Ileumvarizen als seltene Ursache einer unteren gastrointestinalen Blutung

Einleitung

im Bereich des terminalen Ileums entwickelte.

!

Im Rahmen einer portalen Hypertension kann es zur Dilatation auch physiologisch vorliegender portosystemischer Kollateralen und somit zur Ausbildung von portosystemischen Umgehungskreisläufen in Form von Varizen kommen. Am häufigsten sind ösophagogastrische Varizen, welche die Ursache für ca. 6 – 14 % aller oberen GIBlutungen darstellen (Almadi MA et al. Gastrointest Endosc 2011; 74: 380 – 388). Alle anderen Formen der abdominellen Varizen, sogenannte ektope Varizen, sind deutlich seltener und treten insbesondere nach abdominellen Operationen auf (Kobayashi K et al. Eur J Gastroenterol Hepatol 2001; 13: 63 – 66.). Blutungen aus kleinen intestinalen Varizen können lebensbedrohlich sein, da eine Diagnosestellung und Therapie häufig erschwert sind. In der aktuellen Literatur sind Mortalitätsraten von bis zu 40 % publiziert (Almadi MA et al. Gastrointest Endosc 2011; 74: 380 – 388). Wir berichten über den Fall einer 53-jährigen Patientin, die sich mit V. a. eine obere Gastrointestinale (GI) Blutung vorstellte, im Verlauf jedoch eine vital bedrohliche, transfusionspflichtige Blutung aus Varizen

Fallvorstellung !

Die Vorstellung der 53-jährigen Patientin erfolgte aufgrund von Teerstuhl mit Verdacht auf eine obere Gastrointestinale Blutung. In einer auswärtig durchgeführten Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD)

zeigte sich eine langstreckige Fundusvarize mit einer kleinen Läsion, ohne akute Blutung. Eine ergänzend durchgeführte Sonografie des Abdomens zeigte eine inhomogene Leber, ohne Nachweis von Aszites und eine Splenomegalie bei bekannter äthyltoxischer Leberzirrhose. Eine Intensivtherapie mit Terlipressin-Perfusor, Verabreichung von Pantoprazol und eine Gabe von 3 Erythrozytenkonzentraten bei einem vorangegangenen Abfall des HbWertes von 12,6 auf 7,0 g/dl (nachfolgender Anstieg auf 9,1 g/dl) wurde eingeleitet. Daraufhin erfolgte die Verlegung in unsere Klinik mit der Verdachtsdiagnose einer oberen GI-Blutung. Aufgrund erneuter frischblutiger peranaler Blutungen wurde bei der Patientin eine Notfallendoskopie des Kolons und

Abb. 1 Endoskopische Befunde; a zeigt das verquollene terminale Ileum, ohne direkten Nachweis der Varizen. Durch Luftinsufflation lässt sich dieses nicht adäquat distendieren. Zum Vergleich die Kontrolle b ca. 8 Wochen nach OP mit deutlich rückläufiger Schwellung.

Sporns PB et al. Ileumvarizen als seltene … Fortschr Röntgenstr 2015; 187: 487–489 · DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1385820

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The Interesting Case

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Abb. 2 Computertomografie des Abdomens mit KM, a, b (koronare MPR) und c, d (axiale MPR): Die abdominelle CT zeigt ein variköses venöses Konvolut (→) in der Wand des terminalen Ileums mit Kontakt zu ileokolischen Ästen der V. mesenterica sup. Direkt angrenzend zeigt sich das rechte Ovar (←). CT: Siemens Somatom Definition Flash 128, Schichtdicke 1,5 mm, Rekonstruktionsinkrement 1 mm, 120 kV.

Ileums durchgeführt. Hier kam es zur Darstellung vereinzelter Blutkoagel und massiver frischer Blutkomponenten im Kolon. Zudem zeigte sich bei Aspiration im Bereich des terminalen Ileums frisches Blut, sodass bereits endoskopisch der Verdacht auf eine aktive Blutung im Bereich des terminalen Ileums bestand. Die Blutungslokalisation konnte endoskopisch jedoch nicht identifiziert werden. Zur Kontrolle der bereits vorbeschriebenen Fundusvarize sowie zur Inspektion der Ösophagusvarizen zwecks einer genaueren Kenntnis des aktuellen Status in domo wurde erneut eine ÖGD durchgeführt. Diese zeigte weiterhin die bekannten Varizen, jedoch ohne Blutungstendenz. In der umgehend veranlassten biphasischen Computertomografie (CT) des Abdomens zeigten sich im Rahmen der bekannten Leberzirrhose zahlreiche portale Umgehungskreisläufe, insbesondere ein variköses Venenkonvolut am terminalen Ileum mit Kontakt zu ileokolischen Ästen der Vena mesenterica superior. Direkt angrenzend an das terminale Ileum und somit das variköse Konvolut zeigte sich das rechte Ovar. Da somit eine Korrelation zwischen dem endoskopisch erhobenen Befund und dem computertomografischen Befund gegeben war, wurde chirurgisch eine Laparotomie mit chirurgischer Resektion des betroffenen Darmanteils durchgeführt.

