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Intensivmedizinische Aspekte bei Präeklampsie - Eklampsie G. Knichwitz, Th. Prien Klinik und Poliklinik fur Anästhesiologieund operative lntensivmedizinder Westfälischen Wiihelrns- UniversitätMünster

Einleitung Die Präeklampsie wird heute durch das gleichzeitige Auftreten der Symptome Hypertonie und Proteinurie nach der 20ten SSW definiert. Ödeme haben in dieser Terminologie keine Bedeutung mehr, da sie bei 80 O/o der Schwangeren auch ohne pathologische Bedeutung nachzuweisen sind. Zu den schweren Komplikationen der Präeklampsie zahlen die Eklampsie mit Hinzutreten von Konvulsionssymptomen sowie das HELLP-Syndrom mit Hämolyse, Anstieg der Leberenzyme und Thrombozytopenie (12, 29,32). Die Inzidenz der Präeklampsie wird von der

90 mmHg in Ruhe und wird fiir sich rein deskriptiv als Schwangerschaftshypertonie bezeichnet. Die Genese kann hierbei vielfältig sein. Kommt es zum zusätzlichen Auftreten einer Proteinurie über 300 mg/l kann die Diagnose Präeklampsie gestellt werden und die Schwangere bedarf einer intensiven gynikologischen Kontrolle (12,29,32). Patientinnen, die unter intensivmedizinischen Aspekten überwacht und therapiert werden müssen, zeigen darüber hinaus einen kurzzeitig progredienten, schweren Verlauf, der in seiner Prognose durch zahlreiche Komplikationen bestimmt wird. Im Folgenden wird auf diese schwere Verlaufsform der Präeklampsie - Eklampsie eingegangen.

W H 0 (32) mit 0,6 - 7,l O/o angegeben. Eine hohe Prädisposition zeigen Frauen unter 15 und über 35 Jahren, Primagravidae und Zwillingsschwangerschaften. Die Inzidenz der Eklampsie liegt zwischen 0,2 und 0,67 % mit einer hohen maternen (0 - 13,9 010) und perinatalen Mortalität (13 30 %) (22, 25,32,34). Das Kardinalsyrnptom der Präeklampsie ist ein anhaltender Anstieg des diastolischen Blutdrucks über

Anästhesiol. Intensivrned. Notfaiimed. Schmerzther. 26 (1991)342-346 O Georg Thieme Verlag Stuttgart . New York

Pathogenese Die Ätiologie der Präeklampsie - Eklampsie ist bis heute ungeklärt. Pathomorphologisch findet sich eine Veränderung der plazentaren Spiralarterien im Sinne einer "Akuten Aterosis" mit Verlust muskelelastischer Elemente der Media. Weiterhin hhren Endothelzelldefekte zu verstärkter Permeabilität und Transsudation sowie Fibrinablagerung. Die dadurch starren, nicht ddatationsfähigen GefäBe bedingen eine progrediente Abnahme der uteroplazentaren Perfusion (19).

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P. Lawin

Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmerzther. Symptome der schweren Präeklarnpsie (25,29,32).

> 110 mmHg Diastolischer Blutdruck Systolischer Blutdruck > 160 rnrnHg Proteinurie > 500 mg/l Oligurie < 500 ml/die Thrombozytenzahl < 100000/1 Anstieg der Leberenzyme (GOT, GPT) Konvulsionssymptorne(Eklampsie) KlinischeSymptome:Kopfschmerz, Sehstörungen, Bewußtseinsstörungen,epigastrischeSchmerzen,Zyanose

Tab. 2

Intensivmedizinische Basisüberwachung

-Häufige klinische Untersuchung (z. B. Reflexstatus) -Überwachung von: > Respiration (Aternfrequenz,Blutgasanalysen) > Hämodynarnik (RR, HF, ZVD) > Nierenfunktion (Urinausscheidung, Bestimmung: von Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure i.S. von Kreatinin, Eiweiß, Naf Kf im Urin der Kreatininclearance) > des Feten (z. B. Cardiotokogramm) - Laborchemische Kontrollen der: > Blutgerinnung (Quick,Pm, TZ, Fibrinogen, AT-III, Thrombozyten) > Leberfunktion (Transaminasen) > Hämostase (Hb, Hk, kolloidosmotischer Druck). > Elektrolyte

