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Was muss ein Chirurg von der Arbeit einer medizinischen Ethik-Kommission wissen?

Autor

N. Beck

Institut

Ethik-Kommission/Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R, Deutschland

Schlüsselwörter " Ethik‑Kommission l " klinische Studie l " Forschungsvorhaben am l Menschen

Zusammenfassung

Abstract

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Medizinische Ethik-Kommissionen sind interdisziplinär besetzte Gremien zur Beurteilung ethischer, sozialer, rechtlicher, ärztlicher und medizinischer Aspekte der Forschung am Menschen. Die Ethik-Kommission dient sowohl dem Schutz des Patienten/Probanden als auch dem Schutz der Prüfärzte und des sonstigen beteiligten Personals bei der Durchführung wissenschaftlicher Projekte. Gemäß Berufsordnung ist jeder Arzt verpflichtet, vor Durchführung eines Forschungsvorhabens sich bei einer für ihn zuständigen Ethik-Kommission beraten zu lassen. Über die Deklaration von Helsinki ist die Beratung von Ärzten internationaler Standard vor Durchführung eines Forschungsvorhabens. Neben der Beratungsfunktion hat eine Ethik-Kommission eine behördenähnliche Zulassungsfunktion im Rahmen des Arzneimittel- und Medizinproduktegesetzes. In der vorliegenden Publikation soll die Beratungs- und Zulassungsfunktion einer Ethik-Kommission kurz erläutert werden.

Ethical committees or institutional review boards are interdisciplinary committees to assess the ethical, social, legal and medical aspects of research involving human subjects. The ethics commission is to protect both the patient as well as the investigators and other personnel involved in the implementation of scientific projects. According to the professional code (Berufsordnung) every physician is obliged to consult an ethics committee to get a an approval before carrying out a research project. Concerning the Declaration of Helsinki, the advice of physicians is an international standard before carrying out a research project. In addition to the advisory function the ethics committee has an authorisation function within the pharmaceutical and medical device law. In the present publication the advisory and authorisation functions of an German ethics committee are briefly explained.

Einleitung

Die Beratung

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Forschung gehört zum ärztlichen Berufsalltag. Ohne Forschung gibt es keinen Fortschritt in der Medizin, ohne Forschung werden keine unbekannten Risiken bereits etablierter Verfahren entdeckt, wie auch in allen anderen Gebieten der Wissenschaft und des täglichen Lebens. Doch wie frei ist ein Forscher, welche Risiken sind gegenüber teilnehmenden Personen – Prüfpatienten, Probanden, Forschern – vertretbar? In der vorliegenden Publikation soll die Beratungs- und Zulassungsfunktion einer Ethik-Kommission kurz erläutert und den an Forschung interessierten Chirurgen nahegebracht werden.

Medizinische Ethik-Kommissionen sind eigentlich Forschungskommissionen, denn sie befassen sich nur mit Recht, Ethik und Medizin in der klinischen Forschung am Menschen. Der ärztliche Beruf ist ein Kammerberuf und ist in Deutschland auf Länderebene demnach organisiert über die Landesärztekammern. Diese haben als Körperschaften öffentlichen Rechts eine Berufsordnung [1]. Dort heißt es in der Präambel: „Die auf der Grundlage der Kammer- und Heilberufsgesetze beschlossene Berufsordnung stellt die Überzeugung der Ärzteschaft zum Verhalten von Ärztinnen und Ärzten gegenüber den Patientinnen und Patienten, den Kolleginnen und Kollegen, den anderen Partnerinnen und Partnern im

Key words " institutional review board l " clinical study l " research projects on humans l

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0033-1360297 Online-publiziert 18. 03. 2014 Zentralbl Chir 2015; 140: 63–66 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0044‑409X Korrespondenzadresse Dr. Norbert Beck Ethik-Kommission/ Institut für Rechtsmedizin Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R. Leipziger Straße 44 39120 Magdeburg Deutschland Tel.: 03 91/1 43 44 Fax: 03 91/29 01 85 [email protected]

