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Wie ich es mache
Intraoperative BERA und Adenotomie beim Kleinkind mit verzögerter Sprachentwicklung G. Rasp, V. Schilling
Einleitung _____________________________ Die Diagnostik des sprachentwicklungsverzdgerten Kleinkindes umfaft neben der hals-nasen-ohrenärztlichen Untersuchung und der Erhebung des Sprachstatus audiologische Prüfungen. Da bei Kindern i.jnter dreiJahren mangels Mitarbeit oft em Tonschwellenaudiogramm
oder eine ausreichend orientierende Screeninguntersuchung als Spielaudiograrnm unmog]ich, die PrOfung der
Verständlichkeit von Fluster- und Umgangssprache wegen der Sprachentwicklungsverzogerung erschwert 1st und auch die Impedanzaudiometrie nicht toleriert wird, ist eine Him-
Prof. Dr. E. Kastenhauer)
auch bei mehrnialigen Versuchen nicht zur Mitarbeit zu bewegen war. Daher cntschlossen wir uns zur DurchfOhrung eincr Adenotomie und Paukendrainage in Intubationsnarkose, kombiniert mit der intraoperativen Hirnstammaudiometrie (2). Tm Rahmcn der Operation wurden groIe adenoide Vegetationen entfernt. Die Ableitung der Hirnstammpotentiale, stimuliert direkt am Hammergriff beidseits, ergab eine Latenzverzögerung der Welle V nach Jewett, die cinet Schalleitungsschwerhörigkeit von 40 dB entsprach. Eine zweite Messung, die nach der Parazentese und Absaugen von reichlich zähem Schleim vorgenommen wurde, bewies, da sich die Latenz der Welle V normalisiert hatte (Abb. 1). Die Trommelfelle verheilten reizlos, das Kind begann, den Sprachentwicklungsriickstand schnell aufzuholen.
stammaudiometrie (BERA) indiziert (1). Sic wird beim Kleinkind in Sedierung durchgefiihrt, urn stdrende Muskelpotentiale auszuschalten. Nicht selten weist die BERA auf eine Schalleitungsschwerhdrigkeit VOfl Ca. 30—50 dB beidseits hin. Verursacht wird diese Schwerhörigkeit oft durch cine hyperplastische Rachenmandel mit Paukenergüssen, weswegen eine Adenotomie mit Paukendrainage in Intubationsnarkose erforderlich wird. Das Kind wird zunächst tief
sediert und muI sich ansch1ieIend eventuell noch einem Eingriff in Intubationsnarkose unterziehen, jeweils mit der Notwendigkeit der anasthesiologischen Uberwachung. Da die Risiken einer modernen kombinierten Intubationsnar-
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kose nicht höher als die einer tiefen Sedierung ohne künstliche Beatmung sind, entschlossen wir uns zur Kombination
von audiologischer Diagnostik und operativer Therapie. Die Indikation zur Adenotomie im Kleinkindesalter mul3 ohnehin oft ohne apparative Diagnostik gesteilt werden, well die Mitarbeit des Kindes nicht gewahrleistet 1st.
Fallbeschreibung
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Uns wurde em zweijiihriges Kind mit dcutlichcr
Sprachentwicklungsverzogerung dberwiesen. Auswärts wurde dcr Verdacht auf eine Schallempfindungsschwerhörigkeir erhoben. Bci dcr Untersuchung zeigte sich em körperlich normal entwickeltes Kind. Tm Spiegelbefund waren beide Trommelfelic transparenzgemindert, soweit sic bei dem nicht kooperativen Kind einsehbar Warca. Au1erdem war die Nasenatmung deutTich hehindert, was den
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Verdacht auf vergroerte adenoide Vegetationen nahelegte. Anamnestisch waren keine Hinweise auf rezidivicrende akute Mittelohrentziindungen zu erheben. Die audiologische Diagnostik, bestehend aus den Vcrsuchcn der Spielaudiometrie, der Sprachabstandsmes-
sung und der Tympanometrie, war nicht verwertbar, da das Kind
Laryngo-Rhino-Otol. 70 (1991) 452—453
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Abb. 1 Darstellung del abgeleiteten Kurven der intraoperativen BERA, gemessen jeweils am Hammergriff. Präoperativ zeigte sich in der oben aufgetragenen Kurve eine Latenzverzogerung der Welle V, die einer Schalleitungsschwerhorigkeit von 40 dB entspricht; nach Parazentese ist die Latenz normal, wie sich in der unteren Kurve zeigt.
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Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkranke dcr Ludwig-MaxnOIians-Universirlt München
Intraoperative BERA und Adenotomie beim Kleinkind
Laryngo-Rhino-Otol. 70 (1991) 453
Diskussion Diagnostik mit BERA
in Sedierung, der daraus abgeleiteten Diagnose ,,Paukener-
gas" und dem damit notwendigen Eingriff der Adenotomie mit Paukendrainage konnte dem Kind em zweiter F.ingriff erspart werden, indem Diagnostik und Therapic in einer Narkose zusammengefaft wurden. Zusätzlich weist die intraoperative Ableitung der BERA einen gegenuber der externen Untersuchung wesentlich verringerten Zeitbedarf auf, der sich für vier Messungen an beiden Ohren auf unter fünf Minuten MeIzeit belief. Dies ist also em Verfahren, mit dem sich innerhaib kurzer Zeit eine suffiziente Diagnostik und Therapie in einem Schritt bei einer der haufigsten kindlichen HNO-Erkrankungen durchführen 1äft.
1 Schorn, K., M. Stecker: ERA in der Padaudiologie. Laryng. Rhino!. 2
Otol. 67(1988) 78—83 von Scheel, J., G. Gerull, D. Mrowinski, J. Thorna: Auditory brain
stem response monitoring during middle ear surgery. Ann. Otol. Rhino!. Laryngol. 98 (1989) 605—610
Dr. Gerd Rasp K!inik und Poliklinik für HNO-Kranke der Ludwig-Maximilians-Universität MOnchen Klinikum GroIhadern MarchioninistraIe 15 W-8000 MOnchen 70
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Literatur