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Helicobacter pylori: immer suchen, immer behandeln? Helicobacter pylori: screen and treat? Die Besiedlung der Magenschleimhaut durch H. pylori führt in aller Regel zu einer chronischen Magenschleimhautentzündung (chronische Gastritis). Der Schweregrad der chronischen Gastritis sowie die Verteilung des Entzündungsmusters innerhalb des Magens fallen unterschiedlich aus. Beide Charakteristiken bedingen im Wesentlichen die eventuell aus der H. pylori-Infektion resultierenden klinischen Komplikationen [1, 27]. Der Schweregrad der chronischen Gastritis wird zum einen durch den Grad der Entzündungsaktivität und zum anderen durch das Ausmaß der atrophischen Schleimhautveränderungen, häufig in Verbindung mit intestinaler Metaplasie, bestimmt [9]. Das Entzündungsmuster wird nach Lokalisation in Antrumprädominant, Corpus-prädominant oder bei gleichförmigem Befall der gesamten Magenschleimhaut als Pan-Gastritis definiert (q Abb. 1). Je nach Ausprägung des Phänotyps der Gastritis kommt es zu differenzierten pathogenetischen Prozessen, die als schwerwiegendste Komplikationen die Entwicklung eines peptischen Ulkus oder des Magenkarzinoms begünstigen [24, 31].

3Duodenal-/Magenulcus (aktiv oder anamnestisch, einschließlich peptischer Blutungen) 3nicht-ulzeröse Dyspepsie (funktionelle Dyspepsie), Diagnose basiert auf endoskopischer Untersuchung 3Bei Patienten mit Oberbauchbeschwerden kann die Strategie „nicht-invasiver H. pyloriTest und Behandlung“ erfolgen. Voraussetzungen: Alter des Patienten unter 50 Jahren, keine Alarmsymptome 3MALT-Lymphom 3atrophische Gastritis 3nach subtotaler Magenresektion 3positive Familienanamnese für Magenkarzinom 3vor Beginn einer chronischen NSAR-Einnahme 3ASS-induzierte Läsionen, die geblutet haben 3Eisenmangelanämie ohne sonstige gesicherte Ursache 3idiopathische thrombozytopenische Purpura 3Vitamin-B12-Mangel nach Ausschluss anderer Ursachen

Die Ausprägung der Gastritis selbst und ihrer möglichen klinischen Folgen wird primär durch bakterielle Virulenz- und wirtsspezifische Faktoren bestimmt [1]. Weiter tragen umweltbedingte, diätetische Faktoren und Rauchen dazu bei [16]. Eine wesentliche Folge der Gastritis ist die veränderte Magenphysiologie, insbesondere die Säuresekretion, die entscheidend an der Pathogenese der klinischen Komplikationen beteiligt ist [27]. Während beim Ulcus duodeni die intraindividuelle Säuresekretion erhöht und mit der Antrumprädominanten Gastritis assoziiert ist, findet man beim Magenkarzinom häufig eine verminderte Säureproduktion in Verbindung mit einer Corpusprädominanten Gastritis oder einer ausgeprägten Magenschleimhautatrophie (q Abb. 2).

Dieses Vorgehen mag zunächst sinnvoll und pragmatisch erscheinen, da man auch Komplikationen der H. pylori-Infektion durch eine Eradikationstherapie erfolgreich behandeln kann. Dies gilt im Speziellen für dyspeptische Beschwerden, für das peptische Ulkus und auch für das MALT-Lymphom im Früh- und mitunter sogar im fortgeschrittenen Stadium [29]. Die schwerwiegendste Komplikation der H. pylori-Infektion, das Magenkarzinom, kann allerdings zum Zeitpunkt der Erstmanifestation nicht mehr von einer H. pyloriTherapie profitieren. Eine Ausnahme bilden Patienten, bei denen nach endoskopischer Resektion eines Frühkarzinoms oder nach subtotaler Magenresektion die verbleibende Magenschleimhaut im Restmagen mit H. pylori infiziert bleibt [25].

