© Klaus Rüschhoff, Springer Medizin

Nervenarzt 2014 · 85:1021–1032 DOI 10.1007/s00115-013-3849-x Online publiziert: 30. Juli 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

3 Punkte sammeln auf...

springermedizin.de/ eAkademie Teilnahmemöglichkeiten Diese Fortbildungseinheit steht Ihnen als e.CME und e.Tutorial in der Springer Medizin e.Akademie zur Verfügung. – e.CME: kostenfreie Teilnahme im Rahmen des jeweiligen Zeitschriftenabonnements – e.Tutorial: Teilnahme im Rahmen des e.Med-Abonnements

CME Zertifizierte Fortbildung H. Urbach Klinik für Neuroradiologie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg

Zertifizierung Diese Fortbildungseinheit ist mit 3 CMEPunkten zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen und der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung und damit auch für andere Ärztekammern anerkennungsfähig.

Liquorunterdruck

Hinweis für Leser aus Österreich

In dieser Übersichtsarbeit werden die klinischen Präsentationen, die bildgebenden Befunde sowie das diagnostische und therapeutische Vorgehen bei verschiedenen Liquorunterdruckformen dargestellt. Das Liquorunterdrucksyndrom entsteht spontan, nach Lumbalpunktion, Trauma mit Liquorfistel, ungewollter Duraeröffnung oder übermäßiger Liquordrainage bei oder nach intrakraniellen oder spinalen Operationen sowie nach Hydrozephalusshunts mit überdrainierenden Ventilen. Das Leitsymptom – orthostatischer Kopfschmerz – kann selten durch atypische Befunde wie u. a. Koma, frontotemporale Demenz, leptomeningeale hämosideroseassoziierte Symptome maskiert werden. Kranielle und spinale MRT-Befunde sind nicht immer eindeutig, das diagnostische Vorgehen und die Suche nach einem „aktiven“ Liquorleck (keine Suche, CT-Myelographie, digitale Subtraktionsmyelographie, MR-Myelographie mit Gadolinium) werden kontrovers diskutiert. Ebenso ist das therapeutische Vorgehen (konservativ, blinder, Durchleuchtungs- oder CT-gesteuerter Blutpatch, CT-gesteuerte Fibrininjektion, Operation) uneinheitlich.

Gemäß dem Diplom-Fortbildungs-Programm (DFP) der Österreichischen Ärztekammer werden die in der e.Akademie erworbenen CME-Punkte hierfür 1:1 als fachspezifische Fortbildung anerkannt.

Kontakt und weitere Informationen Springer­Verlag GmbH Springer Medizin Kundenservice Tel. 0800 77 80 777 E-Mail: [email protected]

Zusammenfassung

Schlüsselwörter

Liquorunterdruck · Spontane intrakranielle Hypotension · Orthostatischer Kopfschmerz · Epiduraler Blutpatch · Digitale Subtraktionsmyelographie

Der Nervenarzt 8 · 2014

| 1021

CME

Lernziele Nach der Lektüre dieses Beitrags kennen Sie… F die typischen und atypischen klinischen Manifestationen verschiedener Liquorunterdruckformen, F die kraniellen und spinalen magnetresonanztomographischen (MRT-)Zeichen der (spontanen) intrakraniellen Hypotension, F die verschiedenen Modalitäten, mit der aktive Liquorlecks gesucht werden, F das diagnostische und therapeutische Vorgehen bei (spontaner) intrakranieller Hypotension.

Hintergrund Der menschliche Schädel ist ein starrer Behälter mit drei wesentlichen Kompartimenten: F Gehirn- und Nervengewebe (ca. 85%), F Liquor (ca. 10%) und F Blut (3–11% je nach Vasodilatation).

Bei Liquorverlust kommt es zu einer Vasodilatation mit ­Erweiterung der Hirnvenen und Zug auf die ­Hirnnerven III, IV, VI und VIII

Um den intrakraniellen Druck konstant zu halten und damit einen ausreichenden zerebralen Perfusionsdruck zu gewährleisten, versucht der Körper, die Volumenabnahme eines Kompartiments durch eine Volumenzunahme der anderen Kompartimente auszugleichen ( Monro-Kellie-Doktrin). Die klinischen Auswirkungen hängen u. a. davon ab, mit welcher Geschwindigkeit der Volumenverlust erfolgt. Wenn das Gehirnvolumen z. B. mit zunehmendem Alter langsam abnimmt, werden die Liquorräume entsprechend weiter. Wenn Liquor langsam „verloren“ wird, nimmt das zerebrale Blutvolumen vor allem auf der venösen Seite zu, weil die Venen leichter als die Arterien dilatieren können. Wird Liquor schnell und in großem Ausmaß „verloren“, kann das Gehirn durch die Incisura tentorii in die hintere Schädelgrube oder durch das Foramen magnum nach spinal „sacken“. Sowohl die klinischen Symptome der intrakraniellen Hypotension bzw. des Liquorunterdrucks als auch die bildgebenden Befunde variieren. Ebenso werden invasive Diagnostik und Therapie kontrovers diskutiert.

Spontane intrakranielle Hypotension Das klinische Syndrom wurde erstmals 1938 von dem Würzburger Neurologen Georg Schaltenbrand beschrieben und als  Hypoliquorrhö bezeichnet [1]. Seit Mitte der 1990er Jahre erfährt es vermehrte Beachtung. Es wurden wiederholt Diagnosekriterien erstellt, zuletzt in 2013 vom Headache ­Classification Committee der International Headache Society [2, 3, 4, 5, 6, 7].

