Löhr u. a.: Indikation zur Splenektomie bei hämatologischen Erkrankungen

Aktuelle Therapie

Deutsche Medizinische Wochenschrifr

Redaktion: Prof. Dr. H. Hornbostel, Hamburg Prof. Dr. W. Kaufmann, Köln Prof. Dr. W. Siegenthaler, Zürich

Dtsch. med. Wschr. loo (1975), 1186-1189 © Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Indikation zur Splenektomie bei hämatologischen Erkrankungen*

G. W. Löhr, H. Arnold, K. G. Blume und J. Slanina Medizinische Universitiitsklinik Freiburg

Die Muz besteht morphologisch überwiegend aus roter und weißer Pulpa. Die rote Pulpa besitzt ein Doppelbarrieren-Kanalsystem zwischen den arteriellen und venösen Gefäßen. Dieses Kanalsystem setzt sich aus vaskulären Sinus und kavernösen Pulpasträngen zusammen, welche die Sinus durchziehen. Die Sinusendothelien besitzen praktisch keine Phagozytosefähigkeit; durch sie strömt das Blut ebenso schnell wie durch andere Kapillarsysteme. In den Pulpasträngen, welche von zahlreichen phagozytierenden Retikulumzellen umgeben sind, fließt das Blut deutlich langsamer. Bei fast jeder Art von Splenomegalie ist das Volumen der roten Pulpa vermehrt; besonders das Pulpastrangsystem mit der langsamen Zirkulationskomponente und die Zahl der phagozytierenden Retikulumzellen nehmen zu. So kommt es durch die Hyperplasie der roten Pulpa zu Durchströmungsstörungen mit Zunahme des Blutzellpools auf das Vier- bis Sechsfache unter ungünstigen metabolischen Bedingungen (Glucosemangel, ATP-Abf all, Acidose) mit Veränderung der Zelloberflächen und Steigerung der Phagozytoserate. Vorgeschädigte oder abnorm gestaltete Blutzellen (Sphärozyten, Elliptozyten, Sichelzellen, antikörperbeladene Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten) werden in der hyperplastischen roten Pulpa abgefangen und se-

questriert. Die lymphozytenreiche weiße Pulpa ist ontogenetisch ein sekundäres lymphatisches Organ. Sie entsteht phylogenetisch bei den Vertebraten nach dem Thymus und der Bursa Fabricii. Sie ist gering von T-Lymphozyten, überwiegend von B-Lymphozyten besiedelt und spielt bei der humoralen IgG-Antikörperbildung im Feten und in der Professor Dr. K. Betke, München, zum 60. Geburtstag

Säuglingsperiode eine wichtige Rolle für das Immunsystem. Die fetale, unter pathologischen Bedingungen später wieder einsetzende extramedulläre Blutbildung ist entwicklungsgeschichtlich älter und in der roten Pulpa lokalisiert (Mellby: in 15). Die Splenektomie ist heute eine Routinemethode geworden. Ihre Technik ist mit Ausnahme von Verwachsungen der Milz mit Nachbarorganen, Milzrupturen usw. einem Allgemeinchirurgen geläufig. Entscheidend für den Operationserfolg sind die Prognose der Grundkrankheit und die richtige Indikationsstellung. Unter einer großen Zahl von Kranken (Mappes: in 15) erfolgten Splenektomien in etwa 50% aus hämatologischen Indikationen und in etwa 10% bei nicht-hämatologischen internistischen Erkrankungen; chirurgische Indikationen lagen bei etwa 40% aller Splenektomien vor. Die postoperativen Komplikationen waren in 1,5% schwere Nachblutungen, in 1% subphrenische Abszesse und in 0,5% Pfortader- oder Mesenterialvenen-Thrombosen. 2% der wegen traumatischer Milzruptur Operierten starben, hingegen nur 0,5% bei hämatologischen Erkrankungen. Splenektomien sollte man erst nach dem dritten Lebensjahr durchführen, da vorher die Milz noch eine wichtige Rolle im humoralen Immunsystem spielt; die Antikörper vom IgG-Typ fallen für 2-3 Monate postoperativ ab, was bei Kleinkindern eine gesteigerte Infektbereitschaft bedeutet. Bei Erwachsenen kommt es nicht zu einer gesteigerten Infektionshäufigkeit nach der Splenektomie (Gramlich und Mitarbeiter: in 15). Postoperativ ist in allen Fällen mit einer passageren Thrombozytose zu rechnen, die prophylaktische thrombozytenaggregationshemmende Maßnahmen angeraten sein läßt.

