Originalien Ophthalmologe DOI 10.1007/s00347-016-0223-y © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

L.-O. Hattenbach1 · C. Kuhli-Hattenbach2 · C. Springer1 · J. Callizo3 · H. Hoerauf3 1 Augenklinik des Klinikums Ludwigshafen, Ludwigshafen, Deutschland 2 Klinik für Augenheilkunde, Goethe-Universität, Frankfurt am Main, Deutschland 3 Klinik für Augenheilkunde, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland

Intravitreales DexamethasonImplantat zur Behandlung des persistierenden postoperativen Makulaödems nach Vitrektomie Ein persistierendes oder neu entwickeltes Makulaödem nach vitreoretinalchirurgischen Eingriffen stellt eine der häufigsten Ursachen für eine postoperative Visusminderung dar und wird von den betroffenen Patienten aufgrund der Metamorphopsien oft als sehr störend empfunden. Bisherige Behandlungsansätze erweisen sich häufig als ineffektiv [37]. In dem vorliegenden Beitrag wird in einer retrospektiven multizentrischen Studie die Wirksamkeit von intravitrealen DexamethasonImplantaten zur Behandlung des persistierenden postoperativen zystoiden Makulaödems (CMÖ) nach Vitrektomie analysiert. Während das Makulaödem nach Kataraktoperation vielfach in Studien untersucht und beschrieben wurde [13, 39], existieren in der Literatur nur wenige Untersuchungen zum Makulaödem nach vitreoretinalen Eingriffen [14, 20]. Dabei stellt das persistierende Makulaödem eine der häufigsten Ursachen für eine postoperative Visusminderung bzw. einen fehlenden Visusanstieg nach Makulachirurgie [3, 14, 20, 32] dar. Insbesondere die mit dem Makulaödem assoziierten Metamorphopsien werden zudem von den betroffenen Patienten als sehr störend empfunden. Zur Behandlung von Makulaödemen nach Vitrektomie bzw. Vitrektomie und Membranpeeling existieren bis heute L.-O. Hattenbach und C. Kuhli-Hattenbach teilen sich die Erstautorenschaft.

keine eindeutigen therapeutischen Richtlinien. Zur Reduktion von Entzündungsmediatoren und zur Stabilisierung der Blut-Retina-Schranke stehen grundsätzlich topische sowie orale nichtsteroidale Antiphlogistika oder Kortikosteroide zur Verfügung. Zusätzlich kann die Gabe von oralen Karboanhydrasehemmern erwogen werden [19, 40]. Nicht selten aber bleiben diese Maßnahmen trotz mehrwöchiger Therapie erfolglos, führen Nebenwirkungen zum Absetzen der Medikamente, oder es kommt zu einem Rezidiv nach Absetzen der Therapie. Eine weitere Therapieoption stellt die subtenonale Verabreichung von Kortikosteroiden dar [32]. Bei Persistenz stehen intravitreal applizierbare Wirkstoffe wie Triamcinolon und VEGF („vascular endothelial growth factor“)-Inhibitoren zur Verfügung, bei denen jedoch insbesondere im Zusammenhang mit Triamcinolon neben der kurzen Halbwertszeit auch über Nebenwirkungen wie Pseudoendophthalmitiden, Sekundärglaukom oder Retinatoxizität berichtet wurde [1, 21, 22, 27, 33, 34, 38]. Seit 2010 ist in Deutschland das intravitreale Dexamethason-Implantat (Ozurdex®, Allergan, Dublin, Irland) zur Therapie des Makulaödems nach retinalem Venenverschluss [4, 8, 16, 28] sowie bei nichtinfektiöser posteriorer Uveitis [18, 35] und seit 2014 auch bei diabetischer Genese [6, 15] zugelassen. Neben der Anwendung im Zulassungsbereich zur Behandlung des Makulaödems nach retinalem Venenverschluss, bei

nichtinfektiöser Uveitis posterior und bei diabetischem Makulaödem wird intravitreales Dexamethason zunehmend für Off-label-Indikationen, wie z. B. das Irvine-Gass-Syndrom, eingesetzt [2, 12, 35]. Beim Irvine-Gass-Syndrom konnte eine signifikante Verbesserung der Sehschärfe in mehreren Studien gezeigt werden [12, 35]. Ein wesentlicher Vorteil des intravitrealen Dexamethason-Implantats zur Therapie des Makulaödems nach Pars-plana-Vitrektomie ist die Wirkdauer, die im Vergleich zum nicht vitrektomierten Auge unverändert ist [10, 11, 30]. Während bereits vereinzelt kleinere Fallserien und Fallberichte Hinweise auf eine therapeutische Wirksamkeit von Dexamethason zur Behandlung von Makulaödemen nach Vitrektomie geben [14, 23], existieren bisher keine größeren Fallserien über die therapeutische Wirksamkeit in vitrektomierten Augen mit Makulaödem. Ziel der vorliegenden multizentrischen, retrospektiven Studie war es, die Wirksamkeit des intravitreal applizierten DexamethasonMedikamententrägers zur Behandlung eines zystoiden therapieresistenten Makulaödems nach Vitrektomie aufgrund unterschiedlicher zugrunde liegender Erkrankungen systematisch zu evaluieren.

