Einführung zum Thema Radiologe 2015 · 55:376–377 DOI 10.1007/s00117-014-2793-5 Online publiziert: 8. Mai 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

W. Reith Klinik für Diagnostischeund Interventionelle Neuroradiologie , Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar

Bildgebung bei Demenz Sehr geehrte Leserinnen und Leser, Demenzen gehören zu den häufigsten neuropsychiatrischen Erkrankungen im höheren Lebensalter und gehen mit erheblichen Belastungen für Betroffene und die Gesellschaft einher. Fünf Prozent der über 65-Jährigen und 20% der über 80-Jährigen leiden unter einer Demenz, die nach Krebs und kardiovaskulären Ursachen mittlerweile die dritthäufigste Todesursache in den westlichen Industrienationen darstellt. Durch die zunehmende Überalterung der Gesellschaft wird die „Demenz“ auch den Radiologen zunehmend beschäftigen. Die Hauptaufgabe der Bildgebung wird v. a. in der Differenzialdiagnose der Demenz liegen, denn es können auch andere, zum Teil behandelbare Erkrankungen zu einer demenziellen Entwicklung führen. Die Bildgebung, v. a. die MRT war bisher meist zum Ausschluss anderer Erkrankungen wie Tumor, Hydrozephalus, Abszess, Infektionen etc. durchgeführt worden. In einer Metaanalyse war bei 2,2% der Patienten eine andere Ursache nachgewiesen worden. Die Bildgebung kann jedoch mehr leisten, oft können hier bereits Hinweise auf eine Demenz vom Alzheimer-Typ vorhanden sein, wie eine temporomesiale und parietale Atrophie oder ausgeprägte mikroangiopathische Veränderungen, die mit einer vaskulären Demenz einhergehen. Sie wird aber auch eingesetzt, um den Verlauf der Erkrankung pathophysiologisch zu verstehen, zu verfolgen und eventuell sogar zu prognostizieren, ob Patienten mit einer „mild cognitive impairment“ einen Morbus Alzheimer entwickeln. Hier steht der Radiologe vor der Aufgabe, eine „altersbedingte“ Atrophie, einen Normalbefund von einer über diese Altersgrenze hinausgehende Atrophie zu differenzieren. Die Volumenab-

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nahme der grauen Substanz beträgt nach dem 20. Lebensjahr etwa 2% pro Dekade. Der Morbus Alzheimer zeigt neben der klinischen Symptomatik mit Störungen v. a. des episodischen Gedächtnisses und anderen kognitiven Beeinträchtigungen wie Aphasie, Apraxie, Agnosie etc. im MRT eine Atrophie v. a. temporomesial. Die Diagnose wird heute aber aufgrund einer passenden klinischen Konstellation und sogenannter Biomarker gestellt. In-vivo-Biomarker sind erniedrigtes β-Amyloid, erhöhtes Tau- und Phosphotau-Protein im Liquor. In den nuklearmedizinischen Untersuchungen ist oft ein Hypometabolismus temporal und parietal nachweisbar. Auch genetische Marker wurden gefunden und können zur Diagnose beitragen. Diese Biomarker werden aber auch bei Patienten gefunden, die ein erhöhtes Risiko haben, einen Morbus Alzheimer zu entwickeln, bei denen aber unklar ist, ob und wann sie diese Symptome bekommen (asymptomatische Risikopatienten). In einem Prodromal- oder Prädemenzstadium weisen Patienten klinische Zeichen einer episodischen Gedächtnisstörung auf, sind biomarkerpositiv, aber im täglichen Leben nicht erkennbar beeinträchtigt. Dieses Stadium kann dann in den typischen Morbus Alzheimer übergehen, wobei zusätzliche Faktoren wie vaskuläre Demenz oder Lewy-body-Demenz die Diagnose erschweren. Der Schwerpunkt der Forschung liegt auf den Patienten mit „mild cognitive impairment“ (MCI), da diese klinisch asymptomatischen Patienten von einer spezifischen Therapie, die die Symptome des Morbus Alzheimer verhindern bzw. hinauszögern, profitieren könnten. Voxelbasierte MRT-Untersuchungen können im Verlauf auch subtile Volumenänderungen nachweisen, haben aber z. Z.

noch den Nachteil, dass die Segmentation sehr zeitintensiv und noch nicht in die klinische Routine eingegangen ist. Die Bildgebung kann Hinweise auf eine vaskuläre Demenz geben; oft sind jedoch Mischformen vorhanden. Es ist bekannt, dass es einen Zusammenhang zwischen Alter, kognitiver Leistungsfähigkeit und kardiovaskulären Risikofaktoren gibt. Für die vaskuläre Demenz sollten sowohl die klinischen Symptome einer Demenz und einer vaskulären Erkrankung vorhanden sein und in der Bildgebung oder Histopathologie bestätigt werden. Neben den mikroangiopathischen Veränderungen des Marklagers sollten aber auch seltenere Ursachen einer Leukenzephalopathie in Betracht gezogen werden. Die zerebrale Amyloidangiopathie mit Mikroblutungen und superfizieller Hämosiderose als bildmorphologisches Korrelat tritt bei knapp 5% gesunder Patienten und 23% der Alzheimer-Patienten auf. Eine einseitig oder ausgeprägte frontotemporale Atrophie kann Hinweis auf eine frontotemporale Demenz sein. Bei der Lewy-body- und der Parkinson-Demenz sind im MRT in der Regel keine wegweisenden Befunde zu erheben, aber in nuklearmedizinischen Untersuchungen zeigt sich oft eine verminderte Dopamin-Transporter-Bindung im Striatum im DAT-Scan. Zu den seltenen demenzassoziierten Erkrankungen zählen u. a. die Adrenoleukodystrophie, die CADASIL-Erkrankung, HIV-Enzephalitis sowie auch das Devic-Syndrom. Hinter einer Demenz kann sich aber auch ein Normaldruckhydrozephalus (NPH) verbergen. Die Symptomentrias besteht hierbei aus Inkontinenz, Gangund Gedächtnisstörungen. Die Gangstörung tritt früh auf und ist typisch für die-

