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S126 Referat

Kindliche Hör- und Sprachentwicklungsstörungen, Diagnostik und Genetik

Autor

R. Lang-Roth

Institut

Klinik und Poliklinik für Hals,-Nasen,-und Ohrenheilkunde, Uniklinik Köln

Schlüsselwörter ▶ Neugeborenenhörscreening ● ▶ Hörscreeningzentralen ● ▶ Pädaudiologische Diagnostik ● ▶ Sprachentwicklungsstörung ● ▶ Genetische Hörstörungen ● Key words ▶ newborn hearing screening ● ▶ organization of newborn ● hearing screening ▶ pedaudiological diagnosis ● ▶ speech and language delay ● ▶ genetic hearing loss ●

Inhaltsverzeichnis

145

126

3.6

Ursachen einer Sprachentwicklungsstörung

145

1.

Neugeborenenhörscreening

127

3.7

Therapieoptionen

145

1.1

Beschluss des gemeinsamen Bundesausschusses

3.7.1 Late Talker

145

(G-BA) zum Hörscreening

127

3.7.2 Spezifische Sprachentwicklungsstörung

146

1.2

Organisation

128

3.8

1.3

Untersuchungsmethoden

▶ Abb. 3) 1.3.1 TEOAE-Messung (●

▶ Abb. 4) 1.3.2 AABR-Messung (●

Folgen einer Sprachentwicklungsstörung

146

128

Abstract

147

129

Literatur

147

130

1.4

Hörscreeningzentralen

133

1.5

Möglichkeiten und Grenzen des Hörscreenings

133

2.

Diagnostik und Ursachen frühkindlicher

2.2

133

Pädaudiologische Diagnostik im Säuglings- und Kleinkindalter

Korrespondenzadresse Dr. med. Ruth Lang-Roth Klinik und Poliklinik für Hals,Nasen und Ohrenheilkunde, Uniklinik Köln Leitung Phoniatrie & Pädaudiologie und Cochlear Implant Zentrum Kerpener Straße 62 50937 Köln [email protected]

145

3.5.3 Weiterführende Diagnostik Zusammenfassung

Hörstörungen

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0033-1363214 Laryngo-Rhino-Otol 2014; 93: S126–S149 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 1615-0007

3.5.2 Diagnostik der Sprachentwicklung

134

2.2.1 Ohrmikroskopie

134

2.2.2 Tympanometrie (1000Hz, 226 Hz)

134

2.2.3 Otoakustische Emissionen (OAE)

134

2.2.4 ERA

135

2.2.5 Subjektive Diagnostik

136

2.3

Ursachen der Schwerhörigkeit

136

2.3.1 Genetisch bedingte Schwerhörigkeit

136

2.3.2 Intrauterine CMV -Infektion

138

2.3.3 Paukenergüsse

139

2.4

„Ursachenforschung“

140

2.5

Therapie der frühkindlichen Hörstörung

140

3.

Sprachentwicklung in den ersten 3 Lebensjahren

141

3.1

Linguistische Ebenen

141

Phonologie/Phonetik:

141

Lexikon (Wortschatz) und Semantik (Wortbedeutung)

141

Morphologie und Syntax (Wort und Satzgrammatik)141 Kommunikation und Pragmatik

141

3.2

Kindgerichtete Sprache

141

3.3

Meilensteine in der frühen Sprachentwicklung

3.3.1 Das erste Lebensjahr

141 142

3.3.2 Das zweite Lebensjahr

142

3.3.3 Das dritte Lebensjahr

142

3.4

142

Auffälliger Spracherwerb

3.4.1 Sprachentwicklungsverzögerung

142

3.4.2 Sprachentwicklungsstörung

143

3.5

144

Sprachentwicklungsdiagnostik

3.5.1 Fragebögen

Zusammenfassung

▼ Dieses Übersichtsreferat gibt Einblicke in wichtige phoniatrisch/pädaudiologische Teilaspekte der frühkindlichen Hör-und Sprachentwicklung mit dem Ziel, die diagnostischen und therapeutischen Wege an der Schnittstelle HNO zu Phoniatrie/Pädaudiologie aufzuzeigen. Das universelle Neugeborenen-Hörscreening, das seit dem 01.01.2009 für jedes Neugeborene zur Verfügung steht, wird im ersten Themenblock besprochen. Unter Berücksichtigung eines Beschlusses des gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) wird der Ablauf des Neugeborenen-Hörscreenings von der Geburtsklinik bis hin zur Konfirmationsdiagnostik dargestellt. Der zweite Themenblock umfasst die pädaudiologische Diagnostik. Nach Bestätigung einer permanenten frühkindlichen Hörstörung hat die Ursachenforschung eine wichtige Bedeutung. Dementsprechend wird auf die genetisch bedingten Hörstörungen und die intrauterine Zytomegalie Virusinfektion (CMV) eingegangen. Die CMV-Infektion stellt wahrscheinlich die häufigste Ursache einer erworbenen Hörstörung dar. Ferner erfolgt eine Abgrenzung zu der häufigsten passageren Hörstörung, dem Paukenerguss, der in einigen Fällen aufgrund seiner Ausprägung eine Relevanz für das Hörvermögen und die Sprachentwicklung hat und daher behandlungsbedürftig ist.

144

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Hearing Impairment and Language Delay in Infants: Diagnostik and Genetic

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Referat S127

Risikomerkmale für die Entwicklung einer Hörstörung, JCIH 2007, 2009 – – – – – –

familiäre Hörstörungen intrauterine Infektionen (z. B. Toxoplasmose, CMV) neonatale Infektionen kraniofaziale Fehlbildungen Syndrome/chromosomale Aberration – Geburtsgewicht < 1 500 g – Geburt vor der 32. SSW – intrauterine Wachstumsretardierung

– perinatale Asphyxie – ototoxische Medikamente – kritische Hyperbilirubinämie ( > 16–20 mg/dl) – Beatmung – schwere respiratorische Anpassungsstörung – Konsanguinität der Eltern – Abusus der Mutter – Meningitis

Der dritte Themenblock ist die frühkindliche Sprachentwicklung in den ersten 3 Lebensjahren. Diese ist nach heutigem Kenntnisstand entscheidend für den weiteren Sprach- und Schriftspracherwerb des Kindes. Zunächst wird ein kurzer Abriss der Sprachentwicklung mit Einführung in die aktuelle Nomenklatur gegeben, gefolgt von den Auffälligkeiten der frühen Sprachentwicklung und deren Diagnostik. Bewusst werden nur Teilaspekte der frühen Hör- und Sprachentwicklung betrachtet. Wichtige Teilbereiche, wie die Indikation zur Cochlea Implantation im ersten Lebensjahr oder auch bei einseitiger Taubheit, sind aufgrund ihrer Komplexität nicht Thema dieses Beitrags.

1. Neugeborenenhörscreening



Die Inzidenz einer permanenten bilateralen Schwerhörigkeit mit einer Hörschwelle über 40 dB liegt bei 1–2 von 1 000 Neugeborenen [1]. Somit ist die Hörstörung die häufigste Sinnesbehinderung im Kindesalter. Die Quote steigt bis zum Alter von 5 Jahren auf 2,7 von 1 000 Kindern und bis zum Erwachsenenalter auf 3,5 an [2]. Einseitig von einem Hörverlust über 30 dB betroffen sind 6 von 1 000 Neugeborenen. Ein Drittel der Kinder mit einer Hörstörung hat zusätzliche Komorbiditäten, unabhängig ob ein oder beide Ohren betroffen sind [2]. Angeborene Hörstörungen haben je nach Ausprägung eine mehr oder weniger schwere Störung der Sprachentwicklung zur Folge, bis hin zur ausbleibenden Entwicklung der Lautsprache. Da die Hör- und Sprachentwicklung an sensible Phasen der Hirnentwicklung gebunden verläuft, ist eine frühzeitige Diagnostik und Versorgung einer Hörstörung unabdingbar für die positive Entwicklung des Kindes [3]. Das Problem hierbei ist, dass die Hörreaktionen eines Neugeborenen oder Säuglings subjektiv schwer zu beurteilen sind. Vor Einführung des universellen Neugeborenenhörscreenings wurde das Vorliegen einer hochgradigen an Taubheit grenzenden Hörstörung durchschnittlich mit 12 Monaten aufgrund der fehlenden Bildung der ersten Wörter vermutet. Die Diagnosestellung erfolgte im Mittel im Alter von 20 Monaten und die Hörgeräteversorgung schließlich mit 24 Monaten. Mittelgradige und insbesondere geringgradige oder einseitige Hörstörungen wurden noch später diagnostiziert und versorgt. Teilweise fiel eine Hörstörung erst in der Einschulungsuntersuchung auf [4]. Ein Neugeborenenhörscreening ist seit vielen Jahren technisch sicher und kostengünstig möglich und wurde relativ früh in vielen Ländern eingeführt. In Deutschland war es ein langer Weg, bis der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) 2008 mit Wirkung zum 1.1.2009 das universelle Neugeborenenhörscreening be-

schlossen hat. Die Zielsetzung und Durchführung sind in einer Neufassung der Kinderrichtlinie verankert (http://www.g-ba. de/informationen/beschluesse/681/). Viele Studien konnten zeigen, dass ein Neugeborenenhörscreening ohne Begleitung der Eltern bis zur Therapieeinleitung (Tracking) den Versorgungszeitpunkt nicht signifikant vorverlegt und das Neugeborenenhörscreening für viele betroffene Kinder wirkungslos bleibt [5]. Daher ist zusätzlich zur Durchführung eines qualitätsgesicherten Neugeborenenhörscreenings auch das Tracking der Kinder durch eine übergeordnete Screeningzentrale mindestens bis zur Diagnosestellung, ggfs. auch länger, unabdingbar [6]. Allerdings ist die Finanzierung, sowohl der Durchführung des Screenings als auch des Trackings im G-BA Beschluss nicht geregelt.

1.1 Beschluss des gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zum Hörscreening Mit der Einführung des universellen Neugeborenen-Hörscreenings seit dem 1.1.2009 durch den G-BA ist ein entscheidender Schritt zu Früherkennung und Frühversorgung kindlicher Hörstörungen noch im ersten Lebenshalbjahr in Deutschland erfolgt. Ziel des Neugeborenenhörscreenings ist es, behandlungsbedürftige Hörstörungen ab 35 dB Hörverlust zu erkennen, die Diagnose bis zum Ende des 3. Lebensmonats zu stellen und die Therapie bis spätestens zum 6. Lebensmonat einzuleiten. Davon ausgenommen ist die Gruppe der Frühgeborenen oder kranken Neugeborenen, für die erweiterte Zeiträume gelten. Jedes Neugeborene hat ein Anrecht auf ein Hörscreening. Vor der Durchführung der Untersuchung sind die Eltern entsprechend zu informieren (Elterninformationsbögen stehen zur Verfügung), und ihnen obliegt auch die Entscheidung zur Teilnahme. Lehnen die Eltern das Screening ab, ist das zumindest durch die Unterschrift eines Elternteils zu dokumentieren. Vorgesehen ist ein beidohriges Hörscreening bis zum dritten Lebenstag durch eine automatisierte TEOAE (Transitorisch Evozierte OtoAkustische Emissionen) oder AABR (Automated Auditory Brainstem Response) Messung. Bei Risikokindern ist die AABRMessung obligatorisch. Ein entsprechender Risikokatalog wurde ▶ Tab. 1) durch die American Society of Audiology publiziert (● [7]. Bei Frühgeborenen ist das Hörscreening spätestens bis zum errechneten Geburtstermin vorgesehen. Kranke oder mehrfach behinderte Neugeborene sollen unter Berücksichtigung der notwendigen medizinischen Maßnahmen spätestens bis zum Ende des 3. Lebensmonats untersucht worden sein. Erfolgt die Geburt außerhalb eines Krankenhauses, z. B. im Geburtshaus, ambulant oder ist die Messung (z. B. wegen frühzeitiger Entlassung) nicht durchgeführt worden, soll das Hörscreening spätestens bis zur U2-Untersuchung zwischen dem 3. und 10. Lebenstag erfolgen.

1.2 Organisation Der G-BA-Beschluss regelt den zeitlichen Ablauf der Untersuchungen, den Einsatz der möglichen Untersuchungsmethoden, sowie die Verantwortlichkeiten im Rahmen des Neugeborenenhörscreenings. Das Neugeborenenhörscreening wird in der Regel in der Geburtsklinik durchgeführt. Die meisten Kliniken nutzen ein 2-Stufenscreening mit TEOAE- und AABR-Messung; seltener wird ein reines AABR-Screening eingesetzt. Im 2-Stufen Hörscreening erfolgt die Erstuntersuchung des gesunden Neugeborenen mit automatisierten TEOAE. Die Kontrollmessung oder das Screening von Risikokindern wird mit der automatisierten

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Tab. 1 Risikofaktoren für eine frühkindliche Hörstörung nach den Empfehlungen des Joint Committee of infant hearing [7].

ABR-Ableitung (AABR) durchgeführt, die für diese Kinder obligat ▶ Tab. 1). Der Hintergrund ist, dass somit auch eine eventuist (● elle auditorische Synaptopathie/Neuropathie erfasst wird, die etwa 10 % der hochgradig schwerhörigen Kinder betrifft und bei der in der Regel TEOAE ableitbar sind [8]. Hingegen untersucht das 1-Stufenscreening alle Kinder mit der AABR. Trotz optimierter Screeninggeräte ist die Durchführung der TEOAE-Messung unkomplizierter und schneller in der Durchführung als die AABR-Untersuchung. Aus diesem Grund entscheiden sich derzeit die meisten Kliniken für ein 2-Stufenscreening. Die Untersuchungsgeräte ermöglichen 2 Aussagen: „Pass“ für ein unauffälliges Screening und „Refer oder Fail“ für ein kontrollbedürftiges Ergebnis. Endet das Screening mit einem kontrollbedürftigen Ergebnis, ist dies nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit dem Vorliegen einer Hörstörung. Bei guter Qualität (max. 4 % screeningauffällig) des Primärscreenings kommt auf 20 screeningauffällige Kinder lediglich ein schwerhöriges Kind. Ist im 2-Stufenscreening die TEOAE-Messung ein oder beidseitig kontrollbedürftig, ist spätestens bis zur U2 eine Kontroll-AABR an beiden Ohren indiziert. Ein weiterhin auffälliges Ergebnis sollte in der Regel innerhalb von 14 Tagen mit einer erneuten AABRMessung (Follow-up 1) kontrolliert werden. Um retrocochleäre Schwerhörigkeiten oder auditorische Synaptopathien/Neuropathien (AS/AN) zu erfassen, ist die beidohrige AABR-Messung zum Kontrollscreening unabdingbar. Die Follow-up Stufe1 kann in Praxen (HNO, Pädiatrie, Phoniatrie und Pädaudiologie) mit entsprechender technischer Ausrüstung (Automatisierte Untersuchung und automatisierte Befundung von ABR) durchgeführt werden. Ein weiterhin auffälliges Kontrollscreening macht die pädaudiologische Konfirmationsdiagnostik (Follow-up 2) in spezialisierten Einrichtungen notwendig, die bis zur 12. Lebenswoche abgeschlossen sein sollte. (Kinderrichtlinie §5, Absatz 1–4) Bis spätestens zum 6. Lebensmonat sollte eine eventuell notwendige Therapie eingeleitet worden sein. Die Verantwortlichkeiten für die Durchführung des Neugeborenenhörscreenings sind im G-BA Beschluss ebenfalls geregelt. Sie liegt in der Geburtsklinik beim Leiter der Geburtshilfe. Für Geburten außerhalb des Krankenhauses liegt die Verantwortung zur Veranlassung des Hörscreenings bei der Hebamme bzw. dem Arzt, der die Geburt leitet. Die Verantwortung geht danach auf den nachbetreuenden Kinderarzt über, der sich bei der U3 im gelben Untersuchungsheft von einer korrekten Dokumentation zu überzeugen hat und ggfs. die weitere Diagnostik einleiten muss. Gleiches gilt für die U4 und U5 (siehe auch §8 der Kinderrichtlinie). Zum Primärscreening und zum Follow-up 1 berechtigt sind Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin, Hals-, Nasen-, Ohren -Heilkunde sowie für Stimm-, Sprach- und kindliche Hörstörungen. Voraussetzung ist die Ausstattung mit automatisierten TEOAE und oder AABR-Messgeräten. Die pädaudiologische Konfirmationsdiagnostik (Follow-up 2) bei erneut auffälligem Befund wird durch einen Facharzt für Stimm-, Sprach- und kindliche Hörstörungen oder einen HNOArzt mit entsprechender pädaudiologischer Zusatzqualifizierung durchgeführt (Kinderrichtlinie §6). Im gelben Kinderuntersuchungsheft werden alle Ergebnisse vom Primärscreening bis zu Diagnosestellung auf einer neu ein▶ Abb. 1: Dokumentation des gefügten Seite dokumentiert (● Neugeborenenhörscreening im gelben Vorsorgeheft). Viele Hörscreeningzentralen setzen zur sicheren Zuordnung der Kinder eine multifunktionale Screening-ID (12-stellige Prüfsummennummer) ein. Mithilfe dieser pseudonymisierten ID werden alle