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What a Surgeon Needs to Know of the Work of a Medical Ethics Committee/Institutional Review Board

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Gesundheitswesen sowie zum Verhalten in der Öffentlichkeit dar. … Mit der Festlegung von Berufspflichten der Ärztinnen und Ärzte dient die Berufsordnung zugleich dem Ziel, " das Vertrauen zwischen Ärztinnen und Ärzten und Patientinnen und Patienten zu erhalten und zu fördern; " die Qualität der ärztlichen Tätigkeit im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen; " die Freiheit und das Ansehen des Arztberufes zu wahren; " berufswürdiges Verhalten zu fördern und berufsunwürdiges Verhalten zu verhindern.“ Besonderes Augenmerk bekommt hierbei die wissenschaftliche Forschung, wobei neben der Grundlagenforschung insbesondere die Anwendung neuer Arzneimittel, Medizinprodukte und Verfahren oftmals schwierig zu kalkulierende Risiken für Patienten mit sich bringen können. Deshalb ist im § 15 der Berufsordnung für die Forschung wie folgt formuliert worden [1]: „Ärztinnen und Ärzte, die sich an einem Forschungsvorhaben beteiligen, bei dem in die psychische oder körperliche Integrität eines Menschen eingegriffen wird oder Körpermaterialien oder Daten verwendet werden, die sich einem bestimmten Menschen zuordnen lassen, müssen sicherstellen, dass vor der Durchführung des Forschungsvorhabens eine Beratung erfolgt, die auf die mit ihm verbundenen berufsethischen und berufsrechtlichen Fragen zielt und die von einer bei der zuständigen Ärztekammer gebildeten Ethik-Kommission oder von einer anderen, nach Landesrecht gebildeten unabhängigen und interdisziplinär besetzten Ethik-Kommission durchgeführt wird. Dasselbe gilt vor der Durchführung gesetzlich zugelassener Forschung mit vitalen menschlichen Gameten und lebendem embryonalen Gewebe.“ Daraus lässt sich demnach ableiten, dass grundsätzlich vor Durchführung von Forschungsvorhaben am Menschen eine Beratung des Forschers vor einer Ethik-Kommission erfolgen muss. Diese Beratung dient dem Schutz des Patienten bzw. Probanden, der Beratung des Forschers und deshalb auch der Erfüllung der Schutzpflicht der Institution. Die Kommissionskontrolle der medizinischen Versuche am Menschen hat verschiedene Wurzeln. Eine Untersuchung der Boston University aus dem Beginn der 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts über das Vorgehen bei medizinischen Experimenten zeigte, dass im Allgemeinen weder Formulare Verwendung fanden noch Dienstanweisungen oder Kommissionen bestanden. Weiterhin wurde festgestellt, dass aus 100 fortlaufenden Untersuchungen in einer angesehenen amerikanischen Fachzeitschrift wenigstens 12 anfechtbar waren. Als Reaktion auf diese Vorgänge haben die USA über ihre Behörden Regeln herausgebracht, wonach Bundesmittel nur noch vergeben werden, wenn das Forschungsprojekt vorher einer Kommission an der antragstellenden Institution (Institutional Review Board) zum Schutz von Versuchspersonen vorgelegt und von ihr gebilligt worden ist [2]. Im Jahre 1975 war in die Deklaration von Helsinki folgende Regel aufgenommen worden: „Die Planung und Durchführung eines jeden Versuchs am Menschen sollte eindeutig in einem Versuchsprotokoll niedergelegt werden; dieses sollte einem besonders berufenen, vom Prüfarzt und Sponsor unabhängigen Ausschuss zur Beratung, Stellungnahme und Orientierung vorgelegt werden.“ Außerdem wurde in der Deklaration bestimmt, dass „solche Versuche, die nicht mit dem in dieser Deklaration niedergelegten Grundsätzen übereinstimmen, nicht zur Veröffentlichung angenommen werden sollten“ [2]. Deshalb verlangen die Herausgeber medizinischer Zeitschriften heute nahezu stets das Plazet einer Ethik-Kommission. Entspre-

