Pro & Contra | Commentary

Induktionschemotherapie bei lokal fortgeschrittenen Kopf-Hals-Karzinomen – pro Induction chemotherapy in locally advanced head and neck cancer? Yes

Prof. Dr. Rainald Knecht

R. Knecht1 C.-J. Busch1 P. Schafhausen1 Onkologie, Hals-NasenOhrenheilkunde Pro & Contra | Commentary

Schlüsselwörter Kopf-Hals-Tumoren lokal fortgeschrittenes Plattenepithelkarzinom Induktionschemotherapie

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Keywords head and neck cancer induction chemotherapy locally advanced squamous cell carcinoma

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Institut Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen und Ohrenheilkunde Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1387293 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 : 2080 · © Georg Thieme 0 Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Dr. Rainald Knecht Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Universitätsklinikum Eppendorf Martinistr. 52 20246 Hamburg eMail [email protected] Interessenkonflikte: keine

Bei lokal fortgeschrittenen oder funktionell inoperablen Plattenepithelkarzinomen des KopfHals-Bereichs ist die kombinierte Radiochemotherapie (RCT) historisch bedingt die allgemein akzeptierte Standardtherapie. Alternativ hierzu wird seit Jahren im Rahmen von Studien in dieser Situation eine Induktionschemotherapie (ICT) der Strahlentherapie vorangestellt. Die Gründe hierfür sind vor allem: 3 höhere Chemotherapeutika-Konzentration in einem nicht durch Chirurgie oder Strahlen vorbehandeltem, gut vaskularisiertem Tumorgewebe 3 rasches Ansprechen mit Reduktion der Tumorlast für nachfolgende Radiotherapie 3 bei Nichtansprechen in Organerhalt Situation: Operation mit weniger Komplikationen (z. B. Fistelbildung) als nach Radiochemotherapie möglich 3 Reduktion der Fernmetastasierungsrate Während im Rahmen des Organerhalts bei fortgeschrittenen, resektablen Larynxkarzinomen die ICT als akzeptierte Alternative zur Laryngektomie und zur primären RCT gilt [1], ist die Situation bei inoperablen Tumoren weiterhin kontrovers. Seit den Studien TAX 323 und TAX 324 gilt das TPF-Schema (Docetaxel, Cisplatin, 5-FU) als Standard für die ICT, da diese dem PF (Cisplatin, 5-FU) deutlich überlegen war [5]. Ein Vergleich zwischen der ICT und der primären RCT stand lange Zeit aus. Die ersten randomisierten Phase-III-Studien, die diese Fragestellung klären sollten, wurden 2012 beim ASCO vorstellt [3]. Die eingesetzten Protokolle wichen sowohl von den Substanzen als auch den Dosierungen her von den Protokollen der TAX-Studien ab, was einen direkten Vergleich zu anderen Studien erschwert. Beide Studien erreichten die geplante Rekrutierungszahl nicht, um einen Überlebensvorteil des Induktions-Arms gegenüber dem RCT-Arm darzustellen. Betrachtet man bei diesen und anderen ICTStudien jedoch die Ansprechrate nach ICT + RCT vergleichend zur RCT allein, so stellt man folgendes fest: Die Rate an kompletter und partieller Remission war jeweils in den Induktions-Armen wesentlich höher. Dieser rasche und eindrucksvolle Rückgang des Tumors übersetzt sich in diesen Studien allerdings nicht in ein verbessertes progressionsfreies (PFS) oder Gesamtüberleben (OS). Ursachen hierfür kann zu einem die unvollständige Patientenrekrutierung und damit verminderte Aussagekraft bezüglich der Endpunkte sein. Zum anderen zeigte eine weitere spanische Studie [4] einen interessanten Aspekt in einer Subgruppen-

analyse: Verglichen wurden TPF vs. PF vs. alleinige RCT. Trotz eines besseren Ansprechens nach der ICT ergaben sich insgesamt keine Unterschiede bezüglich des Überlebens. Bei Patienten, die mindestens einen Zyklus ICT und einen Zyklus RCT erhalten haben, war das PFS nach ICT aber signifikant besser als in der Intention-to-Treat-Gruppe. Es ist also essenziell, die Patienten zu identifizieren, die die komplexe Therapie vertragen und vollständig durchführen können. Beim diesjährigen ASCO wurden die Ergebnisse einer italienischen Phase-III-Studie [5] vorgestellt, die ICT mit RCT (mit Cisplatin/5-FU oder Cetuximab) und alleinige RCT (mit Cisplatin/5-FU oder Cetuximab) verglich. Neben einer signifikant höheren Rate an kompletter Remission nach ICT +  RCT (43,5 vs. 28 %, p = 0,0023) zeigte die Studie eine deutliche Überlegenheit des ICT-Armes im 3Jahres PFS (46,8 vs. 36,7 %, p = 0,0155) und OS (57,7 % vs. 45,7 %, p = 0,025) gegenüber der alleinigen RCT, unabhängig von der konkomitanten Therapie. Die Compliance zur konkomitanten RCT wurde durch die vorherige ICT nicht beeinflusst. Dies ist die erste Studie zum Vergleich ICT vs. RCT, die stringent eine Übersetzung der kompletten Remission in ein verbessertes Progressions-freies und Gesamtüberleben bei ICT zeigt. Fazit: Die ICT ist eine komplexe Therapie, was in der täglichen Routine aufgrund der erforderlichen Multidisziplinarität sicherlich nicht einfach umzusetzen ist. Dennoch ist es erstrebenswert, sie bei denjenigen Patienten anzuwenden, die dadurch ein verbesserte Überlebenchance haben. Das Ziel weiterer Studien sollte sich auf den Vergleich bisher etablierter Standardprotokolle sowohl für die alleinige RCT als auch für die ICT konzentrieren und somit dazu beitragen die Patienten herauszukristallisieren, bei denen eine ICT durchgeführt werden kann und die auch davon profitieren. Literatur 1 Forastiere AA, Zhang Q, Weber RS et al. J Clin Oncol 2013; 31: 845–852 2 Ghi MG, Paccagnella A, Ferrari D et al. ASCO Meeting Abstracts 2014; 32(15_suppl): 6004 3 Haddad R, O'Neill A, Rabinowits G et al. Lancet Oncol 2013; 14: 257–264 4 Hitt R, Grau JJ, Lopez-Pousa A et al. Ann Oncol 2014; 25: 216–225 5 Lorch JH, Goloubeva O, Haddad RI et al. Lancet Oncol 2011; 12: 153–159

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