Messungen dem betreffenden Kind zugeordnet und die Followup Einrichtungen haben, sofern die Eltern mit der Datenspeicherung einverstanden waren, die Möglichkeit anhand der ID Vorbefunde, Risikofaktoren und weitere Informationen des Kindes auf einem speziellen Datenserver (mit Login und Passwort) einzusehen. Neue Befunde werden dann zu den bereits vorhandenen gespeichert, sodass eine lückenlose Dokumentation ge▶ Abb. 2: Screening ID). währleistet ist (● Der §8 der Kinderrichtlinie regelt die Qualitätssicherung des Screenings, die sowohl für die Geburtskliniken wie auch für ambulante Einrichtungen Gültigkeit hat. Mindestens 95 % aller Neugeborenen einer Einrichtung sind zu erfassen und der Anteil der Kinder, die eine pädaudiologische Konfirmationsdiagnostik benötigen, darf max. 4 % betragen. Mindestens 95 % aller primär kontrollbedürftig gescreenten Kinder erhalten noch in der jeweiligen Einrichtung ein Kontroll-AABR-Screening. Die Leistungserbringer sind seit dem 01.01.2009 in der Verantwortung, eine jährliche Sammelstatistik über verschiedene Qualitätsparameter (Gesamtzahl der Neugeborenen, Anzahl der Untersuchungen differenziert nach TEOAE und AABR sowie Ohrseiten, Anzahl auffälliger Untersuchungen nach Methode und Ohrseiten unterschieden usw.) zu erstellen und diese auf Anfrage des G-BA zur Verfügung zu stellen. Es empfiehlt sich die Datenerhebung und Statistik in Zusammenarbeit mit den regionalen Hörscree▶ Tab. 2). ning-Zentralen zu organisieren (siehe auch §9 und ● Viele Screeningzentralen schulen das Personal in den Geburtskliniken und sind kompetenter Ansprechpartner für alle Belange des Hörscreenings und der Konfirmationsdiagnostik. Dies erhöht die Qualität des Hörscreenings deutlich [5, 9]. Im Einzugsgebiet der Hörscreeningzentrale Nordrhein waren im Jahr 2012 96,4 % der Screening-Untersuchungen von ca. 37 000 Kindern unauffällig, 3,6 % kontrollbedürftig und 3,3 % benötigten weitere Follow-up Untersuchungen.

1.3 Untersuchungsmethoden 2 objektive automatisierte Hörprüfverfahren (TEOAE und AABR) sind durch den G-BA vorgesehen, die nicht invasiv und schnell bei jedem Neugeborenen durchgeführt werden können. Auf dem Markt sind mehrere Kombi-Screeninggeräte, die sowohl die TEOAE-Messung wie die automatisierte BERA-Ableitung ermöglichen, und ein reiner AABR-Screener. Ein reines TEOAE-Untersuchungsgerät ist aufgrund der geforderten AABR-Kontrolle nicht sinnvoll. Alle Geräte werten nach einem bestimmten Algorithmus das Ergebnis in kontrollbedürftig oder unauffällig aus und ermöglichen die sichere Befunddokumentation durch das Pflegepersonal. Die Prozessqualität der Geräte wird durch die Hersteller gewährleistet. ▶ Abb. 3) 1.3.1 TEOAE-Messung (●

1948 wurde von Gold ein cochleärer Verstärkungsmechanismus postuliert und 1978 konnte Kemp [10] die otoakustischen Emissionen (OAE) nachweisen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der objektiven pädaudiologischen Diagnostik geworden. Diese Emissionen entstehen durch Oszillation (Kontraktion und Elongation) der äußeren Haarsinneszellen während des Hörvorgangs und stellen ein Epiphänomen des cochleären Verstärkungsprozesses dar. Sie können durch ein sensitives Mikrophon im Gehörgang aufgenommen werden. Die TEAOE (Transitorisch Evozierte OtoAkustische Emissionen) werden durch kurze Stimuli (z. B. Clicks; Tonimpulse) hervorgerufen und können bei fast jedem Menschen mit normalem Gehör gemessen werden. Die TEOAE sind ein sicherer Parameter zur Prüfung des Gehörs vom

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S128 Referat

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Referat S129

Dokumentation zur Früherkennungsuntersuchung von Hörstörungen bei Neugeborenen (Neugeborenen-Hörscreening) Durchführung der Untersuchung nach Aufklärung von den Eltern oder Personensorgeberechtigten abgelehnt am: Unterschrift des Personensorgeberechtigten

Abb. 1 Dokumentation zum Hörscreening aus dem Vorsorgeheft (Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), juristische Person öffentlichen Rechts, Wegelystraße 8, 10623 Berlin).

Stempel/Unterschrift des Arztes

Erstuntersuchung mittels TEOAE oder AABR, in der Regel in den ersten 3 Lebenstagen durchgeführt am : beidseitig unauffällig TEOAE

auffällig rechts

links

rechts

links

Stempel/Unterschrift

links

Stempel/Unterschrift

oder AABR

Kontroll-AABR bei auffälliger Erstuntersuchung, in der Regel bis U2 durchgeführt am : auffällig rechts

Pädaudiologische Diagnostik bei auffälliger Kontroll-AABR veranlasst am :

Stempel/Unterschrift

Ergebnisse der pädaudiologischen Diagnostik, in der Regel bis zur 12. Lebenswoche durchgeführt am : unauffällig Ergebnis:

rechts

Ergebnis:

links

auffällig

Stempel/Unterschrift

Untersuchungsergebnisse und ggfs. erforderliche Therapie mit den Eltern oder Personensorgeberechtigten besprochen am:

Stempel/Unterschrift

Mittelohr bis zur Ebene der äußeren Haarsinneszellen als Teil des Innenohres. Aufgrund der einfachen Handhabung der Methode und der kurzen Untersuchungszeit haben sich die TEOAE als Screening-Methode etabliert. Sie sind in der Regel nur bis zu einem Hörverlust von 20–30 dB HL nachweisbar und werden in den Screening-Geräten in den Frequenzbändern 1,5 und 4 kHz geprüft. Für das Pass-Kriterium werden komplexe, gerätespezifische signalstatistische Verfahren genutzt. Diese haben eine niedrige mathematische Irrtumswahrscheinlichkeit von 0,3– 0,1 %, verbunden mit einer hohen Sensitivität (d. h. Wahrscheinlichkeit, dass keine Hörstörung übersehen wird) von 99,7 % (NATUS, EchoScreen TA, Mack) bis 99,9 % (MADSEN AccuScreen, GN Otometrics) [11]. Sind TEOAE nachweisbar, funktionieren Mittelohr und Gehörknöchelchenkette sowie Cochlea bis hin zu den äußeren Haarsinneszellen. Somit liegt kein peripherer Hörverlust über 30 dB HL im Frequenzbereich zwischen 1,5 und 4 kHz vor. Die inneren Haarsinneszellen und die zentrale Hörbahn werden dabei jedoch nicht überprüft. Liegt eine auditorische Synaptopathie/ Neuropathie vor, fällt diese im TEOAE-Screening nicht auf. Die DPOAE (Distortion Product OtoAcoustic Emission), die durch die simultane Stimulation mit 2 benachbarten Sinustönen als Folge der nicht-linearen Schallverarbeitung in der Cochlea entstehen, eignen sich für das Neugeborenenhörscreening und Follow-up 1

nicht, da sie teilweise bis zu einem Hörverlust von 50 dB nachweisbar sind [12]. ▶ Abb. 4) 1.3.2 AABR-Messung (●

Die AABR-Messung (Automated Auditory Brainstem Response; automatisierte Ableitung der frühen akustischen evozierten Potenziale (FAEP)) ist der Goldstandard für Risikokinder und wird zur Kontrolle bei auffälligen TEOAE-Messungen eingesetzt. Die akustischen Reize (Clicks oder Chirps) werden bei einem Reizpegel von 35 dB HL über eine kombinierte Reiz- und Messsonde in den Gehörgang abgegeben. Das entstehende sinnesspezifische Potenzialmuster im Hirnstammbereich wird über Oberflächenelektroden an Vertex und Mastoid abgeleitet und automatisiert ausgewertet. Diese Methode überprüft neben der Funktion von Mittel- und Innenohr, im Gegensatz zu den TEOAE, auch die inneren Haarsinneszellen sowie die Verarbeitung der Hörbahn bis zum Hirnstamm. Damit ist die AABR das sicherste Hörprüfverfahren für die Erkennung von Hörstörungen über 35 dB HL. Die AABR ist weniger anfällig für Sekret im Gehörgang oder Mittelohrergüsse als die TEOAE. Sensitivität ( > 99 %) und Spezifität (96–98 %) sind hoch. Geringgradige Hörstörungen, die den cochleären Verstärker betreffen, werden jedoch sensitiver durch die TEOAE festgestellt. Für beide Untersuchungsmethoden sind ein ruhiges, möglichst schlafendes Kind und eine geräuscharme

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beidseitig unauffällig AABR

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S130 Referat

Neugeborenenhörscreening Nordrhein

Screening-ID

HNO- Uniklinik Phoniatrie und Pädaudiologie, Uniklinik Köln 50924 Köln, Ansprechpartnerin: Fr, Fabian, Tel.: 0221–478 88759 Fax: 0221–478 86738 Dieses Blatt bitte in das kinderuntersuchungsheft (U-Heft) einkleben. 041 022 556 014 Die Verwendung der hier vorbereiteten Screening-ID Etiketten vermeidet Verwechslungen bei Nachuntersuchungen und hilft lhrem Arzt bei der Zuordnung von Befunden.

Abb. 2 Dokumentationsbogen der Hörscreeningzentrale Nordrhein. Der Dokumentationsbogen wird in das gelbe Vorsorgeheft geklebt und beinhaltet neben der Dokumentationsmöglichkeit die Screening-ID und Kontaktadressen für Rückfragen der Eltern.

Konfirmationsdiagnostik

Hörscreening

(Nur bei auffälligem Hörscreening) Datum :

Datum : kontrollbedürftig

TEOAE R

L

R

L

R

L

R

L

AABR

unauffällig

Hörstörung

Ergebnis:

R

L

Risikoneugeborenes

Versorgung eingeleitet

nicht durchgeführt, weil :

Frühförderung eingeleitet

Informationen zur Kontrollbedürftigkeit ausgehändigt

Meldung an DZH

Screening-ID

Screening-ID

Screening-ID

Screening-ID

041 022 556 014

041 022 556 014

041 022 556 014

041 022 556 014

Screening-ID

Screening-ID

Screening-ID

Screening-ID

041 022 556 014

041 022 556 014

041 022 556 014

041 022 556 014

hier abtrennen

Hörscreening (für die Patientenakte) Datum :

Screening-ID

Untersucher :

041 022 556 014

nicht durchgeführt, weil : unauffällig

kontrollbedürftig

TEOAE R

L

R

L

AABR

L

R

L

R

WWW.hoerscreening-nordrhein.de

[email protected] Fax: 0221-478 86738

© NENASERV Ltd.

Telefon: 0221/ 478-88759

Neugeborenenhörscreening Nordrhein HNO- Uniklinik Phoniatrie und Pädaudiologie Uniklinik Köln 50924 Köln

Charge 130815 0001

Umgebung notwendig [11, 13]. Letztendlich stellt derzeit die AABR-Ableitung den Goldstandard für das Neugeborenenhörscreening da. Aufgrund der weniger aufwändigeren Untersuchungsmethode und der kürzeren Untersuchungszeit ziehen die meisten Kliniken das 2 Stufenscreening mit TEOAE als initiale Routineuntersuchung vor.

1.4 Hörscreeningzentralen In einigen Bundesländern und Regionen haben sich schon vor dem 1.1.2009 Hörscreeningzentralen etabliert. Die Zusammenarbeit aller am Hörscreening beteiligten Institutionen mit den regionalen Hörscreeningzentralen wird sowohl vom G-BA als auch von den meisten Landesregierungen und Ärztekammern empfohlen, sofern es im jeweiligen Bundesland/Region eine sol▶ Tab. 2). che Institution gibt (● Die Aufgabe der Hörscreeningzentrale umfasst mehrere Teilbereiche, wie Schulung und Supervision der Geburtskliniken, Aufbau funktionierender Follow-up Strukturen, namentliches Tracking, Qualitätsmanagement und statistische sowie epidemiologische Auswertungen.