Die Ursache dieser Veränderungen ist unbekannt. Groi3e Bedeutung wird, kausal oder konsekutiv, den Arachidonsäuremetaboliten Prostacyclin (PG12) und Thromboxan (TXA2)zugeschrieben (19,39,41,47). PGIz wird in den Endothelzellen der Gefaße synthetisiert, hat eine Plasmahalbwertzeit (P-) von 3 Minuten, wirkt vasodilatierend und hemmt die Thrombozytenaggregation. Antagonistisch hierzu wirkt das hauptsächlich 30 sec) in den Thrombozyten synthetisierte TXAz (PHWZ. vasokonstringierend und fördert die Thrombozytenaggregation. Bei der Präeklampsie liegt eine verminderte uteroplazentare PG12-Freiseuung mit einer deutlichen Imbalanz zugunsten einer verstärkten TXA2-Produktion vor. Das infolge dessen gestörte Gleichgewicht der Mikrozirkulation bedingt nicht nur eine Progredienz der uteroplazentaren Ischämie, sondern nimmt Einflug auf nahezu jedes Organsystem. Insbesondere kommt es zu einer Abnahme der renalen Perfusion und giomedären Filtration, zerebraler Vasokonstriktion, Hämorrhagie und Ischämie mit Konvulsion (Eklampsie) sowie Schädigung der Hepatozyten (HELLP-Syndrom). Pathomorphologisch findet sich an der Niere eine kapilläre Schwellung der Endothelzellen im Bereich der Glomeruli mit intraglomulären Fibrineinlagerungen (19, 39, 41, 46, 47).

Die ersten Symptome treten meist gegen Ende des zweiten und frühen dritten Triinenons auf. In einigen Fällen kann die Diagnose Präeklampsie - Eklampsie jedoch erst intra oder post partum gestellt werden. Die wichtigsten

Symptome der schweren Präeklampsie sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Im Krankheitsverlauf treten weitere Syrnptome hinzu. Besondere Bedeutung hinsichtlich der maternen und perinatalen Mortalität besitzen Konvulsion und zerebrale Hämorrhagien, akutes Nierenversagen, Linkshemersagen, Lungenödem, Lebernekrose/-ruptur, Verbrauchskoagulopathie, Sepsis und Abruptio placentae. Über die typische Hämodynamik bestehen in der aktuellen Literatur kontroverse Auffassungen (14). Bei schwerer Präeklampsie - Eklampsie finden sich als Ausdruck der generailisierten Vasokonstriktion vor therapeutischer Intervention ein erhöhter peripherer Widerstand (SVR 1800 - 2400 dyn"s"cms), erniedrigter Herzindex (CI 2,75 3,4 l/min"m2) und normale bis erniedrigte Vorlastdrücke (ZVD, PCWP) (2, 15, 21, 45, 49). Diese Befunde können jedoch individuell und in Abhängigkeit von schon eingeleiteter Therapie stark variieren. So zeigen andere Untersuchungen (4, 10,23,28) präeklamptische Patienten mit nur leicht erhöhtem SVR und hohem CI. Dies muß bei der Beurteilung des kardiopulmonalen Status berücksichtigt werden, da Patientinnen selten primär und ohne Vortherapie auf Intensivstationen aufgenommen werden. Das Plasmavolumen ist mit Werten um 1700 ml/m2 gegenüber einer Normalschwangerschaft mit 2300 ml/m2 deutlich erniedrigt (24). Dementsprechend ist der Hämatokrit mit 38 O/o gegenüber 34 O/o erhöht (2, 21). Der kolloidosmotische Druck (COP) ist aufgrund des Eiweißverlustes erniedrigt und liegt um 18 mmHg (Normalschwangerschaft 22 mmHg) (3). Für eine Insuffizienz der Respiration kommen differentialdiagnostisch vor allem Enzephalopathie, Lungenödem und Pneumonie in Betracht. Die Inzidenz des Lungenödems wird mit 2,9 O/o angegeben (37), wobei in dieser Untersuchung 70 O/o der Lungenödeme irn Zeitraum von 72 Std. nach Entbindung auftraten. Ursächlich sind ein erniedrigter COP, erhöhter PCWD (z. B. Linkshemrersagen, übermdige Volumensubstitution) sowie Permeabilitätsstörungen (8, 37). Die Indikation zur maschinellen Beatmung erfolgt in den meisten Fällen aufgrund der zerebralen Symptomatik (18). In bis zu 60 O/o (18, 32) der Fälle zeigt sich eine über die bestehende Proteinurie hinaus gestörte Nieren-Funktion mit verminderter glomerulärer Filtration sowie eingeschränkter tubulärer Funktion. Bei abnehmender Kreatininclearance kumulieren hampflichtige Substanzen im Serum mit zunehmenden Verschiebungen im Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt. Im Rahmen der gestörten Blutgerinnung werden vor d e m Thrombozytopenien mit Werten unter 100 0 0 0 / ~ lbeobachtet, für die ein erhöhter Thrombozytenumsau ursächlich zu sein scheint. Weiterhin kommt es zu Veränderungen der plasmatischen Gerinnung, eine Verbrauchskoagulopathie ist jedoch selten und zumeist mit Eklampsie und HELLP-Syndrom assoziiert (18,20,29). Prodromi einer Enzephalpathie sind Kopfschmerz und Sehstörungen in Form von Lichtscheu, Flim-