Intracranial hypotension Summary

In this review article the clinical manifestations, imaging findings, diagnostic and therapeutic approaches for intracranial hypotension are described. The typical manifestation, orthostatic headache, may sometimes be masked by atypical manifestations including coma, frontotemporal dementia and symptoms associated with leptomeningeal hemosiderosis. Spinal and cranial ­magnetic ­resonance ­imaging (MRI) findings are not always unequivocal and the diagnostic and therapeutic ­approaches are controversially discussed: Searching for the underlying spinal leak(s) of cerebral spinal fluid (CSF) is considered to be unnecessary or done with different modalities, such as computed tomography (CT) myelography, gadolinium-enhanced myelography and digital subtraction myelo­ graphy. ­Various treatment approaches including conservative therapy, blind, fluoroscopy-guided and CT-guided ­epidural blood patches, CT-guided fibrin injection and surgery exist.

Keywords

Intracranial hypotension · Spontaneous intracranial hypotension · Orthostatic headache · Epidural blood patch · Digital subtraction myelography

1022 | 

Der Nervenarzt 8 · 2014

CME

Abb. 1 8 Nach Ablassen chronischer Subduralhämatome über Hohlschrauben wird ein 57-jähriger Mann nicht adäquat wach. Das daraufhin angefertigte CT zeigt größenregrediente Subduralhämatome und symmetrische hypodense Areale in den Stammganglien beidseits (a, b). Ein am Folgetag angefertigtes MRT (c 5 mm dicke axiale FLAIRTSE-Schicht) zeigt deutlich, dass v. a. die Thalami und in einem geringeren Ausmaß die Linsenkerne betroffen sind. Dieses Muster erinnert an ein Stauungsödem bei tiefer Hirnvenenthrombose, die inneren Hirnvenen sind jedoch ausweislich der MR-Angiographie (nicht gezeigt) nicht verschlossen

Inzidenz Die Inzidenz der spontanen intrakraniellen Hypotension (SIH) beträgt ca. 5/100.000 Patienten und Jahr [5, 8, 9]. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer, das mittlere Erkrankungsalter beträgt 40 Jahre. Kinder können betroffen sein [10].

Die Inzidenz der SIH beträgt ca. 5/100.000 Patienten

Klinische Präsentation Leitsymptom ist der orthostatische Kopfschmerz, der in den meisten Fällen innerhalb von 15 min nach dem Aufrichten auftritt. Gelegentlich beträgt das Intervall bis zu mehrere Stunden. Nach dem Hinlegen bessert sich der Kopfschmerz im Allgemeinen nach 15–30 min. Der Kopfschmerz ist in der Regel diffus oder frontal, temporal bzw. – am häufigsten – okzipital betont verteilt [8]. Neben dem orthostatischen Kopfschmerz bestehen häufig  Nackensteife und  subjektive Hörstörungen [7]. Andere Kopfschmerztypen (nicht lageabhängiger Kopfschmerz, „thunderclap headache“, Kopfschmerz bei Anstrengung, Kopfschmerz bei Husten, Kopfschmerz in der 2. Hälfte des Tages, Kopfschmerz, der sich bei Hinlegen verschlechtert) oder fehlender Kopfschmerz kommen vor [5]. Als Folge des Sacken des Gehirns und des Zuges auf Nerven und Gefäße resultieren folgende mögliche Veränderungen: F Hirnnervenlähmungen; F Brückenvenen- und Sinusthrombose; F Koma: Bei schnellem und übermäßigem Liquorverlust sackt das Gehirn in die hintere Schädelgrube, hierdurch wird auch die V. Galeni gestreckt und der Winkel, den diese zum Sinus rectus bildet, verkleinert. Ein in Thalami und Stammganglien vorhandenes vasogenes Ödem wird als Folge des behinderten venösen Abstroms interpretiert (. Abb. 1; [11]). Es tritt nach Operationen mit großem Liquorverlust, aber auch spontan auf [11, 12]; F Tetraplegie und Kleinhirnblutungen; F Parkinson-Syndrom, Ataxie, Bulbärparalyse; F lageabhängiger Tremor; F Chorea; F einseitiger Hörverlust, der zum einen durch Zug am N. vestibulocochlearis, zum anderen durch Volumenverschiebung zwischen Perilymphe und Endolymphe in der Cochlea bei offenen Aquaeductus cochleae entstehen kann;

Leitsymptom ist der orthostatische Kopfschmerz

Das Leitsymptom kann durch viele atypische Manifestationen maskiert werden

Der Nervenarzt 8 · 2014 

| 1023

CME F leptomeningeale Hämosiderose (. Abb. 4): Die Ursache einer leptomeningealen Hämo­ siderose bleibt in etwa der Hälfte der Fälle unklar. Duraektasien finden sich in 35%, (spinale) Tumoren (myxopapilläres Ependymom, Oligodendrogliom, Astrozytom) in 10% und Gefäßfehlbildungen (arteriovenöse Malformationen, Kavernom, Aneurysma) in 5% der Fälle [13, 14]; F frontotemporale Demenz [15, 16]; F reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom; F Galaktorrhö; F nichtkonvulsiver Status epilepticus; F Radikulopathie, Myelopathie; F Bandscheibenvorfall, degenerative Wirbelsäulenveränderungen (z. B. Osteophyten).

Ätiologie In der Mehrzahl der Fälle ­liegen ­Liquorlecks an den ­Wurzeltaschen der zervikalen oder (oberen) ­throrakalen Spinalnerven vor

Liquorlecks im Bereich der Schädel­ basis führen nicht zur SIH

Es herrscht Übereinstimmung darüber, dass die Mehrzahl, wenn nicht alle Fälle einer SIH durch ­Liquorlecks verursacht werden. Diese Liquorlecks liegen in der Mehrzahl der Fälle an den Wurzel­ taschen der zervikalen oder (oberen) throrakalen Spinalnerven, wobei es in der Regel unklar bleibt, ob es ein oder mehrere Lecks gibt. Die genaue Ursache für das Auftreten der Liquorlecks ist nicht bekannt. Das häufige Auftreten nach inadäquaten Traumen (sportliche Aktivität, geringe Stürze, heftiges Husten oder Niesen etc.), eine höhere Prävalenz bei schlanken Frauen, bei Personen mit Divertikeln der Nervenwurzeltaschen sowie mit Bindegewebserkrankungen (Marfan-Syndrom, EhlersDanlos-Syndrom, autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung) sprechen für eine Bindegewebsschwäche der Dura. Umstritten ist die These, dass das Liquorleck als Folge einer Hypotension im Epiduralraum auftritt: Ein geringer zentraler Venendruck sowie Druck in den epiduralen Venen führt zur verstärkten Aspiration des in den Nervenwurzeltaschen resorbierten Liquors, sodass Nervenwurzeltaschen v. a. im Bereich bestehender Duradivertikel einreißen [9]. Interessanterweise führen Liquorlecks im Bereich der Schädelbasis nicht zur SIH [17].

