbaren IOL in der Hinterkammer über eine 3,5-mm-Inzision zum primären oder sekundären Aphakieausgleich. Geeignet sind 3-stückige Linsen mit runder vorderer Acryloptik und posterior gewölbten Haptiken. F Die Irisnahtfixation eignet sich zur Repositionierung dezentrierter IOL („out-of-the-bag“) und zur Refixierung des dislozierten Kapselsack-IOLKomplexes („late-in-the-bag“). F Der Eingriff setzt intaktes Irisstroma mit Sphinkterfunktion voraus, ist bindehautschonend, tangiert präexistente Sickerkissen, Kammerwinkelstrukturen und das Hornhautendothel nicht. Verglichen mit der Sklerafixation ergibt sich eine längere Haltbarkeit des Fixationsfadens. F Nachteilig sind die anspruchsvollere und zeitaufwendigere Operationstechnik.

Korrespondenzadresse Dr. K. Gerstmeyer Augenklinik Johannes Wesling Klinikum Minden Hans-Nolte-Str. 1,   32429 Minden [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  K. Gerstmeyer und W. Sekundo geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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VERTIGO XVIII – Münchner Schwindel-Seminar 2014 Periphere und zentrale Schwindelsyndrome, Okulomotorik- und Gangstörungen Am 11. und 12. Juli 2014 findet das inzwischen 18. Münchner Schwindel-Seminar unter der wissenschaftlichen Leitung von M. Strupp, M. Dieterich, E. Krause, K. Jahn und T. Brandt statt. Es wird gemeinsam vom Deutschen Schwindel- und Gleichgewichtszentrum, der Neurologischen Klinik und der HNO-Klinik des Klinikums der Universität München veranstaltet. Die Schwerpunkte dieser praxisorientierten Veranstaltung liegen am ersten Tag zunächst auf der Erhebung der Anamnese, körperlichen Untersuchung sowie den peripheren vestibulären Störungen einschließlich deren Bildung und operativer Therapie. Der zweite Teil befasst sich mit zentralen vestibulären Syndromen, vestibulärer Migräne, den verschiedenen Nystagmusformen, cerebellären Okulomotorikstörungen und Gangstörungen sowie dem weit verbreiteten Höhenschwindel. Am Ende des ersten Tages steht eine offene Diskussion mit allen Referenten.

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apparativen Diagnostik und zur Therapie z.B. des phobischen Schwankschwindels angeboten; hier liegen weitere Schwerpunkte auf Okulomotorikstörungen und apparativen Untersuchungsverfahren und erstmalig der Psychotherapie somatoformen Schwindels. Diese jeweils 90-minütigen Kurse sind geeignet für Neurologen, HNO- und Augenärzte, Orthoptistinnen, Physiotherapeuten und MTAs. Sie sollen in die Untersuchungstechniken und Therapieverfahren einführen und damit Kenntnisse und praktische Fertigkeiten vertiefen.

Veranstalter: Deutsches Schwindel-   und Gleichgewichtszentrum Neurologische Klinik und HNO-Klinik Klinikum der Universität München Campus Großhadern Marchioninistraße 15, 81377 München

Anmeldung: Am zweiten Tag werden parallel Kurse mit praktischen Übungen zur klinischen und

www.deutsches-schwindelzentrum.de Anmeldeschluss ist der 22. Juni 2014

[Iris suture fixation of posterior chamber lenses. New perspectives for an old technique].

Intraocular approaches to correct aphakia in cases of inadequate capsular support include an anterior chamber intraocular lens, fixation of a posterio...
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