Eradikation: Gezielte Indikationen oder generelle Empfehlungen? ▼

Argumente für eine generelle Behandlung ▼

Die Erforschung der H. pylori-Infektion und ihrer klinischen Auswirkungen blickt inzwischen auf 30 Jahre Erfahrung zurück, die zu grundlegenden Veränderungen in der Therapie der Magenkrankheiten geführt hat. Für eine generelle Behandlung der H. pylori-Infektion besteht bisher kein Konsens. Vielmehr ist man aufgrund der wissenschaftlichen Evidenzlage übereingekommen, dass erst bei Auftreten von Komplikationen eine Behandlung der H. pylori-Infektion durchgeführt werden soll (s. Kasten).

Die Mehrzahl der Patienten mit einem Magenkarzinom kann weder durch die Magenresektion noch mit derzeit verfügbaren Chemotherapien geheilt werden. Nach wie vor steht Magenkrebs auf der Liste der Neoplasien weltweit an vierter Stelle und hinsichtlich Mortalität sogar auf Platz 2 [11]. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt europaweit bei 25 % und in Deutschland wenig besser mit 30 %. Somit zählt das Magenkarzinom zu den malignen Tumoren mit der ungünstigsten Prognose [7]. Dieser schicksalshaften Entwicklung

Indikationen zur gezielten Eradikation

P. Malfertheiner1 Gastroenterologie Kommentar | Commentary

Schlüsselwörter Helicobacter pylori Eradikation Screening

q q q

Keywords Helicobacter pylori eradication screen-and-treat

Institut Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg eingereicht 24.01.2014 akzeptiert 13.03.2014 Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1369946 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 0:905–908 · © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Dr. Drs. h. c. Peter Malfertheiner Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Otto-von-Guericke Universität Magdeburg Leipziger Str. 44 39120 Magdeburg Tel. 0391 67 13 100 Fax 0391 67 13 105 eMail peter.malfertheiner@ med.ovgu.de

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Säuresekretion Prädisposition für a. Ulcus duodeni b. dyspeptische Symptome

Säuresekretion Prädisposition für Magenneoplasie/ Magenulcus

H. pylori-Infektion in der Gesamtbevölkerung bis auf das 20-Fache erhöht geschätzt [5, 10].

Säuresekretion Risiko für Magen-Ca

*

Antrum-prädominante Gastritis

- selten intestinale Metaplasie

Corpus-prädominante Gastritis

Pan-Gastritis, chronisch atrophisch

- Entzündung im Corpus stark ausgeprägt

- Atrophie variabel ausgeprägt

*bei ausgeprägter Atrophie ± intestinale Metaplasie kann H. pylori nicht persistieren

Abb. 1 Phänotypen der Gastritis bei H. pylori-Infektion mit Prädisposition für Komplikationen.

begünstigende bakterielle Virulenzfaktoren – CagA (Pathogenitätsinsel) – VacA sl ml

Umweltfaktoren – Rauchen – diätetische Faktoren

Corpusprädominant

HCI

begünstigende Wirtsfaktoren (Gen-Polymorphismen) IL-1 beta IL-1RN TNFα TLR4-G u. andere

Klinische Aspekte für erhöhtes Magenkarzinomrisiko *Corpus-prädominante Gastritis *Atrophische Gastritis · Hypochlorhydrie/Achlorhydrie · Pepsinogen I im Serum erniedrigt · Gastrin 17 erhöht · Bakterielle Überwucherung

Corpus FundusAtrophie*

HCI

*H. pylori häufig nicht mehr nachweisbar

Abb. 2 Phänotypen der Gastritis beim Magenkarzinom.

kann man heute mit erfolgreichen Vorsorgemaßnahmen entgegenwirken. In Ländern wie Japan und Korea [17, 21] sind Screeningprogramme ab dem 40.  Lebensjahr etabliert. Die Früherkennung basiert dort vorwiegend auf bildgebenden Verfahren, wobei die höchste Effizienz für endoskopische Reihenuntersuchungen gezeigt wurde [18]. Kürzlich wurde für die Gastroskopie sogar eine vorteilhafte Kosten-Effizienz ermittelt, und dies nicht nur für Regionen mit hohem Risiko für das Magenkarzinom, sondern auch für solche mit intermediärem Risiko in der Allgemeinbevölkerung. In Japan hat sich auch ein Screening durch die serologische Bestimmung von Pepsinogen als Marker für präneoplastische Veränderungen der Magenschleimhaut bewährt [28]. An die darauf basierende Vorauswahl kann sich eine gezielte Endoskopie anschließen. Karzinome werden auf diese Weise häufiger im Frühstadium erkannt und behandelt. Bei diesen Strategien bleibt also das Ziel die Früherkennung mit der noch bestehenden Chance der Heilung – aber die Möglichkeit, das Magenkarzinom zu verhindern, ist damit nicht gegeben.

