105 Thoraxchirurgie 25 (1977)105-112 © Georg Thieme Verlag Stuttgart

Klinische Untersuchungen zur Hämolyse nach Aortenklappenersatz Hemolysis after Aortic Valve Replacement A. Dörig, M. Rothlin, B.J. Messmer

Zusammenfassung

Summary

Bei insgesamt 50 Patienten mit reinem Aortenklap­ penersatz mittels Starr-Edwards-(Modell 1260), Björk-Shiley- oder Fascia-lata-Klappen wurde die durch das Implantat verursachte Hämolyse unter­ sucht. Dabei wurde eine Anzahl hämatologischer wie blutchemischer Parameter und in einer kleinen Gruppe die Erythrozytenüberlebensdauer bestimmt. Als zuverlässigstes und gleichzeitig einfach zu be­ stimmendes Kriterium erwies sich die LDH. Unter den Prothesenträgern zeigten Patienten mit einer Björk-Shiley-Klappe im Durchschnitt eine niedrigere Hämolyserate (LDH 201 IE, Haptoglobin 45 mg %) als Patienten mit einer Starr-Edwards-Prothese (LDH 273 IE, Haptoglobine 35 mg %). Beide Prothesen­ typen führten jedoch bei einwandfreier Funktion zu keiner wesentlichen Hämolyse. Bei Patienten mit Fascia-lata-Plastik widerspiegelt der Hämolysegrad die Klappenfunktion bzw. den Grad der Dysfunktion.

Hemolysis after isolated aortic valve replacement using Björk-Shiley and Starr-Edwards (series 1260) prostheses as well as unstented Fascia-lata valves has been determined in 50 patients. A battery of hemathologic and blood-chemical tests was performed in all patients but LDH has proved to be the most reliable parameter. Survival of erythrocytes was measured in a small group of patients. Patients with Björk-Shiley prosthesis have shown lower average rate of hemolysis (LDH 201 IU, Haptoglobin 45 mg %) than patients with Starr-Edwards prosthesis (LDH 273 IU, Haptoglobin 35 mg %). When functioning regularly neither prosthesis results, however, in clinically significant hemolysis. In patients with unstented Fascia-lata valve the degree of hemolysis reflects directly the functional status of the valve.

Key-Words: Acquired heart disease - Aortic valve - Surgical correction - Hemolysis - Complications.

Hämolyse als Folge einer intravasalen Erythrozytenschädigung nach künstlichem Herzklappenersatz wurde bereits im Anschluß an die ersten Implantationen von Kugelprothesen festgestellt (20, 22). In tierexperimentellen Untersuchungen haben Stohlmann und Sarnoff (24) die grundlegenden Beziehungen zwischen der Implantation von Klappenprothesen und der Hämolyse dargelegt. Mit Beginn des routinemäßigen klinischen Klappenersatzes häuften sich die Mitteilungen über Hämolyse und hämolytische Anämien nach Klappenersatz (17, 18, 19). Trotzdem auch heute noch bei der Mehrzahl der Patienten eine gewisse Hämolyse blutchemisch nachgewiesen werden kann, erreicht diese nur selten ein Stadium, welches sich in einer klinisch manifesten hämolytischen Anämie äußert. Durch die Verbesserung der Flowcharakteristika neuerer Prothesen-Modelle

konnte der Hämolysegrad wesentlich beeinflußt werden (12, 16). Allerdings beeinflussen nicht nur die Strömungsverhältnisse, sondern auch Material und Prothesenoberfläche sowie Form und Größe der Aufschlagfläche zwischen Ventilkörper und Klappenring durch die direkte mechanische Einwirkung von Schlag- und Scherkräften die Erythrozytendestruktion. Daß dynamische Kräfte an und um eine Prothese herum den Hämolysegrad mitbestimmen, geht bereits daraus hervor, daß ein und derselbe Prothesentyp in der Regel in Aortenposition eine höhere Hämolyse bedingt, als in Mitralposition. Die vorliegende Untersuchung befaßt sich mit der Frage des Hämolysegrades in Abhängigkeit verschiedener Implantate in Aortenposition. Klinisches Krankengut und Methodik Insgesamt wurden 50 Patienten untersucht, welche in der Zeitspanne zwischen 1966 und 1972 an der