Das namentliche Tracking (Nachverfolgung von testauffälligen oder nicht gescreenten Kindern) hat eine zentrale Bedeutung für die frühzeitige Diagnosestellung und Versorgung von schwerhörigen Kindern. Täglich übermitteln die angeschlossenen Geburtseinrichtungen und Nachuntersuchungsstellen ihre personenbezogenen Daten an die Trackingzentrale. Am Beispiel der Screeningzentrale Nordrhein umfasst dieser Datentransfer nach Zustimmung der Eltern in jedem Fall Name und Geburtsdatum des Kindes, eventuelle Risikomerkmale, die Screening-ID, sowie untersuchungs- und messqualitätsrelevante Parameter. Bei einem Kind mit kontrollbedürftiger Messung wird zusätzlich die Adresse der Mutter übermittelt. Der Datentransfer erfolgt direkt vom Messgerät aus. Die Screeningzentrale überprüft die Daten hinsichtlich Vollständigkeit (beidohrig, AABR bei Kindern mit Risikomerkmalen usw.). Bei Kindern mit kontrollbedürftigem Ergebnis wird das Tracking eingeleitet. 10–14 Tage später wird überprüft, ob ein weiterer Befund zu diesem Kind eingegangen ist. Ist dies der Fall, wird der Datensatz erneut auf Vollständigkeit geprüft – AABR bds. erfolgt? Kommt keine Meldung, nimmt die Screeningzentrale per Post Kontakt zu den Eltern auf. Nach 2 weiteren erfolglosen Kontaktaufnahmen wird dann die Familie

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unauffällig

Praxis/Kliniuk:

Berlin und Brandenburg Berlin und Brandenburg keine Hörscreeningzentrale Hamburg

Berlin*

Region Vechta/Corantis Kliniken Nordrhein*

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Rheinland-Pfalz

bis 2012 43 Kliniken; nach Schließung von 2 geburtshilflichen Einrichtungen seit 2013 41 Kliniken; 44 Follow-Up Stellen

56 Krankenhäuser mit 63 Kliniken/Abteilungen sowie 44 Nachuntersuchungsstellen mit 69 Fachärzten sowie Einzelmeldungen von nicht datentechnisch angebundenen Ärzten

k.A. bis zu 3 Briefe an die Eltern und Telefonate; danach individuell

bis zu 3 Briefe an die Eltern und ggf. Telefonate

2 Briefe im kurzen Abstand, mind. 3 Versuche f. Telefonat

Dienstleistungsverträge mit den teilnehmenden Kliniken; UK Köln; Spenden; Sponsoren

Dienstleistungsverträge mit teilnehmenden Kliniken, Spenden und Sponsoren

Landesmittel zur Anschubfinanzierung (Software). Die Hörscreening-Zentrale ist angesiedelt bei der SQMed GmbH, deren Aufgaben und Finanzierung im 3-seitigen Vertrag nach §137 in Verbindung mit § 112 Abs. 2 Nr. 3 SGB V („Externe stationäre Qualitätssicherung“) geregelt sind.

51,8 % der Geburten in Nordrhein und 96,2 % der Geburten in den teilnehmenden Kliniken (2012)

70,5 % der Geburten in WL und 94,2 % der Geburten der teilnehmenden Krankenhäuser (2012) 100 % der Krankenhäuser (31 000 Geburten)

2 Briefe (mit kostenfreier Rückantwortmöglichkeit) und ein Telefonkontakt bis zu 3 Briefe an die Eltern und Telefonate bis zu 3 Briefe an die Eltern und Telefonate 3 Briefe, individuelle Telefonate

bis zu 3 Briefe im Abstand von 4 Wochen, individuelles Vorgehen/Telefonate bis zu 3 Briefe an die Eltern und Telefonate bis zu 3 Briefe an die Eltern und Telefonate

Trackingmaßnahmen

Corantis Kliniken

über einen Geburtenschlüssel zahlen die Kliniken pro Kind ca. 6 €

Vertrags-Kliniken

Landesmittel

Finanzierung aus Spenden: maximal jährliche Planung möglich

Land Brandenburg und Mittel Charite Berlin

Projektmittel (jeweils für 2 Jahre) des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit Finanzierung aus Klinikmitteln (Charite)

Finanzierung/Träger

k.A.

fast alle Geburten in Hessen alle (13 500 Geburten) Ca. 4 000 Geburten

Erfassungsrate: ca. 92–93 %

Ca. 33 000 Geburten Ca. 19 000 Geburten

alle Kliniken eingebunden

Erfassung

Anbindung und

Ziel: durchgeführtes Screening und – wenn erforderlich – abgeschlossene fachärztliche Bestätigungsdiagnostik Zeitraum: nicht festgelegt, da abhängig von den noch vorhandenen Optionen, Diagnose/Therapiebeginn Ziel: durchgeführtes Screening und – wenn erforderlich – abgeschlossene fachärztliche Bestätigungsdiagnostik Zeitraum: nicht festgelegt, da abhängig von den noch vorhandenen Optionen, in der Regel max. bis ca. 6–8 Monaten nach der Geburt. 1.Konfirmationstermin; 6. Lebensmonat; Diagnose/ Therapiebeginn

Das Tracking endet auf Wunsch der Eltern oder mit einem Ergebnis von bds. pass. k.A.

bis zur Diagnose

bis zur Diagnose

Screening fail: 1 Jahr Diagnostik fail: 2 Jahre

bis zur Diagnose

bis zur Diagnose

bis zur endgültigen Diagnose

Endpunkt des Trackings

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Angaben wurden durch die Hörscreeningzentralen im August/September 2013 bestätigt/ergänzt; von den Corantiskliniken gab es keine Rückmeldung)

Quelle: Zusammengestellt aus den Protokollen der Mitgliederversammlungen des Verband der deutschen Hörscreeningzentralen vom 18.11.11 und 09.11.12; http://www.vdhz.org/hoerscreeningzentralen/adressen/index.html (die mit * versehenen

Rheinland-Pfalz*

Westfalen-Lippe*

4 Kliniken

NHS Nordwest Region Oldenburg

60 Kliniken/32 Nachuntersuchungsstellen (Follow-Up), sowie Einzelmeldungen von datentechnisch nicht angebundenen Ärzten

5 Kliniken

Greifswald

MecklenburgVorpommern* Niedersachsen*

NRW

17 Kliniken

Hessen

12 Geburtskliniken 10 Neonatologien 5 Pädaudiologische Einrichtungen Ca. 90 Kliniken

26 Kliniken

19 Kliniken

156 Kliniken/750 Niedergelassene

Einsenderzahl

Hessen*

Hamburg*

Bremen

Brandenburg*

keine Hörscreeningzentrale Bayern

Region

trale Bundesland/

Hörscreeningzen-

Baden-Württemberg Bayern*

Bundesland

Tab. 2 Hörscreeningzentralen in Deutschland (Bundesland in alphabetischer Reihenfolge) Stand 08/2013.

7 Referat S131

Schleswig-Holstein

Thüringen

Sachsen-Anhalt*

SchleswigHolstein*

Thüringen*

23 Kliniken

22 Kliniken

38 Kliniken; 1 Geburtshaus/41 Niedergelassene 13 Kliniken; 2 Geburtshäuser/Niedergelassene HNO-Ärzte 108 Einsender im Jahr 2012: 27 Geburtskliniken, 15 HNO- bzw. Kinderkliniken, 65 niedergelassene HNO- bzw. Kinderärzte, 1 sonstiger Einsender (hier Geburtshäuser, Hebammen, Geburten außerhalb von Sachsen-Anhalt zusammengefasst)

Einsenderzahl

erfasst: ca. 14 000 Geburten (von gesamt 16 000– 17 000 Geburten/ Jahr)

Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz

Verein zur Förderung des NeugeborenenHörscreenings in Schleswig-Holstein e.V.

Landesmittel (Fehlbildungsmonitoring)

ca. 17 000 Geburten ( = 99 % aller Lebendgeborenen in Sachsen-Anhalt)

23 000 Geburten

Uniklinik Dresden und Audiologisch-Phoniatrisches Zentrum Chemnitz Universitätsklinikum Leipzig AöR (befristet)

Finanzierung/Träger

alle Kliniken (26 000 Geburten) 12 000 Geburten

Erfassung

Anbindung und

3 Elternbriefe, 3 Telefonate, anschreiben der Einwohnermeldeämter bei „unbekannt verzogenen“ Adressen 2 Briefe an Eltern; Telefonate; individuell weitere Briefe

Max. 3 Briefe an Eltern und Telefonate mit Kliniken, Ärzten und Eltern

mehrere Briefe und Telefonate an bzw. mit den Eltern

3 Briefe und Telefonate

Trackingmaßnahmen

bis zur fachspezifischen Betreuung/ Diagnose

Eltern: wenn keinerlei Rückmeldung seitens der Eltern nach 3 Briefen und kein Befundeingang durch Kliniken/ Ärzte wird Fall abgeschlossen (kein Screening bzw. Lost to Follow-up) Anfragen an Kliniken/Ärzte: fortlaufendes Tracking bis abschließendes Ergebnis bekannt ist 12 Monate

Regelhaft bis zum ersten Konfirmationstermin Ca. 3 Lebensmonat bei fehlender Rückmeldung

Endpunkt des Trackings

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Angaben wurden durch die Hörscreeningzentralen im August/September 2013 bestätigt/ergänzt; von den Corantiskliniken gab es keine Rückmeldung)

Quelle: Zusammengestellt aus den Protokollen der Mitgliederversammlungen des Verband der deutschen Hörscreeningzentralen vom 18.11.11 und 09.11.12; http://www.vdhz.org/hoerscreeningzentralen/adressen/index.html (die mit * versehenen

Sachsen-Anhalt

Sachsen*

Region

trale Bundesland/

Hörscreeningzen-

keine Hörscreeningzentrale Chemnitz und Dresden Leipzig

Saarland

Bundesland

Tab. 2 Fortsetzung Hörscreeningzentralen in Deutschland (Bundesland in alphabetischer Reihenfolge) Stand 08/2013.

S132 Referat

7

7

Referat S133

VDHZ (Verein deutscher Hörscreeningzentralen). Am Beispiel Nordrhein ist ein Teil der Finanzierung durch Zahlung von 3 Euro pro übermittelten Datensatz durch die beteiligten Geburtskliniken gesichert, die Restfinanzierung erfolgt durch die Unikli▶ Tab. 2 ermöglicht einen kurzen Überblick über nik Köln. Die ● die derzeitig bestehenden Strukturen.

Abb. 3 Baby beim TEOAE-Screening.

Abb. 4 AABR-Messung beim Neugeborenen.

telefonisch kontaktiert. Ziel ist es, die Eltern über die Notwendigkeit einer fachgerechten Nachuntersuchung zu informieren. Erst wenn durch diese Maßnahmen kein Kontakt zu den Eltern hergestellt werden kann, gilt dieses Kind als „Lost to Follow up“. Die Erinnerung der Eltern reduziert die Lost to Follow-up Rate deutlich und senkt so den Diagnose- und Therapiezeitpunkt bei Kindern mit Hörstörung. Ohne Tracking werden Lost to Followup Raten von über 50 % beschrieben. In Hessen konnte durch die Zusammenarbeit mit der Screeningzentrale die Lost to Followup Rate auf 7,8 % gesenkt werden [14]. Ein weiterer Aufgabenbereich der Screeningzentralen ist die Schulung des untersuchenden Personals (Krankenschwestern, Hebammen und anderes Pflegepersonal, selten Gynäkologen) und deren Betreuung in allen Belangen rund um das Neugeborenen-Hörscreening. Vor dem Hintergrund, dass in den meisten Geburtskliniken kein Kontakt zu HNO-Fachpersonal besteht, sind die Mitarbeiter der Screeningzentrale wichtige Ansprechpartner für das Pflegepersonal vor Ort. Ein weiterer bedeutender Aspekt entsteht durch Auswertung der eingehenden Datensätze, anhand derer Monats- und die vom G-BA geforderten Jahresstatistiken erstellt werden und der Geburtsklinik der aktuelle Qualitätsstand aufgezeigt wird. Die vorhandenen Hörscreeningzentralen leisten somit einen wichtigen Beitrag zur effektiven Umsetzung der Kinderrichtlinie. Sie sind Garanten für die frühe Versorgung der Kinder und die Qualitätssicherung im Bereich des Hörscreenings [9, 14–17]. Nicht geregelt ist die Finanzierung der Screeningzentralen. Die Screeningzentralen organisieren sich in einem Verein, dem

Die derzeitige Durchführung des in der Regel 2-stufigen Neugeborenhörscreenings birgt, bedingt durch die Limitationen der verwendeten Screeningverfahren, ein Restrisiko, Hörstörungen zu übersehen. Das TEOAE-Screening überprüft den Frequenzbereich zwischen 1,5 und 4 kHz und ist durch die Stimuluslautstärke geeignet, einen Hörverlust von mehr als 20–30 dB HL in diesem Frequenzbereich zu detektieren. Die AABR-Messung wird in der Regel bei einem Reizpegel von 35 dB HL abgeleitet und überprüft somit eher den Frequenzbereich von 2–4 kHz. Daher sind diese Verfahren nicht geeignet isolierte Tief- und Hochtonschwerhörigkeiten herauszufiltern. Des Weiteren wird durch das TEOAE-Screening eine monosymptomatische auditorische Synaptopathie/Neuropathie bei einem Neugeborenen ohne Risikofaktoren nicht erkannt. Hier können die TEOAE auch bei einem kompletten Hörverlust nachweisbar sein. Geringgradige Schwerhörigkeiten werden eher durch das alleinige AABR-Screening übersehen. Daher ist es sinnvoll, insbesondere bei Risikokindern eine Kombination von TEOAE und AABR-Screening durchzuführen und auch bei alleinig auffälligem TEOAE-Screening bei belüftetem Mittelohr und unauffälligem Gehörgang eine diagnostische BERA durchzuführen, zumindest dann, wenn wiederholt die TEOAE nicht nachweisbar waren. Zusätzlich zu den systembedingten Limitationen ist ein nicht unerheblicher Anteil der frühkindlichen Hörstörungen bei Geburt noch nicht manifest, verläuft aber im ersten Lebensjahr rasch progredient [18–20]. In der Literatur wird der Prozentsatz der Kinder mit einer homozygoten Mutation im GJB2 Gen (Connexin 26), die das Hörscreening bei Geburt bestanden haben, mit 10–25 % angegeben [21, 22]. Im Gegensatz dazu kann eine verzögerte Hörbahnreifung im AABR-Screening ein kontrollbedürftiges Ergebnis nach sich ziehen, ohne dass ein peripherer Hörverlust vorliegt. Zusammengefasst ist das universelle Neugeborenen-Hörscreening eine einfache, nicht invasive und kostengünstige Methode, den Diagnose- und Versorgungszeitpunkt von Kindern mit angeborener Schwerhörigkeit früh in die sensible Phase der Hörund Sprachentwicklung zu legen. Ein unauffälliges Neugeborenen-Hörscreening darf jedoch nicht dazu führen, dass bei einem elterlichen Verdacht auf eine Hörstörung im späteren Verlauf oder bei auffälliger Sprachentwicklung eine weitere pädaudiologische Diagnostik verzögert wird oder unterbleibt [23]. Kinder mit einem hohen Risiko für eine frühkindliche, verzögert auftretende Hörstörung müssen trotz unauffälligem Neugeborenenhörscreening in den ersten 3 Jahren alle 6 Monate pädaudiologisch untersucht werden. Hierzu hat das Joint Committee on In▶ Tab. 1) [24, 25]. fant Hearing Risikomerkmale gelistet (●

2. Diagnostik und Ursachen frühkindlicher Hörstörungen



2.1 Formen der Schwerhörigkeit Hörstörungen werden differenziert nach dem Grad des Hörverlustes und dem Ort der Schädigung. Nach WHO werden 4 Schweregrade unterschieden: geringe Beeinträchtigung (26–40 dB), mittel-

