Übersichten Pathologe 2015 · 36:362–371 DOI 10.1007/s00292-015-0038-7 Online publiziert: 9. Juni 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

S. Synoracki1 · S. Ting1 · U. Siebolts2 · H. Dralle3 · O. Koperek4 · K.W. Schmid1 1 Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland 2 Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Halle/Saale, Martin-Luther

Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Deutschland 3 Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Halle/Saale,

Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Deutschland 4 Institut für Pathologie, Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich

Redaktion

H.A. Baba, Essen

Die Durchführung intraoperativer Gefrierschnitte ist generell ein verantwortungsvolles Abwägen zwischen dem damit erzielbaren Nutzen (in erster Linie für den Patienten, aber auch für das operationstechnische Vorgehen und Kostenfaktoren) und dem Faktum, dass Gefrierschnitte aufgrund methodenbedingter qualitativer Defizite und dem bestehenden Zeitdruck für den Pathologen eine höhere Rate diagnostischer Fehler aufweisen und somit auch ein erhöhtes Risiko für den Patienten darstellen. Insbesondere durch die (methodenbedingten) Besonderheiten stellt der intraoperative Gefrierschnitt der Schilddrüse eine besondere Herausforderung für den Pathologen dar; die Gratwanderung zwischen Nutzen und diagnostischem Risiko wird von vielen Pathologen (und Klinikern) als so schmal angesehen, dass sie die intraoperative Beurteilung von Schilddrüsenoperationspräparaten nur unter bestimmten Voraussetzungen für sinnvoll erachten. Im folgenden Übersichtsartikel wird eine Strategie dargestellt, die durch Minimieren der intraoperativ zweifelsfrei bestehenden diagnostischen Risiken ein Maximum an zeitlichem Zugewinn bei der definitiven Diagnosestellung erzielen helfen soll, der v. a. dem betroffenen Patienten zu Gute kommt.

Hintergrund Das optimale Szenario für die Durchführung einer Schilddrüsenoperation be-

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Intraoperativer Gefrierschnitt der Schilddrüse ginnt bei einer dem Einzelfall angemessenen präoperativen Diagnostik. Durch die Szintigraphie, Sonographie, den Serumkalzitoninwert und insbesondere die Feinnadelbiopsie (FNB) kann im Idealfall das operative Vorgehen bereits weitgehend festgelegt werden. Eine präoperativ eindeutige zytologische Diagnose eines papillären Karzinoms (PTC) macht den intraoperativen Gefrierschnitt in der Regel überflüssig. Der intraoperative Gefrierschnitt der Schilddrüse ist klinischerseits immer dann indiziert, wenn eine definierbare Läsion der Schilddrüse vorliegt, präoperativ ein histologisch abzuklärendes Ergebnis (follikuläre Neoplasie, Verdacht auf ein nichtfollikuläres Malignom) erhoben wurde oder während der Operation suspekte Veränderungen (inkl. Lymphknoten) auffallen, die präoperativ nicht bekannt waren oder als benigne eingeschätzt wurden (. Infobox  1). Das Vorliegen szintigraphisch überfunktionierender „heißer“ Knoten, in der Regel ein gutartiges autonomes Adenom, stellt neben bereits in der FNB definitiv diagnostizierten Malignomen in der Regel keine Indikation zum intraoperativen Gefrierschnitt dar. Das anzustrebende chirurgische Konzept bei Schilddrüsenoperationen ist ein einzeitiges Vorgehen unter Vermeidung einer chirurgischen Übertherapie, das den onkologischen und endokrinologischen Erfordernissen gerecht wird [9, 25]; dazu kann der intraoperative Gefrierschnitt in den nachfolgend definierten Grenzen beitragen. Falls das angestrebte einzeitige Vorgehen nicht möglich ist, sollte so-

wohl vonseiten der Chirurgie als auch der Pathologie ein standardisiert konzertiertes Vorgehen angewendet werden, welches in der Regel eine endgültige histologische Diagnose spätestens innerhalb von 48 h nach Präparateeingang gewährleistet, um eine eventuell notwendige Komplettierungsoperation innerhalb von 72 h zu ermöglichen; nach Überschreiten dieser Frist wird eine Komplettierungsoperation nach R0-Resektion wegen des erhöhten komplikativen Risikos erst wieder nach 3 Monaten empfohlen [9].

Makroskopische Beurteilung des eingegangenen Materials Neben vollständigen Thyreoidektomiepräparaten werden Lobektomiepräparate oder Schilddrüsenresektate unterschiedlicher Ausdehnung zur intraoperativen Untersuchung an den Pathologen gesandt. Seltener sind Untersuchungen

Infobox 1  Indikationen zum intraoperativen Gefrierschnitt der Schilddrüse 55Solitärer (kalter) Knoten 55Führende(r) kalte(r) Knoten in einer multinodösen Struma

55Präoperativer Befund (FNB) einer follikulären Neoplasie

55Präoperativer Verdacht (klinisch, serolo-

gisch und/oder FNB) eines Schilddrüsenmalignoms 55Begründeter intraoperativer Malignitätsverdacht (z. B. Fixierung eines Knotens) 55Bestimmung von Resektionsgrenzen bei fortgeschrittenen Malignomen 55Auffällige Lymphknoten bei Schilddrüsenoperationen