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

Chirurgische Universitätsklinik A (Direktor: Prof. Dr. med. Å. Senning), Kantonsspital Zürich

A. Dörig, M. Rothlin, BJ. Messmer

Chirurgischen Universitätsklinik A des Kantonsspitals Zürich wegen eines reinen Aortenvitiums operiert worden waren. Bei 20 Patienten war eine Starr-Edwards-Prothese (Modell 1260) implantiert. Dabei handelte es sich um 14 männliche und 6 weibliche Patienten im Alter zwischen 38 und 67 Jahren mit einem Durchschnittsalter von 58 Jahren. Zur Zeit der Kontrolle schwankte die postoperative Überlebenszeit dieser Patienten zwischen 24 und 70 Monaten und betrug im Durchschnitt 47 Monate. Eine Björk-Shiley-Prothese war bei 19 Patienten implantiert worden. Es waren dies 9 Männer und 10 Frauen im Alter zwischen 34 und 63 Jahren bzw. mit einem Durchschnittsalter von 51 Jahren. Die postoperative Überlebenszeit dieser Patientengruppe erstreckte sich von 7 bis 30 Monate und betrug im Durchschnitt 20 Monate. Bei einer weiteren Gruppe von 11 Patienten war die Aortenklappe durch eine autologe Fascia-lataHastik ersetzt worden (23). Es waren dies 10 Männer und eine Frau im Alter zwischen 26 und 53 Jahren mit einem Durchschnittsalter von 39 Jahren. Die Überlebenszeit dieser Patienten zur Zeit der Untersuchung betrug im Minimum 54, im Maximum 102 und im Durchschnitt 78 Monate. Bei allen Patienten wurde nach klinischen Zeichen einer Anämie und insbesondere nach einem Subikterus gesucht. In jedem Fall wurden Hämoglobin, Erythrozyten, Färbeindex, Hämatokrit und Retikulozyten bestimmt. Blutchemisch wurden zur Erfassung der Hämolyse das Bilirubin, das Serumeisen, die Lactatdehydrogenase (LDH) (2) sowie die Haptoglobine bestimmt (25). Bei 4 Patienten mit Starr-Edwards-Prothese und 5 Patienten mit einer Björk-Shiley-Prothese wurde zudem die Überlebenszeit der Erythrozyten ermittelt. Für diese Untersuchung wurden die Patienten ohne Kenntnis der vorgängigen hämatologischen und blutchemischen Untersuchungsresultate ausgewählt, so daß die Auswahl innerhalb der Gruppe als zufällig betrachtet werden darf.

Die Bestimmung der Erythrozyten-Überlebenszeit wurde mit Hilfe von Cr 51 nach der ACD-Ascorbinsäuremethode vorgenommen. 10 ml des markierten Blutes wurden dem Patienten reinjiziert und 10 Minuten nach der Injektion anhand einer ersten Blutentnahme die Ausgangsaktivität ermittelt. Weitere Blutentnahmen erfolgten täglich während der ersten 3 Tage, anschließend in 2-tägigen Abständen bis zum 20. Tag nach der Markierung. Die Cr 51 Aktivität der einzelnen Blutproben wurde mittels eines Szintillationszählers gemessen und mit dem gleichzeitig bestimmten Hämatokritwert korrigiert Die so erhaltenen Daten wurden semilogarithmisch aufgetragen und die Halbwertszeit anhand der sich ergebenden Regressionen bestimmt bzw. berechnet.

