Leitthema Orthopäde DOI 10.1007/s00132-015-3104-1 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

A.F. Steinert · L. Sefrin · M. Hoberg · J. Arnholdt · M. Rudert Orthopädische Klinik, König-Ludwig-Haus, Lehrstuhl für Orthopädie, Julius-Maximilians-Universität, Würzburg, Deutschland

Individualendoprothetik am Kniegelenk Die grundlegende Rationale der Verwendung eines patientenindividuellen Implantatsystems basiert auf dem Prinzip, das Kniegelenksimplantat an die patientenindividuelle Anatomie und Pathologie anzupassen, und nicht die knöchernen Strukturen an ein Implantat anzupassen, was bei den Standardknieprothesenoperationen notwendig ist. Die Verwendung der individualisierten Implantate sowie der patientenspezifischen Bohrschablonen und Schnittblöcke zielt darauf ab, die gegenwärtigen Probleme der Standardknieendoprothetik, wie abnormale postoperative Kniekinematik, Restbeschwerden bei über 20 % der Patienten, reduzierte Aktivitätslevel und niedrige Patientenzufriedenheit, zu minimieren [6, 21–23].

Einführung in die Individualendoprothetik am Kniegelenk Das Bestreben patientenindividuelle Kniegelenksimplantate herzustellen, hat sich aus der Beobachtung heraus entwickelt, dass die Anatomie des Kniegelenkes in hohem Maße variabel ist und symmetrische Implantate in den meisten Fällen nicht die exakte Oberflächenanatomie des Kniegelenkes und die natürliche Kniekinematik wiederherstellen können, obwohl verschiedene Implantatgrößen angeboten werden. Eine Reihe von anatomischen und radiologischen Studien beweist zum einen eine hohe individuelle Variabilität der Femurkondylengrößen und -radien von medial nach lateral, aber auch eine erhebliche Variabilität der Epikondylenachse, Trochleamorphologie und Tibiaplateaugeometrie [1, 12, 13, 18, 20, 28], was wiederum wesentliche Unterschiede in der Kniekine-

matik bedingt [3]. Die Kniegelenkskinematik beinhaltet in der Beugung einen Roll-Gleit-Mechanismus und die sogenannte Schlussrotation am Ende der Streckung [14]. Änderungen der anatomischen Landmarken während der Kniegelenksarthroplastik resultieren in einem veränderten Zusammenspiel der beteiligten Knochen- und Weichteilstrukturen, was zu einer pathologisch veränderten Kniegelenkskinematik führen kann [13, 17, 27]. Gegenwärtige Implantatdesigns für den partiellen und totalen Kniegelenkersatz spiegeln die individuelle Patientenanatomie nicht akkurat wider und führen zu assoziierten Problemen. Beispiele für Implantatdesignprobleme sind die hohen Versagensraten von schmalen Kniegelenkendoprothesendesigns bei adipösen Patienten im Vergleich zu breiten [4], Fehlanpassung des Tibiaplateaus mit Über- oder Unterstand des unterliegenden Knochens, symmetrische Femurkomponenten mit gesteigerter Randbelastung und anschließendem Versagen der Komponenten oder überdimensionierte Femurkomponenten, die zu einer Enge des patellofemoralen Kompartimentes führen [26]. Unterschiede der knöchernen Anatomie zwischen Kniegelenken von Männern und Frauen sind gut beschrieben. Männer haben größere Femura als Frauen [16]. Obwohl diese Charakteristika in den aktuellen „Genderdesigns“ vieler Knieprothesensysteme auf dem Markt berücksichtigt wurden, sind viele interindividuelle Besonderheiten wie die Rotationsunterschiede der Trochlea und der epikondylären Achse nicht berücksichtigt worden. Andere Knieprothesendesigns zielen auf eine beabsichtigte Veränderung der Kniekinematik ab, wie die Implantatdesigns mit einem Ein-

zelradius, die eine höhere resultierende Beugefähigkeit anstreben [5, 10, 30]. Solche Implantatdesigns ändern jedoch die natürliche Kniekinematik und können das Risiko für eine Instabilität in mittlerer und tiefer Flexion des Kniegelenkes erhöhen [9]. In der Zusammenschau lässt sich festhalten, dass die individualisierte patientenspezifische Knieendoprothetik das Potenzial hat, viele Schwächen der Standardknieendoprothetik zu verbessern, und sie ermöglicht eine vergrößerte knöcherne Implantatauflage. Dieser Artikel stellt eine neue chirurgische Technik vor, die die zweite Generation (G2) des patientenspezifischen uni-, biund trikompartimentellen Knieoberflächenersatzes verwendet, um zusammen mit den entsprechenden patientenspezifischen Instrumenten eine möglichst individualisierte Behandlung von verschiedenen Stadien und Verteilungsmustern der Gonarthrose zu ermöglichen.