Magnetresonanztomographie Das kranielle MRT zeigt die ­Folgen des Liquorverlusts mit Erweite­ rung der Venen, Sacken des ­Gehirns und Veränderungen des ­Hirnparenchyms

Kranielle MRT-Befunde sind F das kaudale Sacken des Gehirns (72%; . Abb. 2a), F „Langziehen“ des Mesenzephalons (. Abb. 2c), F Tonsillentieftstand (72%; . Abb. 2b), F verdickte pachymeningeale Kontrastmittelaufnahme (83%; . Abb. 2d), F Erweiterung der Hirnvenen und Sinus durae matris – hierbei ist die Unterseite des dominanten Sinus transversus im sagittalen T2-gewichteten Bild konvex begrenzt (93%; . Abb. 2e), F Vergrößerung der Hypophyse (67%; . Abb. 2f), F subdurale Flüssigkeitsansammlungen (72%; . Abb. 2b) und F nicht bzw. kaum sichtbare Optikusscheiden [5, 18].

Die pachymeningeale Kontrast­ mittelaufnahme wird durch ­erweiterte, dünnwandige, ­subdurale Blutgefäße verursacht

Die pachymeningeale Kontrastmittelaufnahme ist regelmäßig, nicht knötchenförmig, supra- und infratentoriell und wird durch erweiterte, dünnwandige, subdurale Blutgefäße verursacht [8]. Subdurale Flüssigkeitsansammlungen werden häufig nicht nur über den Großhirnhemisphären, sondern auch unter dem Tentorium cerebelli gefunden und haben häufig keinen wesentlichen raumfordernden Effekt. Nach Bohrlochtrepanation kann eine unerwartete klinische Verschlechterung auftreten. Sind die subduralen Ergüsse größer, kann es durch Strecken der Brückenvenen zu Einblutungen im Sinne chronischer Subduralhämatome kommen. Die Messung 1) des  pontomesenzephalen Winkels, der bei Gesunden 65±9,9° beträgt und bei intrakranieller Hypotension auf 41,2±17,4° abfällt, sowie 2) der  mamillopontinen Distanz (Gesunde 7±1,3 mm, intrakranielle Hypotension 4,4±1,8 mm) soll die diagnostische Genauigkeit erhöhen (. Abb. 2a; [19]). Festzustellen bleibt jedoch, dass bei 20–30% der Patienten mit SIH ein normales kranielles MRT vorliegt [8]. Spinale MRT-Befunde sind: F Erweiterung („gorging“) der epiduralen Venen (78%),

1024 | 

Der Nervenarzt 8 · 2014

CME

Abb. 2 8 Kranielle MRT-Befunde bei (spontaner) intrakranieller Hypotension. Sagittales T2-gewichtetes TSE-Bild a mit verkürzter mamillopontiner Distanz (Pfeil), verkleinertem pontomesenzephalem Winkel (Winkel zwischen den gestrichelten Linien), b subduralen Ergüssen (Pfeile), Tonsillentiefstand (Blockpfeile), c „Langziehen“ des Mesezephalon (Linie), d verdickter pachymeningealer Kontrastmittelanreicherung (Pfeile), e Erweiterung des Sinus transversus mit konvexer Kontur an der Unterseite (Pfeil), f kräftiger Hypophyse (Pfeil)

F epidurale Flüssigkeitsansammlungen (89%; . Abb. 3a, c, d) und F abnorme Sichtbarkeit einer Nervenwurzeltasche (gelegentlich; [18]). Das C1/C2-Zeichen (Flüssigkeit zwischen den Dornfortsätzen von C1 und C2) findet sich bei 33– 67% der Patienten, ist jedoch nicht der Ort des Liquorlecks („falsch lokalisierendes C1/C2-Zeichen“; [20]).  Meningeale Divertikel der Nervenwurzeltaschen finden sich bei Patienten mit SIH (68%, mittlere Anzahl 6) häufiger als bei Gesunden (44%, mittlere Anzahl 2; [21]). Die auf klinischer Präsentation, Bildgebung und Liquordruckmessungen beruhenden Diagnosekriterien wurden in den letzten Jahren mehrfach modifiziert [4, 5, 6, 7]. Diagnostisches Leitkriterium ist der orthostatische Kopfschmerz bei fehlender Lumbalpunktion innerhalb des letzten Monats. Der Liquoreröffnungsdruck sollte 60 mmH2O oder weniger betragen. Zu beachten ist, dass er auch von der Lage des Patienten abhängt und in Bauchlage etwa 30 mm höher als in Seitenlage ist [22]. Eine Lumbalpunktion zur Messung des Liquoreröffnungsdrucks wird bei vorhandenen kraniellen MRT-Befunden einer intrakraniellen Hypotension als nicht notwendig angesehen [7]. Der Nachweis typischer MRT-Befunde ist ein weiteres Diagnosekriterium. Ob und wie der Nachweis eines „aktiven“ Liquorlecks erfolgen sollte, ist jedoch umstritten, vor allem weil unklar ist, ob alle Patienten ein „aktives“ Liquorleck haben [7]. Die „anhaltende Besserung nach epiduralem Blutpatch“ ist

Das C1/C2-Zeichen findet sich bei 33–67% der Patienten, ist jedoch nicht der Ort des Liquorlecks