Resultate Aufgrund der klinischen Untersuchung konnte bei allen Patienten mit einer Aortenklappenprothese eine paravalvuläre Insuffizienz ausgeschlossen werden. Im Gegensatz dazu wiesen von den 11 Fascia-lata-Klappenträgern 5 eine leichte Aorteninsuffizienz, meist kombiniert mit einer leichten Aortenstenose auf. Die Patienten mit einer Kunstklappe waren antikoaguliert, während Patienten mit einer Fascia-lataPlastik keine Antikoagulantien erhielten. Die Ergebnisse der hämatologischen und blutchemischen Untersuchungen sind getrennt nach Klappentyp in den Tabellen 1 und 2 zusammengefaßt. Eine manifeste Anämie wurde weder in den beiden Gruppen mit Kunstklappen noch bei Patienten mit einer Fascia-lataPlastik beobachtet (Tab. 1). Unter 20 Patienten mit einer Starr-EdwardsProthese konnte die LDH und Haptoglobinbestimmung nur bei 19 Patienten verwertet wer-

Tabelle 1: Hämatologische und blutchemische Resultate nach Aortenklappenersatz Starr-Edwards

Björk-Shiley

Fascia-lata

Hämoglobin

15,0 g% (12,8-17,6)

15,2 g% (13,2-18,2)

15,1 g% (11,7-17,4)

Hämatokrit

45 % (38-52)

46 % (40-55)

46 % (38-51)

Erythrozyten

4,67 Mio/mm 3 (3,5-5,4)

4,48 Mio/mm 3 (3,7-5,3)

4,77 Mio/mm 3 (3,9-5,4)

Färbeindex

1,01 (0,9-1,1)

1.05 (0,9-1,4)

1,02 (0,9-1,1)

Retikulozyten

12,5 ‰ (2-25)

14,8 ‰ (5-41)

8,7 %o (4-19)

Bilirubin

0,5 mg % (0,1-1,1)

0,5 mg % (0,2-1,2)

0,8 mg % (0,4-1,4)

Serumeisen

88 % (33-253)

83 Γ% (34-133)

120 Γ% (89-181)

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

106

Klinische Untersuchungen zur Hämolyse nach Aortenklappenersatz

107

Tabelle 2: Mittelwert und "standard error" der LDH und der Haptoglobine bei Patienten mit Aortenklappen­ ersatz Björk-Shüey

Fascia lata

273 ± 17 IE

201 ± 15 IE

256 ± 21 IE

35 ± 2,7 mg %

den. Die LDH betrug durchschnittlich 273 IE und lag bei allen Patienten über der Normgrenze von 195 IE, wobei in 2 Fällen Werte von 440 IE und 442 IE festgestellt werden konnten. Die Serum-Haptoglobine waren in dieser Gruppe mit einem Durchschnittswert von 35 mg % insgesamt unter der unteren Normgrenze von 40 mg %, doch war bei allen Patienten noch Serum-Haptoglobin nachweisbar (Tab. 2). Bei den Patienten mit einer Björk-Shiley-Prothese ergaben sich LDH-Werte zwischen 140 IE und maximal 350 IE, wobei für die Gesamtgruppe ein Durchschnittswert von 201 IE errechnet wurde. Bei 10 von insgesamt 19 Patienten lag die LDH innerhalb des Normbereichs, d.h. unter 195 IE, während eine signifikante Erhöhung auf Werte über 300 IE bei

45 ± 7,3 mg %

46 ± 11,9 mg%

2 Patienten festgestellt werden konnte. Der Durchschnittswert der Haptoglobine berechnete sich auf 45 mg % und war bei 14 Patienten unter der unteren Normgrenze von 40 mg%. Bei allen Patienten konnte aber noch eindeutig Haptoglobin nachgewiesen werden. Mit durchschnittlich 256 IE lag die LDH bei Patienten mit einer Fascia-lata-Plastik deutlich über der Norm, wobei Normalwerte nur gerade bei 2 Patienten festgestellt werden konnten, während 6 Patienten eine leichte bis mäßige und 3 Patienten eine signifikante Erhöhung auf Werte über 300 IE aufwiesen. Die Haptoglobine wurden nur bei 9 der 11 Patienten bestimmt. In allen Fällen war Haptoglobin in Konzentrationen zwischen 11 und 110 mg % mit einem Durchschnittswert von 46 mg % nachweisbar.