Methodik In einer retrospektiven, multizentrischen Studie werteten wir die Daten von 25 Augen (24 Patienten) aus, die zwischen Der Ophthalmologe

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Originalien Tab. 1  Demografische Patientendaten Alter Geschlecht  Männlich  Weiblich Auge  OD  OS Indikation zur PPV  Epiretinale Gliose  Makulaforamen  Amotio retinae  Irvine-Gass  Glaskörperblutung Durchschnittliche zentrale Nervenfaserschichtdicke (prä Ozurdex®) (µm) Durchschnittlicher bestkorrigierter Visus (prä Ozurdex®) (logMAR) Vorbehandlungen  Acetazolamid + NSAR  A + NSAR + Triamcinolon  A + NSAR + Anti-VEGF  > 3 Behandlungen Linsenstatus  Pseudophakie prä PPV  Kataraktentwicklung post PPV  Kombinierte Phakoemulsifikation mit PPV

Tab. 2  Rezidivhäufigkeit in Abhängigkeit Anzahl (n) 71,5 ± 6,25

Relative Häufigkeit (%)

16 8

66,7 33,3

16 9

64 36

14 2 6 2 1 564,2 ± 182,1

56 8 24 8 4

0,69 ± 0,34

25 4 4 2

100 16 16 8

20 1 4

80 4 16

OD rechtes Auge, OS linkes Auge, NSAR nichtsteroidale Antirheumatika, A Acetazolamid, PPV Pars-planaVitrektomie, VEGF „vascular endothelial growth factor“.

Oktober 2010 und Dezember 2013 an den Augenkliniken Ludwigshafen am Rhein sowie der Universitätsmedizin Göttingen mit Dexamethason-Implantaten bei therapieresistentem Makulaödem nach Vitrektomie behandelt worden waren. Bei allen Augen war trotz erfolgreicher Entfernung der präretinalen Membranen mit zusätzlicher intraoperativer Anfärbung und Entfernung noch vorhandener Anteile der Membrana limitans interna ein postoperatives, über mindestens 3 Monate persistierendes CMÖ vorhanden. In allen Fällen waren konservative (topische und orale) Therapiemaßnahmen sowie bei 8 Patienten intravitreale Injektionen mittels Bevacizumab oder Triamcinolon ohne Erfolg geblieben. Nach Ausschöpfung aller therapeutischen Möglichkeiten und fehlenden Alternativen wurde wegen persistierender oder sogar postoperativ noch zunehmender Metamorphopsien und Visusminderung ein Kostenübernahmeantrag für die An-

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wendung eines Dexamethason-Implantats (Ozurdex®) bei den Krankenversicherungen gestellt und bewilligt. Alle Dexamethason-Implantationen wurde nach den Empfehlungen der Fachgesellschaften (Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft, Retinologische Gesellschaft, Berufsverband der Augenärzte) für intravitreale Injektionen in topischer Anästhesie durchgeführt. Dabei wurde in allen Fällen darauf geachtet, dass die ehemaligen Sklerotomiebereiche ausgespart wurden und der Applikator während der Injektion nicht auf den hinteren Pol zielte, um einen iatrogenen Schaden der Makula zu vermeiden [25]. Primäres Zielkriterium der vorliegenden Auswertung war die durchschnittliche Veränderung der mittels optischer Kohärenztomographie (SDOCT) gemessenen zentralen Netzhautdicke (CRT) in µm. Als sekundäre Zielkriterien wurden Veränderungen der Metamorphopsien als subjektive An-

von der Grunderkrankung Indikation zur PPV

Anzahl (n)

Epiretinale Gliose Makulaforamen Amotio retinae Irvine-Gass Glaskörperblutung

14

Rezidiv eines Makulaödems Anzahl [n (%)] 7 (50)

2 6 2 1

1 (50) 3 (50) 1 (50) 0 (0)

PPV Pars-plana-Vitrektomie.

gaben mittels Amsler-Netz sowie Veränderungen der logarithmischen Visuswerte gemessen mit der Zahlenreihe (5 m Entfernung) definiert. Die präoperativen Daten wurden, soweit verfügbar, mit postoperativen Daten zum Zeitpunkt 1 Monat, 3 Monate, 5 Monate, 8 Monate und ≥ 11 Monate verglichen.

Ergebnisse In der vorliegenden Arbeit wurden die Daten von 25 Augen (24 Patienten) retrospektiv ausgewertet. Hierbei handelte es sich um 16 Männer und 8 Frauen mit einem durchschnittlichen Alter von 71,5 ± 6,25 Jahren zum Zeitpunkt der Dexamethason-Implantation. Eine Übersicht über die demografischen Daten sowie die Indikationen für die Durchführung der Vitrektomie findet sich in . Tab. 1. In der durchgeführten retrospektiven Analyse erfolgte bei 19 Augen nach durchschnittlich 37,4 ± 8,5 Tagen die erste postoperative Kontrolle. Zu diesem Zeitpunkt zeigten alle kontrollierten Augen eine mittels OCT messbare signifikante Abnahme der zentralen Netzhautdicke von durchschnittlich 564,2 auf 315,3 µm (p

[Intravitreal dexamethasone implant for treatment of persistent postoperative macular edema after vitrectomy].

To date, there is no consensus about the management of persistent cystoid macular edema (CME) following vitrectomy. The aim of this study was to evalu...
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