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1.5 Möglichkeiten und Grenzen des Hörscreenings

gradige Beeinträchtigung (41–60 dB), hochgradige Beeinträchtigung (61–80 dB) und tiefgreifende Beeinträchtigung (81 dB und mehr) (http://www.who.int/pbd/deafness/hearing_impairment_ grades/en/index.html). Diese Einstufung ergibt sich aus dem gemittelten Hörverlust bei 500 Hz, 1, 2 und 4 kHz und bezieht sich immer auf das bessere Ohr. Bis zu einem Hörverlust von 25 dB HL wird von keiner Einschränkung gesprochen. Etwas mehr als die Hälfte der betroffenen Kinder sind hochgradig und an Taubheit grenzend schwerhörig, der geringste Anteil ist geringgradig schwerhörig [26]. Die tatsächliche Anzahl der geringgradig schwerhörigen Kinder im ersten Lebensjahr ist sicherlich höher. Das Neugeborenen-Hörscreening deckt in der Regel erst Schwerhörigkeiten über 35 dB HL auf. Auch die Inzidenz der Kinder mit auditorischer Synaptopathie/Neuropathie ist nicht bekannt, da nur ein AABR-Screening in der Lage ist, diese Kinder zu detektieren. Ein nicht genau bekannter Prozentsatz von Kindern entwickelt eine Hörstörung erst im ersten Lebensjahr [23]. Eine solche progrediente Schwerhörigkeit ist für etwa 10–25 % der Kinder mit Mutation im Connexin 26 Gen beschrieben. Auch nach intrauterinen CMVInfektionen tritt ein Teil der Hörstörungen erst im Verlauf auf [27]. Nach dem Ursprung der Hörstörung wird zwischen Schallleitungsschwerhörigkeit, Innenohrschwerhörigkeit, auditorischer Synaptopathie/Neuropathie (AS/AN), retrocochleärer und zentraler Schwerhörigkeit unterschieden. Die häufigste Ursache der kindlichen Schwerhörigkeit ist der Paukenerguss, der mit einer passageren Schallleitungsschwerhörigkeit unterschiedlicher Ausprägung einhergeht. In einer Untersuchung wiesen Kinder mit auffälligem Follow-up im Neugeborenen-Hörscreening in ca. 4 % ein einseitiges Sero-Mucotympanon (SMT) und 12 % ein beidohriges SMT kurz nach der Geburt auf. In dieser Gruppe hatten zusätzlich 9 % eine Schallempfindungsschwerhörigkeit, die nach Paukenröhrcheneinlage festgestellt werden konnte [28]. Persistierende Schallleitungsschwerhörigkeiten treten bei Fehlbildungen des Gehörgangs (Gehörgangsatresie, -stenose) und des Mittelohres auf und sind vergleichsweise selten. Indirekte Hinweise auf eine persistierende Schalleitungsschwerhörigkeit können Mikrotie und kraniofaziale Fehlbildungen sein. Die klassische Innenohrschwerhörigkeit, die bei mehr als 30 dB Hörverlust ein Fehlen der TEOAE zur Folge hat, ist die häufigste Form der persistierenden Hörstörung. Davon zu trennen ist die eher seltene auditorische Synaptopathie/Neuropathie (AS/AN). Die Ursache liegt entweder in einer Funktionsstörung oder dem Verlust der inneren Haarsinneszellen und ihrer Synapsen (auditorische Synaptopathie) oder im Bereich der Spiralganglienneurone (auditorische Neuropathie). Die AS/AN ist gekennzeichnet durch nachweisbare TEOAE, fehlende Stapediusreflexe, auffällige oder fehlende Potenzialmuster in der BERA und verzögerte oder schwankende Hörreaktionen. Durch die häufig nachweisbaren TEOAE wird die Diagnose AS/AN beim gesunden Säugling ohne Risikofaktoren nicht durch das Hörscreening gestellt und die Kinder fallen erst im weiteren Verlauf durch auffällige oder fehlende Hörreaktionen auf [29]. Zentrale oder retrocochleäre Hörstörungen treten sehr selten auf. Eine sichere Differenzierung in die oben beschriebenen Schwerhörigkeitsformen bleibt im frühen Kindesalter eine diagnostische Herausforderung, die oft nur im Verlauf zu klären ist.

2.2 Pädaudiologische Diagnostik im Säuglings- und Kleinkindalter Die sichere Abschätzung der Hörschwelle ist in den ersten Lebensmonaten nicht möglich. Die objektiven Untersuchungen lie-

fern nur Eckdaten über den Hörverlust im Tief- und Hochtonbereich, in maximal 4 Frequenzen. Durch die Untersuchungsmethoden bedingt, unterliegen diese Ergebnisse einerseits einer gewissen Streuungsbreite, andererseits bedingen Reifungsprozesse des auditorischen Systems Fehler. Somit ist die frühe Schwellenabschätzung als Arbeitshypothese zu werten, die in den nächsten Monaten regelmäßig sowohl durch objektive wie subjektive Kontrollen zu reevaluieren ist. Eine diagnostische Herausforderung stellen die progredienten Verläufe von Hörstörungen dar, die ebenfalls frühzeitig erkannt werden sollten, um die Hörgeräteanpassung entsprechend verändern zu können [30]. Stützt sich die Untersuchung in den ersten 3 Lebensmonaten nahezu ausschließlich auf objektive Untersuchungsverfahren, so gewinnt bald der Einsatz subjektiver Untersuchungsverfahren an Bedeutung. Die frequenzspezifische Abschätzung der Hörschwelle durch Überprüfung der Reaktionsschwellen in einzelnen Frequenzbereichen und der Hörreaktionen mit Hörgeräten können bei guter Kooperation des Kindes bereits im ersten Lebensjahr eingesetzt werden. Die sichere Differenzierung zwischen Knochenleitungs- und Luftleitungsschwelle ist aber durchschnittlich erst ab dem 4. Lebensjahr möglich.

2.2.1 Ohrmikroskopie Der Goldstandard in der Beurteilung des Mittelohres ist die Ohrmikroskopie, die jedoch beim Säugling, beim unruhigen Kleinkind oder bei engen Gehörgängen oft schwierig ist. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Ohrmikroskopie durch den in der Untersuchung von Kindern erfahrenen HNO-Arzt die höchste Sensitivität (88 %) und Spezifität (89 %) bei der Beurteilung des kindlichen Mittelohres hat [31].

2.2.2 Tympanometrie (1000Hz, 226 Hz) Die Tympanometrie wird üblicherweise bei 226 Hz durchgeführt. Im kindlichen Außen- und Mittelohr bestehen jedoch andere Resonanz- und Masseverhältnissen als bei Erwachsenen. Diesem Unterschied trägt die Hochfrequenztympanometrie (HFT) Rechnung. Sie wird im Gegensatz zum herkömmlichen Sondenton von 226 Hz meist mit 1 000 Hz durchgeführt. Bei Neugeborenen und Säuglingen sind die Ergebnisse der 226 Hz Tympanometrie nicht zuverlässig verwertbar, weil sie häufig zu falsch positiven Ergebnissen führen. Die HFT (1 000 Hz) wird bis zum Alter von 9 Monaten und bis zu einem Gehörgangsvolumen von 0,9 ml empfohlen [32–34]. Die Klassifikation nach Jerger in Tympanogramm Typ A (unauffällig), Typ B flach (Erguss) und Typ C (Tubendysfunktion) lässt sich auf die HFT nicht übertragen. Daher wird zur Einteilung die modifizierte Klassifikation nach Kei et al. empfohlen [35–37]. Tympanogramme mit einem Gipfel oder einem Doppelgipfel sind als normal zu werten, flache Tympanogramme als pathologisch und die mit ansteigendem Gradienten sind nicht sicher zuzuordnen. Unter Anwendung dieser Klassifikation konnten lediglich 3,7 % aller Tympanogramme nicht zugeordnet werden. Die HFT erreicht in der modifizierten Auswertung nach Kei eine Sensitivität von 77 % und eine Spezifität von 90 % [32, 38].

2.2.3 Otoakustische Emissionen (OAE) Die TEOAE (Transitorisch OtoAkustische Emissionen) sind ein wichtiger Baustein der pädaudiologischen Diagnostik auch jenseits des Neugeborenenalters. Sie lassen sich bei mehr als 95 % der hörgesunden Kinder nachweisen. Die Untersuchungsdauer bei einem kooperativen Kind ist mit wenigen Minuten kurz und die Untersuchung ist nicht invasiv. Ein Nachteil ist jedoch die

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7

S134 Referat

7 Störanfälligkeit durch Mittelohrfunktionsstörungen und gegenüber Störgeräuschen (röchelnde Atmung, Nuckelgeräusche), bei schlechtem Sondensitz, Cerumen oder unruhigem Kind. Dies kann die Untersuchungszeit entweder erheblich verlängern oder die Registrierung der TEOAE ganz verhindern. Lassen sich die TEOAE im Frequenzbereich zwischen 1 und 4,5 kHz gut nachweisen, so geht man von einer regelrechten Funktion der äußeren Haarsinneszellen in der Cochlea aus. Bis zu einem Innenohrhörverlust von 20 bis 25 dB HL können sie eingeschränkt nachweisbar sein. Sind keine TEOAE nachweisbar, ist die Messung der Distorsionsprodukt OAE (DPOAE) sinnvoll, da sie bis zu einem Innenohrhörverlust von etwa 40–50 dB HL nachweisbar sind. Sie umfassen einen Frequenzbereich zwischen 1–6 bzw. 8 kHz. Fehlen die TEOAE und sind die DPOAE nachweisbar, ist eine Hörschwelle zwischen 25 und 40 (50) dB HL zu vermuten. Eine Möglichkeit zur Schwellenabschätzung der cochleären Schwerhörigkeit bis zu einem Hörverlust von etwa 50 dB HL stellt die Pegelschere nach Janssen dar [12]. Diese spezielle DPOAE-Untersuchung wird derzeit vereinzelt eingesetzt, teilweise auch in der Verbindung mit der Auditory Steady State Response (ASSR) [39, 40]. Der Nachweis von OAE bei Schwerhörigkeiten kann zwischen Innenohrschwerhörigkeit und auditorischer Synaptopathie/Neuropathie differenzieren, deshalb sollte eine OAE-Messung auch bei Verdacht auf eine höhergradige Schwerhörigkeit immer durchgeführt werden [29]. Der Nachweis von OAE schließt somit eine Hörstörung nicht zuverlässig aus. Nur die Kombination von OAE und FAEP erlaubt eine Aussage über das Gesamtsystem vom Gehörgang bis zum Hirnstamm. Dies begründet auch den G-BA-Beschluss, der zum Kontrollscreening oder Follow-up 1 eine AABR-Messung vorsieht.

2.2.4. ERA Durch die zeitliche und anatomische Zuordnung der ERA-Verfahren (Electric/Evoked Response/Reaction Audiometry; elektrische Reaktionsaudiometrie) lassen sich verschiedene akustisch evozierte Potenziale (AEP) unterscheiden [41, 42]. Bei der Elektrocochleografie werden die „sehr frühen akustisch evozierten Potenziale“ (sFAEP) aufgezeichnet. Dazu gehören die cochleären Mikrophonpotenziale der Haarzellen (CM), das Summationspotenzial der Cochlea (SP) und das Summenaktionspotenzial des Hörnervens (CAP) [43]. Diese Untersuchung erfolgt beim Säugling und Kleinkind in Narkose und ist Bestandteil der Diagnostik vor einer Cochlea Implantation oder dient zur weiteren Differenzierung einer AS/AN. Die größte Bedeutung in der Hörschwellendiagnostik hat die Ableitung der frühen akustisch evozierten Potenziale (FAEP) mithilfe der BERA (Brainstem Evoked Response Audiometry). Diese Reizantworten sind Vigilanz unabhängig, weil sie von Hörnerv und Hirnstamm generiert werden. Sie können sowohl im Spontanschlaf, im Melatonin induzierten Schlaf als auch in Narkose zuverlässig abgeleitet werden. Da der in der BERA eingesetzte Click-Stimulus vorwiegend hohe Frequenzanteile enthält, spiegeln die objektiv ermittelten Erregungsschwellen das subjektive Hörvermögen im Frequenzbereich zwischen 2 und 4 kHz wider. Neben der Bestimmung der Reizantwortschwelle (Click: 2–4 kHz Bereich), die zur Abschätzung der Hörschwelle dient, kann auch die Reifung der Hörbahn im Hirnstamm beurteilt werden. Dies gelingt über die Vermessung der Amplituden, Latenzen und der Interpeaklatenzen der FAEP. Aber auch das Ergebnis der Reizantwortschwelle ist abhängig vom Reifungszustand der kindlichen Hörbahn und der Synchronisation der auditorischen Antwort.

Die verzögerte kindliche Hörbahnreifung kann in seltenen Fällen, insbesondere bei ehemaligen Frühgeborenen und nach Hyperbilirubinämie, zu unreifen Potenzialmustern in der BERA führen. Daraus ergeben sich erhöhte Reizantwortschwellen, bei tatsächlich besserer Innenohrfunktion [30, 44]. Insbesondere im Säuglings- und Kleinkindesalter ist die BERA zur Abschätzung einer Hörschwelle am weitesten verbreitet. Sie bietet theoretisch auch die Möglichkeit, zwischen einer Innenohr- und einer Schallleitungsschwerhörigkeit zu differenzieren. Typischerweise weist ein schnelles Anwachsen der Amplitude der Welle V (FAEP) als Äquivalent für ein Recruitment bei höheren Reizpegeln auf eine Innenohrschwerhörigkeit hin. Über die direkte Knochenleitungsmessung (nur bis max. 70 dB HL durchführbar) oder rechnerisch über das Latenz-Pegeldiagramm kann eine Schallleitungskomponente abgeschätzt werden. Lediglich bei einer auditorischen Synaptopathie/Neuropathie gelingt durch die FAEP-Ableitung keine Bestimmung der Erregungsschwelle. Die pathologischen oder fehlenden Potenzialmuster lassen keine Hörschwellenabschätzung zu. Hierzu ist die subjektive Audiometrie notwendig. Da die Schwellenabschätzung bei der Click BERA auf den Bereich 2–4 kHz beschränkt ist und Tief- wie Hochtonschwerhörigkeiten oft unerkannt bleiben, sind weitere frequenzspezifischere Untersuchungsmethoden notwendig um eine Information über den Hörkurvenverlauf zu erhalten. Durch die Entwicklung weiterer Reizformen wie Chirp-Reize in verschiedenen Frequenzbändern (low, upper, middle und high), Tonpulsen und Tonpulsen mit Rauschkerbe (Notched-Noise BERA) kommen auch frequenzspezifische Verfahren zur Anwendung. Die Notched-Noise BERA ermöglicht eine Frequenzbestimmung bei 0,5, 1, 2 und 4 kHz [45]. Jedoch gelingt es im Bereich von 500 Hz insbesondere bei geringem Hörverlust nicht sicher an die Hörschwelle heranzukommen und die Streubreite der Ergebnisse ist hoch [46–48]. Der Tieftonbereich lässt sich zuverlässiger mit dem Low-Chirp überprüfen, auch mit dieser Methode ist die Streubreite hoch. Für alle Ableitungen ist ein ruhiges EEG unabdingbar. Mittellatente Potenziale (MAEP) finden ihren Einsatz in der Überprüfung der tiefen Frequenzen. MAEP und auch SAEP Ableitungen stellen besonders bei Kindern mit AS/AN oder Hinweis auf zentrale Störungen/Läsionen wichtige Ergänzungen in der objektiven pädaudiologischen Diagnostik dar, da sie den Funktionszustand der zentralen Hörbahn oberhalb des Hirnstammes bis zur kortikalen Ebene überprüfen. Aufgrund der Vigilanz-Abhängigkeit ist eine Ableitung beim wachen Patienten notwendig. Die Durchführung und Auswertung der FAEP erfolgt durch den Untersucher und setzt einen erfahrenen Untersucher voraus, der über profunde Kenntnisse der Untersuchungsmethode und ihrer Grenzen, sowie der kindlichen Hörentwicklung verfügt. Daher sollte diese Untersuchung nur in Zentren erfolgen, die in der Diagnostik und Versorgung von schwerhörigen Kindern erfahren sind. Die ASSR (Auditory Steady State Response) überprüft die stationären Potenziale des auditorischen Systems, die während der akustischen Reizung z. B. durch amplitudenmodulierte Sinustöne in verschiedenen Frequenzbereichen erzeugt werden. Durch intelligente Wahl der Reizparameter und ein größeres Zeitfenster können bis zu 4 Frequenzen auf beiden Ohren gleichzeitig überprüft werden. Die Auswertung erfolgt über eine Signalstatistik und nicht durch den Untersucher selbst [49, 50]. Derzeit ist die Messgenauigkeit bei 500 Hz vergleichbar mit der NotchedNoise BERA und so der Stimulation mit dem Low-Chirp deutlich unterlegen [51].