Abb. 1: Gegenüberstellung von LDH und Haptoglobinen bei 50 Patienten mit reinem Aortenklappenersatz. Fig. 1: Correlation of LDH and Haptoglobin in 50 patients with isolated aortic valve replacement

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

LDH Haptoglobine

Starr-Edwards

108

A. Dörig, M. Rothlin, B.J. Messmer

Tabelle 3: Spezielle Analyse der Hämolyseparameter LDH und Haptoglobine bei Patienten mit Aortenklap­ penersatz

0( 0%) Normal LDH normal, Haptoglobine ↓ 0( 0%) 0% LDH↑,Haptoglobine normal 6 ( 32%) LDH↑,Haptoglobine ↓ 13( 68%) 100% Total 19(100%) Eine Gegenüberstellung der zur Erfassung einer subklinischen Hämolyse wichtigsten Parameter LDH und Haptoglobin stellt Abbildung 1 dar. Gleichzeitig sind die Resultate in Tabelle 3 zusammengestellt. Es zeigt sich, daß von insgesamt 47 Patienten aller drei Gruppen, bei denen eine gleichzeitige Bestimmung der LDH und der Haptoglobine durchgeführt werden konnte, 5 Patienten (11%) Normalwerte für beide Parameter aufwiesen. Eine normale LDH bei erniedrigten Haptoglobinen wiesen 7 Patienten (15 %) auf. Bei 35 Patienten (74 %) war die LDH erhöht, wobei bei 10 Patienten die Haptoglobin-Werte noch im Normbereich lagen.

Björk-Shiley

Fascia lata

Total

3 ( 16%) 7 ( 37%) 53% 2(10%) 47% 7( 37%) 19(100%)

2( 22%) 22% 5( 11%) 26% 0( 0%) 7( 15%) 2( 22%) 78% 10 ( 21%) 74% 5( 56%) 25 ( 53%) 9 (100%) 47 (100%)

Bei allen Patienten mit einer Starr-EdwardsProthese war die LDH erhöht; allerdings konnten dabei in 6 Fällen (32 %) noch Normalwerte für Haptoglobin gemessen werden. In der Gruppe der Björk-Shiley-Prothese wiesen 10 Patienten (53 %) eine normale LDH auf; dabei waren die Haptoglobine in 7 Fällen erniedrigt. 9 Patienten (47 %) zeigten erhöhte LDH-Werte. In der Gruppe mit einer Fascia-lata-Plastik hatten 2 Patienten Normalwerte für beide Parameter; in 7 Fällen war die LDH erhöht. Wie aus Abbildung 1 bereits ersichtlich wird, findet sich im vorliegenden Krankengut keine lineare Korrelation zwischen der LDH und den Haptoglobinen.

Abb. 2: Erythrozytenüberlebensdauer bei 59jährigem Patienten mit Status nach Aortenklappenersatz mit einer Starr-Edwards-Prothese (Modell 1260) vor 3 Jahren. Aktuelle blutchemische Werte: LDH 208 IE, Haptoglobine 39,5 mg %, Hämatokrit 38,5 %. Fig. 2: Regression curve of Cr51-labeled erythrocytes in a 59-year-old-patient who had aortic valve replace­ ment with a Starr-Edwards prosthesis, type 1260, three years ago. At the time of the study LDH was 208 IE, Haptoglobin 39.5 mg %, Hematocrit 38.5 %.

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

Starr-Edwards

109

Abb. 3: Erythrozytenüberlebensdauer bei 44jährigem Patienten mit Status nach Aortenklappenersatz mit einer Björk-Shiley-Prothese vor 2 Jahren. Aktuelle blutchemische Werte: LDH 174 IE, Haptoglobine 31,5 mg %, Hämatokrit 40,6 %. Fig. 3: Regression curve of Cr 51- labeled erythrocytes in a 44-year-old patient who had aortic valve replace­ ment with a Björk-Shiley prosthesis two years ago. At the time of the study LDH was 174 IE, Haptoglobin 31.5 mg %, Hematocrit 40.6 %.