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Tab. 1

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344 Anästbesiol. Intensivmed. NotfaUmed. Schmerzther.

D; die materne und fetale Prognose bei schwerer Präeklampsie - Eklampsie vor allem durch die auftretenden Komplikationen bestimmt wird, ist eine intensive Überwachung mit rechtzeitiger therapeutischer Intervention zwingend erforderlich. Zur Basisüberwachung siehe Tabelle 2. Im Rahmen dieser Überwachung ist die l'lazierung eines zentralen Venenkatheters zur ZVD-Messung und kontinuierlichen intravenösen Pharmakotherapie essentiell. Bei schweren Verläufen, insbesondere Eklampsie und HELLP-Syndrom, ist eine intraarterielle Blutdruckrnessung erforderlich. Die weitergehende hämodynamische Übenvachung mittels Swan-Ganz-Katheter ist bei therapierefraktärer Hypertonie und Oligurie sowie zur Differentialdiagnose und Therapie des Lungenödems indiziert (7, 48). Der Einsatz eines intrakraniellen Druck-(1CP)-Monitorings ist bei Eklampsiepatientimen mit anhaltendem Koma zur besseren Steuerung hindrucksenkender Maßnahmen gerechtfertigt (33). Bei Transaminasenanstieg, Thrombozytopenie und Hämolyse ist zur Abklärung eines HELLP-Syndroms die Beurteilung der Erythrozyten mit Nachweis von Stachelzellen, Schistozyten und Polychromasie hilfreich. Auch müssen bei auftretenden Oberbauchschmerzen subkapsuläre Leberhämatome oder Leberrupturen ausgeschlossenwerden.

Tab. 3 Intramuskuläre MgS0,-Therapie bei schwerer Präeklampsie - Eklampsie (nach Pritchard (31)

1. lnitialdosis - 4 g MgSO, (als 20 %ige Lösung) langsam i.v. -und gleichzeitig 2 * 5 g MgSO, (als 50 Oloige Lösung) tief intraglutäal rechts und links 2. Erhaltungsdosis - 5 g MgSO, (als 50 %ige Lösung) 4stündlich abwechselnd rechts und links tief intraglutäal Voraussetzung zur Therapiefortfühning - Patellarsehnenreflexebleiben erhalten .-Atemfrequenzgrößer als 12 pro Minute -Diurese mindestens 25 ml/h oder 100 m1/4 Std.

Tab. 4 Intravenöse MgS0,-Therapie bei schwerer Präeklampsie Eklampsie (nach Sibai (35)) 1. lnitialdosis

- 4-6 g MgSO, langsam i.v. über 20 Minuten 2. Erhaltungsdosisüber Medikamentenpumpe i.v. - 2(-3) g MgSO, pro Std. in den ersten 3 Stunden - nachfolgend 1 - 2 g MgSO, pro Std. TherapeutischerBereich - Plasmamagnesiumspiegel2- 4 mmol/l CAVE: Kontinuierliche i.v.-Applikationnur unter strenger Überwachung und in Abhängigkeit vom klinischen Befund