Eine Lumbalpunktion zur ­Messung des Liquoreröffnungsdrucks wird bei vorhandenen kraniellen MRTBefunden als nicht notwendig ­angesehen Der Nervenarzt 8 · 2014 

| 1025

CME

Abb. 3 8 Spinale MRT-Befunde bei (spontaner) intrakranieller Hypotension. Gute Erkennbarkeit der Dura mater auf T2-gewichteten Aufnahmen und Nachweis von Flüssigkeit im Epiduralraum (a, c). Besonders hilfreich sind 3-D-T2gewichtete Aufnahmen mit isotropen Voxel, sodass die epidurale, den Duraschlauch vor allem ventral umfassende Flüssigkeitsansammlung herausgearbeitet werden kann (c, dBlockpfeile). Im dorsalen Epiduralraum fällt es oft schwer, epidurale Flüssigkeit und Fettgewebe voneinander zu trennen (a, b, c). Die T1-gewichteten fettunterdrückten TSE-Aufnahmen 3 h nach intrathekaler Gabe von 0,5 ml Gadolinium (e, f) belegen den Austritt von Gadolinium in den Epiduralraum, ohne dass die Leckagestelle bestimmt und entschieden werden kann, ob es eine oder mehrere Leckagestellen gibt. Die Behandlung erfolgte bei dieser 36-jährigen Frau mit über Wochen anhaltenden Kopfschmerzen nach Periduralanästhesie mittels eines Durchleuchtungsgesteuerten epiduralen Blutpatches

in der jüngsten ICHD-3-Klassifikation nicht mehr Diagnosekriterium. Es wird erwähnt, dass eine gewisse, über Tage anhaltende Besserung vorhanden sein sollte und evtl. mehrere Blutpatches notwendig sind [7].

Bildgebende Verfahren zum Nachweis eines „aktiven“ Liquorlecks CT-Myelographie

Die computertomographische (CT-)Myelographie wurde lange Zeit als Goldstandard für den Nachweis eines Liquorlecks angesehen [5]. Um sog. schnelle Liquorlecks zu entdecken, wurde zusätzlich die dynamische CT-Myelographie entwickelt.

Der Patient wird in ­Kopftieflage ­gebracht und die Passage des ­Kontrastmittels bis in den ­zervikalen ­Spinalkanal verfolgt

Unmittelbar nach Injektion des ­Kontrastmittels beginnt die ­spiralförmige Datenakquisition

1026 | 

Der Nervenarzt 8 · 2014

Konventionelle CT-Myelographie.  Eine Lumbalpunktionskanüle wird unter Durchleuchtungskontrolle platziert, und es werden bis zu 15 ml eines jodhaltigen, myelographischen Kontrastmittels in den Duraschlauch injiziert. Der Patient wird in Kopftieflage gebracht und die Passage des Kontrastmittels bis in den zervikalen Spinalkanal verfolgt. Der Patient wird anschließend im CT untersucht, wobei eine spiralförmige Datenakquisition von der Schädelbasis bis zum Os sacrum erfolgt (. Abb. 4c, . Abb. 5a, c). Dynamische CT-Myelographie.  Eine Lumbalpunktionskanüle wird entweder unter Durchleuchtungskontrolle platziert und der Patient dann ins CT transportiert oder die Lumbalpunktionskanüle wird im CT platziert. Das jodhaltige, myelographische Kontrastmittel wird injiziert und die spiralförmige Datenakquisition unmittelbar begonnen [23]. Weil u. U. mehrfache CT-Akquisitionen (schnelle und langsame Liquorlecks) notwendig sind, ist diese Technik mit einer erhöhten Strahlendosis verbunden. Ein weiterer Nachteil ist, dass der CT-Tisch nicht gekippt werden kann.

CME Digitale Subtraktionsmyelographie

Die konventionelle Myelographie hat keine ausreichende Kontrastauflösung, um aus dem Subarachnoidalraum austretendes Kontrastmittel zu erkennen. Umgekehrt ist der zeitliche Abstand zwischen Kontrastmittelinjektion und CT-Datenakquisition zu groß, um den oder die Leckagestellen zu detektieren. Bei der digitalen Subtraktionsmyelographie werden daher das Kontrastmittel unter Durchleuchtung intrathekal injiziert und subtrahierte Aufnahmen mit z. B. 3 Bildern/s akquiriert, um  schnelle Liquorlecks zu erkennen [24]. Bei der Radionuklidzisternographie wird 99mTechnetium-DTPA (Diethylen-Triamin-Pentaessigsäure) intrathekal injiziert. Neben dem Nachweis eines oder mehrerer Liquorlecks resultieren eine geringe Tracer-Aktivität über den Großhirnhemisphären und ein frühzeitiges Auftreten von Tracer-Aktivität in der Harnblase. MR-Myelographie mit intrathekaler Gadoliniuminjektion.  Eine Lumbalpunktionskanüle wird unter Durchleuchtungskontrolle platziert, und es werden 0,5 ml Gadolinium gemischt mit 10 ml NaCl intrathekal injiziert. Etwa nach 1–3 h, in denen der Patient in Kopftieflage gelagert wurde, werden T1-gewichtete, fettunterdrückte Aufnahmen der gesamten Wirbelsäule in 3 orthogonalen Ebenen akquiriert ([25], . Abb. 5b, e, f). Jedes bildgebende Verfahren zum Nachweis eines „aktiven“ Liquorlecks hat Vor- und Nachteile: Die CT-Myelographie, v. a. bei mehrfachen Akquisitionen, ist mit einer hohen Strahlenbelastung ((10 mSv) verbunden. Die digitale Subtraktionsmyelographie lokalisiert sog. schnelle Liquorlecks, die häufig durch ventral des thorakalen Rückenmarks gelegene Durarisse verursacht werden [24]. Tritt der Liquor später aus, wird das Liquorleck zumindest auf der anschließend angefertigten CT-Myelographie detektiert. Von Nachteil ist die Anfälligkeit der Subtraktionstechnik für Bewegungen, insbesonders wenn der Patient in Bauchlage gelagert ist und über etwa 20–30 s nicht atmen soll [24]. Hauptnachteil der Radionuklidzisternographie ist die niedrige räumliche Auflösung. Aufgrund der gegenüber CT- und MR-Myelographie niedrigeren Sensitvität wird sie nicht mehr als Diagnoseverfahren empfohlen [7]. Die MR-Myelographie mit intrathekaler Gadoliniuminjektion ist mit etwa 89% der sensitivste Test, um Liquorlecks erkennen [25]. Allerdings ist die intrathekale Gadoliniumgabe „off-label use“. Ob überhaupt eine Lumbalpunktion durchgeführt werden sollte und sich die klinische Symptomatik damit nicht verschlechtert, ist umstritten [7].