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Referat S135

7

S136 Referat

2.2.5 Subjektive Diagnostik Je nach Alter und Entwicklungsstand des Kindes kommen Reflex-, Verhaltens- oder Spielaudiometrie zum Einsatz. Die Erfahrung des Untersuchers einerseits und die Kooperation des Kindes andererseits sind entscheidend für die diagnostischen Möglichkeiten dieser Verfahren. Sie sind bereits bei jungen Kindern eine sinnvolle Ergänzung zur objektiven Diagnostik. In etablierten Zentren werden bereits beim Säugling und Kleinkind mit Kopfhörer- oder Einsteckhörermessungen spielerisch seitengetrennte Hörprüfungen durchgeführt. Die Einleitung therapeutischer und rehabilitativer Maßnahmen erfolgt immer unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Befunde und in Kenntnis der Gesamtsituation des Kindes. Auch zur Erfolgskontrolle der Hörgeräteversorgung sind ebenfalls von Anfang an Aufblähkurven mit Hörgeräten möglich. Bei der Bewertung aller erhobenen Resultate ist der Entwicklungsstand des Kindes zu berücksichtigen.

2.3 Ursachen der Schwerhörigkeit Die Genese der frühkindlichen Schwerhörigkeit ist vielfältig und lässt sich häufig erst durch weitere Untersuchungen feststellen. Etwa die Hälfte der permanenten Hörstörungen ist genetisch bedingt, ein Viertel ist erworben, bei einem weiteren Viertel bleibt die Ursache ungeklärt. In den Industrienationen wird vermutet, dass die intrauterine CMV-Infektion die häufigste Ursache einer erworbenen Hörstörung ist [55]. Abzugrenzen hiervon sind die passageren Schallleitungsschwerhörigkeiten durch Paukenergüsse oder noch enge Gehörgänge, wie zum Beispiel bei der Trisomie 21. Im Folgenden soll exemplarisch auf die genetisch bedingten Schwerhörigkeiten, die intrauterine CMV Infektion und den Paukenerguss eingegangen werden, der für eine Vielzahl von passageren Schwerhörigkeiten verantwortlich ist [56].

2.3.1 Genetisch bedingte Schwerhörigkeit Mit 70 % sind monosymptomatische Hörstörungen deutlich häufiger als syndromale Erkrankungen mit etwa 30 %. Nicht-syndromale Hörstörungen sind nicht mit sichtbaren Veränderungen des äußeren Ohres oder zusätzlichen Auffälligkeiten assoziiert. Die weitere Unterteilung der genetisch bedingten Schwerhörig▶ Abb. 5). Bis keit erfolgt nach Genort und Vererbungsmodus (● heute sind über 400 genetisch bedingte Syndrome beschrieben, die mit einer Hörstörung einhergehen. Ein aktualisierter Überblick über die häufigsten Syndrome, ihre Genorte, falls bekannt die mutierten Gene und die Literatur ist auf den Internetseiten (http://www.hereditaryhearingloss.org oder http://deafnessvariationdatabase.org) oder in Übersichtsarbeiten zu finden [1, 57, 58]. Nicht-syndromale Hörstörungen werden in ca. 80 % autosomal-rezessiv, 17 % autosomal-dominant, 2–3 % X-chromosomal sowie 0–1 % mitochondrial vererbt. DFNA (DeaFNess) steht für einen autosomal dominanten Genort, DFNB für einen rezessiven und DFNX für einen x-chromosomalen Vererbungsmodus [59]. Autosomal-rezessive Hörstörungen sind überwiegend bereits prälingual, hochgradig ausgeprägt und treten gehäuft bei Verwandtenehen auf [60]. Die Eltern sind in der Regel normalhörig und oft ist die Familienanamnese bezüglich Hörstörungen leer. In ca. 50 % ist die Ursache eine Veränderungen im GJB2 Gen (DFNB1). Die Heterozygotenfrequenz für eine GJB2 Mutation in der Bevölkerung liegt im Durchschnitt bei 1/30–33. Eine klare Genotyp-Phänotyp Korrelation existiert nicht. Ein kleinerer Teil der Hörstörungen, je nach Literatur zwischen 10–25 %, ist bei Geburt noch nicht nachweisbar und entwickelt sich innerhalb der ersten Lebensmonate. Diese Kinder bestehen auch das Neugeborenenhörscreening und fallen oft erst spät auf. Auch der Grad der Hörstörung variiert stark. So führen homozygote trunkierende Mutationen im GJB2-Gen in etwa 70 % zu einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit, homozygot nicht trunkierende Mutationen aber nur in etwa 30 % [21]. Für den Genort DFNB 1 wurden noch weitere rezessive Mutationen beschrieben, die nicht in den kodierenden (informationstragenden) Exons (Untereinheiten) des Connexin 26 oder 30 Gens liegen [61]. Aktuell wird diskutiert, ob durch diese Mutationen in der Umgebung des DFNB1 Genorts möglicherweise die Aktivität beeinflusst wird, mit der das GJB2 Gen abgelesen (exprimiert) und so die Hörstörung verursacht wird. Eine Fehlregulation der Genexpression wird auch in den Fällen diskutiert, in welchen durch die molekulargenetische Untersuchung nur ein mutiertes GJB2 Allel gefunden wird, die Klinik hingegen typisch für eine homozygote Veränderung ist [62].

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Alle ERA-Verfahren setzen ein schlafendes, sediertes oder narkotisiertes Kind voraus, da nur so eine geringe Reststörung erreicht werden kann, um die im Nanovoltbereich liegenden Reizantworten zu detektieren. Je mehr Frequenzen überprüft werden, umso länger ist die Untersuchungszeit. Während die Ermittlung einer Erregungsschwelle der FAEP bei Click- und Low-ChirpReizung im Spontanschlaf möglich ist, sollte für die Ableitung der Click-evozierten Potenziale und eine Schwellenabschätzung in 4 Frequenzen auf beiden Ohren eine Untersuchungszeit von mindestens einer bis eineinhalb Stunden eingeplant werden. Dies erfordert in der Regel eine Untersuchung in medikamentöser Sedierung bzw. Narkose, die sinnvollerweise mit einer operativen Mittelohrsanierung verbunden werden kann. Da Kinder oft in der fremden Umgebung trotz Müdigkeit nicht einschlafen, wird die Sedierung mit Melatonin zur Induktion eines natürlichen Schlafes eingesetzt. Nicht zuletzt auch wegen der fehlenden Nebenwirkungen insbesondere für die jungen Kinder, hat sich die Methode in vielen pädaudiologischen Zentren etabliert [52]. Die „objektive Schwellenbestimmung“ durch ERA-Verfahren stellt beim kleinen Säugling und Kind immer eine Abschätzung der subjektiven Hörschwelle dar. Faktoren wie Tubenbelüftungsstörungen, enge Gehörgänge, Reifungsstörungen des auditorischen Systems, z. B. nach Frühgeburtlichkeit und Hyperbilirubinämie, können jedoch einen größeren Hörverlust vortäuschen, als sich im weiteren Verlauf zeigt. Dies macht immer eine Plausibilitätskontrolle durch otoakustische Emissionen und auch subjektive Audiometrie notwendig [30, 44, 53]. Für die Hörgeräteversorgung ist es je nach Testverfahren notwendig, die objektiv ermittelten Schwellenwerte zu korrigieren, insbesondere den Wert bei 500 Hz. Da die eingesetzten Testverfahren von Einrichtung zu Einrichtung unterschiedlich sind, sollte auf der Hörgeräteverordnung der geschätzte Hörverlust eingetragen werden. Dieser wird teilweise als „estimated Hearing Loss“ (eHL) bezeichnet und setzt voraus, dass der Untersucher seine Untersuchungsmethoden genau kennt [54]. Im weiteren Verlauf sind regelmäßige Reevaluationen mit subjektiven und objektiven Testverfahren notwendig, um den genauen frequenzspezifischen Kurvenverlauf diagnostizieren zu können. Akzeptiert ein Kind die Hörgeräte nicht, ist der nächste Schritt nach Überprüfung der Hörgeräteeinstellung die audiometrische Überprüfung der Hörstörung. Zu laute Einstellungen bei tatsächlich geringerem Hörverlust können Unbehagen erzeugen oder eine zu geringe Verstärkung bringt keinen Nutzen für das Kind. Hierin liegt häufig die Ursache der fehlenden Akzeptanz.

7

Referat S137

Abb. 5 Ursache der Hörstörungen [1]. Kinder mit prälingualer Schwerhörigkeit 1/500

25 %

Nicht-genetische Ursache 25 % Intrauterine Infektionen (CMV, Toxoplasmose Röteln) Postnatal erworben Meningitis usw.

Genetisch-bedingte Hörstörung 50–60 % (–80 %)

Nicht syndromale Hörstörung

Autosomal rezessiv

Autosomal dominant

75–85 %

50 % 15–24 %

Verschiedene DFNB

x-chromosomal

DFNB 1 50 %

Syndromale Hörstörungen Autosomal dominant Waardenburg Syndrom Branchiootorenales Syndrom Stickler Syndrom Neurofibromatose Autosomal rezessiv Usher Syndrom Pendred Syndrom Jervell Lange Nielsen S Biotinidasemangel M.Refsum x-chromosomal Alport Syndrom Mohr-Tranebjaerg Syndrom Mitochondrial Kearns Sayre Syndrom MELAS

50 %

Selten treten autosomal dominante Veränderungen im GJB2 auf. Die Hörstörung tritt in diesen Fällen überwiegend postlingual auf, verläuft progredient und beginnt in den hohen Frequenzen [63]. Ein Teil dieser Mutationen tritt mit Hautveränderungen auf, wie z. B. beim Keratitis-Ichthyosis-Taubheits Syndrom (KID) [63–65]. Für die verbleibenden 50 % der autosomal rezessiv vererbten nicht-syndromalen Hörstörungen ist eine Vielzahl von Mutationen in nur teilweise bekannten Genorten verantwortlich. Autosomal dominante Hörstörungen treten überwiegend postlingual und progredient auf [60]. Sie werden entweder von einer Generation zur anderen über Betroffene weiter gegeben oder sind Folge einer Spontanmutation (autosomal-dominant erbliche Neumutation). Die Syndromalen Schwerhörigkeiten treten mit unterschiedlichen Formen und Ausprägung einer Hörstörung auf. Das häufigste autosomal dominant vererbte Syndrom ist das Waardenburg Syndrom mit einem Anteil von 2–5 %. 4 Untertypen mit verschiedenen kausal involvierten Genen werden differenziert. Sie unterscheiden sich im Ausmaß der Hörstörung von einseitiger Hörminderung bis hin zur beidseitigen Taubheit. Gleichzeitig können Pigmentstörungen der Haut oder Haare z. B. in Form einer weißen Haarsträhne, Heterochromie der Iris oder ein charakteristisch weiter Abstand der inneren Augenwinkel (Dystopia cantorum) auftreten. Am zweithäufigsten ist das Branchio-otorenale Syndrom (BOR) zu diagnostizieren, es liegt bei etwa 2 % der schwerhörigen Kinder vor. Es geht mit einer Schallleitungs-, Schallempfindungsoder gemischten Hörstörung einher. Zusätzlich finden sich präaurikuläre Fisteln oder Zysten, Veränderungen des äußeren Ohres und teilweise renale Auffälligkeiten. Die Penetranz ist hoch, die Expressivität extrem variabel. Seltener tritt das Stickler-Syndrom mit einer progredienten sensorineuralen Schwerhörigkeit, Gaumenspalte und Spondylophyten-Dysplasie auf, gefolgt von der Neurofibromatose Typ II bei der häufig bilaterale Akustikusneurinome zu Tinnitus, Hör- und Gleichgewichtsstörungen führen können. Die häufigsten autosomal rezessiv vererbten syndromalen Krankheitsbilder sind das Usher-Syndrom, das die Hälfte der

Taubblinden in den USA betrifft und etwa 3–5 % der schwerhörigen Kinder ausmacht, sowie das Pendred Syndrom. Das Pendred Syndrom geht mit einer Jodstoffwechselstörung und Strumaentstehung einher. Selten liegt die Struma bereits bei Geburt vor, häufiger entwickelt sie sich bis zum 8. LJ [66]. Bei ca. der Hälfte der Patienten mit Pendred Syndrom sind Mutationen in einem bekannten Gen als Ursache nachweisbar. Mit der Gefahr einer Synkope und des plötzlichen Kindstodes geht das seltene Long QT Syndrom besonders in der Form des Jervell Lange NielsenSyndroms (0,25 % der schwerhörigen Kinder) einher. Hier ist die Diagnostik aufgrund der möglichen Präventivmaßnahmen indiziert. Auch hier ist eine genetische Diagnostik möglich. Das am weitesten verbreitete X-chromosomal vererbte autosomal rezessive Syndrom ist das Alport-Syndrom, das neben der fortschreitenden Schwerhörigkeit zu einer progressiven Glomerulonephritis mit Niereninsuffizienz und wechselnden Augensymptomen führen kann. Mitochondrial wird das MELAS Syndrom vererbt, das unter anderem zu einer progredienten Taubheit führt.