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Löhr u. a.; Indikation zur Splenektomie bei härnatologischen Erkrankungen

Erkrankungen des erythrozytären Systems Die hereditäre Sphärozytose ist eine der dankbarsten Indikationen zur Splenektomie. Alle Patienten, die nicht völlig symptomlos sind, sollten splenektoiniert werden. Auch eine milde Anämie stellt bereits wegen der Gefahr der Gallensteinbildung, hämolytischer oder aplastischer Krisen eine Operationsindikation dar. Die Splenektomie führt zu einer Normalisierung der zuvor verkürzten Erythrozytenüberlebenszeit und damit in über 90% der Fälle zu klinischer Heilung. Der Membrandefekt und die Mikrosphärozytose bleiben bestehen, während sich die osmotische Resistenz und die Autohämolyse in vielen Fällen bessern (8; Cooper und Jandi: in 27). Elliptozytose. Hinsichtlich der Splenektomie entsprechen bei der Elliptozytose die Verhältnisse denen bei der hereditären Sphärozytose (8; Cooper und Jandl: in 1.

27).

Nichtsphärozytäre hämolytische Anämien durch Enzymdefekte. Hier bestehen hinsichtlich Schweregrad, Verlauf und auch Besserung der Anämie durch Splenektomie große Unterschiede, nicht nur zwischen den verschiedenen Enzymdefekten, sondern auch innerhalb des einzelnen Enzymdefektes (5). Beim Glucose-6-phosphatDehydrogenase-Mangel, dem in der Weltbevölkerung weitaus häufigsten Enzymdefekt der Erythrozyten, ist die Splenektomie in den meisten Fällen erfolglos (2). Beim Pyruvatkinase-Mangel, der in Mitteleuropa am häufigsten vorkommt, geht aus zahlreichen Erythrozytenlebenszeitstudien hervor, daß die MiIz vorwiegend die Retikulozyten sequestriert oder so verändert, daß sie dann in der Leber zerstört werden. In vielen Fällen läßt sich daher auch ohne einen erhöhten Miiz-Leber-Quotienten durch die Splenektomie eine Besserung der Anämie erreichen, paradoxerweise oft mit einem Anstieg der Retikulozyten. Die Transfusionsbedürftigkeit geht postoperativ zurück oder sistiert; schwer erkrankte Kinder holen ihren Wachstums- und Entwicklungsrückstand auf (25). Bei unseren Patienten mit Glucosephosphat-IsomeraseDefekt fanden wir durchweg eine Erhöhung des MiIzLeber-Quotienten zwischen 1,8 und 4,0. Entsprechend findet sich meist eine deutliche Besserung nach der Splenektomie. Bei den übrigen Enzymdefekten liegen zuwenig Beobachtungen vor; bei schweren Verläufen wird man sich jedoch zur Splenektomie auch ohne nachweisbare Erhöhung der Sequestration in der MiIz entschließen. Hämoglobinopathien und Thalassämien. Die Sichelzellanämie (Hb S-S) wie auch die Hb-C-Krankheit und genetische Mischformen (Hb S-C) kommen fast nur bei Negern vor. Obwohl die pathologischen Zellen im gesamten retikuloendothelialen System sequestriert werden, sollte man bei deutlicher Splenomegalie und Transfusionsbedürftigkeit die Splenektomie erwägen. Die Ergebnisse scheinen bei Kindern besser zu sein als in späteren Jahren (8; Commings: in 27). Hämoglobinopathien und Thalassämien haben wie die Enzymopathien in Deutschland eine gewisse Häufigkeit (14). Bei chronischen hämolytischen Anämien, durch instabile Hämoglobine bringt die Splenektomie in vielen Fällen eine Besserung der Anämie (Commings: in 27). Bei der Thalassaemia

