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Intramedulläre Tumoren - verlaufsbestimmende chirurgische Faktoren W E. Braunsdorf. G. Fritsch Neurochirurgische Universitätsklinik der Christfa n-Albrechts-Universität Kiel (Direktor Dr. H.·P. Jensen)

Der Fortschritt in der Chirurgie intramedullärer Geschwülste wird einerseits markiert durch die mikro chiru rgischen Radikaloperationen , andererseits durch die entscheidend verbes serte Diagnostik mit der Magnet-Resonan z-Tomogra phi e. Ein Krankengut von 84 Patienten konnte ausgewe rtet werden. Dabei konnten Vergleichs gruppen und ihr Verlauf überz. T. mehr als 20 Jahre beobachtet werden, wobei die Ergebnisse der makroskop ischen wie mikroskopis chen Ära neben den Gruppen palliative wie radikale Tumoroperationen miteinander ve rglichen we rden. Des we iteren wurde eine Subgruppe von Patienten ausgewertet, bei denen neben der Mikrochirurgie neue Techn ologien. wie Ultrascha llsauger und COz-Laser eingesetzt wurden. Intramedullary tumors-surgical factars det ermining the outc ome

The reeent advances in the surgery of intra medullary tumors are due to the strategy of a tota l rem oval by microsu rgical techniques and the ea rly diagnosis by MRT. 84 pati ent s with intra medullary tum ors with a lang-term follow-up up of mor e th an 20 yea rs were retr ospectively ana lysed so that subgroups e. g. macroscopic versus microscopic, palliative procedures versus whether or not new technology like the ultrasonic aspirator and the e O,-Lase r were used were included . Key-Words

Intramedullary tumors - MicrosurgeryMRJ

Neurochirurgie 33 (1990) 40-44 (Supplement I) © GeorgThieme Verlag Stuttgart · New York

In den letzten Jahren hat sich dank Einführun g der Magnet-Resonanz -Tomograp hie (MRT) ein grundlegender Fortsc hritt in der Diagno stik intramedullärer Geschwülste ergeben. Gleichzeitig ist unabhän gig von der histologischen Dignität ein Fortschritt in der chirurgischen Behan dlung dank der in den 70er Jahren einge führte n Mikrochirurgie zu verzeichnen zusammen mit der Strategie einer möglichst radikalen Tumorentfernung. Neuere Techniken wie VItraschallsauger und Laser markieren eine zusätzliche Bereicherung im therapeutischen Armentarium und sind, wie unsere weiter u.a. Ergebnisse jedoch zeigen, nicht alleine der Schlüssel zum Erfolg. Intramedulläre Tumoren nach verschiedenen Studien zwischen 2,4 und 13% aller spina len Tumor en (12, 14, 15, 16) stellen seit Einfü hrung der in den westlichen Ländern nun nahezu überall verfügbaren MRT weniger ein diagnostisches Problem dar, als vielmehr ein chirurgisches, wobei neben der Lokalisation die Ausdehnung des Prozesses als auch die Histologie entscheidend werden. Daneben ist der Vergleich einer größeren Patientenpopulation über viele Jahre problematisch, da ganz unterschiedliche diagnostische wie therapeutische Strategien in den unterschiedlichen Zeiten nicht ohne Probleme miteinander verglichen werden können. Wir hatten die Mögli chkeit , verschiedene Patientengruppen z. T. über den Zeitra um von meh r als 20 J ahren zu vergleiche n, wobe i die verschiedenen therapeutischen Ansätze makroskopisch zu mikroskop ischer Operationstechnik , palliative OP mit Biopsien gegenüber der Radikaloperation, Einsatz von VItraschallsauger und Laser angewandt worden waren. Material und Methodik Es handelt sich um 84 Patien ten mit intrame dullären Tumore n. von den en 26 makroskop isch und 24 mikroskopisc h operiert wurden. 14 Patienten mit Ependymom des Filum terminale sin d hier nicht mit einbezogen (vergl. Tab. 2 und 3). Von diesen 70 Patienten mit intrame dullären Tumoren wu rden 14 in der Zeit bis 19 71 behandelt. Bei gleiche r Geschlechts - und Altersve rteilung bis zum 60 . Lebensjahr hat der Ante il jüngerer Patienten in de n letzten 10 Jahren zugenomme n. In allen Fällen bis Ende der BOer Jahre wa r eine Myelogr aphi e vorge nomme n worde n, eine CT in einem Drittel der Fälle. Die MRT stellt se it Mitte der 80er Jahre die entscheiden de diagnost isc he Maßnahme dar und wurde in allen Fällen se itdem durchgeführt (18 Fälle). Bei dem Verdacht auf e in Angioblastom wurde in 13 Fällen angiographiert .