Ganz anders verhält es sich mit einer H.pylori „Screen-and-Treat“-Strategie, bei der man durch frühzeitige Beseitigung des Karzinogens [19] die Entstehung des Magenkarzinoms verhindern könnte. Somit bietet sich als effektivstes Instrument der Magenkarzinomprävention eine Behandlung der H. pylori-Infektion an. Diese sollte am günstigsten erfolgen, bevor es zu präneoplastischen Veränderungen im Rahmen der chronischen Gastritis gekommen ist [25].

Evidenz der tragenden Rolle von H. pylori beim Magenkarzinom Die Evidenz für die H. pylori-Infektion als wichtigsten Risikofaktor für das Magenkarzinom ist eindeutig und wird heute nicht mehr angefochten [19, 26, 31]. Die Beweisführung stützt sich auf epidemiologische Daten, histologische Kaskade, biologische Plausibilität und klinische Studien [25]. Durch Anwendung verbesserter epidemiologischer Methoden ist das ursprünglich 2- bis 6-fach erhöhte Risiko für ein Magenkarzinom durch die

Diese Risikoeinschätzung beruht auf der serologischen Bestimmung von CagA-Antikörpern zusätzlich zu den H. pylori-Antikörpern. CagA-Antikörper sind gegen ein immundominantes und pathogenes Antigen von H. pylori gerichtet und bleiben über lange Zeit erhöht, selbst wenn der Keim aufgrund der fortgeschrittenen Schleimhautatrophie nicht mehr im Magen persistieren kann oder der Magen wegen eines Karzinoms reseziert wurde. Das erhöhte Risiko gilt gleichermaßen für das Magenkarzinom vom intestinalen Typ und vom diffusen Typ und bei korrekter topographischer Zuordnung für das proximale gleichermaßen wie für das distale Magenkarzinom [4]. Die biologische Plausibilität stützt sich auf die sogenannte Correa-Kaskade, in der eine Progression aus der chronischen Gastritis über präneoplastische Veränderungen (Atrophie, intestinale Metaplasie) zum Magenkarzinom vom intestinalen Typ dokumentiert ist [6]. Darüber hinaus liegen zahlreiche zellbiologische und tierexperimentelle Studien vor, die die Rolle von H. pylori in der Magenkarzinogenese einschließlich einer direkten onkogenen Wirkung des Bakteriums aufzeigen [2, 3, 31]. In der Magenkarzinogenese beim Menschen spielen Faktoren der bakteriellen Virulenz und eine genetische Veranlagung des Menschen die herausragende Rolle. Der überzeugendste Beweis für eine zentrale Rolle der H. pylori-Infektion beim Magenkarzinom wird durch klinische Studien geliefert, in denen eine Reduktion der Magenkarzinom-Inzidenz durch die H. pylori-Eradikation gezeigt wurde [15]. Auf Zahlen aus der Metaanalyse beruhend geht man von einer „number needed to treat“ von 227 aus; d.h. man muss 227 H. pylori-Infizierte behandeln, um ein Magenkarzinom in der Allgemeinbevölkerung zu verhindern. Entscheidend für den Erfolg der Prävention ist, dass die H. pylori-Therapie zu einem Zeitpunkt durchgeführt wird, wenn noch keine präneoplastischen Schleimhautveränderungen in Form einer atrophischen Gastritis mit und ohne intestinale Metaplasie vorliegen. Das Vorliegen atrophischer Magenschleimhautveränderungen mit intestinaler Metaplasie wird als möglicher „point of no return“ gesehen [30]. Patienten mit fortgeschrittener Gas-

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 905–908 · P. Malfertheiner, Helicobacter-pylori: immer behandeln?

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Kommentar | Commentary Welches sind die Bedenken? ▼

Aktuelle Studien zur H. pylori-Eradikation aus Ländern mit hoher Inzidenz des Magenkarzinoms unterstreichen die Effizienz der Magenkarzinomprävention durch H. pylori-Screening und anschließende Therapie („screen and treat“). In einer Langzeitstudie mit einer Beobachtungszeit von fast 15 Jahren ließ sich die Karzinominzidenz nach H. pylori-Eradikation um 39 % senken [23]. Bei einem Massenscreening in Taiwan (Matsu Island) konnte durch ein komplexes H. pylori-Screening mit eventuell kombinierter Gastroskopie und Therapie der H. pylori-Infektion die Inzidenz von Magenkarzinomen innerhalb von 5 Jahren um 25 % reduziert werden [22].