Bei insgesamt 9 Patienten (4 mit Starr-Edwardsund 5 mit Björk-Shiley-Prothese) wurde die Erythrozyten-Überlebenszeit gemessen. Für Patienten mit einer Starr-Edwards-Prothese betrug die durchschnittliche Überlebenszeit 27,7 Tage bzw. 27,5 Tage nach Korrektur mit dem Hämatokrit-Wert. Für die BjörkShiley-Klappenträger ergab sich eine durchschnittliche Überlebenszeit von 22,8 Tagen bzw. 23,9 Tagen nach Korrektur mit dem Hämatokriten. Abbildung 2 und 3 zeigen die Erythrozyten-Überlebenskurve bei einem Patienten mit einer Starr-Edwards- bzw. einer Björk-Shiley-Prothese. Diskussion Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, daß eine gewisse Hämolyse bei allen Klappen-Prothesen vorkommt (9). Verbesserte Flowcharakteristika haben dazu beigetragen, daß die Hämolyse bei neuen "tilting-disc"Prothesen, wie sie beispielsweise die Björk-

Shiley-Klappe darstellt, geringgradig ist (3, 7, 16). Demgegenüber wurden nach Implantation von Starr-Edwards-Prothesen der Serie 1200 bzw. 1260 sowie bei Trägern von Magovernund Smeloff-Cutter-Klappen hämolytische Anämien mäßigen Grades beschrieben (6, 13). Schwere hämolytische Anämien können bei Klappentypen, wie sie beispielsweise die StarrEdwards-Prothese der Serie 2300 und die Beall-Klappen darstellen, gefunden werden (10, 21, 27). Insgesamt betrachtet ist jedoch das Vorkommen einer manifesten hämolytischen Anämie nach prothetischem Klappenersatz gering. Weit häufiger ist eine chronische Hämolyse ohne manifeste hämolytische Anämie. Allerdings schwanken auch hier die Angaben zwischen 7 % (1) und 96 % bzw. 98 % (9, 11). Die durchschnittlichen Angaben liegen bei 70-80 % (6, 10, 14). Die enormen Unterschiede erklären sich einerseits dadurch, daß unterschiedliche Klappentypen in verschiedener

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

Klinische Untersuchungen zur Hämolyse nach Aortenklappenersatz

A. Dörig, M. Rothlin, B.J. Messmer

Position untersucht wurden, andererseits sind die angewandten Untersuchungsmethoden ungleich sensibel. Ursache der Hämolyse bildet primär ein mechanisches Geschehen. Dabei spielen der direkte traumatische Effekt im Moment des Klappenschlusses, der Schweregrad der Turbulenz sowie Scherkräfte und Materialbeschaffenheit eine Rolle. Turbulenz und Scherkräfte wiederum sind verstärkt, wenn zusätzlich paravalvuläre Leckagen vorliegen. Da dies im vorliegenden Krankengut bei keinem der untersuchten Patienten der Fall war, widerspiegeln die Resultate den effektiven Hämolysegrad der einzelnen Prothesen. Anders verhalten sich die Fascia-lata-Klappen, welche Veränderungen im Sinne erneuter Fibrosierung und Verkalkung unterworfen sind. Zur Groberfassung der Hämolyse kann die LDH herangezogen werden, wie Myhre ü.Mitarb. gezeigt haben. Mit verstärkter intravaskulärer Hämolyse steigt die LDH entsprechend einer vermehrten Erythrozytendestruktion an. Ein weiterer Anhaltspunkt für die Hämolyse liefert die Bestimmung der Haptoglobine (14). Allerdings ist die Methode sehr sensibel, da die Haptoglobine bereits beim Vorhandensein kleinster Mengen von freiem Hämoglobin absinken. Eine verläßliche Aussage über den Grad der Hämolyse kann aufgrund der Haptoglobine allein nicht gemacht werden. Im vorliegenden Krankengut liegt bei 64 % der Patienten eine Korrelation zwischen LDH und den Haptoglobinen vor. Dabei sind in 11 % sowohl die LDH als auch die Haptoglobine im Normbereich, während 53 % eine erhöhte LDH bei gleichzeitig verminderten Haptoglobinen aufweisen. In 36 % der Patienten hingegen korrelieren die beiden Untersuchungsmethoden nicht.