Indikationen und Kontraindikationen Welches Implantat passt zu welchem Patienten? Die Wahl welches Knieimplantat am besten zu welchem Patienten passt, ist eine individuelle Entscheidung, die der Patient zusammen mit seinem Operateur trifft. Einbezogen werden eine Reihe von Entscheidungskriterien, die unter anderem das Knorpeldefektmuster, Kniebandstabilität, Fehlstellungsgrad, Grunderkrankung (Osteoarthrose, Rheumatoide Arthritis etc.), Alter, Gewicht, Aktivitätsniveau einschließen. Aus diesem Grunde ist eine genaue Anamnese notwendig, die mitunter Lokalisation und Auslöser des Knieschmerzes klärt, ob beispielsDer Orthopäde

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Abb. 1 8 Organigramm Individualendoprothetik am Kniegelenk. Sobald sich der Patient und Chirurg für die Implantation einer Individualendoprothese entschieden haben, wird der Patient für eine CT Untersuchung der betroffenen unteren Extremität angemeldet, und der Chirurg sendet eine Implantatanforderung an die Firma ConforMIS, welche Informationen über die wichtigsten Patientendaten, das gewünschte Implantat und das geplante Operationsdatum enthält. Nach Erhalt der CTUntersuchungsergebnisse, werden Bilddaten erzeugt und die individuellen Implantate und Instrumente designt und gefertigt, was insgesamt einen Zeitraum von etwa 6 Wochen beansprucht. Implantate, Instrumente und iView-Planungsskizze werden in einem Implantationskit („Lunchboxformat“) geliefert. (Modifiziert nach [15])

weise ein vorderer Knieschmerz besteht, welche etwaigen arthroskopischen Voroperationen mit dazugehörigem Befund vorliegen, oder eventuell eine Metallallergie besteht. Darüber hinaus ist eine eingehende klinische Untersuchung notwendig, die bestehende Bewegungseinschränkungen, Bandinstabilitäten, Meniskuszeichen, Schmerzen oder Fehlführungen der Patella feststellt.

Diagnostik Die Kniegelenksdiagnostik umfasst in der Regel standardmäßige anterior-posterior (a.-p.) und seitliche Röntgenbilder des Kniegelenkes, eine Tangentialaufnahme der Patella sowie eine Ganzbeinstandaufnahme, um die mechanische Knieachse zu bestimmen. Stressaufnahmen des Kniegelenkes in Varus- und Valgusposition, Rosenbergaufnahmen oder Patelladefileeaufnahmen sind fakultativ, können aber wertvolle zusätzliche Informationen liefern.

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Ein Teilgelenkersatz ist weniger invasiv 2

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Wenn die Entscheidung für einen endoprothetischen Gelenkersatz getroffen wurde, sollte initial festgestellt werden, ob ein Teilgelenkersatz oder ein totalendoprothetischer Gelenkersatz (TEP) am besten zur Behandlung der individuellen Kniegelenkspathologie des Patienten geeignet ist. Generell lässt sich sagen, dass ein Teilgelenkersatz weniger invasiv als eine Knie-TEP ist und eine schnellere initiale Rehabilitation ermöglicht, wobei Gonarthrosepatienten ausgewählt werden mit einem biologischen Alter tendenziell eher jünger als etwa 60 Jahre (individuelle Entscheidung) und stabilen Kniegelenksverhältnissen mit weniger als 10° Achsdeformität (Varus- oder Valgusdeformität, Streckdefizit) [25]. Abhängig davon, ob eine symptomatische unikompartimentelle (medial oder lateral) oder bikompartimentelle Gonarthrose (medial und retropatellar oder lateral und retropatellar) vorliegt, wird ein unikompartimenteller oder bikompartimenteller Teilgelenkersatz gewählt. In den Fällen, in der die Wahl des am besten geeigneten Implantates nicht eindeutig klar ist, kann eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Kniegelenkes ein hilfreiches zusätzliches

diagnostisches Instrument sein, das die Entscheidungsfindung erleichtert. Einige radiologische Zentren führen Computertomographien (CT) des Kniegelenkes mit intraartikulär injiziertem Kontrastmittel durch (Arthro-CT), die in Händen eines erfahrenen Diagnostikers eine vergleichbare Aussagekraft haben können.

Auswahl und Fertigung des Implantats Ist die Entscheidung für einen Implantattyp der Wahl (uni-, bi-, oder trikompartimenteller Kniegelenksersatz) gefallen, so besteht die Möglichkeit sich jeweils für eine Standardversorgung mit Standardimplantaten verschiedener Größe oder für ein individualisiertes Implantatsystem nach Maßanfertigung zu entscheiden. Die Kontraindikationen für ein patientenspezifisches Implantatsystem vom Typ ConforMIS™ umfassen Infektionen, Seitenbandinstabilität, Insuffizienz des vorderen (iUni G2; iDuo G2) oder des hinteren (iTotal G2) Kreuzbandes, Achsdeformitäten (Varus-, Valgus-, Flexionsfehlstellung) von > 15° (iTotal G2) oder > 10° (iUni G2; iDuo G2). Relative Kontrain-

Zusammenfassung · Abstract dikationen für einen Teilgelenkersatz umfassen die Rheumatoide Arthritis (RA), Pangonarthrose, paradoxe Arthrosemuster (z. B. Valgus und mediale Arthrose) und ein Body-Mass-Index von über 40.

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Für den Fertigungsprozess sind 6 Wochen zu veranschlagen Sobald Patient und Chirurg sich für einen individuellen Kniegelenkersatz entschlossen haben, wird eine spezielle CT-Untersuchung der betroffenen unteren Extremität veranlasst, die das Design und die Anfertigung der patientenspezifischen Implantate und Instrumente durch den Hersteller ermöglicht. Das Protokoll für die CT-Untersuchung ist an allen klinischen Computertomographen durchführbar (siehe http://www.conformis.de/ fileadmin/user_upload/content/files/CT_ Handbuch.pdf). Der gesamte Fertigungsprozess vom CT bis zur Auslieferung des Implantationskits (steril verpackte individuelle Implantate und Instrumente sowie iView-Planungszeichnung) ist mit etwa 6 Wochen zu veranschlagen (.  Abb.  1). Die Technologie der Umsetzung von der Bildgebung zu einem Implantatsystem ist im Internet einsehbar (http://www.conformis.com/customized-knee-implants/ image-to-implant-process/).