1.  Bei etwa 80 % der Infizierten treten während des gesamten Lebens trotz der fortbestehenden chronischen Gastritis keine klinisch fassbaren Symptome auf. Contra: Das ist zwar richtig, aber es gibt keine ausreichende Prognosekriterien, um die Menschen zu identifizieren, die von einer schweren Komplikation durch eine H. pylori-Infektion betroffen werden. In der klinischen Praxis kennen wir Risikogruppen und die „Such-Behandlungsstrategie“ wird hier bereits empfohlen [25].

Internationale Konsensus-Konferenzen der letzten Jahre haben darauf hingewiesen, dass in Regionen mit hoher Magenkarzinominzidenz unbedingt ein Aktionsplan mit H. pylori-Screening erfolgen sollte. Bislang haben allerdings nur wenige Länder, wie Japan, Korea, China und Taiwan, Initiativen auf den Weg gebracht. In vielen europäischen Regionen und in verschiedenen Bundesländern Deutschlands ist die Inzidenz des Magenkarzinoms trotz der allgemein sinkenden Tendenz immer noch hoch. Analysen der Kosteneffizienz unterstreichen den positiven Effekt einer H. pyloriScreening-Strategie in Hochrisikoregionen. In einer kürzlich veröffentlichten systematischen Studie zur Kosten-Nutzen-Analyse eines H. pylori-Screenings mit anschließender Behandlung wurden die Kosten für ein „qualitätskorrigiertes Lebensjahr“ (QALY) zur Vemeidung eines Magenkarzinoms in der Allgemeinbevölkerung unter 50 000 $ beziffert [20]. Diese Studie stützt sich auf Untersuchungen in 10 verschiedenen Ländern. Dabei gilt es anzumerken, dass in den meisten Studien der zusätzliche Nutzen der Screening-basierten Präventionsstrategie zur Verhinderung anderer H. pylorirelevanter Komplikationen (z. B. peptisches Ulkus) in der Regel nicht berücksichtigt wurde. Dies unterstützt auch aus gesundheitsökonomischer Betrachtung die generelle H. pylori-Screening- und Behandlungsstrategie.

Folgende Argumente werden gegen eine generelle „Screening- und Behandlungsstrategie“, um möglichen Komplikationen vorzubeugen, ins Feld geführt:

2.  Aufgrund des hohen Durchseuchungsgrades der Bevölkerung mit H. pylori würde eine „Massenbehandlung“ gesundheitsökonomischen Ansprüchen nicht gerecht werden. Contra: Diesem Argument stehen positive Kosten-EffizienzAnalysen entgegen [20]. 3.  Eine breit angewandte Behandlung könnte zu einer gefährlichen Antibiotikaresistenz anderer Keime und damit zur Gesundheitsgefährdung einer großen Bevölkerungsgruppe führen. Contra: Die großzügige Anwendung von Antibiotika bei häufig nicht induzierter Indikation (z. B. viraler Infekt) ist gravierender als die 7–10-tägige Behandlung der H. pylori-Infektion. Außerdem sind in aktuellen Therapieschemata Tetracyclin und Bismut enthalten, die nicht als relevante „Antibiotika“ für andere Indikationen im klinischen Gebrauch sind. 4.  Aufgrund der langen „Symbiose“ von H. pylori mit dem Menschen könnten auch weiterhin Evolutionsvorteile daraus für den Menschen erwachsen. Contra: Die lange Zeit in der Diskussion befindliche Annahme, dass H. pylori-Eradikation die Entzündung der gastroösophagealen Refluxkrankheit begünstigt, ist vom Tisch. Es liegen eine Reihe von Studien mit negativen Assoziationen von H. pylori und atopischen Erkrankungen vor. Diese werden allerdings in anderen Studien mit gleicher Zielsetzung nicht bestätigt. Außerdem ist die H. pyloriInfektion auch als Trigger für einzelne extradigestive Erkrankungen identifiziert worden [14, 25]. Wichtigstes Argument ist, dass für keinen der postulierten „vorteilhaften“ Aspekte der H. pylori-Infektion eine Kausalität im klinischen Bereich belegt wurde.