tienten mit künstlichen Herzklappen. Erhöhte LDH-Werte sind ein einfach zu erfassendes Indiz einer möglichen Hämolyse und bedingen nach Ausschluß konkomitierender Krankheiten eine weitere Abklärung mit Bestimmung des Urinhämosiderins, der Retikulozyten und letztlich der Erythrozyten-Überlebenszeit. Im vorliegenden Krankengut war die LDH bei allen untersuchten Patienten entweder im Normbereich oder nur leicht bis mäßig erhöht; die Haptoglobine waren überall noch meßbar. Dies läßt den Schluß zu, daß keine oder nur eine geringgradige Hämolyse vorhanden war. Dabei liegt die LDH bei Starr-Edwards-Klappenträgern durchschnittlich etwas höher als bei den Björk-Shüey-Klappenträgern. Parallel dazu sind die Haptoglobinwerte in der StarrEdwards-Gruppe allgemein niedriger als in der Björk-Shiley-Gruppe.

Anders als nach diesen blutchemischen Resultaten zu erwarten gewesen wäre, präsentieren sich die Erythrozyten-Überlebenszeiten in den beiden Gruppen. Bei den Patienten mit einer Starr-Edwards-Klappe fällt T/2 mit durchschnittlich 27,5 Tagen höher aus als bei Patienten mit einer Björk-Shiley-Prothese, bei denen T/2 durchschnittlich 23,9 Tage beträgt. Beide Werte sind jedoch innerhalb des Normbereiches von 26 ± 3 Tagen. Statistisch verwertbare Schlüsse können aufgrund der kleinen Anzahl von Patienten nicht gezogen werden. Verschiedene Autoren finden verkürzte Erythrozyten-Überlebenszeiten nach Aortenklappenersatz mit der StarrEdwards-Prothese der Serie 1200 bzw. 1260. So schwankt diese nach Acar zwischen 12-23 Tagen, nach Walsh zwischen 9-24 Tagen und liegt nach Brodeur bei durchschnittlich 20, nach Myhre bei durchschnittlich 23,4 und nach Yacoub bei durchschnittlich 20,5 Tagen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß mit Ausnahme von Yacoub alle aufgeführten Autoren auch Patienten Der aussagekräftigste Test zur Bestimmung in die Untersuchung mit einbezogen haben, weleiner klinisch relevanten intravasalen Hämoche eine leichte bis mäßige Klappendysfunktion lyse stellt die Messung der ErythrozytenÜberlebenszeit dar. Die Methode ist aufwendig, aufwiesen. dafür aber weitgehend unabhängig von Störfaktoren, wie beispielsweise OrganschädigunDie Fascia-lata-Klappen bieten bezüglich des gen. Trotzdem betrachten wir bei regelmäßiger Hämolysegrades keine wesentlichen Vorteüe Kontrolle die LDH als wertvollsten Hämolysegegenüber den beiden untersuchten KunstklapParameter in der Langzeitbetreuung der Papen, wurde doch nur bei zwei von neun Pa-