Unikompartimentelle Prothetik – iUni G2 Einer der Gründe warum unikompartimentelle Kniegelenksendoprothesen in nur einem relativ geringen Teil der Patienten mit symptomatischer unikompartimenteller Gonarthrose implantiert werden, ist die Tatsache, dass der Einbau mitunter als technisch anspruchsvoller und weniger reproduzierbar als bei der TEPImplantation eingeschätzt wird [11, 19].

Eigenschaften und Lieferumfang Um diesen Limitierungen zu begegnen wurde die unikompartimentelle iUni G2-Prothese dergestalt entworfen, dass das mediale oder laterale femoro-tibiale Kompartiment komplett mit einem patientenspezifischen Implantat und einer Reihe von individuellen pränavigier-

Orthopäde  DOI 10.1007/s00132-015-3104-1 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 A.F. Steinert · L. Sefrin · M. Hoberg · J. Arnholdt · M. Rudert

Individualendoprothetik am Kniegelenk Zusammenfassung In dieser Arbeit wird die grundlegende Rationale und die chirurgische Technik der patientenspezifischen uni-, bi- und trikompartimentellen Kniegelenksendoprothetik mit der zweiten Generation der ConforMIS™Technologie beschrieben. Patientenindividuelle Implantate und Instrumente werden auf der Basis eines speziellen Computertomogrammes des Beines entworfen und hergestellt. Patientenspezifische Einweginstrumente in Form von Bohrschablonen und Schnittblöcken berücksichtigen die anatomischen und mechanischen Achsen des Kniegelenkes und vermitteln eine effiziente Pränavigation der knöchernen Schnitte, ohne dass zusätzliche Navigations- oder Balancierungshilfen notwendig sind. Die Implantationstechnik für alle individuellen Implantate beinhaltet die Teilschritte Knorpelentfernung, Ausbalancieren des Kniegelenkes, dosierte Knochenschnitte, Präparation des femoralen und

tibialen Implantatlagers, Testung der Probekomponenten, Zementieren der endgültigen Komponenten und Wahl der besten Inlayhöhe. Durch die Verwendung dieses patientenspezifischen Implantatsystems, welches nicht nur die individuellen Einmalinstrumente, sondern auch die individuellen Kniegelenksimplantate beinhaltet, wird dem Chirurgen eine endoprothetische Versorgung ermöglicht, welche die patientenindividuelle Anatomie und Kniegelenkkinematik optimal wiederherstellt. Die bisherige begrenzte Datenlage mit dieser Technologie ist vielversprechend, jedoch stehen klinische Langzeitergebnisse derzeit noch aus. Schlüsselwörter Kniegelenksendoprothese · Kniegelenksersatz · Gonarthrose · Patientenspezifisch · Pränavigation

Individualized total knee arthroplasty Abstract This article describes the rationale and the surgical technique of patient-specific uni-, bi-, or three-compartmental knee arthroplasty using the second generation (G2) of ConforMIS™ technology. The patient-individual implants and instruments are designed and fabricated based on data from a preoperative computed tomography of the lower limb. The disposable patient-specific drill guides and cuttingjigs are manufactured under consideration of the anatomical and biomechanical axes of the knee joint and mediate efficient pre-navigation of the saw-cuts on the femoral and tibial bone without the need for an additional navigation or balancing device. The surgical technique for all types of knee resurfacement comprises the steps of cartilage removal, knee balancing in extension and flex-

ten Einmalschnittblöcken ersetzt werden kann (iJigs; ConforMIS™). Die Besonderheiten beim Design des iUni G2Implantates sind unter anderem eine anatomisch geformte femorale Komponente, welche die Notwendigkeit der femoralen Knochenresektion bis auf einen Abkantschnitt an der posterioren Kondyle aufhebt, und eine maßangefertigte tibiale Komponente die einen 100 %igen kor-

ion, sparing bony cuts, final preparation of femur and tibia, trialling, cementing of components and final choice of tibial insert. The use of individualized three-dimensional imagederived resurfacing implants, as well as personalized single-use instrumentation, facilitates the surgeon to perform an almost anatomical knee resurfacement that has the potential to restore almost normal knee kinematics. The limited data on this novel technology is promising, however long-term clinical data is needed for final evaluation of this technology. Keywords Knee arthroplasty · Knee replacement · Gonarthrosis · Patient-specific · Prenavigation

tikalen Knochenkontakt aufweist [8], was wiederum die Passgenauigkeit optimiert und zum dauerhaften Implantationserfolg beiträgt. Die iJigs sind so konstruiert, dass diese direkt in einer Position auf die Kondylen passen, wobei die biomechanischen und anatomischen Achsen die bei der CT-Untersuchung ermittelt wurden berücksichtigt werden, was eine effiziente Pränavigation der Schnittflächen ermögDer Orthopäde

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Abb. 2 8 Unikompartimentelle Individualprothese – ConforMIS™ iUni G2. Für die unikompartimentellen Individualknieprothesen wird eine iView-Planungsskizze für die vorgesehene Operation am Femur (a) und an der Tibia (b) mitgeliefert. Die Osteophyten sind dabei in grüner und roter Farbe dargestellt, wobei die Osteophyten in roter Farbe für eine korrekte Positionierung der patientenspezifischen iJig-Instrumente entfernt werden müssen (a, b). Zusätzlich wird am Femur die geplante Positionierung des femoralen iJig-Instrumentes, die geplante posteriore Kondylenresektion (hier 5,2 mm) und die geplante Lage der Femurkomponente dargestellt (a). Die tibialen Abbildungen zeigen in gleicher Weise die geplante Lage des tibialen iJigs, den geplanten anatomischen Slope (hier 2,1°) und die Zielpositionierung der Tibiakomponente (b). Röntgenbilder des rechten Kniegelenkes einer 50-jährigen Patientin mit medialer Gonarthrose zeigen präoperativ degenerative Veränderungen des medialen Kompartimentes (c, linke Abbildungen) und postoperativ eine korrekte Implantatpositionierung ohne wesentliche Überstände oder Unterstände des Implantates (c, rechte Abbildungen)

licht, ohne dass zusätzliche Navigationsinstrumente oder intramedulläre Ausrichtungshilfen benötigt werden.