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chende Maßgaben sind auch auf europäischer Ebene in den Richtlinien des Europäischen Parlaments (2001/20/EG, 2003/94/ EG u. a.) veröffentlicht worden. In Deutschland gibt es flächendeckend über die Landesärztekammern, die Länder und die medizinischen Fakultäten der Universitäten Ethik-Kommissionen, die Ärzte und andere Wissenschaftler vor Durchführung von Forschungsvorhaben am Menschen beraten. Eine Pflicht zur Beratung besteht vor Durchführung für Forschungsvorhaben über die Berufsordnung lediglich für Ärzte. Die dafür einzureichenden Unterlagen sind zumeist überschaubar: Mindestens Angaben zu den Prüfern inkl. Qualifikationsnachweise, Prüfplan mit Darstellung der Forschungsziele und Risiko-Nutzen-Kalkulation, Patienteninformation und ‑einwilligungserklärung, Versicherungspolice bei studienbezogenen Risiken (sofern erforderlich). Von den Ethik-Kommissionen im Forschungsbereich abzugrenzen sind ethische Fallberatungen, die aufgrund von Entscheidungskonflikten bei komplizierten Krankheitsverläufen oder besonderen Situationen (Ablehnung von Behandlungsvorschlägen usw.) einberufen werden. Solche Ethik-Gremien bestehen zumeist aus freiwilligen Zusammenschlüssen entsprechender Fachkollegen und finden sich weder im Berufsrecht noch in den anderen aufgeführten Gesetzen als Verpflichtung [3].

Beratungs- und Zulassungsfunktion der Ethik-Kommissionen bei Studien mit Arzneimitteln und Medizinprodukten !

Neben der bereits erörterten Beratungsfunktion haben EthikKommissionen seit 2004 im Arzneimittelgesetz (AMG) und seit 2010 im Medizinproduktegesetz (MPG) eine behördenähnliche Zulassungsfunktion bekommen. Neben den Regelungen des AMG [4] und des MPG [6] enthalten auch die GCP‑V [5] und die Verordnung über die klinische Prüfung von Medizinprodukten (MPKGV) [7] Angaben darüber, was den Ethik-Kommissionen zur Prüfung vorgelegt werden muss. Im Ergebnis der Überprüfung und Beratung muss eine zustimmende Bewertung durch die zuständige Ethik-Kommission im Beratungsverfahren im Benehmen mit ggf. beteiligten Ethik-Kommissionen erstellt werden. Erst danach darf eine Studie begonnen werden. Neben den administrativen Angaben zur Studie (EudraCT-Nummer, Sponsor, usw.) sind der Ethik-Kommission nach der GCP‑V u. a. folgende Unterlagen vorzulegen: " Namen und Anschriften der Einrichtungen, die als Prüfstelle oder Prüflabor in die klinische Prüfung eingebunden sind, sowie der Prüfer und des Leiters der klinischen Prüfung, " Angabe der Berufe von Prüfern, die nicht Arzt sind, der wissenschaftlichen Anforderungen des jeweiligen Berufs und der seine Ausübung voraussetzenden Erfahrungen in der Patientenbetreuung sowie Darlegung, dass der jeweilige Beruf für die Durchführung von Forschungen am Menschen qualifiziert und Darlegung der besonderen Gegebenheiten der klinischen Prüfung, die die Prüfertätigkeit eines Angehörigen des jeweiligen Berufs rechtfertigen, " Prüferinformation, " Bezeichnung und Charakterisierung der Prüfpräparate und ihrer Wirkstoffe, " Gegenstand der klinischen Prüfung und ihre Ziele, " Anzahl, Alter und Geschlecht der betroffenen Personen,