Empfehlungen internationaler Konsensus-Konferenzen ▼ Im europäischen Maastricht Konsensus Report werden Empfehlungen und Möglichkeiten des H. pylori-Screenings bei „Hoch-Risikopatienten“ und in „Hoch-Risikopopulationen“ wie folgt formuliert:

H. pylori-Eradikation zur Prävention von Magenkrebs soll berücksichtigt werden: 3bei Verwandten 1.  Grades von Familienangehörigen mit Magenkarzinom 3nach vorangegangener endoskopischer Resektion eines Magenfrühkarzinoms bzw. noch chirurgischer subtotaler Magenresektion 3bei Risikogastritis: schwere Pan-Gastritis, Corpus-prädominante Gastritis, schwere Atrophie der Fundus-CorpusSchleimhaut 3bei dauerhafter Behandlung mit Protonenpumpenhemmern, da diese die Entwicklung präneoplastischer Konditionen beschleunigt 3bei schweren umweltbedingten Risikofaktoren (schweres Rauchen, Exposition auf Staub, Quarz, Zement) Eine ähnliche Empfehlung wird in der asiatisch-pazifischen Konsensus-Konferenz ausgesprochen [13]. In der deutschen Leitlinie wurde für eine generelle Präventionsstrategie kein Konsens gefunden [12].

Fazit und Ausblick ▼ H. pylori ist ein magenpathogener Keim und führt zur chronischen Gastritis, die bei einem Teil der Betroffenen zu dyspeptischen Symptomen, peptischen Ulzera und im schlimmsten Fall auch zu Magenneoplasien führen kann. Die Kernfrage, ob die H. pylori-induzierte Gastritis per se schon eine Krankheit darstellt oder ob sie erst bei Manifestation von klinischen Symptomen oder Komplikationen als solche bezeichnet werden kann, bleibt eher semantisch und „akademischen“ Diskussionen vorbehalten. Letztlich ist die H. pylori-Gastritis eine Infektionskrankheit. Entscheidend ist die klinische Konsequenz, die man aus der Kenntnis zieht, dass man durch Behandlung der H. pyloriInfektion klinische Komplikationen vermeiden und insbesondere die Prävention des Magenkarzinoms erfolgreich angehen kann.

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 905–908 · P. Malfertheiner, Helicobacter-pylori: immer behandeln?

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tritis müssen daher auch nach erfolgreicher H. pylori-Eradikation durch regelmäßige Gastroskopien im Verlauf (alle 2– 3 Jahre) überwacht werden, um eine Progression der atrophischen Gastritis zu erkennen [8].

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Ein generelles Screening mit Behandlung der H. pylori-Infektion erscheint als sinnvolle Präventionsstrategie. Sie wird durch Bedenkenträger abgelehnt, die ein Aufschieben fordern, bis eine eindeutige, direkte Evidenzlage vorliegt. Diese könnte durch eine groß angelegte Studie, die derzeit in China (Linqu Trial) an vielen tausend Menschen durchgeführt wird, erbracht werden. Selbst bei positivem Ergebnis der Studie könnte aber argumentiert werden, dass die Evidenz zwar für die dortige Region und ethnische Bevölkerung überzeugend ist, aber nicht generell auf Regionen mit niedrigerer Prävalenz und Inzidenz des Magenkarzinoms übertragbar ist. Beim derzeitigen Kenntnisstand gibt es keinen ausreichenden Grund, abzuwarten und zu beobachten, wie weiterhin viele Menschen von dieser Krankheit betroffen werden. Für den klinisch tätigen Arzt, der mit Magenkarzinompatienten konfrontiert wird, ist mit Sicherheit die Motivation gegeben, vielen Menschen dieses Leid durch eine Screening- und Behandlungsstrategie der H. pylori-Infektion ersparen zu können und Grund genug, sich für ein generelles „screen-and-treat“ zu entscheiden. Leitlinienbasiert kann diese Strategie derzeit nicht propagiert werden. Der einzelne Arzt in seiner Praxis und nach persönlich übertragener Verantwortung kann nach Bewertung der vorgetragenen Argumente die Chance nutzen, wenn sich Patienten zur generellen Vorsorge einfinden. In unserer Klinik nutzen wir derzeit die Möglichkeit der etablierten kolorektalen Karzinomvorsorge mittels Koloskopie, um gleichzeitig die Risiken einer H. pylori-Infektion oder einer bereits fortgeschrittenen chronischen atrophischen Gastritis in das Konzept der gastroenterologischen Prävention miteinzubeziehen. Unser Konzept, das im Rahmen eines klinischen Forschungsprojekts getestet wird und in einer globalen Initiative für den gesunden Magen (Healthy Stomach Initiative, www.hsinitiative.org) auch europaweit multizentrisch aufgegriffen wurde, sieht folgendes Vorgehen vor: 3 Patienten, die zur Vorsorge-Koloskopie kommen, wird ein nicht-invasiver serologischer Test zum Nachweis der H. pylori-Infektion angeboten, mit Parametern (Pepsinogen, Gastrin 17) zur Einschätzung einer schweren atrophischen Gastritis. 3 Die anschließende Behandlung erfolgt differenziert in Abhängigkeit von diesen Befunden und schließt die Möglichkeit der H. pylori-Therapie, eine