Abb. 1 8 a Gefrierschnitt eines nekrotischen onkozytären Adenoms. Auffallend breite bindegewebige Kapsel um einen Tumor, der aus verdämmernden follikulären und pseudopapillären Strukturen besteht (HE-Färbung, Vergrößerung 40:1). b Gefrierschnitt eines angioinvasiven (minimal-invasiven) FTC. Follikulär aufgebauter Tumor mit auffallend breiter Bindegewebskapsel. Parallel zur Kapselfaserung finden sich Tumorformationen, die im Gefrierschnitt meist das gesamte Gefäß ausfüllen (HE-Färbung, Vergrößerung 25:1). c Gefrierschnitte eines minimal-invasiven FTC. Die Diagnose beruht auf einem vollständigen Kapseldurchbruch; ein eindeutiger Gefäßeinbruch war nicht nachweisbar (HE-Färbung, Vergrößerung 25:1). d Gefrierschnitt eines breit invasiv wachsenden FTC, onkozytäre Variante. Die Tumorformationen wachsen infiltrativ in das umliegende nichtneoplastische Schilddrüsengewebe (HE-Färbung, Vergrößerung 25:1) ein. FTC follikuläres Schilddrüsenkarzinom

an Lymphknoten oder Resektionsrandbestimmungen bei organüberschreitenden Tumoren; (Keil-)Biopsien aus Knoten sollten nur bei intraoperativ als inoperabel angesehenen Tumoren zur Typisierung des Tumors durchgeführt werden. Bei unter Gefrierschnittbedingungen eingegangenen Schilddrüsenoperationspräparaten sollten nur die vom Pathologen makroskopisch als „gefrierschnittwürdig“ angesehene Läsionen mittels Gefrierschnitt untersucht werden. Das Untersuchen im Gefrierschnitt von Schilddrüsengewebe ohne makroskopisch definierbare Läsion ist wie auch die Untersuchung unauffälliger Kolloidknoten einer Struma nodosa nicht erforderlich. Unnötige Gefrierschnitte tragen nicht zu einem intraoperativ relevanten Erkenntnisgewinn bei, sie können aber in der Paraffinhistologie dieses Gewebes durchaus aufgrund ihrer durch

das Schockfrieren bedingten differenten Morphologie (u. a. die Kernveränderungen beim PTC) für eine erschwerte endgültigen Diagnosefindung verantwortlich sein [40]. Der Verzicht auf den Gefrierschnitt sollte vom Pathologen umgehend dem Chirurgen mitgeteilt werden. Aufgrund der bereits angesprochenen veränderten Morphologie am formalinfixierten, paraffineingebetteten Material, welches vorher zur Herstellung des Gefrierschnitts schockgefroren wurde, sollte von allen mittels Gefrierschnitt untersuchten Läsionen durch Teilen unbedingt versucht werden, komplementäres nicht gefrorenes, formalinfixiertes Material für die Paraffinhistologie zu asservieren. Winzige (1–2 mm große) Läsionen, von denen kein nicht gefrorenes Restmaterial zur Verfügung steht, sollten vorzugsweise nicht im Gefrierschnitt untersucht, sondern mittels routinemäßiger

Fixierung und Paraffineinbettung aufgearbeitet werden.

Gefrierschnitthistologie der Schilddrüse Am intraoperativen Gefrierschnitt der Schilddrüse sind auf ausschließlich histologischen Kriterien beruhende Diagnosen (z. B. Gefäßeinbruch, Kapseldurchbruch, Stromadesmoplasie) gelegentlich möglich, während die auf zytologischen Kriterien beruhenden Diagnosen nur eingeschränkt oder gar nicht zur Diagnosefindung herangezogen werden können. Letzteres betrifft insbesondere die Kernkriterien des PTC (Milchglaskerne, Einkerbungen, Einschlüsse) und die zytolo­ gischen Merkmale des „medullary thyroid carcinoma“ (MTC, granuläres Zytoplasma, Salz-und-Pfeffer-Struktur der Kerne). Dadurch sind v. a. die follikuläre (geDer Pathologe 4 · 2015 

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Zusammenfassung · Abstract kapselter/diffuser Typ) und die solide Variante des PTC sowie das gekapselte MTC im Gefrierschnitt nicht mit der gebote­ nen Sicherheit zu diagnostizieren. Eben­ so verursacht der hyalinisierende trabeku­ läre Tumor im Gefrierschnitt beträchtliche Probleme [17, 43, 44].