Genetische Diagnostik. Der Rahmen der genetischen Diagnostik wird durch das Gendiagnostikgesetz (http://www.gesetzeim-internet.de/bundesrecht/gendg/gesamt.pdf ) geregelt und setzt bei Minderjährigen das Einverständnis der Eltern voraus. Die Möglichkeiten der Gensequenzierung haben die genetische Diagnostik in den letzten 10 Jahren revolutioniert. Konnte man in den letzten 30 Jahren mit der Sanger-Methode DNA nur sehr langsam untersuchen, ermöglicht heute die automatisierte Sequenzierung die parallele Analyse einer Vielzahl von Basenpaaren gleichzeitig [67–69]. Bei einer nicht syndromalen, autosomal-rezessiv vererbten Hörstörung, wird in etwa 50 % eine genetische Untersuchung auf eine Mutation im Connexin 26/30 Gen zur Diagnose führen. Die weiteren 50 % der autosomal-rezessiven Hörstörungen sind genetisch heterogen, wobei nur ein Teil der verantwortlichen Genorte bekannt ist. So ist bei dem Hinweis auf eine autosomal-rezessive Hörstörung in der klinischen Routine die Testung auf Connexin 26 und 30 möglich. Lassen sich diese Mutationen nicht nachweisen, ist eine weitere genetische Diagnostik derzeit in der klini-

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Unklare Genese/idiopathisch

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S138 Referat

2.3.2 Intrauterine CMV-Infektion Die Prävalenz einer CMV-induzierten sensorineuralen Schwerhörigkeit (SNHL) wird in der Literatur mit 10–60 % aller kindlichen Schwerhörigkeiten beziffert. Die CMV-Infektion ist wahrscheinlich die häufigste, nicht genetische Ursache für eine sensorineurale Schwerhörigkeit und die häufigste Ursache für einen Geburtsdefekt mit kindlicher Behinderung [55, 71]. Ursächlich hierfür ist die intrauterine Infektion mit CMV durch maternoplazentare Transmission. Die Hörstörung kann bereits bei Geburt manifest sein oder sich im Verlauf der ersten Lebensmonate entwickeln. Eine CMV-induzierte SNHL ist bei 0,2–1,3 von 1 000 Lebendgeburten zu vermuten. Neugeborene mit einer symptomatischen CMV-Infektion haben mit 30–65 % das höchste Risiko für eine SNHL, hingegen sind nur 7–15 % der zunächst asympto▶ Abb. 6). In einem Kollektiv von matischen Kinder betroffen (● 388 Kindern mit einer angeborenen CMV-Infektion waren 5,2 % der Kinder bei Geburt schwerhörig und wiesen einen Hörverlust über 20 dB auf. Im Alter von 3 Monaten lag die Inzidenz bereits bei 6,5 %, mit 12 Monaten bei 8,4 %. Diese stieg weiter bis auf 15,4 % im Alter von 72 Monaten [72]. CMV-infizierte, bei Geburt normal hörende Kinder zählen somit zu einer Risikogruppe, die regelmäßig pädaudiologisch untersucht werden sollte. Daher ist nach unauffälligem Hörscreening zunächst eine Kontrolle mit 3 und 6 Monaten indiziert, später halbjährlich bis zum Alter von 3 Jahren, dann jährlich. Das Cytomegalie-Virus (CMV), ein Vertreter der Gruppe der Herpes-Viren, verbleibt lebenslang in seinem Wirt und kann durch periodische Reaktivierung wiederholt zu Rezidiv-Infektionen führen. Die Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt über in-

1 000 Schwangere die lebende Kinder gebären

600 bereits vor der Schwangerschaft CMV seropositive Schwangere

400 CMV seronegative Schwangere

7 Schwangere Infizieren sich in der Schwangerschaft

594 CMV negative Babys

6 CMV positive Babys

2 CMV positive Babys

393 Schwangere bleiben CMV seronegativ

5 CMV negative Babys

1–2 Babys mit bleibenden Schäden

Abb. 6 CMV Infektion in der Schwangerschaft (http://www.cdc.gov/ cmv/trends-stats.html).

fektiöse Körperflüssigkeiten wie Speichel, Urin, Muttermilch, Sperma und Genitalsekrete. Das CMV ist ubiquitär verbreitet, die durchschnittliche Prävalenz in der Bevölkerung beträgt etwa 60 %. Bei Geburt sind in Industrienationen 0,5–2 % der Kinder infiziert, in der ersten Dekade kommen etwa 40 % hinzu und die Prävalenz im Alter von 60 Jahren steigt auf über 80 % [73]. Die primäre CMV-Virusinfektion beim Kleinkind oder Erwachsenen kann inapparent verlaufen oder mit Fieber, Hepatosplenomegalie, Hepatitis, Thrombozytopenie, Anämie oder Lymphadenopathie einhergehen. Besonders gefährlich sind die Infektion der Schwangeren und die transplazentare Übertragung auf das ungeborene Kind. Die Plazenta wird im Verlauf der Schwangerschaft durchlässiger für CMV und damit steigt die Infektionsrate des ungeborenen Kindes. Das höchste Risiko einer materno-fetalen Transmission besteht dann, wenn die Erstinfektion in der Schwangerschaft stattfindet und liegt bei ca. 30 %. Hat sich die Frau vor der Schwangerschaft infiziert, liegt das Risiko einer Cytomegalie-Virusinfektion für das Ungeborene bei etwa 1 %. Die Infektion im ersten Trimenon führt zu den größten Folgeschäden, wenngleich auch eine Infektion im dritten Trimenon zu neurologischen Defekten führen kann. Weitere Faktoren sind neben dem CMV Serostatus der Mutter die Viruslast. Ein mütterlicher Antikörpertiter reduziert das Risiko einer materno-fetalen Transmission deutlich aber nicht zuverlässig. Bei CMV induzierten, angeborenen Hörstörungen scheint insbesondere das IgG gegen virales Glykoprotein B sowohl im mütterlichen wie kindlichen Serum erhöht zu sein. 15–70 % der Kinder infizieren sich in einem Kindergarten, einer Kindertagesstätte oder der Schule. Sie scheiden für lange Zeit (6–48 Monate) CMV über Körperflüssigkeiten, wie Urin und Speichel aus. Daher besteht für die seronegative Schwangere ein hohes Risiko, sich durch den Kontakt zu jungen Kindern, insbesondere auch durch das eigene Kind, mit CMV zu infizieren. Jüngere Mütter haben ein eindeutig höheres Risiko für eine materno-fetale Transmission [71].

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schen Routine nur bedingt indiziert. Sie bleibt aktuell aufgrund der hohen Kosten und der eingeschränkten klinischen Relevanz Studien oder Forschungsprojekten vorbehalten. Durch die enorme Entwicklung der Sequenzierungsmethoden und der weiteren Entschlüsselung der bei Hörstörungen kausal involvierten Gene ist allerdings zu erwarten, dass molekulargenetische Methoden zukünftig zur Routinediagnostik zählen werden. Eine Ausnahme bereits jetzt, könnte die genetische Beratung zur Familienplanung sein. Eine Indikation zur pränatalen Diagnostik einer nichtsyndromalen Schwerhörigkeit ist in der Regel nicht gegeben. Sie ist nach §15 (Vorgeburtliche genetische Untersuchungen, Absatz 1) des Gendiagnostikgesetzes [70] möglich, aber aufgrund der guten Behandelbarkeit einer Hörstörung sowie des Eingriffsrisikos einer Amniozentese medizinisch nicht indiziert. Liegt ein Hinweis auf eine syndromale Schwerhörigkeit vor, sollte im nächsten Schritt, neben der pädaudiologischen Diagnostik das mögliche Syndrom durch eine pädiatrisch/neuropädiatrische und humangenetische Untersuchung klinisch weiter eingegrenzt bzw. eine klinische Diagnose gestellt werden. Ist der Genort bereits bekannt, kann eine genetische Untersuchung zur Bestätigung sinnvoll sein. Findet sich bei einer klinisch vermuteten autosomal rezessiven Schwerhörigkeit nur eine heterozygote Veränderung, ist die klinische Verdachtsdiagnose nicht bewiesen. Auf dem zweiten Allel könnte z. B. eine größere Deletion vorliegen. Gen-umfassende Deletionen werden die durch die DNA-Sequenzierung grundsätzlich nicht erfasst, können aber bei Verfügbarkeit eines kommerziellen Kits durch eine spezielle DNA-Analyse, die sog. MLPA nachgewiesen werden. Oder es handelt sich möglicherweise um eine Mutation in den regulatorischen Einheiten (Promotor; Enhancer) des untersuchten Gens, die sich in der molekulargenetischen Routinediagnostik heute aber noch nicht feststellen lässt [62].

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Referat S139

Tab. 3 Risikofaktoren für die Entstehung von Paukenergüssen. – – – – – – – – – –

ältere Geschwister Tagesbetreuung Alter < 3 Jahre genetische Disposition Syndrome kraniofaciale Fehlbildungen und Spalten reduzierte Immunabwehr Tubendysfunktion Hyperplasie der Adenoide, bakterielle/virale Besiedelung Reflux

flüssigkeiten, z. B. nach dem Wickeln und das Vermeiden von Mundküssen durchgeführt werden. Dies könnte die Infektionsrate der Schwangeren drastisch reduzieren [80]. Zusammengefasst ist die angeborene Cytomegalie-Virusinfektion die Hauptursache von neurologischen Entwicklungsstörungen und verantwortlich für einen hohen Prozentsatz der nicht genetischen Hörstörungen. Die Infektion erfolgt transplazentar, bei der zweiten Schwangerschaft gehäuft durch Virusausscheidungen des ersten Kindes. Die Infektion kann zu einer Veränderung des hirnstrukturellen Aufbaus mit neurologischen Langzeitschäden führen, u. a. einer sensorineuralen Schwerhörigkeit. Angeborene CMV-Infektionen werden häufig nicht erkannt, bzw. die neurologischen Auffälligkeiten werden nicht auf CMV zurückgeführt, da bei Geburt die Infektion häufig noch asymptomatisch verläuft. Aufgrund der hohen Durchseuchung der Bevölkerung ist die spätere Diagnostik schwierig.

2.3.3 Paukenergüsse Paukenergüsse, im Englischsprachigen Raum als Otitis media with effusion (OME) bezeichnet, beschreiben in Abgrenzung zur akuten Mittelohrentzündung eine Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr bei Fehlen einer akuten Infektion mit Fieber oder akutem Schmerz. Die Ursachen der Paukenergüsse sind vielfältig und reichen von entzündlichen Erkrankungen über Fehlbildun▶ Tab. 3) [81, 82]. gen bis hin zu Tubendysfunktionen (● Eine Untersuchung konnte zeigen, dass in den ersten Lebenswochen bei Kindern mit kontrollbedürftigem Hörscreening in ca. 4 % ein einseitiges und bei 12 % ein beidseitiges Sero-Mucotympanon bzw. Reste von Amnionflüssigkeit im Mittelohr vorlagen. Bei knapp der Hälfte der betroffenen Säuglinge persistierte der Paukenerguss über 3 Monate, weshalb eine operative Mittelohrsanierung indiziert war [28]. Patienten mit Risikofaktoren benötigten im Verlauf der nächsten 6 Monate weitere Eingriffe zur Mittelohrsanierung. Kinder mit Trisomie 21 bedurften in 34 % Revisionsoperationen, bei Gaumenspalten in 55 % und bei kraniofacialen Dysmorphien in 39 %. Lagen Risikofaktoren wie diese vor, bestand eine 12–16-fach höhere Risikowahrscheinlichkeit für die Indikation zum Mittelohreingriff [28]. Der Paukenerguss ist auch über das Säuglingsalter häufig und Ursache einer temporären Schallleitungsschwerhörigkeit [83]. Bis zum Alter von 2 Jahren liegt die Prävalenz für Kinder ohne Risikofaktoren bei knapp 50 %. Bei Kindern die nach der Geburt intensivmedizinisch versorgt wurden, steigt die Prävalenz sogar auf knapp 60 %. Die jahreszeitliche Verteilung ist relativ homogen [84]. Bis zu 80 % aller Kinder haben zumindest eine Episode mit Paukenergüssen bis zum Alter von 4 Jahren [28], die in der Regel innerhalb von 3 Monaten spontan ausheilt. 30–40 % der Kinder leiden unter rezidivierenden Paukenergüssen, die in 5–10 % der Kinder über ein Jahr persistieren. Der mittlere Hörverlust wird dabei mit 27 dB angegeben. Die Folgen für die

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In der frühen Schädelsonografie symptomatischer Kinder finden sich „white matter lesions“ und diverse zerebrale Auffälligkeiten, wie neuronale Migrationsstörungen, Hirnatrophie mit Ausbildung von Zysten, Malformationen bis hin zur Lissenzephalie, Porenzephalie oder Schizenzephalie. 50 % der symptomatischen CMV-infizierten Kinder haben nachweisbare kraniale Verkalkungen, wohingegen asymptomatische Kinder in der Regel keine oder nur milde Formen zerebraler Veränderungen zeigen [71]. Das initiale Fehlen einer Hörstörung oder neurologischer Auffälligkeiten schließt jedoch deren Entwicklung in den folgenden Monaten und Jahren nicht aus [74, 75]. Prädiktoren für die kindlichen Folgeerkrankungen einer fetalen CMV-Infektion sind der mütterlichen Antikörperstatus, der pränatale Ultraschallbefund und die Amniozentese mit quantitativer PCR-Analyse für CMV-spezifische DNA. Insgesamt scheint die Viruslast der beste Prädiktor für die Schwere neurologischer Folgeschäden zu sein. Da die Infektionen häufig subklinisch verlaufen und ein generelles CMV-Screening in Deutschland nicht durchgeführt wird, ist eine intrauterine CMV-Infektion als Ursache für eine Hörstörung oder Entwicklungsstörung im Kleinkindesalter oft nicht mehr nachzuweisen. Die Genese der CMV-induzierten Schwerhörigkeit ist noch nicht sicher geklärt. Histologisch konnten bei kongenital CMV-infizierten Kindern eine virale Labyrinthitis unter Beteiligung des vestibulären Organs (Sacculus und Utriculus) sowie Veränderungen in der Cochlea festgestellt werden. Vermutlich erreicht das CMV die Endolymphe über die Stria vascularis. Aber auch die Teratogenität von CMV wird diskutiert. Nach CMV-Infektion konnten an humanen Fibroblasten spezifische Veränderungen am Chromosom 1 festgestellt werden. Sie liegen in direkter Nachbarschaft zweier bekannter Genorte, die zum einen für eine autosomal-dominante, nicht syndromale Hörstörung mit progressivem Verlauf und zum anderen für eine autosomal-rezessive sensorineurale Schwerhörigkeit mit Blindheit verantwortlich sind. Über veränderte regulative Prozesse könnte diese CMV-induzierte Veränderung wie die bereits bekannten o.g. Mutationen zu Folge haben. Dies könnte auch die z.T. vorliegende Augenbeteiligung erklären [76]. Bei Diagnosestellung einer Schwerhörigkeit in den ersten Lebensmonaten sollte eine PCR auf CMV im Urin und ggfs. Blut erfolgen, Antikörpertiter sind in diesem Lebensalter oft noch nicht nachweisbar. Im ersten Lebenshalbjahr liegt in den Stoffwechsellaboren meist noch die Trockenblutkarte vor, die im Rahmen des Neugeborenen-Stoffwechselscreening gewonnen wurde. Mithilfe einer PCR kann aus dieser CMV-DNA im Blut noch leicht nachgewiesen werden. Eine Leitlinie zur Behandlung der angeborenen Cytomegalie-Virusinfektion existiert bisher nicht. Im Falle einer symptomatischen Infektion ist eine antivirale Therapie mit Ganciclovir, Valganciclovir, Forscarnet oder Cidovovir möglich [77–79]. Im Rahmen von Heilversuchen werden dem Feten intrauterin Immunglobuline mit dem Ziel verabreicht, die neurologischen Folgeerkrankungen zu reduzieren. Einen weiteren therapeutischen Ansatz stellt die Impfung dar, mit der sich derzeit eine Reihe von Studien beschäftigt. Die Entwicklung eines suffizienten Impfstoffes ist aufgrund der hohen Virusdiversität und den verschiedenen Virusstämmen komplex. Eine CMV-Infektion kann nicht sicher verhindert werden. Seronegative Schwangere sollten keinen Kontakt zu jungen und behinderten Kindern haben. Lässt sich dies, wie bei den eigenen Kindern, nicht vermeiden, sollten einfache Präventionsmaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen nach Kontakt mit Körper-