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

110

Klinische Untersuchungen zur Hämolyse nach Aortenklappenersatz

111

2 Babson, A.: LDH-Bestimmung. Clin. Chim. Acta 12 (1965) 210 3 Björk, V.O., A. Henze, A. Carlström: Haematological evaluation of the Björk-Shiley tilting disc valve prosthesis in isolated aortic valvular disease. Scand. J. Thorac. Cardiovasc. Surg. 8 (1974) 12 4 Brodeur, M.T., D.W. Sutherland, R.D. Koler, A. Starr, J.A. Kimsey, HE. Griswold: Red blood cell survival in patients with aortic valvular disease and ball valve prosthesis. Circ. 32 (1965) 570 5 Dave, K.S., Ch.K. Madau, B.C. Pakrashi, B.E. Roberts, M.I. Ionescu: Chronic haemolysis following Fascia lata and Starr-Edwards aortic valve replacement. Circ. 56 (1972) 240 6 Eyster, E., J. Rothchild, O. Mychajliw: Chronic intravascular hemolysis after aortic valve replace­ ment. Circ. 44 (1971) 657 7 Fernandez, J., V. Maranhao, A.S. Gooch, D. Morse, H.T. Nichols: The Björk-Shiley prosthesis. Ann. Diese Ergebnisse decken sich weitgehend mit Thorac. Surg. 14 (1972) 527 8 Jacobson, R.J., Ch.E. Rath, J.K. Perloff: Intra­ den Resultaten von Dave, der bei 18 von 35 vascular hemolysis and thrombocytopenia in left Patienten mit einer Fascia-lata-Plastik eine ventricular outflow obstruction. Brit. Heart J. 35 leicht bis mäßig erhöhte LDH festgestellt hat. (1973) 849 Weniger übereinstimmend verhalten sich die 9 Jaeger, M., L.R. Freedman, J.L. Rivier: Compara­ Haptoglobine, während Dave bei seinen Pative study of hemolysis induced by four different models of artificial aortic valves. Monographie tienten mit einer Fascia-lata-Plastik in 80 % Shiley-Laboratories USA, 1975 der Fälle Werte unter der Norm erhalten hat, 10 Lefemine, A.A., M. Miller, G. Pinder: Chronic sind es in der vorliegenden Serie nur 56 %. hemolysis produced by cloth-covered valves. J. Immerhin zeigen die Resultate, daß nach Thorac. Cardiovasc. Surg. 67 (1974) 857 Aortenklappenersatz durch eine Fascia-lata11 Luther, M., J. Rastetter: Hämolyse nach Implan­ tation künstlicher Herzklappen. Z. Kardiol. 62 Plastik bei leichter bis schwerer Disfunktion (1973) 606 in der Regel nur eine geringgradige Hämolyse 12 Messmer, B.J., G. Hallmann, D.A. Cooley: Aortic auftritt, analog der Hämolyse verkalkter valve replacement, new techniques and Hydro­ Aortenvitien (8, 14). dynamics and clinical results. Surg. 68 (1970) 1026 Bezüglich des prothetischen Aortenklappener13 Myhre, E., J. Dale, K. Rasmussen: Erythrocyte satzes lassen die vorliegenden Untersuchungen destruction types of Starr-Edwards aortic ball valves. Circ. 42(1970)515 den Schluß zu, daß kein signifikanter Unter14 Myhre, E., K. Rasmussen: Mechanical hemoly sis schied besteht zwischen der Hämolyserate von in aortic valvular disease and aortic ball valve Starr-Edwards-Prothesen der Serie 1200 bzw. prosthesis. Acta Med. Scand. 186 (1969) 543 1260 und Björk-Shüey-Prothesen. Beide Pro15 Myhre, E., K. Rasmussen, A. Andersen: Serum thesen-Typen weisen bei einwandfreier Funklactic dehydrogenase activity in patients with pro­ sthetic heart valves: A parameter of intravascular tion keine oder nur eine geringgradige Hämohemolysis. Amer. Heart J. 80 (1970) 463 lyse auf. Eine verstärkte Hämolyse mit Anä16 Nitter-Hauge, S., S.Ch. Sommerfeit, K.V. Hall, mie ist ein sicherer Hinweis auf eine KlappenT. Fröysaker, L. Efskind: Chronic intravascular dysfunktion und kann Indikation zur Operahemolysis after aortic valve replacement: a com­ tion sein, falls die Anämie durch konservative parative study between Lillehei-Kaster and BjörkShiley disc valve prosthesis. Brit. Heart J. 36 Maßnahmen nicht unter Kontrolle gebracht (1974) 781 werden kann. 17 Reed, W.A., M. Dunn: Fatal hemolysis following ball valve replacement of the aortic valve. J. Literatur Thorac. Cardiovasc. Surg. 48 (1964) 436 18 Rodgers, B.M., D.C. Sabiston: Hemolytic anemia 1 A car, J., R. Lainée, E. Arie, A. Bernadou, J.P. following prosthetic valve replacement. Circ. 39/40 Bayard, C. Sultan, P Vernant: Hémolyse et pro Suppl. I (1969) théses valvulaires. Arch. Mal. Coeur 64 (1971) 19 Roeser, H.P., L.W. Powell, M.E. O'Brien: Hemo­ 1274 lysis after heterograft and prosthetic valve replace­ ment. Amer. Heart J. 79 (1970) 281