Gekapseltes (follikuläres) Adenom vs. gekapseltes follikuläres Schilddrüsenkarzinom Bei makroskopisch gekapselten Knoten müssen sich die Gefrierschnittuntersuchungen naturgemäß auf die Kapselregion konzentrieren, um eventuell nachweisbare Gefäßeinbrüche/Kapseldurchbrüche zu identifizieren [16]. Da in der Regel aus Zeitgründen maximal 2 Gewebeblöcke zur Gefrierschnittuntersuchung gelangen [40], werden Gefäßeinbrüche und/oder Kapseldurchbrüche nur fallweise eindeutig zur Darstellung gelangen; die bereits im Gefrierschnitt definitiv gestellte Diagnose eines gekapselten follikulären Schilddrüsenkarzinoms (FTC; durch einen vollständigen Kapseldurchbruch und/oder Gefäßinvasion) wird daher relativ selten sein. Insbesondere Gefäßeinbrüche stellen sich im Gefrierschnitt unterschiedlich gegenüber der Paraffinhistologie dar; in der Regel finden sich innerhalb der Kapsel gelegene, parallel zur Kapselrichtung verlaufende Tumorzellverbände, während ein eindeutiges Gefäßlumen im Gefrierschnitt nur gelegentlich erkennbar ist (. Abb. 1b). Vollständige Kapseldurchbrüche mit Abriss der Kapselfasern sind in der Regel eindeutig(er) identifizierbar (. Abb. 1c).

Breit invasives FTC Breit invasiv wachsende Tumoren sind in der Regel bereits makroskopisch zu erkennen; histologisch finden sich infiltrativ in das nichtneoplastische Schilddrüsengewebe vorwachsende Tumoranteile (.  Abb. 1d). Differenzialdiagnostisch sind im Gefrierschnitt vom breit invasiven FTC das gering differenzierte Schilddrüsenkarzinom (PDTC) und das nicht gekapselte oder nur partiell gekapselte PTC abzugrenzen [35].

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Pathologe 2015 · 36:362–371  DOI 10.1007/s00292-015-0038-7 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 S. Synoracki · S. Ting · U. Siebolts · H. Dralle · O. Koperek · K.W. Schmid

Intraoperativer Gefrierschnitt der Schilddrüse Zusammenfassung Der intraoperative Gefrierschnitt der Schilddrüse hat das Ziel, in kürzestmöglicher Zeit eine definitive Diagnose, die das weitere operative Management bestimmt, zu erhalten. Aufgrund der Besonderheiten der intraoperativen Diagnostik von Schilddrüsenläsionen ist eine bereits intraoperativ definitive Diagnose jedoch nur bei einem Teil der Fälle möglich. Falls intraoperativ keine definitive Diagnose gestellt werden kann, gelingt durch entsprechend bevorzugte Bearbeitung des Materials mit wenigen Ausnahmen eine abschließende Diagnosestellung spätestens innerhalb

von 48 h. Diese Vorgehensweise setzt beim Pathologen und Chirurgen ein hohes Maß an Kommunikation und Kenntnis der Besonderheiten der Diagnostik und Therapie insbesondere von Schilddrüsenmalignomen voraus, da in Abhängigkeit vom histologischen Tumortyp unterschiedliche Operationsstrategien verfolgt werden. Schlüsselwörter Schilddrüsenläsionen · Histologischer Tumortyp · Definitive Diagnose · Operatives Management · Komplettierungsoperation

Intraoperative frozen sections of the thyroid gland Abstract The goal of evaluation of intraoperative frozen sections of the thyroid gland is to achieve a definitive diagnosis which determines the subsequent surgical management as fast as possible; however, due to the specific methodological situation of thyroid frozen sections evaluation a conclusive diagnosis can be made in only some of the cases. If no conclusive histological diagnosis is possible during the operation, subsequent privileged processing of the specimen allows a final diagnosis at the latest within 48 h in almost all remaining cases. Applying this strategy, both

Papilläres Karzinom (PTC) Da das diagnostische Kriterium des PTC, die charakteristischen Kernveränderungen [48], beim intraoperativen Gefrierschnitt nicht zur Verfügung steht [20, 29], kann das PTC intraoperativ nur an morphologischen Surrogatmerkmalen diagnostiziert werden (. Abb. 2a und b). Ausschließlich follikulär aufgebaute (gekapselte) PTC sind daher im Gefrierschnitt ebenso wie die solide Variante des PTC nicht mit der gebotenen Sicherheit zu erkennen (. Abb. 3a, b, c). Die angesproche­ nen Surrogatmerkmale (. Abb. 2a, b, 4a, b, 5a, c) betreffen papilläre Strukturen, ein auffälliges hyalines Stroma, Verkalkungen im Stroma, gelegentlich metaplastische Verknöcherungen, infiltratives Wachstum entlang der Lymphgefäße, Psammonkörperchen und davon verursachte strichför-

pathologists and surgeons require a high level of communication and knowledge regarding the specific diagnostic and therapeutic peculiarities of thyroid malignancies because different surgical strategies must be employed depending on the histological tumor subtype. Keywords Thyroid gland lesions · Histological tumor type · Definitive diagnosis · Operative management · Completion operation

mige Gewebeartefakte sowie eine auffallend breite (hyalinisierte) Kapsel mit diffus die Kapsel durchsetzenden kleinen Tumorzellverbänden (insbesondere auch bei kleinen Tumoren (. Abb. 5a, b, c). Im Vergleich zum normalen Schilddrüsengewebe sind die Zellen des PTC größer und zeigen ebenfalls deutlich vergrößerte Kerne; dachziegelartiges Überlappen der Kerne kommt am deutlich dickeren Gefrierschnitt häufig vor und darf nicht als (ausschließliches) Kriterium zur Diagnose eines PTC interpretiert werden. Gelegentlich zeigen die Kerne des PTC im Gefrierschnitt vakuoläre Strukturen, die jedoch offensichtlich nicht das Korrelat der Kernveränderungen in der Paraffinhistologie darstellen; derartige Vakuolen finden sich im Gefrierschnitt in unterschiedlicher Qualität und Quantität sowohl im nichtneoplastischen Schilddrüsengewebe