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major ist die Splenektomie nur indiziert, wenn gleichzeitig eine deutliche Splenomegalie mit den Zeichen des Hypersplenismus vorliegt. Die Gefahr von schweren Infektionen nach Splenektomie (Sepsis und eitrige Meningitis) scheint hier besonders groß zu sein, so daß einige Autoren postoperativ eine zweijährige Antibiotikaprophylaxe empfehlen (Commings: in 27). Autoimmunhämolytische Anämien. Bei den seltenen Kälteagglutininerkrankungen, die mit der Bildung von lgM-Autoantikörpern einhergehen, kommt die Splenektomie kaum je in Betracht (8). Bei den häufigeren Erkrankungen mit Wärmeautoantikörpern, bei denen die Erythrozyten mit IgG und (oder) Komplement C3 oder C4 beladen sind und vorwiegend in der Muz sequestriert werden, sollte die Splenektomie erwogen werden bei denjenigen Patienten, die sehr schwer erkrankt sind und primär auf einen ausreichenden Therapieversuch mit Glucocorticoiden und Immunsuppressiva nicht ansprechen; hier stellt die Splenektomie eine ultima ratio mit nicht sehr befriedigendem Erfolg und einer relativ hohen Mortalität dar. Ferner sollte sie bei Patienten erwogen werden, die auf die konservative Therapie gut ansprachen, aber auf die Dauer (nach etwa einem halben Jahr) nur mit einer höheren Glucocorticoiddosis (über 30-40 mg/d) transfusionsfrei gehalten werden können; hier sind die Erfolge der Splenektomie wesentlich besser: Ein Teil wird symptomfrei, bei einem weiteren Teil kann zumindest die Glucocorticoiddosis erheblich reduziert werden. Die Steroide sollten bei einer Splenektomie nicht abgesetzt, sondern eventuell sogar mit zusätzlicher ACTH-Gabe über die Operation hinaus gegeben werden, wodurch sich die Letalität senken läßt (8; Swisher: in 27).

Aplastische Anämie. Nur wenn sich sekundär ein Hypersplenismus mit vermehrter Erythrozytendestruktion in der MiIz und eventuell eine Thrombozytopenie lienaler Genese entwickelt, hat die Splenektomie eine gewisse Berechtigung. Die Grundkrankheit bleibt unbeeinflußt (9). Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie. Die Ergebnisse widersprechen sich stark. Die Gefahr postoperativer Komplikationen, vorwiegend durch Thrombosen, ist besonders hoch. Die Splenektomie erscheint jedoch erfolgversprechend, wenn eine deutliche Splenomegalie mit den Zeichen eines Hypersplenismus (Thrombozytopenie und Leukozvtopenie) vorliegt. In einigen Fällen verlor die Hämoglobinurie ihren nächtlichen Charakter (8; Rosse: in 27).

Erkrankungen des leukozytären Systems Granulozytopenien. Bei chronischer Neutropenie sollte die Splenektomie erwogen werden, wenn das Organ vergrößert ist, Zeichen für einen funktionellen Hypersplenismus bestehen und das Knochenmark eine myeloische Hyperplasie aufweist (Finch: in 27). Das Felty-Syndrom, bei dem die Granulozytopenie durch eine verkürzte Granulozyten-Oberlebenszeit bedingt ist (3), kann durch die Splenektomie oft zu langfristiger Remission gebracht werden (7). Die Späterfolge der Operation bei Hyper1.