Bei der ­Radionuklidzisternographie wird 99mTechnetium-DTPA ­intrathekal injiziert

Die CT-Myelographie ist mit einer hohen Strahlenbelastung (10 mSv) verbunden

Die Subtraktionstechnik ist anfällig für Bewegungen

Die MR-Myelographie mit intrathe­ kaler Gadoliniuminjektion ist mit etwa 89% der sensitivste Test, um ­Liquorlecks erkennen

Behandlung Konservative Maßnahmen.  Bettruhe, Hydrierung, intravenöse oder orale Gabe von Koffein (3×200 mg/Tag bis 4×300 mg/Tag) bzw. die orale Einnahme von Theophyllin (3×350 mg/Tag) führen häufig zu einer Linderung des Kopfschmerzes, sind aber teilweise nur kurze Zeit wirksam. Epiduraler Blutpatch, epiduraler Fibrinpatch.  Es soll eine  epidurale Tamponade durch das gerinnende Blut erzeugt und damit der Austritt von Liquor aus vorhandenen Liquorlecks verhindert werden. Das Blut wird lumbal entweder ohne (blinder Blutpatch) oder unter Durchleuchtungskontrolle injiziert (. Abb. 5d). Ohne Durchleuchtungskontrolle bleibt es unklar, ob das epidural injizierte Blut die Stelle(n) der(s) Liquorlecks erreicht. In vielen Fällen läuft das Blut nur etwa 4 bis 6 Segmente nach kranial. Verteilt sich das epidurale Blut nicht, kann es lokal auf den Duralschlauch drücken und sogar Blasen- und Mastdarmlähmungen hervorrufen. Wir beobachten daher die Blutverteilung unter Durchleuchtung, indem wir alternierend Eigenblut und Kontrastmittel injizieren und u. U. in mehreren Höhen den Epiduralraum punktieren. Erst dann, wenn das Kontrastmittel frei im Epiduralraum nach kranial abfließt, werden bis zu 50 ml Blut injiziert. Das durchschnittliche injizierte Volumen beträgt 30 ml, bis zu 100 ml wurden in einzelnen Fällen injiziert [5]. Während der Injektion berichtet etwa die Hälfte der Patienten über  zunehmenden Kopfdruck, was als Zeichen der Druckerhöhung im Spinalkanal und Schädel gewertet wird. Sogar eine überschießende Druckerhöhung und das Entstehen einer intrakraniellen Hypertension nach epiduralem Blutpatch wurde beschrieben [26]. Ist das Liquorleck aufgrund der Bildgebung gut lokalisierbar, können Blut (ca. 15 ml) oder Fibrinkleber CT-gesteuert injiziert werden (. Abb. 4d, e). Hilfreich ist, wenn die Injektionen im Anschluss an die diagnostische CT-Myelographie vorgenommen werden und dadurch der Subarachnoidalraum gut kontrastiert ist [27].

Ist das Liquorleck aufgrund der Bild­ gebung gut lokalisierbar, können Blut oder Fibrinkleber CT-gesteuert injiziert werden Der Nervenarzt 8 · 2014 

| 1027

CME

Abb. 4 8 Leptomeningeale Hämosiderose und in Höhe der oberen Brustwirbelsäule gelegene ventrale ­epidurale Durataschen (Pfeile; a sagittales und b axiales T2-gewichtetes TSE-Bild, c axiales Myelo-CT). d, e Der Versuch, durch alternierende CT-gesteuerte Fibrininjektionen den Austritt in die Durataschen zu verkleben, war nicht erfolgreich und führte nicht zum Stillstand der Erkrankung

Bei entsprechenden MRT-­Befunden erfolgen zunächst konservative Maßnahmen für bis zu 2 Wochen

Operation.  Operative Maßnahmen sind die  Ligation von Nervenwurzeldivertikeln mit Naht oder Aneurysmaclips, die Naht von Duraeinrissen oder das Packen des Epiduralraums mit Gelfoam® oder Fibrinkleber. Wird nach einem Liquorleck gesucht, bleibt die operative Exploration oft unergiebig; zudem haben viele Patienten multiple Liquorlecks. Klinische Studien oder Richtlinien zur Behandlung der SIH existieren nicht. In typischen Fällen mit entsprechenden kraniellen und spinalen MRT-Befunden erfolgen konservative Maßnahmen für bis zu 2 Wochen. Bleibt der Patient symptomatisch, kann entweder das Liquorleck invasiv mittels der o. g. Verfahren gesucht werden, oder es werden ohne entsprechende Sicherung blind, durchleuchtungs- oder CT-gesteuert Blut oder Fibrinpatches appliziert. Mit diesen Maßnahmen werden etwa 75% der Patienten „geheilt“ [9]. Operative Maßnahmen bleiben für Patienten reserviert, denen die o. g. Maßnahmen nicht geholfen haben, oder für die Fälle mit knöchernen Befunden oder Duradivertikeln, in denen nichtoperative Maßnahmen vermutlich nicht erfolgreich sind. Ob subdurale Hämatome, die als Folge eines SIH entstanden sind, entlastet werden sollen oder die langsame Resorption abgewartet werden soll, hängt von der Ausdehnung ab bzw. muss im Einzelfall unterschieden werden.