Abb. 2 8 a Gefrierschnitt eines papillären Schilddrüsenkarzinoms (PTC) mit papillären und follikulären Strukturen. Dazu bestehen ein hyalinisiertes Stroma sowie kleine zystische Hohlräume als Surrogatmerkmale (HE-Färbung, Vergrößerung 25:1). b Gefrierschnitt eines PTC mit papillären Strukturen. Die Tumorzellkerne zeigen vakuoläre Hohlräume, die für sich aber nicht für die Diagnose des PTC ausreichen, da derartige Vakuolen im Gefrierschnitt auch in normalen Follikelzellen und anderen, nichtpapillären Tumoren nachweisbar sind (HE-Färbung, Vergrößerung 200:1)

als auch in praktisch allen nichtpapillären Neoplasien. Aufgrund der dargestellten meist in Kombination vorliegenden Surrogatmarker gelingt die intraoperative Diagnose eines PTC in zahlreichen Fällen; es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Diagnose eines insbesondere zart gekapselten PTC mit ausschließlich follikulärem Aufbau nicht mit der gebotenen Sicherheit erfolgen kann und daher diagnostische Zurückhaltung empfohlen ist.

Gering differenziertes Schilddrüsenkarzinom (PDTC) Aufgrund seiner auffälligen Morphologie besteht beim PDTC [47] fast immer be-

reits makroskopisch Malignitätsverdacht (breit invasives Tumorwachstum, Nekrosen). Histologisch können PDTC allerdings auch vollständig gekapselt sein; ebenso zeigen die Tumoren gelegentlich nur vereinzelt Gefäßeinbrüche, sodass die Diagnose eines Malignoms im Gefrierschnitt mitunter schwierig sein kann. Das histologische Leitmotiv ist ein insulärer, trabekulärer und/oder solider Aufbau; das zusätzliche Vorkommen von Nekrosen und/oder deutlich vermehrt Mitosen kann für die intraoperative Diagnose­ findung hilfreich sein (.  Abb. 6). Differenzialdiagnostisch sind PDTC schwierig von breit invasiven FTC und der soliden Variante des PTC zu unterscheiden. Im

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Zweifelsfall sollte die abschließende Diagnose erst am Paraffinmaterial erfolgen.

Undifferenziertes (anaplastisches) Karzinom (ATC), seltene Schilddrüsenkarzinome und Sarkome Undifferenzierte Karzinome der Schilddrüse zeigen bereits im Gefrierschnitt meist unterschiedlich ausgeprägte Nekrosen. Primäre Sarkome der Schilddrüse, fast ausschließlich Angiosarkome, sind Raritäten. Differenzialdiagnostisch kann eine sklerosierende Perithyreoiditis Riedel ein Sarkom oder undifferenziertes Karzinom vortäuschen [21, 37]. Auch Manifestationen eines diffus großzelligen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms im Be-

Übersichten

Abb. 3 8 a Im Gefrierschnitt gekapselter, mikrofollikulär aufgebauter Tumor ohne Gefäßeinbrüche und/oder Kapseldurchbrüche. Die Kerne sind unregelmäßig und vereinzelt angedeutet vakuolär; die Follikel vollständig von Kolloid ausgefüllt (HEFärbung, Vergrößerung 200:1). b Paraffinhistologie des zur Herstellung der Gefrierschnitte verwendeten Gewebeblocks des Tumors in a. Die Kerne zeigen auch hier lediglich verdächtige Veränderungen, die aber nicht für die Diagnose einer follikulären Variante eines papillären Schilddrüsenkarzinoms (PTC) ausreichen. Die Follikel zeigen eine beginnende Vakuolisierung des Kolloids (HE-Färbung, Vergrößerung 200:1). c Paraffinhistologie eines nicht zum Gefrierschnitt verwendeten Anteils des Tumors in a und b. Auf diesem Schnitt ist die Diagnose eines PTC, follikuläre Variante, problemlos möglich. Hier zeigen sich eindeutige Milchglaskerne, deutliche hellere Tumorzellen sowie auffällige Retraktionsvakuolen im Kolloid (HE-Färbung, Vergrößerung 200:1)

Abb. 4 8 a Gefrierschnitt einer diffus sklerosierenden Variante des papillären Schilddrüsenkarzinoms (PTC). Neben follikulären Strukturen bestehen eine deutliche lymphozytäre Entzündungsinfiltration, eine auffällige Sklerosierung des Stromas sowie einzeln und in Clustern liegende Psammonkörperchen (HE-Färbung, Vergrößerung 25:1). b Das PTC in a (diffus sklerosierende Variante) zeigt lediglich vereinzelt papilläre Strukturen mit teilweise dachziegelartigem Überlappen der Kerne, die daneben auch blasige Veränderungen aufweisen (HE-Färbung, Vergrößerung 200:1)