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Nr. 21, 23. Mai 1975, 100. Jg.

Löhr u. a. Indikation zur Splenektomie bei hämatologischen Erkrankungen

splenismus sind als gut bis sehr gut zu bezeichnen, teilweise kommt es zu Dauerheilungen. Panmyelopathien und Panzytopenien. Bei diesen sehr komplexen Krankheitsbildern mit unterschiedlichen pathogenetischen Mechanismen ist eine Splenektomie nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn ein erhöhter Zellumsatz nachgewiesen ist und die Milz mit Isotopenmethoden als vorwiegender Abbauort bestimmt wurde. Das Risiko des Eingriffs ist bei der meist gleichzeitig bestehenden Thrombozytopenie verständlicherweise erhöht. Myeloproliferative Syndrome. In sehr seltenen Fällen von chronischer myeloischer Leukämie, die ansonsten in typischer Weise mit Busulfan und (oder) Bestrahlung behandelt werden sollte, kann bei bestehender Hämolyse und zellreichem Knochenmark mit hohem Gehalt an erythrozytären Vorstufen die Splenektomie als therapeutische Maßnahme diskutiert werden (12), das Risiko einer unkontrollierten Thrombozytenproduktion ist jedoch zu beachten. Zudem ist bei allen myeloproliferativen Erkrankungen mit einem erhöhten Operationsrisiko, besonders durch Blutungen, zu rechnen. Ober den Wert der Splenektomie zur Behandlung des Blastenschubes der chronischen myeloischen Leukämie ist zur Zeit noch schwer zu urteilen. In einer Serie von acht Patienten wurde der Eingriff ohne Operationsletalität mit relativ gutem Ergebnis angewandt (22). Da die Blastenkrise zu den Erkrankungen mit äußerst schlechter Prognose gehört, kann die Operation zu einer therapeutischen Alternative werden, wenn sich die genannten positiven Beobachtungen bestätigen lassen. Ober günstige Ergebnisse der Splenektomie als prophylaktische Maßnahme zur Hinausschiebung der Blastenkrise ist kürzlich in einer Serie von 26 Patienten berichtet worden (23). Früher wurde die Splenektomie bei Osteomyelofibrose und -sklerose generell als kontraindiziert angesehen. Nach Verbesserung der chirurgischen Methoden gibt es heute zwei Indikationen zum operativen Vorgehen: bei starker mechanischer Behinderung durch die vergrößerte, strahienresistente Milz mit rezidivierenden Milzinfarkten und bei Anämien und Thrombozytopenien, die zweifelsfrei auf eine gesteigerte Sequestration in der Milz zurückzuführen sind. Nach der Splenektomie bei Myelofibrose ist mit einer raschen Vergrößerung der Leber zu rechnen, was sich aber durch frühzeitigen postoperativen Einsatz von Busulfan zumindest teilweise verhindern läßt (Gunz: in 27). Auch bei der Polycythaemia vera ist die Splenektomie nur bei seltenen speziellen Situationen zu erwägen, so zum Beispiel bei ausgeprägter lienaler Hämolyse bei adäquater Knochenmarksfunktion und temporär niedrigen oder normalen Thrombozytenzahlen (Glass und Wasserman: in 27). Das Operationsrisiko ist im Falle der Polycythaemia vera durch Blutungskomplikationen und durch postoperative Thrombosen bei oft einsetzender Thrombozytose besonders hoch.

Erkrankungen des thrombozytären Systems Idiopathische thrombozytopenische Purpura. Der Morbus Werlhof wird heute allgemein als Autoimmun1.