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Erläuterung der Kriterien für die Auswahl der betroffenen Personen sowie der hierzu zugrunde gelegten statistischen Erwägungen, " Begründung dafür, dass die gewählte Geschlechterverteilung in der Gruppe der betroffenen Personen zur Feststellung möglicher geschlechtsspezifischer Unterschiede bei der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit des geprüften Arzneimittels angemessen ist, " Plan für eine Weiterbehandlung und medizinische Betreuung der betroffenen Personen nach dem Ende der klinischen Prüfung, " mit Gründen versehene Angaben ablehnender Bewertungen der zuständigen Ethik-Kommissionen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum sowie Versagungen beantragter Genehmigungen durch die zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum; sollten zustimmende Bewertungen einer Ethik-Kommission oder eine Genehmigung durch eine zuständige Behörde mit Auflagen versehen worden sein, sind diese anzugeben, " die Bestätigung, dass betroffene Personen über die Weitergabe ihrer pseudonymisierten Daten im Rahmen der Dokumentations- und Mitteilungspflichten … an die dort genannten Empfänger aufgeklärt werden; diese muss eine Erklärung enthalten, dass betroffene Personen, die der Weitergabe nicht zustimmen, nicht in die klinische Prüfung eingeschlossen werden. Der zuständigen Ethik-Kommission ist ferner vorzulegen: " Erläuterung der Bedeutung der klinischen Prüfung, " Bewertung und Abwägung der vorhersehbaren Risiken und Nachteile der klinischen Prüfung gegenüber dem erwarteten Nutzen für die betroffenen Personen und zukünftig erkrankte Personen, " Rechtfertigung für die Einbeziehung von Personen nach § 40 Abs. 4 und § 41 Abs. 2 und 3 des Arzneimittelgesetzes in die klinische Prüfung, " Erklärung zur Einbeziehung möglicherweise vom Sponsor oder Prüfer abhängiger Personen, " Angaben zur Finanzierung der klinischen Prüfung, " Lebensläufe oder andere geeignete Qualifikationsnachweise der Prüfer, " Angaben zur Qualifikation der Mitglieder der Prüfgruppe sowie über ihre Erfahrungen mit der Durchführung klinischer Prüfungen, " Angaben zu möglichen wirtschaftlichen und anderen Interessen der Prüfer im Zusammenhang mit den Prüfpräparaten, " Angaben zur Eignung der Prüfstelle, insbesondere zur Angemessenheit der dort vorhandenen Mittel und Einrichtungen, " Informationen und Unterlagen, die die betroffenen Personen erhalten, in deutscher Sprache sowie eine Darstellung des Verfahrens der Einwilligung nach Aufklärung, " Beschreibung der vorgesehenen Untersuchungsmethoden und eventuelle Abweichungen von den in der medizinischen Praxis üblichen Untersuchungen, " Beschreibung der vorgesehenen Verfahrensweise, mit der verhindert werden soll, dass betroffene Personen gleichzeitig an anderen klinischen Prüfungen oder Forschungsprojekten teilnehmen oder vor Ablauf einer erforderlichen Karenzzeit an der klinischen Prüfung teilnehmen, " Beschreibung, wie der Gesundheitszustand gesunder betroffener Personen dokumentiert werden soll,

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Nachweis einer Versicherung nach § 40 Abs. 1 Satz 3 Nr. 8 und Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes oder in Fällen des § 40 Abs. 1b des Arzneimittelgesetzes der Nachweis des Bestehens einer anderweitigen Versicherung für Prüfer und Sponsor, " hinsichtlich der Vergütung der Prüfer und der Entschädigung der betroffenen Personen getroffene Vereinbarungen, " Erklärung zur Einhaltung des Datenschutzes, " alle wesentlichen Elemente der zwischen dem Sponsor und der Prüfstelle vorgesehenen Verträge, " Kriterien für das Aussetzen oder die vorzeitige Beendigung der klinischen Prüfung, " bei multizentrischen klinischen Prüfungen, die im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes in mehr als 1 Prüfstelle erfolgen, eine Liste der Bezeichnungen und Anschriften der beteiligten Ethik-Kommissionen, " eine Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte des Prüfplans in deutscher Sprache, wenn der Prüfplan nach Abs. 2 Nr. 3 in englischer Sprache vorgelegt wird. Um ein zeitnahes Verfahren vor den Ethik-Kommissionen zu gewährleisten, wurden Fristen von 30 bzw. 60 Tagen für die Entscheidungsfindung der Ethik-Kommissionen nach Einreichung der Unterlagen in den Gesetzen verankert.