ben jedoch durchaus gerechtfertigt. So konnte eine Patientin mit postpartal auftretender therapierefraktärer Eklampsie durch kontinuierliche Applikation von 4 ng/kgKG/min Die einzige bisher bekannte kausale Thera- PG12 (Epoprostenol, FlolanR) über 5 Tage erfolgreich bepie stellt die Entfernung der Plazenta dar und sollte insbe- handelt werden. Eine weitere Interventionsmögiichkeit ist sondere bei Eklampsie und HELLP-Syndrom frühzeitig an- die Gabe von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (1 gestrebt werden. So ist die intensivmedizinische Behandlung 1,5 mg/kgKG/die) nach Beaufils (1) und Wallenburg (45). symptomatisch und auf die Beherrschung der Komplikatio- Sie vermindert durch Inhibition der Cyclooxygenase vor nen gerichtet. Bei intensiver materner und fetaler ~ b e n v a - allem die Thromboxansynthese. Ihr Erfolg ist im Rahmen chung kann das Belassen des Fetus in utero zur Förderung einer präventiven Therapie durch die fruhzeitige und langfrider fetalen Lungenreifung (Korukoidgabe) gerechtfertigt stige Einnahme begründet (46) und bietet daher fllr die sein, solange keine unnötigen Risiken fur Mutter und Fetus Intensivtherapie kein Behandlungskonzept. Im Stadium der entstehen (36). Da Komplikationen wie Konvulsion (34) klinischen Erprobung befinden sich der intensivmedizinioder Lungenödem (37) auch postpartal auftreten können, sche Einsatz von m-Synthese-Inhibitoren wie dem Dazoist eine intensivmedizinische Uberwachung und Therapie xiben (43), sowie die Gabe des ProstaglandinderivatesPGA, auch nach erfolgreicher Entbindung nohvendig (13). (41). Beide Substanzen bedürfen jedoch noch weiterer Unischer Untersuchungen. Therapie der PG12-TXA2-Imbalanz KolloidaleVolumensubstitution Angesichts der pathophysiologischen Bedeutung der gestörten PG12-TXA2-Imbalanzscheint eine primäBei niedrigem CI, ZVD und PCWl' sowie re therapeutische Intervention sinnvoll. Die Substitution des erhöhtem SVR kann die alleinige Volumensubstitution die erniedrigten PG12 durch intravenöse Applikation ist umstrit- Hämodynamik (Anstiegvon CI und uteroplazentarem Blutten, da es zu einer deutlichen Hypotension führt, ohne die fluß, Abnahme des SVR) und Hämorheologie verbessern (2, Uterusperfusion zu verbessern. Der Effekt ist zudem bei 38). Vor einer unkritischen Volumensubstitution mui3 jeeiner Pm von 2 - 3 min nur kurz und führt zu einem hyper- doch gewarnt werden, da die Extravasation kolloidaler L& tensiven Rebound-Phänomen (41). Die Gabe von PG12 ist sungen bei pulmonalkapillärer Permeabilitätsstömng ein bei extrem schweren Verläufen, wie von Fox (17) beschrie- Lungenödem begünstigt (37). Eine gezielte Anhebung des Therapie

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merskotomen und Doppelbildern. Objektive Symptome, wie Hyperreflexie, motorische Unruhe und Bedtseinsstörungen zeigen drohende Konvulsionssyrnptome im Sinne der Eklampsie an. Die Ursache ist auch hier unbekannt. Pathomorphologisch finden sich zerebrale Blutungen mit ischämischen Arealen, die auch computertomographisch nachgewiesen werden können (6,33).

Anästhesiol. Intensivmed. Notfailmed. Schmerzther. 345

Eine antihypertensive Therapie muß ab diastolischen Blutdruckwerten über 110 mmHg eingeleitet werden. Ziel ist es, den diastolischen Wert zwischen 90 und 100 mmHg einzustellen, um die Gefahr zerebraler Blutungen zu mindern, ohne jedoch den uteroplazentaren Blutfluß zu verschlechtern (13, 27, 31). Mittel der Wahl ist Dihydralazin. Initial werden 5 mg intravenös appliziert. Die Repetitionsdosen betragen nach jeweils 20 - 30 min 5 - 10 mg. Sinnvoll ist eine kontinuierliche Dihydralazin-Titration mittels Medikarnentenpumpe (2 - 20 mg/h) unter engmaschiger hämodynamischer Kontrolle. Innerhalb der ersten Stunde sollte der diastolische Druck nicht um mehr als 20 O/o gesenkt werden, um eine weitere plötzliche uteroplazentare Minderperfusion zu vermeiden. Nebenwirkungen der Dihydralazingabe sind Tachykardie, Kopfschmerz, Muskelkrämpfe, Medikarnentenfieber und in seltenen Fdlen fetale Thrombozytopenien. Als Mittel zweiter Wahl wird bei Therapieresistenz Diazoxid appliziert. Wegen der Gefahr tödlicher Hypotensionen wird statt des Standard-Bolus von 300 mg i.v. ein Minibolus von 30 mg i.v. injiziert, der nach Bedarf im Abstand von 1 - 2 min repetiert werden kann (13, 27). Die Dosis bei kontinuierlicher Applikation mittels Medikamentenpumpe beträgt 15 mg/min (13). Weitere Nebenwirkungen sind Stillstand der Wehentätigkeit sowie materne und neonatale Hypoglykämien. Als neuere Alternative gilt die Gabe von Urapidil, da es als al-Rezeptorblocker den SVR senkt ohne intrakranielle Druckanstiege zu verursachen (11, 42). Initial wird ein Bolus von 5 - 10 mg i.v. gegeben, anschließend erfolgt die weitere Einstellung des Hypertonus mittels Medlkamentenpumpe (15 - 30 mg/h). Die Natriumnitroprussid-Gabe wird aufgrund fetaler Zyanidintoxikation abgelehnt. Ebenso ist die Gabe von Diuretika bei erniedrigtem Plasmavolumen kontraindiziert.