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krankheit angesehen, auch wenn der Nachweis von Autoantikörpern nicht immer gelingt. Die Milz spielt als irreversibler Destruktionsort der antikörperbeladenen Plättchen eine noch nicht klar definierte Rolle. Einige Autoren glauben aufgrund der Milz-Zytologie oder von Antikörpernachweisen (15), daß dieses Organ an der Autoantikörperbildung beteiligt ist; andere wiederum nehmen aufgrund der verkürzten Thrombozytenlebensdauer an, daß die antikörperbeladenen Plättchen henal bzw. hepato-hienal zerstört werden. An zahlreichen Kranken mit Morbus Werlhof wurden in 34% eine reine und in 26% eine überwiegende lienale Destruktion, in 10% eine überwiegende hepatische und in 5% eine reine hepatische Plättchenelimination beobachtet, letzere nur bei Erwachsenen (20). Hohe Antikörpertiter bedeuten eine starke Verkürzung der Plättchenlebensdauer; der Abbau erfolgt dann vorwiegend hepatisch oder hepato-lienal (1). Geringere Abbaugeschwindigkeiten sollen für einen hienalen Abbau sprechen. Erfolgt die Elimination unter Glucocorticoiden langsamer, so soll angeblich ihre Lokalisation von der Leber zur Milz wechseln (1, 4). Therapieversagen nach Glucocorticoiden oder Splenektomie kommt hauptsächlich bei Erwachsenen mit hepatischem Abbauort vor. Nach Prüfung der Thrombozytenlebensdauer, des Recovery-Wertes, der Oberflächenradioaktivität über der Milz, der Adrenalinstimulation (Gehrmann: in 15), des Glucocorticoideffektes und des Lebensalters des Patienten sollte man sich zur Splenektomie entschließen. Sie bringt bis zu 60% Dauerheilungen oder Besserungen, welche nur in 10-20% durch alleinige Steroid- oder Immunsuppressionstherapie erreicht werden (26). 2. Chronische sekundäre Thrombozytopenien. Bei allen Arten von chronischen sekundären Thrombozytopenien durch nachgewiesenen Hypersplenismus, zum Beispiel bei splenomegaler Leberzirrhose, Milz-Sarkoidose, selten bei Panmyelopathie, Osteomyelofibrose und chronischer myeloischer Leukämie, beim sogenannten BantiSyndrom, nach wiederholten Milzinfarkten mit Thrombozytopenie, bei venösen Abflußstörungen der Milz mit Thrombozytopenie, bei Pfortader- oder MiIzvenenthrombose, beim Budd-Chiari-Syndrom usw. besteht eine relative Indikation zur Splenektomie. Voraussetzung ist immer der Nachweis einer erhöhten hienalen Plättchensequestration (Barkve: in 15; Streicher: in 15).

Erkrankungen des lymphoretikulären Systems 1. Morbus Hodgkin, Lymphogranulomatosen. Die Hodgkin-Lymphome stellen, solange keine Generalisation der Erkrankung nachgewiesen ist, eine obligate Indikation zur Laparotomie mit Splenektomie dar. Sie ist durch die genauere Kenntnis des Krankheitsstadiums eine wichtige Entscheidungshilfe für die Therapieplanung. Gleichzeitig kommt der Laparotomie mit Splenektomie eine direkte therapeutische Bedeutung zu, da unter Umständen Tumormasse entfernt, die Volumendosis der totalnodalen Bestrahlung verringert und eine sonst nicht zu umgehende Mitbestrahlung von Nachbarorganen der MiIz vermieden werden kann. Ein weiterer Gewinn der Splenektomie liegt in der Prophylaxe einer hämatogenen

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Löhr u. a.: Indikation zur splenektomie bei hlmatologischen Erkrankungen