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Einleitung Zusammenfassung

Neurochirurgia 33 (1990)

!ntramedulläre Tumoren- oerlaufsbestimmetuie chirurgische Faktoren

In den frühe re n J ah ren bis Anfan g der 70er Jahre bes ta nd das chirurgisch e Vorge he n in einer Laminektomi e mit Duraö ffnung , ggfs. klein e Myelotomie und Biopsie, die Dura wurde offen gelass en oder später auch mittels eines Lyodura-Patches erw eitert. Seit Einführu ng der Mikrochirurgie und insbesond ere der MRT veränderten wir unsere operative Strategie: Nach entsprechender röntgenologischer Marki erung erfolgte die Laminektomie über die gesa mte Ausdehnung des Tumors. Nach der DuraeröfTnung erfolgt in de r Regel eine media ne Myelotomi e - in manchen Fällen bess er param edian üb er dem Anteil des Myelons , welches ausgedünnt erscheint - mittels eines extrascharfen Messers, wobe i Nachinzision vermieden werden sollten. In 8 Fällen erfolgte die Myelotom ie mit eine m fokusiert en gepulsten Ca 2-Lase r. Vor Aufsuchen der Tumo rgrenzs chicht wurde der Tumor in der sogena nnten peac e-rneal-Technik verkleinert, dies auch unter Verwendung des Ultraschallsaugers und dann mittels metikulöser scharfer Dissektion der Tum or mit seiner Grenzschicht zum Myelon dar gestellt, separiert und total exstirpiert. Aus dem Spina lis-Anterior System kommende Zuflüsse sind unmi ttelbar am Tumoreintritt bipolar zu versorgen. Die Hämostase des Tumorbett es erfolgt möglichst ohne häufige bipola re Koagulation , besser mit wa rmer Kochsalz-getränkter a P-Watte oder Thro mbin-getränkter aP-Watte. Auf die Naht der weichen Häute sollte verzichtet werden, um eine ungestörte Liquorzirkulation zu ermöglichen. Solide Spongioblastome , Ependymome, z.T. mit crania l oder kaudal dazugelegen en Syringo myelie-ä hnliche n Zysten lassen sich ebenso wie Angioblasto me total entfern en (1 , 4 , 8, 11, 14). Die Dura sollte stets verschlossen we rden, in der Regel mit einer plastischen Erweiteru ng mitt els eines Lyodu ra-Patches . Die Duranaht wird durch Auftragen von einigen Tropfen Fibrinkleber gesichert. Eine Irradiatio war in nur 4 Fällen vorgenommen wo rden bei vorheriger palliativer Operation. Das folgende Graduierungsschema wurde angewandt, um die postoperativen klinischen Änderungen zu erfasse n (vergL Tab . 1). Ergebnisse Bei den 84 ausgewählten Patient en sta nden pr äo perativ drei große Syndromgrup pen im Vordergrund, die z. T. in Kombination auftraten : In 37 Fällen Schme rzen in den verschiedenen Abschnitten der Wirbelsäu le, progressive Gangstöru ngen in 39 Fällen, Lähmungserscheinungen im Sinne von Para- bzw . Tetrap a resen in 39 Fällen . Die Lokalisatio n der Tumoren verteilt sich nicht signifikant auf alle Wirbelsa ulenab schnitt e, 7 am kr ani o-zervikalen Überga ng, 17 wa re n zervikal, 13 ze rviko-thorakal, 12 thor akal, 13tho ra ko-lum bai un d 9 lumbal lokalisier t, in 14 Fällen hand elt es sich um Ependymome des Filum terminale (vgl. Tab . 2). Histopathologisch handelt es sich bei den 62 Gliomen um 36 Epen dymome, 16 Spongioblastome, 8 unklassifizierb are Gliome , 3 Astrozytome und 6 Angioblastome, welche nah ezu 90 % a us mac hen (vgl. Ta b. 3). Von 44 mikrochirurgisch operierten Pati enten erfo lgte in 7 Fällen die Anwend ung des Ultra scha llsaugers , in 8 die des Ca 2 -Lase rs, bei 18 Patient en war präoperativ die Diagno se mitt els MRT erfolgt (vgl. Tab. 4). Patienten mit palliativen operativen Eingriffen, wie Dekom-