Buchbesprechungen ses Krankheitsbild. In einer US-Untersuchung fand sich in Alten- und Pflegeheimen eine Inzidenz von etwa 10%. Neben der Bildgebung mittels MRT sind die Lumbalpunktion sowie der Spinal-tapTest vor und nachdem 40 ml Liquor abgelassen wurden, diagnostisch wegweisend. Bei der Diagnose des NPH kommt der Bildgebung eine entscheidende Rolle zu. Fazit: Demenzen treten mit zunehmendem Alter häufig auf; der Bildgebung kommt dabei eine entscheidende Rolle zu, insbesondere zur Abgrenzung behandelbarer Erkrankungen, die mit demenziellen Entwicklungen einhergehen. Ihr

Prof. Dr. Wolfgang Reith

Korrespondenzadresse Prof. Dr. W. Reith Klinik für Diagnostische  und Interventionelle Neuroradiologie, Universitätsklinikum   des Saarlandes Kirrberger Straße 1, 66424 Homburg/Saar Wolfgang.Reith@ uniklinikum-saarland.de

Rainer Schmitt, Ulrich Lanz

Bildgebende Diagnostik der Hand Stuttgart: Georg Thieme Verlag 2014,   3. Auflage, 718 S., 1890 Abb.,   (ISBN 978-3-13-128723-6), 249.99 EUR Die nunmehr 3. und vollständig überarbeitete Auflage der „Bildgebende Diagnostik der Hand“ ist im Vergleich zur 2. Auflage an Seiten- und Abbildungszahl deutlich erweitert worden. Weiterhin wurden über 90 Videofilme ergänzt, die über einen persönlichen Online-Zugang, betrachtet werden können. Dies ist insbesondere für die kinematographische Diagnostik und die Arthro-CT und -MRT von nutzen. Die Untersuchungsmethoden an der Hand wurden auch für den „Nichtradiologen“ verständlich dargestellt, insbesondere die MRT. Auch die in der Diagnostik von Handerkrankungen noch „junge“ Sonografie wurde überzeugend als Methode erläutert. Die anatomischen und funktionellen Grundlagen für die Diagnostik an der Hand nehmen mittlerweile einen großen Teil des Buches ein und sind insbesondere hinsichtlich der Karpusarchitektur sehr prägnant und durch hervorragende Abbildungen ergänzt. Die Kapitel über Wachstum, Normvarianten und Fehlbildungen an der Hand sind eine ideale Ergänzung für jeden Kindertraumatologen. Die traumatologischen Kapitel wurden ebenfalls deutlich erweitert im Vergleich zur 2. Auflage. Insbesondere das Kapitel „Besonderheiten der kindlichen Handwurzelfrakturen“ zeigt die detaillierte Herangehensweise der Autoren und ermöglicht dem Ambulanzarzt schnell Unterschiede zum erwachsenen Patienten zu erkennen. Die Frakturdiagnostik nimmt insgesamt einen hohen Stellenwert in der „Bildgebende Diagnostik der Hand“ ein, insbesondere hinsichtlich der Skaphoidfraktur und der sich daraus resultierenden Pseudarthrose. Aber auch seltene Erkrankungen werden mit hervorragendem Bildmaterial veranschaulicht, wie z.B. Hämoglobinopathien. Die sonst üblicherweise „stiefmütterlich“ behandelten Erkrankungen wie Spon-

dyloarthritiden, Rheumatisches Fieber und Kollagenosen sind übersichtlich und umfassend dargestellt. Ebenfalls umfassend ausgeführt sind die tumorösen und tumorähnlichen Erkrankungen der Hand. Ein eigenes Kapitel über zystoide Knochenläsionen ermöglicht eine klare Diagnostik von der posttraumatischen Blutungszyste bis zur Neurofibromatose. Alle Kapitel mit direktem Zusammenhang zu Erkrankungen der Hand enden mit den entsprechenden Differenzialdiagnosen. Weiterhin sind die differenzialdiagnostische Tabellen am Buchende eine ideale Ergänzung, um radiologische Befunde schnell einer Erkrankung zuzuordnen. Die „Bildgebende Diagnostik der Hand“ bleibt das umfassendste Werk zu diesem Thema im deutschsprachigen Raum. Jedem Kollegen, der sich mit einer der anspruchsvollsten Regionen des menschlichen Körpers beschäftigt, nämlich der Hand, kann dieses Buch uneingeschränkt empfohlen werden. Den Herausgebern und Autoren ist ein großes Lob, für den immensen Aufwand ein solches Buch zu veröffentlichen, zu zollen. C. Spies (Bad Rappenau)

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[Imaging for dementia].

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