Acetylcholinfreisetzung. Der Mechanismus des antikonvulsiven Effekts bleibt bei kontroverser Diskussion in der Literatur unklar.

Es werden die i.m.-Applikation nach Pritchard (31) und die von Sibai (35) modifizierte kontinuierliche i.v.-Applikation nach Zuspan unterschieden (siehe Tab. 3 und 4). Der therapeutische MgS04-Bereich liegt bei Plasmaspiegeln von 2 bis 4 mmoV1. Ab Plasmaspiegeln von 3.5 bis 5 mrnol/l ist der Patellxsehnenreflex nicht mehr nachweisbar und ab 5,s bis 7,O mmol/l kommt es zur Atemdepression (30). Hypotensionen sowie Abnahme der Uteruskontraktionen werden nur initial nach Bolusgabe beobachtet (9, 40). Zwingend erforderlich ist eine engmaschige CTberwachung unter MgS04-Therapie. Hierzu zahlen Erhebung des Reflexstatus vor jeder i.m.-Applikation bzw. stündlich bei i.v.-Applikation, Kontrolle der Atemfrequenz (> 12/min) und Urinausscheidung (> 25 ml/h). Bei Anzeichen einer Llberd~sierun~ rnuß die MgS04-Gabe reduziert werden. Als Antidot ist fur die Behandlung der Atemdepression die Gabe von 1 g Calciumgluconat als 10 %ige Lösung in d e r Regel ausreichend. Die kontinuierliche i.v.-Applikation ist aufgrund der besseren Steuerbarkeit und des schnellen Wirkungseintrittes vorteilhafter als die i.m.-Applikation. Sie bedarf aber einer engmaschigeren und personalintensiveren Überwachung. Ist dies nicht gewahrleistet, sollte MgS04 intramuskulär gegeben werden. Da die i.m.-Injektion sehr schmerzhaft ist, wird als Zusatz 1 rnl 2 %iges Lidocain mit injiziert. Die Inzidenz von Konvulsionen präeklamptischer Patientinnen unter eingeleiteter MgS0,-Therapie liegt bei 1 O/o (30). Sibai (35) empfiehlt dann die erneute Gabe von 2 4 g MgS0, über 5 min. Kommt es erneut zum Auftreten von K o n v u l s i o n ~ p t o m e n ist , die Gabe von 5 - 10 mg Diazepam oder eines kurzwirksamen Barbiturates zur Anfallskupierung sinnvoll (30). Da auch postpartal Konvulsionen drohen, muß die MgS0,-Therapie über 24Std. fortgefuhrt und dann langsam reduziert werden (25). Die kontinuierliche Gabe von Benzodiazepinen als antikonvulsive Therapie wird von englischen und skandinavischen Autoren bevorzugt. Initial werden 10 20 mg Diazepam i.v. gegeben, die weitere Appl~kationerfolgt kontinuierlich mittels Medikamentenpumpe. Nachteilig sind der Verlust fetaler Herzfrequenzvariabilität sowie Atemdepression und Störung der Thermoregulation beim Neugeborenen. Ursache ist die verminderte Elimination mit Kumulation bei den zumeist untergewichtigen Friihgeborenen präeklamptischer Patientinnen (30). Hirndrucksenkende Therapie