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Eine dreidimensionale Planungsskizze wird mitgeliefert Zusammen mit den Instrumenten und Implantaten wird eine patientenspezifische dreidimensionale Planungsskizze (iView) ausgeliefert (. Abb. 2a, b; iUni G2) welche die geplante Positionierung

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der Pränavigationshilfen anzeigt und somit eine zusätzliche Kontrollmöglichkeit während der Operation darstellt. Die iView-Bilder stellen die Osteophyten am Femur (. Abb. 2a, Abbildungen links) und der Tibia (.  Abb.  2b, Abbildungen links) in roter und grüner Farbe dar, wobei die rot dargestellten Osteophyten zu entfernen sind, um eine korrekte Positionierung der iJig-Instrumente zu gewährleisten (. Abb. 2a, b; Abbildungen rechts). Dabei bleibt die Entfernung aller dargestellten Osteophyten dem intraoperativen Ermes-

sen des Chirurgen vorbehalten. Zusätzlich wird am Femur der erforderliche posteriore Kondylenschnitt graphisch dargestellt (. Abb. 2a), was sich ebenfalls als intraoperative Kontrollmöglichkeit anbietet und vom Chirurgen mit einer Messlehre am später resezierten Knochenstück kontrolliert werden sollte. Des Weiteren wird der Slope der geplanten Tibiaresektion angegeben (. Abb. 2b), der sich am anatomischen Slope orientiert und der patientenindividuell sehr unterschiedlich ist [24], was einen weiteren Unterschied zu kon-

fektionierten unikondylären Schlittenprothesensystemen darstellt [11]. Die Darstellung der geplanten Positionierung von Tibia- und Femurkomponente komplettieren die zur Verfügung gestellte Serie der Planungsabbildungen (. Abb. 2a, b; rechte Abbildungen).

Vorgehen bei der Operation Der chirurgische Zugang beinhaltet eine sparsame mediale (oder laterale) oder mediane Hautinzision, eine parapatellare Arthrotomie zur Exposition des betroffenen Kompartimentes und die Meniskusresektion unter Schutz der Bandstrukturen mit Retraktoren. Die chirurgische Implantationstechnik umfasst die Schritte Entknorpelung, Osteophytenentfernung, Balancierung des Kniegelenkes, Positionierung des tibialen iJigs, tibiale Resektion, Positionierung des femoralen iJigs, posteriore Femurkodylenresektion, finale Präparation von Tibia und Femur und abschließend die Zementierung der Komponenten, was bereits detailliert beschrieben wurde [11]. Kurz gefasst wird nach medialer Arthrotomie die Linea terminalis in Kniestreckung markiert, was der Belastungszone der mediofemoralen Gelenkfläche entspricht, wonach die Knorpelreste im gesamten medialen Kompartiment mit einem Lexer Meißel und einer Kürette entfernt werden. Folgend werden die Osteophyten abgetragen, welche die JigPositionierung oder die natürliche Bandspannung stören. Anschließend werden Balancierungsplatzhalter in das mediale Kompartiment eingebracht, welche eine um 1 mm zunehmende Dicke von A-D aufweisen und exakt auf die knöcherne Fläche der medialen Tibia angepasst sind. Hierauf folgend wird die Bandspannung in 20° Knieflexion getestet, wobei im Normalfall ein Bandspiel von 1 mm medial und 2–3 mm lateral anzustreben ist. Danach wird der tibiale iJig-Schnittblock auf den optimalen Balancingplatzhalter (normaler Weise B oder C) zur Durchführung der exakten sagittalen und horizontalen Sägeschnitte an der Tibia aufgebracht. Ein extramedullärer Führungsstab kann auf den tibialen iJig aufgebracht werden, der eine zusätzliche Kontrolle über Varus/Valgus-Positionierung

und Slope entsprechend den Vorgaben im iView erlaubt. Die Form des tibial resezierten Knochenstücks entspricht in der Regel exakt dem Instrument, mit welchem die finale Tibiapräparation erfolgt. Für die Femurpräparation und Balancierung des Beugespaltes wird das Kniegelenk in 90° Beugestellung gebracht und der femorale iJig zusammen mit einem tibialen Platzhalter (8 mm orange oder 10 mm blau) sowie dem sogenannten „L-Guide“, der der posterioren Kondylenresektionshöhe entspricht, korrekt auf der Femurkondyle positioniert. Die anatomische Form des femoralen iJig lässt eine eindeutige Positionierung zu, die zudem am iView mit der Planung korreliert werden kann. Nach Positionskontrolle erfolgt das Festpinnen des femoralen iJigs und das Setzen der Vertiefungsbohrungen. Dann wird der LGuide entfernt, und die posteriore Kondylenresektion unter Schutz von Retraktoren durchgeführt, welche normalerweise 3–6 mm einschließlich der Dicke des verwendeten Sägeblattes entspricht und ebenfalls in der iView-Planungszeichnung angezeigt ist (.  Abb.  2a). Die Femurpräparation wird komplettiert, in dem an der Linea terminalis noch eine Vertiefungsfräsung für die Prothesenspitze von circa 3 mm und 10–13 Bohrlöcher in die Kortikalis mit einem 2 mm Bohrer gesetzt werden, um so die Zementverzahnung zu verbessern.