Postpunktionelles Syndrom Die Häufigkeit des postpunktionellen Kopfschmerzes beträgt 1–30% [28] und ist bei diagnostischen Punktionen nicht abhängig vom entnommenen Volumen. Der orthostatische Kopfschmerz beginnt in der Regel innerhalb von 24 h nach der Lumbalpunktion (40% innerhalb von 48 h, 90% innerhalb von 72 h) und verschwindet in 50–80% der Fälle nach 5 Tagen [30, 31]. Schwangere Patientinnen

1028 | 

Der Nervenarzt 8 · 2014

CME

Abb. 5 8 Ein axiales Myelo-CT unmittelbar nach intrathekaler Gabe von 15 ml Solutrast® 250 M und 0,5 ml Gadolinium-DTPA zeigt keinen Kontrastmittelaustritt aus dem Subarachnoidalraum (a). Sowohl das 3 h später angefertigte Myelo-MRT (b T1-gewichtete fettunterdrückte SE-Aufnahmen) als auch die Wiederholung einzelner CT-Schnitte (c) zeigen links-betont um den Duraschlauch Kontrastmittel im Epiduralraum (Pfeile). Ein nach durchleuchtungsgesteuerter epiduraler Injektion von Blut und Kontrastmittel (d, Pfeil) angefertigtes CT belegt die korrekte Verteilung im Epiduralraum (e, f). Die Patientin wurde nach 18-monatiger Krankengeschichte beschwerdefrei nach Hause entlassen. Nach 9 Monaten gab sie ähnliche Beschwerden an, die sich erst nach Anfertigung eines erneuten MRT nach intrathekaler Gadoliniumgabe und fehlendem Kontrastmittelaustritt (g) „zurückbildeten“

mit akzidenteller Duraeröffnung während einer Periduralanästhesie haben ein höheres Risiko, weil auch Punktionskanülen mit größerem Durchmesser (16 oder 18 Gauge) verwendet werden. Ebenso spielen die Technik der Lumbalpunktion und der Nadelschliff eine Rolle: Der Duraschlauch besteht fast nur aus Längsfasern, die unter Längstraktion stehen. Der Nadeldefekt ist daher längsoval und oft größer als der Nadeldurchmesser. Werden Nadeln mit Quincke-Schliff quer geführt, schneiden sie mehrere Bündel von Längsfasern ein und hinterlassen ein besonders großes Loch.  Längs geführte Quincke-Nadeln schneiden weniger Fasern und drängen diese eher auseinander. Sogenannte  atraumatische Nadeln nach Sprotte u. a. zerschneiden am wenigsten Fasern und erzeugen ebenso wie das Wiedereinführen des Mandrins vor Entfernung der Punktionskanüle signifikant weniger postpunktionelle Kopfschmerzen. Der Stellenwert des epiduralen Eigenblutpatches zur Vorbeugung eines postpunktionellen Kopfschmerzes ist nicht geklärt. Die Blutpatchbehandlung nach Einsetzen von Kopfschmerzen zeigt hingegen einen gewissen Nutzen [29].

Das Auftreten ­postpunktioneller Kopfschmerzen kann durch ­geeignete Nadeln und Punktions­ techniken reduziert werden

Treten Kopfschmerzen auf, hat die Blutpatch-Behandlung einen ­gewissen Nutzen

Der Nervenarzt 8 · 2014 

| 1029

CME

Intrakranielle Hypotension nach neurochirurgischen Operationen Risiken bestehen besonders bei ­Eingriffen im Sitzen, bei scharfem Sog von Redon-Drainagen und zu tief hängenden Liquordrainagen

Es ist leicht nachvollziehbar, dass ein unerwünschter übermäßiger Liquorverlust bei oder nach neurochirurgischen Operationen zu klinischen Symptomen bis hin zu Koma und Tod führen kann. Risiken bestehen besonders bei Eingriffen im Sitzen, bei scharfem Sog von Redon-Drainagen und zu tief hängenden Liquordrainagen. Um einen übermäßigen Liquorverlust im klinischen Alltag nicht zu übersehen, sollte dieser nach Operationen stündlich kontrolliert und dokumentiert werden, Sollwerte sind z. B. 10–20 ml/h. Komotar und Mitarbeiter beschrieben 2006 11 von 137 Patienten, die nach Clipping eines ­Aneurymsas und intraoperativer lumbaler Drainage eine transtentorielle Herniation in der Mehrzahl der Fälle 2 bis 4 Tage nach der Operation entwickelten. Sie erfassten die Deformierung des Hirnstamms über das sog. „sag ratio“ (maximaler a.p. Durchmesser des Mesenzephalons/­maximaler ­bipedunkulärer Durchmesser; [30]). Eine  akzidentelle Duraeröffnung bei spinaler Operation kann ebenfalls zu Unterdruck führen, der sich aber bei wasserdichter Duranaht rasch zurückbildet.  Chiropraktische Manöver an der Halswirbelsäule können ebenfalls Liquorlecks und eine intrakranielle Hypotension hervorrufen. Sind Subduralhämatom oder -erguss nicht Ursache der Beschwerden, sondern Folge einer SIH, kann die Evakuation zur klinischen Verschlechterung führen. Nach einer Zunahme einer intrakraniellen Hypotension ist dann anhand der MRT-Befunde zu suchen. In schweren Fällen treten symmetrische Thalami- und Stammganglienveränderungen auf (. Abb. 1). Nach der DWI-Bildgebung handelt es sich um vasogenes Ödem, MR- und katheterangiographisch sind tiefe Hirnvenen, V. Galeni und Sinus rectus nicht verschlossen [12].