Ergebnisse der Beratung vor der Ethik-Kommission !

Welche Ergebnisse kann der Wissenschaftler von der Beratung erwarten? 1. Zustimmende Bewertung = positives Votum: Die zustimmende Bewertung umfasst die Zustimmung zum geplanten Forschungsvorhaben im Zusammenhang mit der Geeignetheit der Prüfstelle und der anzunehmenden Qualifikation der Prüfer. 2. Aussetzung der zustimmenden Bewertung bis nach Vorlage geänderter Unterlagen: Im Ergebnis der Diskussion können Mängel in den administrativen Gegebenheiten (Prüfstellenausstattung, Qualifikationsnachweise der Prüfer o. ä.) genauso auffallen wie auch in den wissenschaftlichen Unterlagen (unzureichende biostatistische Erwägungen, unbegründete Risiko-Nutzen-Kalkulation, ungenügende wissenschaftliche Begründung des Forschungsvorhabens, Mängel in der Gestaltung und Ausformulierung der Patienteninformation, o. ä.). Eine zustimmende Bewertung kann nach erfolgten Änderungen ggf. nach nochmaliger Beratung erfolgen. 3. Versagung der zustimmenden Bewertung = negatives Votum: Die Versagung der zustimmenden Bewertung muss durch die Ethik-Kommission begründet erfolgen. Im Wesentlichen betrifft sie entweder die Ungeeignetheit der Prüfstelle und/oder erhebliche Diskussionspunkte im wissenschaftlichen Aufbau der Studie. Im Arzneimittel- und Medizinprodukterecht sind Versagensgründe formuliert, d. h. die Gründe, die dazu führen, dass die zustimmende Bewertung durch die zuständige EthikKommission und/oder Bundesoberbehörde versagt werden darf: Im § 42 des AMG ist für das Verfahren vor der Ethik-Kommission dazu beispielhaft, wie folgt, formuliert: Die zustimmende Bewertung darf nur versagt werden, wenn a) die vorgelegten Unterlagen auch nach Ablauf einer dem Sponsor gesetzten angemessenen Frist zur Ergänzung unvollständig sind,

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b)Die vorgelegten Unterlagen einschließlich des Prüfplans, der Prüferinformation und der Modalitäten für die Auswahl der Prüfungsteilnehmer nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen, insbesondere die klinische Prüfung ungeeignet ist, den Nachweis der Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit eines Arzneimittels einschließlich einer unterschiedlichen Wirkungsweise bei Frauen und Männern zu erbringen, oder c) die in § 40 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bis 9, Abs. 4 und § 41 geregelten Anforderungen nicht erfüllt sind (= dort formulierte Voraussetzungen für die klinische Prüfung, inkl. ggf. Einbeziehung Minderjähriger und besondere Voraussetzungen der klinischen Prüfung).