Abb. 5 8 a Gefrierschnitt eines schwierig zu diagnostizierenden papillären Mikrokarzinoms (4,5 mm Durchmesser). Das Karzinom fällt durch die sternförmige Sklerose des Stromas, die im Vergleich zum umliegenden Schilddrüsengewebe deutlich kleineren Follikel mit vergrößerten Kernen sowie einem Psammonkörperchen auf, welches eine auffällige Scharte durch den Schnitt verursacht hat (HE-Färbung, Vergrößerung 40:1). b Detailansicht des in a gezeigten papillären Mikrokarzinoms. Hier erkennt man sehr gut den Unterschied der Follikel und der Kerngröße im Vergleich zum umliegenden normalen Schilddrüsengewebe (HE-Färbung, Vergrößerung 200:1). c Gefrierschnitt eines papillären Mikrokarzinoms (4 mm Durchmesser) mit auffallend breiter Kapsel. Im Vergleich zum umliegenden Schilddrüsengewebe zeigt dieser Tumor auch eindeutig erkennbare papilläre Strukturen (HE-Färbung, Vergrößerung 40:1)

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Abb. 6 9 Gefrierschnitt eines gering differenzierten Schilddrüsenkarzinoms mit insulärem Aufbau und einzelnen kleinen komedoartigen Nekrosen. Dazu fanden sich auch vermehrt Mitosen (HE-Färbung, Vergrößerung 25:1)

reich der Schilddrüse sowie seltene Malignome der Schilddrüse (SETTLE, CASTLE, primäre Plattenepithelkarzinome) sind im Gefrierschnitt kaum eindeutig zu erkennen; im Zweifelsfall sollte auch hier die abschließende Diagnose erst am Paraffinmaterial erfolgen.

Medulläres Schilddrüsenkarzinom (MTC) Pathologische Serumkalzitoninwerte erfordern die Suche nach einem MTC; dies kann bei bekannter multipler endokriner Neoplasie Typ 2 (MEN 2) oder ohne (bisher) nachgewiesener Mutation des RETProtoonkogens erfolgen. Der Nachweis eines MTC im Gefrierschnitt am primär durchgeführten Thyreoidektomiepräparat ist Grundlage des chirurgischen Resek­ tionsausmaßes. Die limitierten Möglichkeiten der Gefrierschnittuntersuchung ergeben jedoch insbesondere bei Fällen mit grenzwertig pathologischen Serumkalzitoninerhöhungen häufig kein eindeutiges Ergebnis, sodass intraoperativ regelmä­ ßig auf die abschließende Paraffinhistolo­ gie verwiesen werden muss. Der aufwen­ dige Nachweis/Ausschluss kleiner MTC (bei MEN 2 Übergang einer neoplastischen C-Zell-Hyperplasie in ein invasives MTC [41]), der im Gefrierschnitt fallweise gelingt (. Abb. 7a und 8a), kann jedoch inklusive notwendiger immunhistochemischer Untersuchungen mehr als die geforderten 48 h in Anspruch nehmen; dies sollte dem Patienten im präoperativen Aufklärungsgespräch durch den Chirurgen mitgeteilt werden.

Da bei einem Teil der Schilddrüsenoperationen nach wie vor präoperativ kei­ ne Kalzitoninwerte bestimmt werden oder in seltenen Fällen trotz präoperativer Bestimmung kein erhöhtes Serumkalzitonin nachgewiesen wurde (sog. nichtsekretori­ sche MTC [11]) kann ein MTC im Gefrier­ schnitt auch als „Überraschungsbefund“ vorkommen. Aufgrund der sehr heterogenen Morphologie des MTC kann eine eindeutige Diagnose im Gefrierschnitt insbesondere bei (zart) gekapselten MTC äußerst schwierig sein (.  Abb. 7a); Surrogatmarker wie Amyloidablagerungen (.  Abb. 7b), Verkalkungen und desmoplastisches Stroma (.   Abb. 8a) können hilfreich sein. Polygonale und/oder spindelige Zellen mit Kernen mit grob gekörn­ tem Chromatin („Salz-und-Pfeffer-Mus­ ter“, .  Abb. 7c) ermöglichen zumindest eine Verdachtsdiagnose. Die intraoperative Kalzitonin-Immunhistochemie wird heute als obsolet angesehen; bei entsprechendem intraoperativem Verdacht gelingt eine abschließende Diagnose des MTC in der Regel innerhalb von 48 h. Differenzialdiagnostisch können trabekuläre hyalinisierende Tumoren im Gefrierschnitt mit einem MTC verwechselt werden ([43, 44]; .   Abb. 9). Besonders tückisch ist das Vorkommen solider Zellnester bei der intraoperativen Suche nach einem MTC. Der morphologische Nachweis eines desmoplastischen Stromas scheint beim MTC ein überragender Surrogatmarker für das Metastasierungspotenzial des MTC zu sein [15]. Die intraoperative Darstellung der Stromadesmoplasie ist dem-

entsprechend auch ein guter Prädiktor einer Lymphknotenmetastasierung beim MTC [31]. Der intraoperative Gefrierschnitt erlaubt nach einer entsprechenden Lernkurve ein weitgehend sicheres Erkennen bzw. Ausschließen eines desmoplastischen Stromas und dessen Unterscheidung vom Amyloid (. Abb. 7a, 8a, b, c, d).