Tab.l I = ohneneurologische Ausfälle' = Leichte Paresen Blasen/Darmentleerungsstörungen selbständiges Gehenmöglich 11 1= deutliche Para- bzw. Tetraparese Gehen erschwert, möglich mitStütze 11

IV = auf Rollstuhl und fremde Hilfe angewiesen keinfreiesGehenmehr möglich mittelgradiger Querschnitt

V= kompletter Querschnitt inAnlehnung an(13)

Tab.2

Lokalisation intramedullärer Tumoren (N = 84)

7

Kraniozervi kaler Übergang Zervikal Zervtkothorakaler Übe rgang Thorakal Thorakolumbaler Übergang Lumbal

17 13 12 13

FilumTerminale Ependymome

14

Tab.3

9

Histopathologie intramedullärer Tumoren (N = 84)

Ependymome Ependymome des Filum Terminale Astrozytome Spongioblestome Gliome (nicht näherklassifiziert) Angioblastome Intramedulläres Melanom u. Metastasen Mißbildungstumoren NeuronaleTumoren Sarkom Neu roblastom

25 14 3 16 8 6 3 4 3 I 1

Tab.4 Operative Technik

Mikrochirurgie N = 44

Mikrochi rurgie mitUltraschallsauger Mikrochi ru rgiemit CO 2-Laser Mikroch irurgie nachvorhe riger MRI·Untersuchung

7 8 18

pression, Myelotomie, Biopsie, partielle Exstirpation und Durapl astik (vgl. Fig. 2) zeigen, gemessen an den Erge bnissen mit Totalexstirpation (Fig. 3), unb efriedigende Erge bnisse. Entsc heidend ist bei dieser Gegenübe rste llung der nu r temp orär e Effekt mit hoher Frü h- und Spätletalität von 10 Fällen mit subtotalem Eingriffund im einzigen Fall in der mikrochirurgischen Gruppe mit Radikaloperation . Der Vergleich von ma kro - und mikrochirurgischem Vorgehen (vgl. Fig.1 und 4) unt er str eicht die entscheidende Verä nderu ng zwischen den operativen Strategien. Im we sentlichen betrifft es Krank e mit den Schä digungsgra den 1II und IV uns erer Ta belle (vgl. Tab . 1). Die Ver besserungen wa ren besonders eindru cksvoll bei Patienten mit zerv ikal lokalisierten Tumoren. Von 9 Patienten mit intramedullären Geschwülsten höherer zervikaler Segmente mit radikaler Tumorope ration verstarb ein Patient. Trotzdem soll nicht die Anzahl von Verschlechterungen und der früh en und späten Todesralle überseh en werde n, welche in der globalen Darstellung (vgl. Ta b. 5) doch eindrucksvoll die schicksa lha fte Dimen-

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Chirurgische Te chnik

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W E. Braunsdarf. G. Fritsch

Neurochirurgia 33 (1990 )

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