Schlussbetrachtung

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Ethik-Kommissionen verstehen sich nicht als Prüfungsgremien, vor denen Kolloquien abgehalten werden. Im Vordergrund der Tätigkeit der Ethik-Kommissionen steht die Beratung der Prüfärzte und weiterer beteiligter Wissenschaftler, anlassbezogen zu einem konkreten Forschungsvorhaben. Deshalb sollte dem antragstellenden Wissenschaftler zur Beratung vor Durchführung des Forschungsvorhabens Gehör vor der Ethik-Kommission zugestanden werden ([2], S. 622). Die administrativen (Angaben zu Prüfern, Prüfstelle, Sponsor, Versicherungspolice, Prüfervertrag u. ä.) und wissenschaftlichen (Prüfplan, Risiko-Nutzen-Kalkulation, Case Report Form, Patienteninformation, ‑einwilligungserklärung, u. a.) Unterlagen sind der Ethik-Kommission in einem angemessenen Zeitrahmen vor der Beratung schriftlich zur Kenntnis zu geben. Vorteilhaft hat es sich erwiesen, administrative Aspekte über eine Koordinierungsstelle vor der Beratung vor der Ethik-Kommission zu ordnen. Im Universitätsklinikum Magdeburg ist seit einigen Jahren dafür ein Clinical Study Center (CSC) eingerichtet worden, mit dessen Hilfe sowohl Projekte aus der Grundlagenforschung als auch Arzneimittel- und Medizinproduktestudien ohne industriellen Sponsor als vom Wissenschaftler, also vom Investigator initiierte Projekte (Investigator initiated Trials = IIT), gemäß gesetzlicher Vorgaben, vorbereitet werden können. Weiterführende Informationen können sowohl aus der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur (bspw. [8]) oder über die Website des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland e. V. www.ak-med-ethik-komm.de erlangt werden.

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Ethik-Kommissionen sind interdisziplinär besetzte Gremien zur Beurteilung ethischer, sozialer, rechtlicher, ärztlicher und medizinischer Aspekte der Forschung am Menschen. Die Ethik-Kommission dient sowohl dem Schutz des Patienten/ Probanden als auch dem Schutz der Prüfärzte und des sonstigen beteiligten Personals bei der Durchführung wissenschaftlicher Projekte. Gemäß Berufsordnung ist jeder Arzt verpflichtet, vor Durchführung eines Forschungsvorhabens sich bei einer für ihn zuständigen Ethik-Kommission beraten zu lassen. Über die Deklaration von Helsinki ist die Beratung von Ärzten internationaler Standard vor Durchführung eines Forschungsvorhabens. Neben der Beratungsfunktion hat eine Ethik-Kommission eine behördenähnliche Zulassungsfunktion im Rahmen des Arzneimittel- und Medizinproduktegesetzes. Besondere Aspekte müssen bei weiteren Gesetzen beachtet werden – beispielsweise Transfusionsgesetz, Strahlenschutzund Röntgenverordnung, bei Studien mit somatischer Zelltherapie, Gentransfer und gegebenenfalls genetisch veränderter Organismen.

Interessenkonflikt: Nein Literatur 1 Bundesärztekammer. (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte – MBO-Ä 1997 – in der Fassung der Beschlüsse des 114. Deutschen Ärztetages 2011 in Kiel. Im Internet: http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/MBO_08_20111.pdf, Stand: 21. 10. 2013 2 Deutsch E, Spickhoff A: Medizinrecht. 6. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer; 2008: 618 ff 3 Bein T. Ethische Grenzsituationen in der chirurgischen Intensivmedizin – Bedeutung einer ethischen Fallberatung. Zentralbl Chir 2011; 136: 113–117 4 AMG – Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), das durch Artikel 1 der Verordnung vom 24. Juni 2013 (BGBl. I S. 1687) geändert worden ist 5 GCP‑V – GCP-Verordnung vom 9. August 2004 (BGBl. I S. 2081), die zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 19. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2192) geändert worden ist 6 MPG – Medizinproduktegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. August 2002 (BGBl. I S. 3146), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 19. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2192) geändert worden ist 7 MPKPV – Verordnung über klinische Prüfungen von Medizinprodukten vom 10. Mai 2010 (BGBl. I S. 555) 8 Raspe H, Hüppe A, Steinmann M. Empfehlungen zur Begutachtung klinischer Studien durch Ethik-Kommissionen. Köln: Deutscher Ärzteverlag; 2006

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