Abb. 3 Intraoperative Aufnahme mit Darstellung des Ileozökalbereiches inclusive Appendix und dem Venenkonvolut mit Kontakt zum terminalen Ileum.

Abb. 4 a Zur Darstellung kommt ein mikroskopisches Präparat des Ovars mit großkalibriger ektatischer und sklerosierter Vene (←); HE-Färbung. b In der EvG-Färbung zeigen sich Wandanteile einer stark sklerosierten Vene (→) neben einem Corpus albicans (←).

Das entnommene Präparat wurde im Anschluss an die Untersuchung in der Pathologie untersucht. Hier zeigte sich ein ileozökales Venenkonvolut von ca. 5 × 1,5 × 1,5 cm mit mikroskopischem Nachweis angrenzenden ovariellen Gewebes. Der Befund wurde als „im Rahmen intraabdomineller Umgehungskreisläufe bei portaler Hypertension“ gewertet. Der weitere postoperative Verlauf war komplikationslos. In CT-grafischen Verlaufskontrollen ca. 2 und ca. 8 Wochen post-OP zur Evaluation des chirurgischen Behandlungserfolges sowie zur Planung einer Lebertransplantation zeigten sich die beschriebenen Ileumvarizen nicht mehr. Eine erneute Endoskopie von Kolon und

Ileum ca. 8 Wochen nach OP war unauffällig. Es traten keine weiteren Blutungen auf.

Diskussion !

Blutende Ileumvarizen im Rahmen einer portalen Hypertension wurden lediglich einige Male in der Literatur beschrieben (Almadi MA et al. Gastrointest Endosc 2011; 74: 380 – 388). Ihnen gehen häufig abdominelle Operationen voraus. So ist insbesondere die Kollateralisierung innerhalb bestehender Adhäsionen typisch (Ohtani T et al. J Gastroenterol 1999; 34: 264 – 268). Es gilt alleinige postoperative Veränderungen von portosystemischen Kollateralen zu unterscheiden. In dem von

Sporns PB et al. Ileumvarizen als seltene … Fortschr Röntgenstr 2015; 187: 487–489 · DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1385820

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264 – 268). Zu diskutieren bleibt die primäre bildgebende Diagnostik mittels CT vor Durchführung einer Endoskopie in zunächst unklaren Fällen. Chirurgische Eingriffe wie Segmentresektionen und Ligaturen sind als zuverlässige Therapie beschrieben (Almadi MA et al. Gastrointest Endosc 2011; 74: 380 – 388). Weitere therapeutische Möglichkeiten z. B. mittels Ballonenteroskopie, koloskopischer Sklerotherapie und TIPS-Anlagen zur Therapie blutender intestinaler Varizen sind vorbeschrieben (Almadi MA et al. Gastrointest Endosc 2011; 74: 380 – 388). TIPS-Anlagen stellen bei wahrscheinlich erfolgreicher Operation jedoch nur die zweite Wahl dar. Werden die Varizen jedoch vor Eintritt einer Blutung detektiert, kann eine TIPSAnlage die portale Hypertonie und damit das Blutungsrisiko deutlich reduzieren.

Springende Punkte !

▶ Bei

▶ ▶

Patienten mit einer endoskopisch nicht lokalisierbaren GI-Blutung und portalvenöser Hypertonie sollte an die Möglichkeit diffuser Umgehungskreisläufe, auch im Bereich des Ileums gedacht werden. Ektope Varizen treten häufig nach abdomineller Vor-OP auf. Die CT ist geeignet zur Darstellung portalvenöser Umgehungskreisläufe, insbesondere in endoskopisch nur schwer zugänglichen Regionen wie dem terminalen Ileum.

P.B. Sporns, P. Barth, H. Wolters, A. Schmedt, M. Koehler, Münster, Germany

Bickelhaupt S et al. Computer- und magnetresonanztomografische … Fortschr Röntgenstr 2015; 187: 489–491 · DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1385819

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uns beschriebenen Fall lag keine abdominelle Vor-OP vor. Aufgrund des angrenzenden Ovars war bei ausgeprägten Zeichen einer portalen Hypertonie von portosystemischen (ileoovariellen) Varizen auszugehen. Zu den differenzialdiagnostischen Ursachen einer GI-Blutung zählen zudem Gefäßmalformationen, die sich jedoch unter Berücksichtigung von Endoskopie und Risikofaktoren mit hoher Sicherheit ausschließen lassen (Sami SS et al. Aliment Pharmacol Ther 2014; 39: 15 – 34). Eine frühe Diagnosestellung ist dennoch häufig erschwert, da endoskopisch wie in diesem Fall keine Blutungsquelle detektiert werden konnte. Aufgrund der rezidivierenden Blutungen aus den meist großlumigen Gefäßen ist die Symptomatik nicht selten akut und lebensbedrohlich (Ohtani T et al. J Gastroenterol 1999; 34:

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[Ileal varices as a rare cause of lower gastrointestinal bleeding].

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