Andere Läsionen Intrathyreoidal gelegene Nebenschilddrüsen, Nebenschilddrüsentumoren, primäre Paragangliome und insbesondere Metastasen diverser Organtumoren können bei Fehlen entsprechender klinischer Angaben (z. B. bekannter Hyperparathyreoidismus, bekannte extrathyreoidale Malignome) oder als Zufallsbefunde in der Schilddrüse beträchtliche Schwierigkeiten bereiten. Auch hier sollte im Zweifelsfall der endgültige Befund in der Paraffinhistologie abgewartet werden.

Grenzen des intraoperativen Gefrierschnitts Bei kaum einem anderen Organ muss intraoperativ so häufig auf die endgültige postoperative Paraffinhistologie verwiesen werden wie bei der Schilddrüse [29, 33]. Die diagnostischen Grenzen des intraoperativen Gefrierschnitts der Schilddrüse (Zusammenfassung in . Infobox 2) können unterschiedliche Ursachen haben: der häufigste Grund, intraoperativ keine definitive Diagnose stellen zu können und damit auf die endgültige Paraffinhistologie verweisen zu müssen, liegt in der methodenbedingten Unsicherheit, anhand der limitierten Anzahl an untersuchten Gewebeblöcken bei follikulären Neoplasien ein gekapseltes FTC auszuschließen. Da in der überwiegenden Zahl dieser Läsionen auch in der Paraffinhistologie ein gutartiges Adenom diagnostiziert wird, ist eine Zweitoperation relativ selten notwendig. Ebenso kann ggf. beim intraoperativen Verdacht auf ein Malignom (PTC, MTC, PDTC etc.) eine abschließende Diagnose erst in der Paraffinhistologie und ggf. nach immunhistochemischen und/oder molekularpathologischen Untersuchungen möglich sein. Die follikuläre Variante des PTC ist im Gefrierschnitt ohne entsprechende morphologiDer Pathologe 4 · 2015 

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Übersichten

Abb. 7 8 a Gefrierschnitt eines zart gekapselten medullären Schilddrüsenkarzinoms (MTC, ohne Stromadesmoplasie): Zellen mit granulärem Zytoplasma und monomorphen Kernen, die keine verlässliche Beurteilung des Chromatins erlauben (keine präoperative Serumkalzitoninbestimmung). Aufgrund der scharfen Tumorbegrenzung wurde intraoperativ ein MTC lediglich differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen (HE-Färbung, Vergrößerung 200:1). b Gefrierschnitt eines MTC mit reichlich Amyloid. Die Tumorzellverbände zeigen keine erkennbaren Zellgrenzen und Kerne mit grobscholligem Chromatin; die vorliegende Konstellation legt ein MTC nahe (HE-Färbung, Vergrößerung 40:1). c Gefrierschnitt eines MTC mit auffallender Kernpleomorphie. In diesem Fall ist auch das typische Chromatinmuster („Salz-und-Pfeffer-Muster“) des MTC gut erkennbar. Die polygonalen Tumorzellen lassen sich im Gefrierschnitt aber nur angedeutet erkennen (HE-Färbung, Vergrößerung 200:1). d Gefrierschnitt bei bekannter multipler endokriner Neoplasie Typ 2 (MEN 2A); in diesem Fall wurde im Gefrierschnitt lediglich eine C-Zell-Hyperplasie (Bildmitte), aber kein invasiv wachsendes MTC gefunden (HE-Färbung, Vergrößerung 200:1)

sche Surrogatmerkmale nicht diagnostizierbar und kann dementsprechend in der Paraffinhistologie auch als „Überraschungsbefund“ in einer intraoperativ als gutartig eingeschätzten Läsion vorliegen. Beträchtliche diagnostische Probleme bestehen intraoperativ auch bei glandulär oder solide aufgebauten, scharf begrenzten MTC, deren neuroendokrine Natur erst in der Paraffinhistologie und ggf. erst nach immunhistochemischer Verifizierung belegt werden kann. Umgekehrt kann der trabekulär hyalinisierende Tumor intraoperativ als MTC fehleingeschätzt werden. In seltenen Fällen treten differenzialdiagnostische Probleme bei entzündlichen, postentzündlichen und sklerosierenden Prozessen auf und erfordern die Differenzialdiagnose von Sarkomen, undifferenzierten Karzi-

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nomen, malignen Lymphomen und Plattenepithelkarzinomen. Auch reaktive Veränderungen im Rahmen einer Autoimmunthyreoiditis oder eines Morbus Basedow können im Gefrierschnitt Schwierigkeiten bei der Abgrenzung gegenüber einem PTC verursachen. Im Zweifelsfall sollte intraoperativ eine zurückhaltende Diagnose gestellt und auf die abschließende endgültige Paraffinhistologie verwiesen werden.