eventuell notwendige Gastroskopie oder sogar ein notwendiges endoskopisches Follow up mit ein.

Konsequenz für Klinik und Praxis 3Die H. pylori-Gastritis ist eine Infektionskrankheit. 3Sie kann Beschwerden verursachen und ist Ausgangspunkt für mögliche schwere Komplikationen. 3Eine Behandlung ist immer anzustreben. 3Risikopersonen für ein Magenkarzinom sollten auf H. pylori gescreent werden („screen and treat“).

Autorenerklärung: Der Autor erklärt, dass er Vortrags- und Beraterhonorare von Abbott, Aptalis und Takeda erhalten hat. Literatur 1 Amieva MR, El-Omar EM. Host-bacterial interactions in Helicobacter pylori infection. Gastroenterology 2008; 134: 306–323 2 Bornschein J, Leja M, Kupcinskas J et al. Molecular diagnostics in gastric cancer. Front Biosci (Landmark Ed.) 2014; 19: 312–338 3 Bornschein J, Malfertheiner P. Gastric carcinogenesis. Langenbecks Arch Surg 2011; 8: 581– 588 4 Bornschein J, Selgrad M, Warnecke M et al. H. pylori infection is a key risk factor for proximal gastric cancer. Dig Dis Sci 2010; 55: 3124–3131 5 Brenner H, Arndt V, Stegmaier C et al. Is Helicobacter pylori infection a necessary condition for noncardia gastric cancer? Am J Epidemiol 2004; 159: 252–258 6 Correa P. Gastric cancer: overview. Gastroenterol Clin North Am 2013; 42: 211–217 7 De Angelis R, Sant M, Coleman MP et al. EUROCARE-5 Working Group. Cancer survival in Europe 1999-2007 by country and age: results of EUROCARE-5-a population-based study. Lancet Oncol 2014; 15: 23–34 8 Dinis-Ribeiro M, Areia M, de Vries AC et al. Management of precancerous conditions and lesions in the stomach (MAPS): guideline from the European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE), European Helicobacter Study Group (EHSG), European Society of Pathology (ESP), and the Sociedade Portuguesa de Endoscopia Digestiva (SPED). Endoscopy 2012; 44: 74–94 9 Dixon MF, Genta RM, Yardley JH et al. Classification and grading of gastritis. The updated Sydney System. International Workshop on the Histopathology of Gastritis. Houston 1994. Am J Surg Pathol 1996; 20: 1161–1181 10 Ekström AM, Held M, Hansson LE et al. Helicobacter pylori in gastric cancer established by CagA immunoblot as a marker of past infection. Gastroenterology 2001; 121: 784–791 11 Ferlay J, Steliarova-Foucher E, Lortet-Tieulent J et al. Cancer incidence and mortality patterns in Europe: estimates for 40 countries in 2012. Eur J Cancer 2013; 49: 1374–1403 12 Fischbach W, Malfertheiner P, Hoffmann JC et al. 4. S3-guideline "helicobacter pylori and gastroduodenal ulcer disease". Z Gastroenterol 2009; 47: 1230–1263

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Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 905–908 · P. Malfertheiner, Helicobacter-pylori: immer behandeln?

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[Helicobacter pylori: screen and treat?].

Current evidence assigns to the Helicobacter pylori infection an essential role and major risk in gastric carcinogenesis. In high risk groups and popu...
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