Intrakranielle Hypotension bei Shuntüberdrainage Die Shuntventile können den im ­Tagesverlauf ­unterschiedlichen ­Liquordruck nicht adäquat ­verarbeiten

Hydrozephalusshunts führen im Stehen zu einem unphysiologisch niedrigen ICP

Die derzeit besten Ergebnisse wer­ den mit hydrostatischen oder Schwerkraftventilen erzielt

1030 | 

Der Nervenarzt 8 · 2014

Nach Anlage eines ventrikuloatrialen oder -peritonealen Shunts zur Behandlung eines Hydrozephalus kann ein Liquorunterdrucksyndrom infolge einer Shuntüberdrainage auftreten. Ursächlich ist u. a., dass die eingebauten Ventile den im Tagesverlauf unterschiedlichen Liquordruck nicht adäquat verarbeiten: Der Mensch verbringt etwa die Hälfte des Tages im Sitzen oder Stehen. Ventrikel und Hirnvenen liegen dabei ca. 35 cm über dem rechten Vorhof, hydrostatisch wäre ein intrakranieller Druck (ICP) von ca. −35 cmH2O zu erwarten. Tatsächlich sinkt der ICP von ca. 10 cmH2O im Liegen auf nur −5 bis −10 cm ab. Ursächlich hierfür ist venöse Drainage des Kopfes: Im Liegen läuft das Blut ausschießlich über die oberflächlich gelegenen Vv. jugulares internae und externae mit großem Querschnitt und minimalem Widerstand ab. Beim Aufrichten kollabieren diese stufenweise, und das Blut muss die hochresistiven zahlreichen kleinen Venen im Hals benutzen, die den Druckausfall lageabhängig stark reduzieren [31]. Der zerebrale Perfusionsdruck kann daher in jeder Lage in etwa konstant gehalten werden. Hydrozephalusshunts sowohl nach atrial wie nach peritoneal übergehen diese Regelstecke und führen im Stehen zu einem unphysiologisch niedrigen ICP von meistens −20 bis −30 cmH2O. Etwa die Hälfte der Patienten kompensiert dies symptomlos, die andere Hälfte entwickelt Unterdrucksymptome. Bei Kindern mit Shuntüberdrainage fehlt der  „Wachstumsdruck“: Die Folgen sind seitlich zu flache Schädel und/oder extrem dicke Kalotten oder riesige Nasennebenhöhlen und ganz besonders Schlitzventrikel mit rezidivierenden Katheterblockaden [32]. Der Aquädukt wird nicht mehr durchströmt und verklebt, es kann ein  „isolierter 4. Ventrikel“ resultieren. Bei älteren Menschen dominieren subdurale Hämatome. Bei lumbalen Shunts führt der zu niedrige spinale Druck bei bis zu 70% langfristig zu einem „erworbenen Chiari-Syndrom“ mit Tonsillenherniation. Die bis ca. 1990 eingesetzten Ventile ermöglichten nur einen Kompromiss zwischen Liquordruck im Stehen und Liegen, aber keine physiologische Druckregelung. Einen Fortschritt erbrachten die dann eingeführten magnetisch verstellbaren Ventile oder Niederflussventile. Erst die Simulation der lageabhängigen Widerstandsregulation erbrachte den Durchbruch: Die derzeit besten Ergebnisse erzielt man mit hydrostatischen oder Schwerkraftventilen. Bei ihnen sind kleine Kugeln im Gehäuse eingebracht, die je nach Körperlage den Widerstand höher- oder tieferschalten. Da zwei Drittel der Shuntpatienten noch mit alten Ventilen ausgestattet sind, spielt die Überdrainage wohl auf Jahre ­hinaus noch eine große Rolle und ist eine der häufigsten Ursache für Liquorunterdruck überhaupt.

CME Fazit Der Liquorunterdruck hat viele klinische Gesichter und nicht immer typische bildgebende Befun­ de. Spinale Liquorlecks werden mit verschiedenen Methoden gesucht und unterschiedlich behan­ delt. Die Tatsache, dass Patienten mit kraniellen MRT-Befunden einer spontanen intrakraniellen Hypotension ein besseres klinisches Outcome als Patienten mit normalem kraniellem MRT haben, spricht dafür, dass das Krankheitsbild noch nicht voll verstanden wird [33].

Korrespondenzadresse Prof. Dr. H. Urbach Klinik für Neuroradiologie, Universitätsklinikum Freiburg Breisacher Str. 64, 79106 Freiburg [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  H. Urbach gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur   1. Schaltenbrand G (1938) Neuere Anschauungen zur Pathophysiologie der Liquorzirkulation. Zentralbl Neurochir 3:290–300   2. Renowden SA, Gregory R, Hyman N, Hilton-Jones D (1995) Spontaneous intracranial hypotension. J Neurol Neurosurg Psychiatr 59:511–515   3. Schievink WI, Meyer FB, Atkinson JLD, Mokri B (1996) Spontaneous spinal cerebrospinal fluid leaks and intracranial hypotension. J Neurosurg 84:598–605   4. Headache Classification Subcommittee of the International Headache Society (2004) The International Classification of Headache Disorders, 2nd ed. Cephalalgia 24:1–160   5. Schiewink WI, Maya MM, Louy C et al (2008) Diagnostic criteria for spontaneous spinal CSF leaks and intracranial hypotension. AJNR Am J Neuroradiol 29:853–856   6. Schievink WI, Dodick DW, Mokri B et al (2011) Diagnostic criteria for headache due to spontaneous intracranial hypotension: a perspective. Headache 51:1442–1444   7. Headache Classification Committee of the International Headache Society (2013) The international classification of headache disorders, 3rd edition (beta version). Cephalalgia 33:629–808   8. Schievink WI (2006) Spontaneous spinal cerebrospinal fluid leaks and intracranial hypotension. JAMA 295:2286–2295   9. Franzini A, Messina G, Nazzi V et al (2010) Spontaneous intracranial hypotension syndrome: a novel speculative physiopathological hypothesis and a novel patch method in a series of 28 consecutive patients. J Neurosurg 112:300–306