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Überprüfung der Kniegelenkskinematik mit Probekomponenten Danach wird die Femurprobekomponente aufgebracht und das Bandspiel während des vollen Bewegungsumfanges zusammen mit den bereits erwähnten tibialen Platzhaltern in orange (8 mm) oder blau (10 mm) überprüft, wobei insbesondere eine zu hohe Bandspannung oder eine Überkorrektur zu vermeiden ist. Der 8 mm Platzhalter entspricht dem 6 mm Polyethyleneinsatz zusammen mit der Dicke der Tibiakomponente, der 10 mm Platzhalter analog dazu dem 8 mm Polyethyleneinsatz mit der Dicke der Tibiakomponente. Wenn eine weitere Knochenresektion nicht mehr notwendig ist, erfolgt die endgültige Präparation des Ti-

biaplateaus mit der Tibiaschablone, die den gesamten tibialen Kortex abdeckt und zwei Vertiefungsbohrungen sowie das Setzen eines Vertiefungskiels mit dem Meißel erlaubt, um den Zementierzapfen der Tibiakomponente aufzunehmen. Dann werden die Implantatlager mit der Jetlavage gereinigt und die endgültigen Komponenten einzementiert. Das Aushärten des Knochenzements erfolgt in 45° Beugestellung des Kniegelenkes und Zementüberstände werden entfernt. Die Verwendung einer Blutsperre und das Legen von Drainagen sind der Präferenz des Chirurgen vorbehalten. Nach Einbringen des endgültigen Inlays erfolgt der schichtweise Wundverschluss in üblicher Weise. Beispielhaft werden die prä- und postoperativen Röntgenbilder einer 50 Jahre alten Patientin mit medialer Gonarthrose rechts und nachfolgender iUni G2-Versorgungdargestellt (. Abb. 2c).

Bikompartimentelle Prothetik – iDuo G2 Die klinische Bedeutung degenerativer Veränderungen der patellofemoralen Gelenkfläche in uni- und bikompartimenteller Gonarthrose wird mitunter kontrovers diskutiert [7]. In den Fällen, in denen sich das Patellofemoralgelenk bei vorliegender bikompartimenteller Gonarthrose klinisch bedeutsam schmerzhaft zeigt, ist der Einsatz eines bikompartimentellen Oberflächenersatzes Erfolg versprechend [29]. In diesem Kontext sind Patienten mit einem intakten femorotibialen Kompartiment gute Kandidaten für eine Behandlung mit einer patientenspezifischen bikompartimentellen Kniegelenksendoprothese vom Typ ConforMIS™ iDuo G2. Ein solcher Ansatz hat den Vorteil, dass ein Oberflächenersatz einer großen defekten Knorpeloberfläche möglich ist, ohne dass eine Entfernung von Kreuzbandstrukturen notwendig ist, was den Erhalt einer normalen Kniekinematik ermöglicht.

Eigenschaften und Lieferumfang Das patientenspezifische iDuo G2-Implantat und die individuellen iJig-Instrumente wurden entwickelt um die Lücke zwischen den Versorgungen mit uniDer Orthopäde

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Abb. 3 8 Bikompartimentelle Individualprothese – ConforMIS™ iDuo G2. Die iView-Planungsskizze für die bikompartimentellen Individualknieprothesen zeigt die Osteophyten in grüner und roter Farbe. Die Osteophyten in roter Farbe müssen entfernt werden, um eine korrekte iJig-Positionierung nicht zu kompromittieren (a, b). Die geplante anteromediale Positionierung des femoralen iJig-Instrumentes, die geplante anteriore (hier 6,1 mm medial und 7,4 mm lateral) und die medial posteriore Kondylenresektion (hier 6,7 mm) sowie die geplante Lage der Femurkomponente sind auf den Femurbildern skizziert (a). Die Tibiabilder stellen die geplante Positionierung des tibialen iJigs, den geplanten anatomischen Slope (hier 7°) sowie die Zielpositionierung der Tibiakomponente dar (b). Röntgenbilder des linken Kniegelenkes eines 61-jährigen Patienten mit anteromedialer Gonarthrose zeigen präoperativ degenerative Veränderungen des medialen und femoropatellaren Kompartimentes und eine korrekte Positionierung der Implantate postoperativ ohne wesentliche Überstände oder Unterstände (c). Die Patella zeigt einen zentralen Stand. Sie wurde von überhängenden Osteophyten befreit, ein Rückflächenersatz war aber nicht erforderlich (c)

kondylärer Schlittenprothese und TEP bei bikompartimenteller Gonarthrose zu schließen und so Unter- oder Überversorgungen zu vermeiden. Designeigenschaften des iDuo G2Implantates sind eine präzise anatomische Passform, die eine natürliche Kinematik über den gesamten Bewegungsradius des Kniegelenkes ermöglicht, ohne dass es dabei zu einem Impingement oder Überstand kommt, eine komplette tibiale Abdeckung des kortikalen Randes und eine

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anatomisch geformte Femurkomponente, die sich dem femoralen Oberflächenkortex anpasst, um ein Maximum an patienteneigener Knochenstruktur zu erhalten. Wie beim iUni G2 sind die iJigs beim iDuo G2 so gefertigt, dass diese in einer einzigen Position auf die Kondylen passen, was eine effiziente Pränavigation der Schnittflächen unter Berücksichtigung der mechanischen Knieachse ermöglicht. Mit der Lieferung des Implantationssets wird auch beim iDuo G2 die pa-

tientenspezifische iView-Planungsskizze mitgeliefert (. Abb. 3a, b). Die einzelnen iView-Abbildungen für das iDuo G2 zeigen die Osteophyten, die obligat zu entfernen sind in rot und fakultativ in grün (Abbildungen links), und stellen die korrekte Positionierung des femoralen und tibialen iJigs dar (Abbildungen rechts), den tibialen Resektionsschnitt und den geplanten Slope, die gewünschten Femurschnitte an der posterioren Kondyle und dem anterioren Kortex sowie die

resultierende Positionierung der tibialen und femoralen Implantatkomponenten (. Abb. 3a, b).