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

tienten ein normaler LDH-Wert festgestellt. Übereinstimmend mit diesen Werten weist einer dieser Patienten eine normale Klappenfunktion auf, während beim zweiten nur leichte Veränderungen im Sinne einer minimalen Stenose und Insuffizienz vorliegen. Bei den übrigen 7 Patienten entspricht der LDHWert dem Grad der sekundären Klappenveränderung. Dieser liegt wenig über 200 IE bei Patienten mit einem geringen neuerlichen Aortenvitium, steigt aber bei einem Patienten mit verkalkter Plastik und einem Gradienten von 37 mmHg und 23 % Regurgitation bei einem Herzzeitvolumen von 4,5 1/min auf 419 IE.

112

A. Dörig, M. Rothlin, B.J. Messmer

Dr. A Dörig, Priv.-Doz. M. Rothlin, Chirurgische Universitäts-Klinik A, Kantonsspital, Rämistr. 100, CH-8091 Zürich Prof. Dr. B.J. Messmer, Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie der Medizinischen Fakultät an der RWTH Aachen, Goethestr. 27/29, 5100 Aachen

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

20 Rose, J.C., CA. Hufnagel,E.D.Freis, W.P. lucite ball valve prosthesis into the cardiovascular Harvey, E.A. Partenope: The hemodynamic system. Circ. 13 (1956) 586 alterations produced by a plastic valvular pro­ 25 Tarukoski, H: Quantitative spectrophotometric sthesis for severe aortic insufficiency in man. determination of haptoglobin. Scand. J. Clin. J. clin. Invest. 33 (1954) 891 Lab. Invest 18 (1966) 80 21 Santinga, J.T., M.M. Kirsh: Hemolytic anemia 26 Walsh, J.R., A. Starr, L.W. Ritzmann: Intravascu­ lar hemolysis in patients with prosthetic valves in series 2300 and 2310 Starr-Edwards prosthetic and valvular heart disease. Circ. 39/40, Suppl. I valves. Ana Thorac. Surg. 14 (1972) 539 (1969) 135 22 Sayed, H.M., J. V. Dacie, D.A. Handley, S.M. 27 Williams, J.C., Ch.R. Vernon, G.R. Daicoff, Th.D. Lewis, W.P. Cleland: Hemolytic anemia of Bartley, M. W. Wheat, H W. Ramsey: Hemolysis mechanical origin after open heart surgery. following mitral valve replacement with the Thorax 16 (1961) 356 Beall valve prosthesis. J. Thorac. Cardiovasc. Surg. 23 Senning, A.: Fascia Lata replacement of aortic 161 (1971) 393 valves. J. Thorac. Cardiovasc. Surg. 54 (1967) 465 28 Yacoub, M.H., D.H. Keeling: Chronic hemolysis 24 Stohlmann, F., S.J. Sarnoff, R.B. Case, A.T. Ness: following insertion of ball valve prosthesis. Brit. Hemolytic syndrome following the insertion of a Heart J. 30 (1968) 676

[Hemolysis after aortic valve replacement (author's transl)].

105 Thoraxchirurgie 25 (1977)105-112 © Georg Thieme Verlag Stuttgart Klinische Untersuchungen zur Hämolyse nach Aortenklappenersatz Hemolysis after A...
992KB Sizes 0 Downloads 0 Views