10. Schievink WI, Maya MM, Louy C et al (2013) Spontaneous intracranial hypotension in childhood and adolescence. J Pediatr 163:504–510 11. Savoiardo M, Minati L, Farina L et al (2010) Spontaneous intracranial hypotension with deep brain swelling. Brain 130:1884–1893 12. Hadizadeh DR, Kovács A, Tschampa H et al (2010) Postsurgical intracranial hypotension: diagnostic and prognostic imaging findings. AJNR Am J Neuroradiol 31:100–105 13. Kumar N (2010) Neuroimaging in superficial siderosis. An in-depth look. AJNR Am J Neuroradiol 31:5–14 14. Fearnley JM, Stevens JM, Rudge P (1995) Superficial siderosis of the central nervous system. Brain 118:1051–1066 15. Hong M, Shah GV, Adams KM et al (2002) Spontaneous intracranial hypotension causing reversible frontotemporal dementia. Neurology 58:1285–1287 16. Wicklund MR, Mokri B, Drubach DA et al (2011) Frontotemporal brain sagging syndrome. An SIH-like presentation mimicking FTD. Neurology 76:1377–1382 17. Schievink WI, Schwartz MS, Maya MM et al (2012) Lack of causal association between spontaneous intracranial hypotension and cranial cerebrospinal fluid leaks. J Neurosurg 116:749–754 18. Watanabe A, Horikoshi T, Uchida M et al (2009) Diagnostic Value of Spinal MR Imaging in Spontaneous Intracranial Hypotension Syndrome. AJNR Am J Neuroradiol 30:147–151

19. Shah LM, McLean LA, Heilbrun ME, Salzman KL (2013) Intracranial hypotension: improved MRI detection with diagnostic intracranial angles. AJR Am J Roentgenol 200:400–407 20. Schievink WI, Maya MM, Tourje J (2004) False localizing sign of C1– 2 cerebrospinal fluid leak in spontaneous intracranial hypotension. J Neurosurg 100:639–644 21. Kranz PG, Stinnett SS, Huang KT, Gray L (2013) Spinal meningeal diverticula in spontaneous intracranial hypotension: analysis of prevalence and myelographic appearance. AJNR Am J Neuroradiol 34:1284–1289 22. Schwartz KM, Luetmer PH, Hunt CH et al (2013) Position-related variability of CSF opening pressure measurements. AJNR Am J Neuroradiol 34:904–990 23. Luetmer PH, Schwartz KM, Hunt CH et al (2012) When should I do dynamic CT Myelography? Predicting fast spinal CSF leaks in patients with spontaneous intracranial hypotension. AJNR Am J Neuroradiol 33:690– 694 24. Hoxworth JM, Trentman TL, Kotsenas AL et al (2012) The role of digital subtraction myelography in the diagnosis and localization of spontaneous spinal CSF leaks. AJR Am J Roentgenol 199:649–653 25. Akbar JJ, Luetmer PH, Schwartz KM et al (2012) The role of MR myelography with intrathecal gadolinium in localization of spinal CSF leaks in patients with spontaneous intracranial hypotension. AJNR Am J Neuroradiol 33:535–540 26. Mokri B (2002) Intracranial hypertension after treatment of spontaneous cerebrospinal fluid leaks. Mayo Clin Proc 77:1241–1246

27. Wendl CM, Schambach F, Zimmer C, Förschler A (2012) CT myelography for the planning and guidance of targeted epidural blood patches in patients with persistent spinal CSF leakage. AJNR Am J Neuroradiol 33:541– 544 28. Armon C, Evans RW, Therapeutics and Technology Assessment Subcommittee of the American Academy of Neurology (2005) Addendum to assessment: prevention of postlumbar puncture headaches: report of the therapeutics and technology assessment subcommittee of the American Academy of Neurology. Neurology 65:510–512 29. Boonmak P, Boonmak S (2010) Epidural blood patching for preventing and treating post-dural puncture headache. Cochrane Database Syst Rev 1:CD001791 30. Komotar RJ, Ransom ER, Mocco J et al (2006) Critical postcraniotomy cerebrospinal fluid hypovolemia: risk factors and outcome analysis. Neurosurgery 59:284–290 31. Gisolf J, Kieshout JJ van, Heusden K van et al (2004) Human cerebral venous outflow pathway depends on posture and cerebral venous pressure. J Physiol 560:317–327 32. Yoon MP, Parsa AT, Horton JC (2013) Skull thickening, paranasal sinus expansion, and sella turcica shrinkage from chronic intracranial hypotension. J Neurosurg Pediatr 6:667–672 33. Schievink WI, Maya MM, Louy C (2005) Cranial MRI predicts outcome of spontaneous intracranial hypotension. Neurology 64:1282–1284

Der Nervenarzt 8 · 2014 

| 1031

springermedizin.de/eAkademie

CME-Fragebogen Bitte beachten Sie: • Teilnahme nur online unter: springermedizin.de/eAkademie • Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt. • Es ist immer nur eine Antwort möglich .

??Welcher Kopfschmerz ist typisch bei der

SIH? Halbseitiger Kopfschmerz Thunderclap headache Orthostatischer Kopfschmerz Kopfschmerz beim Husten Kopfschmerz bei körperlicher ­Anstrengung

??Zu den atypischen Manifestationen der

SIH zählen nicht:  euritis N. optici N Hirnnervenlähmungen Leptomeningeale Hämosiderose Koma Frontotemporale Demenz

??Ein typischer spinaler Befund im MRT bei

??Folgende Befunde weisen auf eine

??Die SIH tritt vor allem auf bei:



 lteren Frauen mit Diabetes mellitus Ä Jüngeren, schlanken Frauen Jungen Männern mit Atherosklerose Kindern Erwachsenen älter als 70 Jahre

??Der Liquoreröffnungsdruck bei SIH…



ist abhängig von der verwendeten Nadel. ist in Seitenlage höher als in Bauchlage. wird im Sitzen gemessen. sollte

[Intracranial hypotension].

In this review article the clinical manifestations, imaging findings, diagnostic and therapeutic approaches for intracranial hypotension are described...
933KB Sizes 3 Downloads 25 Views