Vorgehen bei der Operation Die chirurgische Technik bei der iDuo G2-Implantation umfasst ähnlich wie bereits oben beim iUni G2 erwähnt einen medianen Hautschnitt, eine parapatellare Arthrotomie, Meniskus- und Osteophytenentfernung, Entfernung von Knorpelresten in den beiden zu versorgenden Kompartimenten anhand der iView-Planungsskizze, Balancierung des Kniegelenkes, Positionierung des tibialen iJigs und tibiale Resektion, Positionierung des femorotrochlearen iJigs mit anteriorem und posteriorem Kondylenschnitt,finale Präparation von Femur und Tibia sowie Zementierung der Komponenten. In Fällen in denen die Patellarückfläche ersetzt werden soll, erfolgt die Implantation einer „Sombrerodome“ Patella aus Polyethylen. Die Einzelschritte beinhalten in Kürze ein Markieren der Linea terminalis der Gegenseite in Streckstellung um den Bereich der bikompartimentellen Restknorpelentfernung am Femur darzustellen. Die Knorpelreste werden mit dem Lexer Meißel und der Kürette zusammen mit etwaig störenden Osteophyten entfernt. Nachdem das Knie mit den anatomisch geformten Balancierungsplatzhaltern (AD; jeweils 1 mm zunehmende Dicke) ausbalanciert wurde, erfolgt nach Anbringen des tibialen iJig-Resektionsinstrumentariums auf dem idealen Balancierungsplatzhalter (meist B oder C) die tibiale Resektion unter Schutz von Retraktoren. Ein extramedullärer Ausrichtstab am tibialen iJig und das iView dienen als zusätzliche Kontrollen für eine exakte Schnittführung, wobei die Übereinstimmung des Tibiaresektates mit dem tibialen Präparationsinstrument eine zusätzliche Bestätigung erlaubt. Zur Positionierung des femoralen iJig wird das Knie in 90° Beugestellung gebracht und der am besten geeignete tibiale Abstandshalter (orange 8 mm, blau 10 mm), der eine Balancierung in Beugung erlaubt, wird eingebracht. Auf diesen wird der femorale iJig zusammen mit den L-Guide aufgebracht, der durch seine anatomische Form eine eindeutige Positionsfindung erlaubt. Der L-Gui-

de schließt mit der posterioren Kondyle ab und repräsentiert die Dicke der posterioren Kondylenresektion, die wiederum zusammen mit der iJig-Positionierung nochmals am iView kontrolliert werden kann. Im Anschluss erfolgt das Festpinnen und Bohren des femoralen iJigs und die Kontrolle der Passform mit der mitgelieferten femoralen Probekomponente. Nachdem das Gelenkspiel im gesamten Bewegungsumfang zusammen mit dem tibialen Abstandshalter überprüft worden ist, erfolgt die finale Präparation des Femur mit einer 3 mm-Vertiefungsfräsung an der Linea terminalis und 10–13 Vertiefungsbohrungen mit dem 2 mm Bohrer zur verbesserten Zementverzahnung. Die finale Tibiapräparation umfasst zwei Vertiefungsbohrungen mit der vorgefertigten Schablone und das Meißeln der Vertiefung für den Zementierzapfen des Tibiaplateaus. Das Originaltibiaplateau, das gewünschte Probeinlay und die Probefemurkomponente werden als Generalprobe eingebracht, bevor das Implantatlager gereinigt und die Originalkomponenten zementiert werden. Der Zement härtet idealerweise in 45° Beugestellung des Kniegelenkes aus, Zementreste werden entfernt und der schichtweise Wundverschluss erfolgt in üblicher Technik. Blutsperre und Drainagen kommen fakultativ zur Anwendung. Beispielhaft sind prä- und postoperative Röntgenbilder eines 61 Jahre alten Patienten mit anteromedialer Arthrose des linken Kniegelenkes dargestellt, die eine anatomisch exakte Positionierung der iDuo G2-Komponenten mit zentralem Stand der Patella ohne Rückflächenersatz zeigen (. Abb. 3c).

Trikompartimentelle Prothetik – iTotal G2 Wenn eine trikompartimentelle Gonarthrose vorliegt und die konservativen Therapiemaßnahmen dauerhaft versagen, wird die TEP-Versorgung angeboten. Obwohl die Standardkniegelenksendoprothetik sehr gute Standzeiten aufweist, zeigen aktuelle Untersuchungen, dass die Patientenzufriedenheit nach TEP-Versorgung niedriger ist, als ursprünglich angenommen [6].

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Über 20 % der Patienten sind nach Kniegelenksersatz unzufrieden Die Gründe für die Patientenunzufriedenheit reichen von frühem Implantatversagen aufgrund von Achsfehlstellungen über Polyethylenabrieb, Implantatdesignproblemen, Implantatüberdimensionierung, Bewegungseinschränkung, Komponentenfehlrotation, Patellafehllauf bis hin zu Ligamentdysbalancen die zu einer abnormalen Kniekinematik führen [2, 31]. Umfragen weisen darauf hin, dass über 20 % der Patienten mit dieser Art der Knie-TEP-Versorgung unzufrieden sind [6].