Streuung aus der Muz. Die Splenektomie sollte frühzeitig durchgeführt werden, da sie ihrer Rolle als prophylaktische Maßnahme so am besten gerecht wird. Sie ist jedoch auch nach Abschluß einer primären Therapie, welche die Milz nicht einbezogen hat, indiziert. Ein nachgewiesener Milzbef all ist als Risikofaktor besonders in der Therapieplanung zu berücksichtigen. Auch im Stadium der Generalisation kann die Splenektomie erwogen werden, da sie die Toleranz gegenüber der Strahlen- und Chemotherapie zu verbessern scheint (16, 21). Bei jüngeren Frauen können während des Eingriffs die Ovarien auf einfache Weise hinter den Uterus verlagert werden, so daß sie außerhalb der Bestrahlungsfelder liegen und zumindest ihre endokrine Funktion erhalten bleibt. Bezirke, die einer gezielten Strahlentherapie zugeführt werden müssen, können durch Silberclips markiert werden. Eine negative Beeinflussung des Krankheitsverlaufes durch die Splenektomie konnte bisher nicht nachgewiesen werden (10, 13, 19). 2. Nicht-Hodgkin-Lymphome. Die Nicht-HodgkinLymphome wie Lymphosarkom, Retikulosarkom, großfollikuläres Lymphoblastom Brill-Symmers usw., deren Einteilung und Nomenklatur sich noch in Fluß befinden, neigen im Gegensatz zu den Hodgkin-Lymphomen vermehrt zu primär extranodaler Manifestation (18). Ihr Ausbreitungsmodus ist noch weitgehend ungeklärt. Bei der explorativen Laparotomie mit Splenektomie liegt daher der Schwerpunkt auf der Diagnostik, um die Voraussetzung für eine künftige optimale Therapieplanung zu schaffen. Der Eingriff ist deswegen immer vom Mittelbauchschnitt her indiziert, der den besten Einblick in alle Regionen des Abdomens gestattet. Eine Aussage darüber, inwieweit es in Zukunft aufgrund der Besonderheiten der Nicht-Hodgkin-Lymphome möglich sein wird, bestimmten Patienten den Eingriff zu ersparen, ist verfrüht. Hierfür müssen durch die laufenden Untersuchungen noch sichere Kriterien erarbeitet werden (11).

Stoffwechselkrankheiten mit hämatologischer Symptomatik 1. Morbus Gaucher. Bei dieser Erkrankung werden bis-

her fast ausschließlich symptomatische Maßnahmen angewandt. Die Enzymsubstitutionstherapie befindet sich noch weitgehend im Stadium des Experiments (6). Ein wesentliches Problem bei der chronischen Verlaufsform ist die Wahl des Termins für die Splenektomie (Frederickson und Sloan: in 24). Da eine prophylaktische Entfernung der Milz den Verlauf nicht beeinflußt, sollte mit der Operation gewartet werden, bis mechanische Gründe die Operation erforderlich machen oder Zeichen eines erhöhten Erythrozyten- oder Thrombozytenumsatzes auftreten. Nach der Splenektomie ist mit einer zunehmenden Heaptomegalie durch Akkumulation von Glucocerebrosiden in der Leber zu rechnen.

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2. Erythropoetische Porphyrie. Neben einer schweren Photodermatose und Hypertrichose entwickelt sich bei.

den Kranken teilweise eine hämolytische Anämie mit Splenomegalie. Die hämolytische Symptomatik und auch die Porphyrie können sich nach der Splenektomie bessern; eine dauerhafte Besserung ist bei dieser nicht kausalen Therapie jedoch kaum zu erwarten (Waldenström: in 27). Literatur

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Prof. Dr. G. W. Löhr, Dozent Dr. H. Arnold, Dozent Dr. K.-G. Blume, Dr. J. Slanina Medizinische Universitätsklinik 78 Freiburg, Hugstetter Str. 55

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Nr. 21, 23. Mai 1975, 100. Jg.

[Indication for splenectomy in hematologic diseases].

Löhr u. a.: Indikation zur Splenektomie bei hämatologischen Erkrankungen Aktuelle Therapie Deutsche Medizinische Wochenschrifr Redaktion: Prof. Dr...
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