Diskussion Das erklärte strategische Ziel des intraoperativen Gefrierschnitts der Schilddrüse ist die Vermeidung einer Zweitoperation zur Komplettierung des Ersteingriffs. Die methodenbedingt jedoch nur bei einem Teil der Fälle intraoperativ defini-

tive Diagnose bedeutet, dass in einem solchen Fall ggf. eine Nachoperation nicht zu vermeiden ist [8]. Die vom Ergebnis des intraoperativen Gefrierschnitts geleitete anschließende paraffinhistologische Aufarbeitung versetzt den Pathologen in die Lage, zum frühest möglichen Zeitpunkt eine endgültige Diagnose stellen zu können. Diese Art der bevorzugten Befunderstellung sollte in der überwiegenden Zahl der Fälle einen notwendigen Zweiteingriff innerhalb von 72 h sicherstellen [9]. Der intraoperative Gefrierschnitt der Schilddrüse gehört insbesondere in Mitteleuropa in Ländern mit Strumaendemiegebieten zum Standardrepertoire der Schilddrüsenchirurgie [2, 7, 19, 23, 32, 33, 40], während insbesondere in den angelsächsischen Ländern die Methode teilweise sogar vehement abgelehnt wird [3,

Abb. 8 9 a Gefrierschnitt eines kleinen medullären Schilddrüsenkarzinoms (MTC) mit ausgeprägter Stromadesmoplasie als Zeichen des invasiven Wachstums bei präoperativ bekannter multipler endokriner Neoplasie Typ 2 (MEN 2A; HE-Färbung, Vergrößerung 100:1). b Gefrierschnitt eines MTC mit Stromadesmoplasie (hellrote, wellig-faserige Strukturen im linken Bildbereich) und Amyloid (dunkelrote solid-schollige Strukturen in der Umgebung der Tumorzellen, rechter Bildbereich; HE-Färbung, Vergrößerung 200:1). c Gefrierschnitt eines MTC ohne Stromadesmoplasie (HEFärbung, Vergrößerung 100:1). d Gefrierschnitt eines MTC ohne Stromadesmoplasie, aber kleinen soliden Amyloidablagerungen (HE-Färbung, Vergrößerung 100:1)

Abb. 9 8 Gefrierschnitt eines hyalinisierenden trabekulären Tumors mit unregelmäßig gestalteten Tumorzellverbänden, die intraoperativ mit einem medullären Schilddrüsenkarzinom (MTC) verwechselt werden können. Das hyalinisierte Stroma kann als Amyloid fehlgedeutet werden. Auffällig auch die Kerne mit deutlichen vakuolären Strukturen (HE-Färbung, Vergrößerung 100:1)

6, 13, 22, 30, 38, 39]. Die hier vorgestellte Vorgehensweise bietet ein Maximum an therapeutischem Zugewinn bei Minimierung der zweifelsfrei vorhandenen diagnostischen Risiken. Eines der Hauptargumente gegen den intraoperativen Gefrierschnitt der Schilddrüse betrifft die man-

gelnde Kosteneffizienz der verlängerten Operationszeiten im Vergleich zur limitierten Aussagekraft der Methode bei der Unterscheidung eines Adenoms vom minimal-invasiven FTC [4, 28, 49]. Dieses Argument ist in Deutschland und anderen Ländern mit entsprechender Struma-

epidemiologie nicht relevant, und auch in den USA und Kanada gibt es eindeutige Befürworter des intraoperativen Gefrierschnitts [12, 42]. Die in Deutschland z. T. bestehende Skepsis gegenüber dem intraoperativen Gefrierschnitt der Schilddrüse beruht insbesondere auf der Problematik der Dignitätsbeurteilung follikulärer Neoplasien. Die diesbezüglich in der Literatur angegebene Sensitivität der Methode beträgt für das FTC 0–78 % [1, 5, 7, 10, 14, 24, 26, 27, 30, 36]. Die naturgemäß vorgegebene Einschränkung der intraoperativen Dignitätsbeurteilung sollte durch die Gewährleistung einer endgültigen Diagnose am Paraffinmaterial nach 48 h bei Anwendung der hier beschriebenen Vorgehensweise mehr als ausgeglichen werden [19, 40]. Die generell empfohlene intraoperativ zurückhaltende Diagnosestrategie unter Vermeidung falsch-positiver Befunde sollte eine Spezifität der Methode von 100 % gewährleisten [7, 40]. Intraoperativ kann ein relativ hoher Anteil der PTC diagnostiziert werden; dies gelingt jedoch nicht durch Zuhilfenahme des einzigen diagnostischen Kriteriums des PTC, der charakteristischen Der Pathologe 4 · 2015 

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Übersichten Infobox 2  Grenzen des intraoperativen Gefrierschnitts 55Unterscheidung zellreicher Adenome von gekapselten minimal-invasiven FTC