Eigenschaften und Lieferumfang Um die genannten Limitierungen zu verbessern, wurde das patientenspezifische iTotal G2-Implantat entwickelt. Dieses Implantat passt sich der individuellen Anatomie des Patientenknies genau an, indem die natürlichen Kondylenkurven des Patienten (sogenannte J-Kurven) von medial über trochlear nach lateral wiederhergestellt werden. Zusammen mit individuellen Platzhaltern und unterschiedlichen Inlayhöhen, die sowohl medial als auch lateral auf die unterschiedlichen Kondylenradien abgestimmt sind, passt die Tibiakomponente anatomisch exakt auf die Tibiaoberfläche. Durch diese Designoptimierung ist es bei maximaler Abdeckung des kortikalen Knochens möglich, das Ausmaß der Knochenresektion zu minimieren und gleichzeitig eine optimierte Oberflächendruckverteilung und reduzierte Kontaktbelastung zu gewährleisten. Zusammen mit den individuellen Instrumenten und Implantaten wird die iView-Pränavigationsplanung für das trikompartimentelle Oberflächenersatzsystem (iTotal G2) geliefert. Die zweite Generation des iView (2.0) für das iTotal G2 (.  Abb.  4a, b) zeigt die geplante tibiale und femorale Positionierung der Bohrschablonen und Schnittblöcke, die vorgesehenen Schnitte am Femur (distal, anterior-posterior und Abkantschnitte), die vorgesehene tibiale Resektion einschließlich Slope sowie die geplante Positionierung der tibialen und femoralen Der Orthopäde

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Abb. 4 8 Trikompartimentelle Individualprothese – ConforMIS™ iTotal G2 – iView-Planungsskizze. a Tibiale Abbildungen der iView-Planungsskizze. Das iView 2.0 für die trikompartimentellen Individualknieprothesen (iTotal G2) zeigt die tibiale Lage der iJig-Instrumente, den geplanten Slope an der Tibia (hier 5°, optional kann auch eine Resektion mit "anatomischem" Slope von 10° erfolgen (rot dargestellt)) und die entsprechende Konfiguration des Tibiaresektates (Abbildungen oben). Weiterhin sind die geplante Positionierung und kortikale Abdeckung der Tibiakomponente sowie die lateralen Inlayoptionen dargestellt (Abbildungen unten). b Femorale Abbildungen der iView-Planungsskizze. Das iView 2.0 für die trikompartimentellen Individualknieprothesen (iTotal G2) zeigt die geplante Lage der femoralen iJigInstrumente, die geplanten Knochenschnitte am distalen Femur (Resektathöhen hier 7,0 mm medial und 7,6 mm lateral) sowie die anteriore (hier 6,4 mm medial und 11 mm lateral) und posteriore (hier 6,5 mm medial und 6,2 mm lateral) Kondylenresektion am Femur (Abbildungen oben). Des Weiteren sind die geplante Positionierung und anatomische Konfiguration der femoralen Implantatkomponente dargestellt (b)

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Abb. 5 8 Trikompartimentelle Individualprothese – ConforMIS™ iTotal G2. Präoperative Röntgenbilder anterior-posterior (a), seitlich (b) und der Patella tangential (c) des rechten Kniegelenkes einer 76-jährigen Patienten mit Pangonarthrose zeigen entsprechende degenerative Veränderungen in allen Kniegelenkskompartimenten. Nach der Versorgung mit iTotal G2 zeigt sich die Patella zentriert und von überhängenden Osteophyten befreit, ohne dass ein Patellarückflächenersatz erforderlich war (d). Die postoperativen Röntgenbilder anterior-posterior (e) und seitlich (f) des rechten Kniegelenkes zeigen die korrekte Lage der Implantate ohne wesentliche Überstände oder Unterstände

Komponenten (. Abb. 4a, b), was eine intraoperative Abgleichung mit dem Operationssitus ermöglicht.

Vorgehen bei der Operation Die chirurgischen Schritte der iTotal G2Operation umfassen die distale Femurresektion, die Tibiaresektion, Balancierung der Streck- und Beugelücke, Femurschnitte, finale Präparation von Femur und Tibia, Testung der Kinematik und der Inlayhöhen mit den Probekomponenten, Patellapräparation bei Bedarf und Zementieren der finalen Komponenten. Die Implantation der patientenspezifischen Kniegelenks-TEP wird durch die Verwendung von sieben individuellen Instrumenten für das Femur (F) und vier individuellen Instrumenten für die Tibia (T) unterstützt, die in der Reihenfolge ihrer jeweiligen Benutzung nummeriert sind. Nach medianem Hautschnitt nach Payr und medialer parapatellarer Arthrotomie, erfolgt die Resektion der Menisken und des vorderen Kreuzbandes. Dann wird der F1-Block auf die Femurkondylen aufgebracht, ohne dass dazu eine Entfernung von Osteophyten notwendig ist. Eine lokale Entknorpelung wird mit einem Fräsbohrer ermöglicht, der in zwei am F1-Block vorgesehene Aussparungen passt und so den knöchernen Kortex an diesen Stellen freizulegen vermag. An

eben diesen Stellen werden im Anschluss die Blöcke F2 und F3 aufgebracht, wobei F2 eine Bohrschablone darstellt, mit der Pinlöcher zum Aufbringen des später verwendeten Sägeblockes F4 gebohrt werden können. Dabei hat sich eine Stiftmarkierung der Löcher bewährt. Mit dem Block F3 wird der distale Sägeschnitt am Femur knochenreferenziert durchgeführt, der je nach Kondylenanatomie als Stufenschnitt angelegt ist und unterschiedliche Kondylenradien widerspiegelt (.  Abb.  4b). Die Resektatdicken werden mit der Messlehre und dem Sägeblatt bestimmt und mit den Angaben in der iView-Planungsskizze abgeglichen (. Abb. 4b). Danach erfolgen die Darstellung der Tibia und das Entknorpeln an den Stellen, an denen der knochenreferenzierte tibiale Resektionsblock T1 aufgesetzt wird.