Tab. 4 Indikationen für eine zügige operative Mittelohrsanierung bei Paukenergüssen [89]. – – – –

sensorineurale Schwerhörigkeit Sprachentwicklungsstörungen Entwicklungsstörungen aus dem Autismusspektrumbereich Syndrome die mit einer Entwicklungsverzögerung einhergehen (Trisomie 21 usw.) – kraniofaziale Fehlbildungen und Spalten – Sehbehinderung, Blindheit – Verhaltensauffälligkeiten

Tab. 5 Mögliche Folgen einer Paukenröhrcheneinlage, modifiziert nach Vlastarakos und Rosenfeld [87, 89]. Komplikationen

Häufigkeit

Otorrhoe einmalig postoperativ mehrmals Myringosklerose Trommelfellatrophie Perforation nach T-Tubes Cholesteatom Granulationen Abgleiten des Paukenröhrchens in die Pauke Verstopfen des Paukenröhrchens

10–26 % 26 % 7% 39–65 % 16–75 % 3% bis 24 % 1% 5–40 % > 0,5 % 7%

Sprachentwicklung und die gesamte Entwicklung hängen von der Dauer und der Ausprägung der Paukenergüsse ab [85, 86]. Paukenergüsse werden in der Regel ohrmikroskopisch diagnostiziert [31]. Während sich das Trommelfell bei einem Paukenerguss verdickt und weißlich darstellt, wölbt es sich bei einer akuten Mittelohrentzündung hochrot vor. Besonders bei jungen unkooperativen Kindern und engen Gehörgängen ist die Durchführung einer Tympanometrie hilfreich um den Verdacht auf einen Paukenerguss abzusichern. Bis zum Alter von 9 Monaten bzw. bei konstitutionell engen Gehörgängen empfiehlt sich die Hochfrequenztympanometrie [32]. Wenn immer möglich sollte auch eine Überprüfung der Reaktions- bzw. Hörschwelle durchgeführt werden, um das Ausmaß der Schallleitungsschwerhörigkeit abschätzen zu können. Besteht gleichzeitig eine Innenohrschwerhörigkeit, addiert sich der Hörverlust. Lange persistierende Paukenergüsse können durch das eingeschränkte Hörvermögen mit Hyperaktivität, eingeschränkter Aufmerksamkeit und anderen Verhaltensauffälligkeiten assoziiert sein [87]. Die Therapie der Paukenergüsse wird kontrovers diskutiert. In einer Untersuchung mit knapp 400 Kindern konnte kein Zusammenhang zwischen einer frühen Paukenröhrcheneinlage und einer besseren kognitiven und sprachlichen Entwicklung nachgewiesen werden. Die Korrelation zwischen Dauer des Paukenergusses und der kindlichen Entwicklung war in den meisten durchgeführten Untersuchungen nicht signifikant. Die Autoren schließen daraus, dass länger persistierende Paukenergüsse wahrscheinlich zu keiner verzögerten Entwicklung im Alter von 4 Jahren führen [88]. Liegen aber zusätzliche Risikofaktoren für die Entstehung einer Entwicklungsstörung vor, wie z. B. eine Innenohrschwerhörigkeit oder eine Sprachentwicklungsverzögerung, sollte die Indikation zur Paukenröhrcheneinlage zügig ge▶ Tab. 4) [89]. In der Regel erfolgt gleichzeitig stellt werden (● eine Nasenracheninspektion und falls dies erforderlich ist eine Adenotomie.

Gegner der Paukenröhrcheneinlage sehen die hohe Komplikationsrate im Vordergrund stehen. In einem Review wurde über eine 80 %ige Komplikationsrate nach Paukenröhrcheneinlage berichtet. Aufgeführt wurden eitrige Otorrhoe in 10–26 %, eine Myringosklerose in 35–65 %, eine teilweise Atrophie des Trommelfells in 16–75 %, atrophe Narben und epitympanale Retraktionen in 21 % und persistierende Trommelfellperforationen in 3 %. Bei Verwendung von T-Tubes stieg die Rate der persistierenden ▶ Tab. 5) [87, 89]. Trommelfellperforationen auf bis zu 24 % an (● In der Diskussion ist zu bedenken, dass diese Komplikationen auch teilweise durch die Grunderkrankung verursacht sein können. Die aktuell in Überarbeitung begriffene S1 Leitlinie „Periphere Hörstörung im Kindesalter“ empfiehlt die Paukenröhrcheneinlage, je nach Einschränkung des Hörvermögens bei einem über 3 Monaten persistierenden Paukenerguss, dies deckt sich mit den amerikanische Empfehlungen [89]. Liegt eine Sprachentwicklungsstörung, eine allgemeine Entwicklungsstörung oder eine sensorineurale Schwerhörigkeit vor, sollte die Entlastung des Paukenergusses deutlich früher erfolgen. Zumindest für die erste Paukenröhrcheneinlage haben sich die Titanröhrchen aufgrund der geringeren Komplikationsrate bewährt.

2.4 „Ursachenforschung“ Ist die Diagnose einer Schwerhörigkeit gestellt, sollten unverzüglich weitere fachärztliche Untersuchungen eingeleitet werden, um die Ursache der Hörstörung differenzieren zu können. Liegt kein Hinweis auf eine syndromale Schwerhörigkeit vor, so ist eine genetische Untersuchung auf Veränderungen im Connexin 26 Gen sinnvoll. Bei bis zu 50 % der Betroffenen ist dadurch die Ursache der Hörstörung geklärt. Die pädiatrisch/neuropädiatrischen Untersuchung sollte eine Untersuchung bezüglich möglicher intrauteriner Infektion beinhalten. Hierzu empfiehlt sich die TORCH-Serologie im Blut und CMV im Urin. Liegen zusätzlich augenscheinliche Fehlbildungen vor, so ist die weitere Abklärung einer syndromalen Erkrankung u.U. in Zusammenarbeit mit der Humangenetik indiziert. Sehr selten sind Syndrome die mit einer verlängerten QT-Zeit einhergehen, und die Gefahr des plötzlichen Herztodes beinhalten. Daher ist bei jedem hochgradig schwerhörigen Kind die Ableitung eines EKG’s und eine Echokardiografie notwendig. In der augenärztlichen Untersuchung werden Fehlsichtigkeiten ausgeschlossen. Die Retinitis pigmentosa, wie sie beim Usher Syndrom vorkommt und zu einem Tunnelblick und zunehmenden Erblindung führt, lässt sich in den ersten Lebensjahren noch nicht erkennen und macht daher weitere Untersuchungen im Kindesalter notwendig. Im Einzelfall ist eine Bildgebung, z. B. zum Ausschluss einer hirnstrukturellen Auffälligkeit indiziert.

2.5 Therapie der frühkindlichen Hörstörung Nach der Diagnostik folgt die interdisziplinäre Versorgung und Betreuung des jungen Säuglings oder Kleinkindes in einem interdisziplinären Verbund von Phoniater und Pädaudiologen/ spezialisiertem HNO Arzt, Pädakustiker, Pädiater, Neuropädiater, Kinderkardiologen, Humangenetiker, Augenarzt, ggfs. Kinderpsychologen, der örtlichen Hörfrühförderung sowie dem betreuenden Kinderarzt und HNO-Arzt vor Ort. Voraussetzung ist eine hohe Kompetenz und Professionalität in der Versorgung von schwerhörigen Säuglingen und Kleinkindern.

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S140 Referat

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Referat S141

phonetisch-phonologische Ebene semantisch-lexikalische Ebene morpho-syntaktische Ebene Pragmatik

Phonetik: Produktion und Perzeption einzelner Laute Phonologie: Lautsystem einer Sprache Semantik: Wortbedeutung Lexikon: Wortschatz Grammatik Gebrauch von Sprache im sozialen Kontext

3. Sprachentwicklung in den ersten 3 Lebensjahren



Der dritte Teil des Übersichtsreferats befasst sich zunächst mit den linguistischen Grundlagen der Sprachentwicklungsdiagnostik, gibt dann einen kurzen Abriss über die frühe Sprachentwicklung und streift diagnostische Aspekte. Einen aktuellen Überblick gibt auch die AWMF- Leitlinie Sprachentwicklungsstörung (http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/049-006.html).

3.1 Linguistische Ebenen In der Sprachentwicklungsdiagnostik eines Kindes wird die Sprachentwicklung differenziert in den verschiedenen linguistischen Ebenen betrachtet. Es werden 4 bzw. 5 Ebenen unterschieden: Phonetik und Phonologie, ggfs. Prosodie, Lexikon und Se▶ Tab. 6). mantik, Morphologie und Syntax, Pragmatik (●

Phonologie/Phonetik Die Phonetik befasst sich mit der Erzeugung und Perzeption von akustischen Sprachlauten und ihrer normgerechten Aussprache. Die Phonologie hingegen beschreibt die Funktion von Sprachlauten in einem Sprachsystem und die Regeln ihrer Verwendung. Die Sprache lässt sich in verschiedene Elemente unterteilen. Die kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit ist das Phonem (Laut). Die phonotaktische Regelhaftigkeit beschreibt, wie sich die Phoneme einer Sprache zu Silben, Morphemen (Wortbausteinen) und schließlich zu Wörtern kombinieren lassen. Bereits nach der Geburt beginnt die phonologische Entwicklung. Sie umfasst den Erwerb von Regeln der Kontrastierung und Kombination von Sprachlauten und ist die Voraussetzung für die weitere Sprachentwicklung. Die Phonetik umfasst neben der Charakterisierung der Phoneme, also der phonematischen oder segmentalen Ebene der Sprache auch die übergeordnete, suprasegmentale Ebene, das heißt die Beschreibung der Rede. Die suprasegmentalen Eigenschaften der lautsprachlichen Äußerungen werden als prosodische Merkmale bezeichnet. Hierunter werden melodische und rhythmische Aspekte der Sprache, wie Intonation, Akzentuierung und Pausen verstanden. Prosodie spielt eine zentrale Rolle im frühen Spracherwerb des Säuglings. In der Ammensprache (Baby Talk oder Motherese), die intuitiv in der Kommunikation mit Säuglingen eingesetzt wird, werden die prosodischen Merkmale der Sprache besonders hervorgehoben. Dies ist wiederum das Signal für das Kind aufmerksam zu werden [90–92].

Lexikon (Wortschatz) und Semantik (Wortbedeutung) Die Semantik beschreibt den Sinn und die Bedeutung von Wörtern und Sätzen und nutzt hierzu den aktiven und passiven Wortschatz (Lexikon). Sie ist ein sprachliches Subsystem, mit dem aus lexikalischen und grammatischen Informationen Bedeutungsrepräsentationen erstellt werden. Unterschieden wird in Wort- und Satzsemantik. Damit das Kind verschiedenen Wör-

tern eine Bedeutung und auch einen Sinn zuordnen kann, muss es sie als Objekte wahrnehmen, die unabhängig von ihm selbst sind. Diese sogenannte Objektpermanenz nach Piaget entwickelt sich im 8. Lebensmonat [92].

Morphologie und Syntax (Wort und Satzgrammatik) Sind die ersten Schritte in der Phonologie, im Lexikon und der Semantik erworben, bilden sich die Morphologie und die Syntax der Sprache aus. Morphologie beschreibt den internen Aufbau von Wörtern, d. h. deren Deklination und Konjugation sowie die Wortbildung. Hierzu zählen Verbkonjugation, Numerus und Kasusmarkierung an Substantiven, Adjektiven und Artikeln, die Derivation (Schön heit) und Komposition (Auto und Sitz = Autositz). Das Morphem (Wortbaustein) stellt die kleinste bedeutungstragende bzw. grammatikalische Einheit dar. Die Syntax beschreibt die Anordnung der Funktionswörter (grammatikalische Bedeutung) und Inhaltswörter (lexikalische Bedeutung) im Satz. Die kritische Grenze für die Ausbildung der Morphologie und Syntax ist ein Wortschatz von etwa 100 Wörtern. Hiermit sind unterschiedliche Wortgruppen erworben, die die weitere Grammatikentwicklung auf Satzebene überhaupt erst ermöglichen [90, 91].

Kommunikation und Pragmatik Pragmatik beschreibt die Verwendung von Sprache, die neben Inhalten auch Gefühle und Emotionen, im sozialen Kontext vermittelt.

3.2 Kindgerichtete Sprache Baby Talk, Motherese oder Ammensprache ist die besondere Form der Kind-gerichteten Sprache, die kulturübergreifend intuitiv Säuglingen und Kleinkindern gegenüber eingesetzt wird. Sie ist gekennzeichnet durch eine besonders kontrastierte und betonte Aussprache mit verlangsamtem Sprechtempo. Die Sprechstimmlage ist erhöht, die Sätze kurz und redundant. Untersuchungen haben gezeigt, dass die kindliche Aufmerksamkeit bei dieser Form der Kind-gerichteten Sprache besonders hoch ist [92]. Beispiele: Ein 1-jährigen Mädchen hält einen Ball in der Hand und die Mutter sagt: Ja was hast Du da? Einen Ball? Ja, einen Ball! Zeigst Du mir den Ball? Diese kindgerichtete Sprache entwickelt sich intuitiv mit der Entwicklung des Kindes weiter. Der 2-jährige hält seiner Mutter ein kaputtes Auto hin: Auto daput! Die Mutter greift auf: Ist dein Auto kaputt gegangen? Zeig mal dein Auto. Durch dieses unbewusste Korrektiv Feedback nimmt die Mutter die kindliche Sprache auf und wiederholt das Wort korrekt gebildet. Durch das korrekt gesprochene Wort entwickelt das Kind seine phonetisch-phonologischen Fähigkeiten weiter.

3.3 Meilensteine in der frühen Sprachentwicklung Das Kind erwirbt die wichtigsten Strukturen und Prinzipien der Muttersprache bereits in den ersten Lebensjahren. Der Erwerb der ersten 50 Wörter mit etwa 18 Monaten ist nach dem ersten Wort mit 10–12 Monaten ein bedeutsamer Entwicklungsschritt. Im Alter von 18–24 Monaten folgen die ersten Zweiwortsätze und ab einem Wortschatz von etwa 100 Wörtern beginnt der ▶ Tab. 7). Einstieg in die Grammatikentwicklung (●

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Tab. 6 Linguistische Ebenen.