55Follikuläre Variante des PTC 55Glandulär/solide gebaute (gekapselte)

MTC 55Hyalinisierender trabekulärer Tumor (Verwechslungsgefahr mit MTC) 55Knotig aufgebaute, (partiell) nekrotische Tumoren nach vorangegangener FNB 55Unterscheidung entzündlich-sklerosierender/fibrosierender Prozesse von Sarkomen und undifferenzierten Karzinomen 55Unterscheidung reaktiver Veränderungen im Rahmen anderer Schilddrüsenerkrankungen (z. B. Autoimmunthyreoiditis, Morbus Basedow) vom PTC 55Unterscheidung Autoimmunthyreoiditis Hashimoto von primären Lymphomen der Schilddrüse 55Unterscheidung entzündlicher/postnekrotischer Plattenepithelmetaplasien von PTC mit Plattenepithelmetaplasien bzw. primären Plattenepithelkarzinomen der Schilddrüse

Kernmerkmale [48], sondern beruht auf den bei vielen PTC in deutlich unterschiedlicher Qualität und Quantität vorliegenden morphologischen Surrogatmerkmalen. Die auffällig unterschiedliche Morphologie der Kerne des PTC im Gefrierschnitt gegenüber dem formalinfixierten und paraffineingebetteten primär für die Herstellung des Gefrierschnitts schockgefrorenen Gewebe unterstreicht die Vulnerabilität der Kernkriterien als alles überragendes Diagnostikum des PTC (.  Abb. 3a, b, c). Für die follikuläre Variante des PTC bedeutet dies in der Regel den Entzug des einzigen Diagnosekriteriums, was eine verlässliche Diagnose insbesondere der gekapselten Form dieser PTC-Variante im Gefrierschnitt praktisch unmöglich macht. Dieser Umstand führt zu einer geringen Sensitivität (weniger als 27 %) der Gefrierschnittmethode für die follikuläre Variante des PTC [10]. Bei einer präoperativen Diagnose eines PTC mittels FNB gelingt bei einem Teil der follikulären Variante des PTC am intraoperativen Gefrierschnitt die korrekte Diagnose [2, 18, 24, 32, 39]; beim Verdacht auf das Vorliegen der follikulären Variante des PTC im Gefrierschnitt kann als Entscheidungshilfe eine intraoperati-

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ve Abklatschzytologie durchaus hilfreich sein [45, 46]. Abschließend soll die problematische diagnostische Situation beim intraoperativen Gefrierschnitt der Schilddrüse betont werden. So ist z. B. ein FTC anhand seiner histologischen Kriterien (Gefäßeinbruch/Kapseldurchbruch) intraoperativ gelegentlich diagnostizierbar, es wird jedoch aufgrund seiner relativen Seltenheit als auch der intraoperativ beschränkten Anzahl untersuchter Schnitte nur selten diagnostiziert. Beim PTC fehlen beim Gefrierschnitt die pathognomonischen Kernveränderungen, nichtsdestotrotz kann vom erfahrenen Pathologen anhand morphologischer Surrogatmerkmale die Diagnose eines PTC häufig definitiv gestellt werden. Die Diagnose eines MTC kann in aller Regel nur nach immunhistochemischer Verifizierung sichergestellt werden, aber auch hier wird der erfahrene Diagnostiker in vielen Fällen intraoperativ, insbesondere in Verbindung mit präoperativ entsprechend erhöhten Kalzitoninwerten, eine korrekte Diagnose stellen.

Fazit für die Praxis 55Die Zusendung von Schilddrüsenoperationspräparaten an den Pathologen unter Gefrierschnittbedingungen ist anzustreben. 55Die Entscheidung zur Durchführung eines intraoperativen Gefrierschnitts wird vom Pathologen in Abhängigkeit vom makroskopischen Befund gefällt. 55Das Ziel dieser Vorgehensweise ist, bereits intraoperativ eine definitive Diagnose stellen zu können oder anderenfalls durch möglichst zeitnahe (spätestens nach 48 h) abschließende Diagnosestellung bei Vorliegen eines Malignoms einen ggf. notwendigen, dem Tumortyp angepassten Zweiteingriff innerhalb von 72 h durchführen zu können. 55Mit dieser Vorgehensweise werden lediglich wenige Ausnahmefälle (z. B. Durchführung zusätzlich notwendiger molekularpathologischer Untersuchungen, aufwendige Aufarbeitung des Operationspräparats bei präoperativ erhöhten Kalzitoninwer-

ten, Schilddrüsen bei MEN 2) nicht innerhalb der angestrebten Frist einer definitiven Diagnosestellung zugeführt werden können.

Korrespondenzadresse Univ.-Prof. Dr. K.W. Schmid Institut für Pathologie Universitätsklinikum Essen Universität Duisburg-Essen Hufelandstraße 55 45147 Essen [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  S. Synoracki, S. Ting, U. Siebolts, H. Dralle, O. Koperek und K.W. Schmid geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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[Intraoperative frozen sections of the thyroid gland].

The goal of evaluation of intraoperative frozen sections of the thyroid gland is to achieve a definitive diagnosis which determines the subsequent sur...
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