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Kontrolle intraoperativ anhand der Vorgaben im iView Ein extramedullärer Ausrichtstab und das iView ermöglichen die exakte T1-Positionierung in Ausrichtung an der Tibiavorderkante und die Durchführung des Tibiaschnittes mit dem gewünschten Slope (. Abb. 4a; fixiert 5° oder anatomisch). Auch hier kann die Präzision der Tibiaresektion mit den Vorgaben im iView

kontrolliert werden (.  Abb.  4a). Hierauf erfolgt die Balancierung der Strecklücke in Extension des Kniegelenkes mit dem Abstandshalter T2. Für den Bedarfsfall stehen sowohl für eine Nachresektion am Femur als auch an der Tibia + 2 mm-Resektionsblöcke zur Verfügung. Nach Balancierung der Strecklücke wird das Knie in 90° Flexion gebracht und der Abstandshalter T3 in die Beugelücke eingeführt. In dieser Position wird der Schnittblock F4 auf die mit Pins versehenen vorgebohrten Löcher am Femur aufgebracht (siehe oben) und die Beugelücke symmetrisch ausbalanciert, wobei von der Standardposition 0° bis zu 5° Außenrotation zusätzlich einstellbar sind. Nach Festpinnen des F4 in Beugelückensymmetrie erfolgen die anterioren und posterioren Kondylenschnitte sowie der vordere Abkantschnitt und das Bohren der Vertiefungen für die Zementierzapfen der Femurkomponente. Dann erfolgen zwei weitere posteriore Abkantschnitte mit den Blöcken F5 und F6, die anatomisch passgenau aufgesetzt werden können. Im Anschluss werden die tibiale (T4) und femorale Probekomponente (F7) aufgebracht und das Bandspiel unter Durchführung eines kompletten Bewegungsablaufes des Kniegelenkes überprüft. Der Block T4 existiert in zwei verschiedenen Höhen, was zwei verschiedene Inlayoptionen widerspiegelt (medial 6 mm (M6) und A lateral, bzw. meDer Orthopäde

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Leitthema dial 8 mm (M8) und C lateral). Die tibiale Probekomponente (T4) passt anatomisch genau auf das Tibiaplateau und lässt im Bereich von 5° noch eine Variation der Tibiarotation zu, um sich möglichen intraoperativen Besonderheiten anpassen zu können. Wenn die endgültige Tibiaposition gefunden ist wird der Block T4 festgepinnt und die Tibia mit Rundbohrer und Kreuzschlitzmeißel zubereitet, bevor das Implantatlager gespült und die endgültigen Komponenten zementiert werden. Vor dem Wundverschluss werden die Originalinlays eingebracht, wobei medial 2 (6 und 8 mm) und lateral 3 verschiedene Inlayhöhen (A-C; in 1 mm Abständen) zur Verfügung stehen. Der radiologische Aspekt des rechten Kniegelenkes einer 76-jährigen Patientin mit Pangonarthrose vor und nach patientenspezifischer iTotal G2-Implantation ist in . Abb. 5 dargestellt und zeigt die exakte Positionierung der Implantatkomponenten postoperativ (. Abb. 5).

Fazit für die Praxis 55Mit der Einführung der Individualendoprothetik am Kniegelenk in Form von CT-basierten patientenspezifischen Implantaten und Instrumenten steht ein neuartiges Prinzip der endoprothetischen Versorgung für den uni-, bi- oder trikompartimentellen Kniegelenksersatz zur Verfügung. 55Die Vorteile der personalisierten Pränavigationstechnologie beinhalten die Kombination von anatomischer Implantatpassform, Knochen sparenden Resektionen und bandspannungsadaptiertem Vorgehen, was den Erhalt der natürlichen Kniekinematik optimiert. 55Als Nachteile sind neben der gesteigerten Strahlenbelastung, Fertigungszeit und Implantatkosten die Tatsache zu nennen, dass schwere Deformitäten und Bandinstabilitäten aktuell noch nicht mit diesem Implantatsystem versorgt werden können. 55Klinische Langzeitergebnisse insbesondere im Vergleich zu Standardimplantaten mit und ohne Balancierungshilfen stehen derzeit noch aus.

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Korrespondenzadresse Prof. Dr. A.F. Steinert Orthopädische Klinik, KönigLudwig-Haus, Lehrstuhl für Orthopädie Julius-Maximilians-Universität Brettreichstr. 11, 97074 Würzburg [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  L. Sefrin, M. Hoberg, J. Arnholdt und M. Rudert geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Honorare für Lehrtätigkeiten erfolgten von ConforMIS an A. Steinert.  Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren. Alle Patienten, die über Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts zu identifizieren sind, haben hierzu ihre schriftliche Einwilligung gegeben. Im Falle von nicht mündigen Patienten liegt die Einwilligung eines Erziehungsberechtigten oder des gesetzlich bestellten Betreuers vor.

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[Individualized total knee arthroplasty].

This article describes the rationale and the surgical technique of patient-specific uni-, bi-, or three-compartmental knee arthroplasty using the seco...
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