Antikonvulsive T h e r a ~ i e Eine antikonvulsive Therapie rnuß bei schwerer Präeklampsie eingeleitet werden, auch wenn klinisch Konvulsionssymptome fehlen (30, 32). Medikament der Wahl zur Prävention und Behandlung von Konvulsion und Hyperreflexie ist Magnesiumsulfat (MgSO,) (26, 30, 35). Peripher bewirkt MgSO, durch präsynaptische Blockierung der neuromuskulären Endplatte eine Inhibition der

Der intrakranielle Druck (ICP) ist bei eklamptischen Patientinnen über 20 mmHg erhöht. Bei anhaltendem Koma ist eine epidurale Druckmessung erforderlich (33). Mit Hilfe des CCT sollten intrakranielle Blutungen ausgeschlossen sein. Die Hirnödemtherapie umfaßt eine 30" Oberkörperhochlage, die Gabe von Mannit01 2 0 % (0,5 g/kgKG, max 1,5 - 2 g/kgKG/die) und die kontinuierliche Hyperventilation (PaC02 28 I 5 mmHg) (33). Bei an-

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verminderten Intravasalvolumens ist Voraussetzung und begleitende Komponente einer antihypertensiven Therapie, um einem plötzlichen relativen Volumenmangel mit einsetzender Vasodilatation vorzubeugen. Substituiert werden Humanalbumin- oder Hydroxyäthylstärke-Losungen unter intensiver hämodynamischer Kontrolle. Die Substitution nach Fliegner (16) unter alleiniger ZVD-Kontrolle (Maximum 8 - 10 cm H 2 0 ) wird kontrovers diskutiert. Benedetti (5) konnte bei schweren Verlaufsformen mit Lungenödem belegen, daß bei noch normwertigem ZVD der PCWP bereits pathologisch erhöht war. Ab 6 mmHg korreliert der ZVD nicht mehr mit dem P W , so daß eine weitere volumensubstitution bei geringstem Anhalt fur ein Lungenödem nur unter erweiterter hämodynamischer Kontrolle mittels Swan-Ganz-Katheter erfolgen darf (5). Eine nichtinvasive Alternative stellt die Substitution unter thorakaler Impedanzkardiographie dar (38).

P. Lawin

Anasthesiol. Intensivmed. NotfaUmed. Schmerzther.

Weitere intensivmedizinische Therapiemdnahmen erfordern vor allem Störungen der Nieren-Funktion sowie der Blutgerinnung. Ein beginnendes oligo-anurisches Nierenversagen kann zumeist frühzeitig diagnostiziert werden, so daf3 durch gezielte Gabe von Volumen, Mannitol, Furosemid und begleitender kontinuierlicher Dopamingabe ( 3 pg/kgKG/min) die Prognose post partum gut ist. Anurische Verläufe erfordern den sofortigen Einsatz einer kontinuierlichen Hämofiltration (CVVH/CAVH).GerinnungsStörungen werden bei rechtzeitiger Detektion durch Substitution von Fresh Frozen Plasma, Gerinnungsfaktoren, AT 111 oder Thrombozytenkonzentraten behandelt. Eine besonders bei Eklampsie und HELLP-Syndrom begleitende Verbrauchskoagulopathie (Fibrinogenabfall, Nachweis von Fibrinspaitprodukten) kann hierdurch frühzeitig unterbunden werden. Literatur Beaufik, M., S. Uzan, R Dansimoni, J. C. Colan: Prevention of preeclampsia by early antiplatelet therapy. Lancet 1(1985) 840 - 842 Belfort, M., P. Uys, 1. Dommisse, D. A. Davey: Haemodynamic changes in gestational proteinuric hypertension: the effects of rapid volume expansion and vasodilator therapy. Br. J. Obstet. Gynaecol. 96 (1989) 634- 641

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haltend hohem ICP muß eine kontinuierliche i.v.Applikation von Barbituraten (Methohexital oder Thiopental) erfolgen. Die Gabe von Hydrocortison wird kontrovers diskutiert. Als notwendiger zerebraler Perfusionsdruck gelten 40 - 60 mmHg, so daß bei einem erhöhten ICP von 20 30 rnmHg, der mittlere' arterielle Blutdruck bei antihypertensiver Therapie 80 mmHg nicht unterschreiten darf. Folge wäre sonst eine progrediente zerebrale Hypoxie und Ischämie.

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342 Anästhesiol. Intensiumed. Notfaiimed. Schmerzther. - Intensivmedizinische Aspekte bei Präeklampsie - Eklampsie G. Knichwitz, Th. Prien Klinik und...
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