Tab. 7 Sprachentwicklung in den ersten 3 Lebensjahren. Alter

Sprachentwicklung

nach der Geburt bis 6. Woche 7. Woche bis 3. Monate ab dem 4. Monat 8.-10 Lebensmonat ca. 12. Monate 18 Monate 18–20 Monate 24 Monate ab dem 30. Monat

Schreiphase Gurren Lallphase erstes Sprachverständnis erste Wörter 50 Wörter Wortschatzexplosion 2 Wortsätze Grammatikentwicklung

3.3.1 Das erste Lebensjahr Perzeption. Im ersten Jahr werden überwiegend prosodische Merkmale auditiv verarbeitet. Bereits ab der 27. Gestationswoche hört der Fötus intra- und extrauterine Geräusche. Trotz Dämpfung durch das Fruchtwasser ermöglichen sie den ersten Aufbau von auditiven Gedächtnisstrukturen. Nach der Geburt bevorzugt das Kind die mütterliche Stimme sowie die Muttersprache und es bevorzugt ihre an sich gerichtete Sprache. Während der junge Säugling zunächst die Fähigkeit besitzt Lautkontraste verschiedener Sprachen zu differenzieren, erfolgt in den ersten Lebensmonaten eine Spezialisierung auf die Muttersprache. Etwa im Alter von 4 Lebensmonaten erkennt das Kind den eigenen Namen im Redefluss, stellt eine Beziehung zwischen akustischen und visuellen Stimuli her und dreht den Kopf zur Geräuschquelle. Ab dem 10. Lebensmonat werden erste Wörter verstanden [93]. Produktion. Sind die Lautäußerungen des Kindes in den ersten 6 Lebenswochen noch auf Schreien begrenzt, so bildet das Kind ab der 7. Woche bereits Gurrlaute, die sich bis zum 3–4. Lebensmonat zu einem marginalen Lallen weiterentwickeln. Der Kehlkopf senkt sich weiter ab und es entsteht ein größerer Bewegungsraum. Durch mehr zufällige Bewegungen können nun verschiedene Artikulationszonen und -orte genutzt werden. Das Kind probiert verschiedene Laute aus, auch solche, die nicht in der Zielsprache vorkommen. Dieses Vocal Play oder kanonische Lallen erinnert an Konsonant-Vokalverbindungen. In dieser Phase spielt die auditive Rückkopplung noch keine entscheidende Rolle. Es folgt etwa ab dem 7. Lebensmonat das reduplizierende Lallen mit Silbenverdopplungen (dadada; bababa). Der Unterkiefer bewegt sich gezielt auf und ab. Diese Äußerungen sind als willentliche Äußerungen zu bewerten. Sie gehen fließend über in die Kombination verschiedener Silben – dem variierenden Lallen (badage). Diese Lallmonologe werden auditiv kontrolliert. Ahmen Eltern diese Laute nach, werden sie durch das Kind imitiert und es entsteht ein Dialog. Am Ende des ersten Lebensjahres variiert das Plappern sehr stark und es lassen sich satzähnliche Intonationsmuster (Jargon) erkennen. Zumeist werden dann auch die ersten Wörter: Mama, Papa, Ball usw. gebildet. Die vorsprachliche Entwicklung oder auch präverbale Entwicklung geht in die frühe Sprachentwicklung über [93].

3.3.2 Das zweite Lebensjahr Mit einer großen interindividuellen Varianz beginnt zwischen dem 11. und 18. Monat die verbale Phase. Die Kinder setzen gleichzeitig Lautieren, erste Wörter und Wortneuschöpfungen (Protowörter) ein. Auch wenn schon früher ähnliche Lautäußerungen produziert wurden, so werden sie nun erstmals gezielt

eingesetzt. Es werden besonders Konsonanten und Vokale der vorderen Artikulationszonen verwendet. Während die vollständige, korrekte phonologische Struktur meist mit der Bedeutungsstruktur registriert ist und beim Hören erkannt wird, werden die Wörter oft vereinfacht und verkürzt wiedergegeben. (Sissi für Elisabeth; Nane für Banane…). Bis Ende des 18. Lebensmonats sind in der Regel die ersten 50 Wörter erworben. Hier wird für das Sprachverstehen die Schlüsselwortstrategie eingesetzt. Die Kinder zeigen in diesem Alter ein scheinbar deutlich größeres Sprachverstehen. Sie sind jedoch noch nicht in der Lage den kompletten Sinn des Gesagten zu erfassen. Es handelt sich vielmehr um ein Verstehen einzelner Schlüsselwörter und prosodischer Muster, die in den entsprechenden Kontext gesetzt werden. Ab dem 18. Lebensmonat wird dann zunehmend das phonologische Regelsystem erworben. Hat das Kind einen aktiven Wortschatz von ca. 50 Wörtern und einen etwa doppelt so großen passiven, folgt die Wortschatzexplosion oder der Wortschatzspurt, der etwa ab dem Ende des 4. Lebensjahres wieder abflacht. Mit der Zunahme des Wortschatzes und dem Erwerb verschiedener Wortgruppen ist die Bildung der ersten Zweiwortsätzen verbunden. Ab dem 24. Lebensmonat kann das Kind Gehörtes mit seinen Vorerfahrungen kombinieren, es setzt jetzt überwiegend pragmatische Verständnisstrategien ein [94].

3.3.3 Das dritte Lebensjahr Die phonologische Entwicklung im dritten Lebensjahr ist zunächst noch gekennzeichnet durch Vereinfachungen von Konsonanten und Konsonantenverbindungen. Typischerweise bestehen bis zum 3. Geburtstag noch Auslassungen initialer Konsonanten, eine Plosivierung von Zischlauten und eine Vorverlagerung von velaren Plosiven wie T für K – Mama tomm, taputt. Im Laufe der weiteren Entwicklung werden diese Prozesse zunehmend überwunden. Bis zum Ende des dritten Lebensjahres wird ein Großteil der Phoneme erworben. Die syntaktische Entwicklung führt in die Mehrwortphase. Zunächst steht das Verb ohne Flexion am Ende der Äußerung. Bis zum 3. Geburtstag werden die Verbzweitstellung und der Artikelgebrauch erworben. Das Kind lernt zunehmend längere und kompliziertere Sätze verstehen, es erweitert die Kategorienzugehörigkeit. Im Spiel führen die Kinder häufig Selbstgespräche. Der regelhafte Spracherwerb ist nicht nur von kommunikativer Bedeutung, sondern auch die Voraussetzung für den Schriftspracherwerb und das Lesen sowie die gesamte schulische Laufbahn des Kindes. Auch die allgemeine soziale Entwicklung scheint eng mit der Sprachentwicklung verknüpft zu sein [93].

3.4 Auffälliger Spracherwerb Ein kleiner Teil der Kinder entwickelt die Sprache nicht altersgemäß. Im Alter von 2 Jahren sind etwa 15 % der Kinder betroffen. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Bis zum Alter von 3 Jahren wird bei einem mindestens 6 monatigen Rückstand von Sprachentwicklungsverzögerung gesprochen. Dies impliziert ein mögliches Aufholen, was jedoch nur für wenige Kinder zutrifft. Ab einem Alter von 36 Monaten wird von einer Sprachentwicklungsstörung gesprochen, wenn die Sprachentwicklung 2 Standardabweichungen vom Altersdurchschnitt, oder eine Standardabweichung von der kognitiven Entwicklung abweicht.

3.4.1 Sprachentwicklungsverzögerung Spricht ein Kind bis zum 2. Geburtstag keine 50 Einzelwörter und bildet keine Zweiwortsätze liegt eine Sprachentwicklungsverzögerung vor. Eine Untergruppe stellen hier die sogenannten

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Abb. 7 Einordnung und Prognose des Late Talkers [90].

Auffällige Sprachentwicklung 24 Monate

Nicht altersgemäße Sprachproduktion und -verstehen, normale Kognition

Ca. 15 % der 2 Jährigen • Wortschatz< 50 Wörter • Keine Zweiwortsätze

Late Talker

Sprachentwicklungsstörung und komplexe Entwicklungsstörung

• Altergerechtes rezeptives Sprachverstehen • Produktiver Wortschatz< 50 Wörter • Keine Zweiwortsätze

Late Bloomer - Holen bis 36 Monate auf - 30 bis max. 50 % der Kinder

Weitere Entwicklung

Weiterhin unauffällig

Sprachschwache Kinder an der unteren Grenze der Norm (20 %?)

Spezifische Sprachentwicklungsstörung (SSES) Kinder holen nicht auf (50 %- (70) der Kinder)

Weiterhin Sprachschwache Kinder

Persistierende SSES Erschwerter Schriftspracherwerb Evtl nichtsprachliche Begleitsymptome

Illusionary Recovery

Entwickeln sich am Unterrand der Norm

Late Talker dar. Late Talker zeigen ein altersgemäßes Sprachverstehen, haben jedoch, ohne ersichtliche primäre Beeinträchtigung, bis zum Ende des zweiten Lebensjahres keinen aktiven Wortschatz von 50 Worten zur Verfügung und bilden keine Zweiwortsätze. Die Prävalenz im deutschsprachigen Raum liegt zwischen 10 und 20 % [93, 95–98]. Ein Teil der Late Talker, die Late Bloomer holen den Entwicklungsrückstand bis zum 3. Geburtstag auf. Diese Kinder bleiben dennoch oft sprachschwach und nicht alle Late Bloomer bleiben auch im weiteren Verlauf in ihrer Sprachentwicklung unauffällig. Ein Teil hat nur scheinbar aufgeholt (illusionary recovery) und entwickelt im weiteren Sprach- und Schriftspracherwerb Probleme, häufig mit Auffälligkeiten in der phonologischen Bewusstheit. Die phonologische Bewusstheit bezeichnet die Fähigkeit, Laute und Silben zu Wörtern zu verbinden, oder Wörter in ihren Anlaut und ihre Silben zu zerlegen. Die phonologische Bewusstheit stellt somit eine Grundlage für den Lese- und Schriftspracherwerb dar. Der andere Teil der Kinder holt nicht auf und es manifestiert sich eine spezifische Sprachentwicklungsstörung ▶ Abb. 7). Risiken für die Entwicklung einer spezifischen (● Sprachentwicklungsstörung sind geringes Wortverstehen und geringer Bildungsstand der Mutter. Nur etwa 60 % der Kinder mit einer Sprachentwicklungsverzögerung im Alter vor 2 Jahren sind Late Talker. Bei etwa 40 % liegen z.T. gravierende Entwicklungsbeeinträchtigungen vor. Buschmann hat in einer Untersuchung an 100 sprachentwicklungsauffälligen Kindern zwischen 21 und 24 Monaten bei 61 % eine expressive Sprachentwicklungsstörung festgestellt (Late Talker) [99]. Hingegen wiesen 17 % auch eine rezeptive Sprachentwicklungsstörung auf. Bei 22 % der Kinder war die Sprachentwicklungsstörung mit anderen neurologischen Entwicklungsstörungen assoziiert, 6 % hatten gravierende nonverbale kognitive Einschränkungen und 12 % grenzwertige Entwicklungsstörungen.

Bei 4 % wurde eine kindliche Entwicklungsstörung aus dem Autismusspektrumbereich festgestellt (vgl. Risiko im Normalkollektiv 0,2–1 %) [99].

3.4.2 Sprachentwicklungsstörung Ab dem Alter von 3 Jahren werden Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung als Sprachentwicklungsstörung bezeichnet. Die Prävalenz liegt bei den Kindern zwischen 4–6 Jahren bei 2–15 %, schwere Sprachentwicklungsstörungen betreffen ca. 1 % der Kinder. Die Störung der Sprachentwicklung ist die häufigste kognitive Entwicklungsstörung, von der Jungen häufiger als Mädchen betroffen sind. Sie sind höchst variantenreich und werden in Ihrer Komplexität und dem Schweregrad oft unterschätzt. In der phoniatrischen Abteilung der Autoren wiesen nur 26 % der 484 zugewiesenen Patienten eine unkomplizierte Sprachentwicklungsstörung auf. Die übrigen 74 % hatten komplexere Störungsbilder: 33 % hatten eine Hörminderung, 12 % eine geistige Entwicklungsstörung, 10 % teilweise korrekturbedürftige oropharyngeale Fehlbildungen, 7 % pathologische EEG-Veränderungen, 6 % gravierende emotionale Störungen und 6 % Kombinationen der o.g. Einschränkungen [100]. Es wird zwischen spezifischen (SSES = Specific language impairment) oder umschriebenen Sprachentwicklungsstörungen (USES) ohne mentale, organische oder emotionale Zusatzbehinderungen und Sprachentwicklungsstörungen im Rahmen von primären Störungsbildern wie z. B. geistiger Behinderung, Autismus oder einer Hörstörung unterschieden [101]. Die Sprachentwicklungsstörungen werden nach ICD eingeteilt in eine expressive (F80.1) und eine rezeptive Sprachentwicklungsstörung (F80.2). Weiter abgegrenzt werden andere Störungen der Sprache und des Sprechens, wie Redeflussstörungen mit Stottern oder Poltern, kindliche Aphasien, kindliche Stimmstörungen und eine auffällige Nasalität.

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36 Monate

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Abb. 8 Unterteilung der Sprachentwicklungsstörung [101].

Sprachentwicklungsstörung

Sprachentwicklungsstörung im Rahmen von anderen Erkrankungen: Hörstörung Entwicklungsstörungen/Syndromen Autismus Lippen-Kiefer Gaumenspalten Deprivation Emotionale Entwicklungsstörungen usw.

Phonetisch/ phonologische Störung

Aussprachestörung

Entwicklungsstörung auf semantisch/ lexikalischer Ebene Störung im Bereich Wortbedeutung und Wortschatz

Spezifische (SSES) oder Umschriebene (USES) Sprachentwicklungsstörung ohne weitere Beeinträchtigungen

Entwicklungsstörung auf syntaktisch/ morphologischer Ebene auffällige Grammatikentwicklung

Störung der pragmatischen Entwicklung Auffällige Kommunikationsentwicklung

Auswirkungsebene

Eine differenzierte Sprachentwicklungsdiagnostik untersucht systematisch die aktuelle Entwicklung in den unterschiedlichen linguistischen Ebenen der rezeptiven und expressiven Sprache ▶ Abb. 8, [101]). (●

3.4.2.1 Phonetisch/phonologische Störung. Aussprachestörungen können symptomatisch bei organischen Problemen wie Hörstörungen, Dysglossien oder Dysarthrien auftreten oder als funktionelle Störung vorkommen. Es wird hierbei unterschieden zwischen phonetischer, phonologischer oder phonetisch/phonologischer Störung. Die phonetische Störung ist eine reine Artikulationsstörung und beinhaltet Auffälligkeiten der Lautbildung. Beispiele hierfür sind der Sigmatismus (Lispeln), Schetismus oder Chitismus. Sie betrifft alleinig die Aussprache. Phonologische Störungen umfassen zentralere Funktionen der inneren Sprache wie ein eingeschränktes Phoneminventar und eine auffällige Phonemdifferenzierung, insgesamt ein auffälliges phonologisches Regelsystem. Die Begriffe Dyslalie oder Stammeln werden heute nicht mehr verwendet, da sie nicht weiter in Phonetik und Phonologie differenzieren. Diese Unterscheidung hat jedoch großen Einfluss auf die Therapieplanung. Während rein phonetische Störungen einfache Aussprachestörungen sind und nur die Produktion des entsprechenden Lautes geübt wird, stellen phonologische Störungen eine komplexe Störung der Sprachentwicklung mit Auswirkung sowohl auf die Sprachproduktion als auch die Sprachwahrnehmung dar. Bei schwerer Ausprägung kann eine schwer verständliche Spontansprache bestehen, die einen hohen Therapiebedarf nach sich zieht und häufig auch weitreichende soziale und psychische Konsequenzen hat. Kinder, die nicht verstanden werden, sprechen oft immer weniger, ziehen sich zurück und sind stark belastet [91, 93, 102] 3.4.2.2 Sprachentwicklungsstörung auf semantisch/lexikalischer Ebene. Entwicklungsstörungen auf semantisch/lexikalischer Ebene werden auch als Störung der Wortbedeutungsentwicklung bezeichnet. Der expressive und/oder rezeptive Wortschatz ist nicht altersgemäß, wenig differenziert, der Zugriff oder der Abruf auf das mentale Lexikon ist eingeschränkt. So sprechen betroffene Kinder wenig, lernen langsam neue Wörter, nutzen Floskeln oder haben Wortfindungsstörungen. Es werden z.T. keine semantischen Strukturen aufgebaut oder es erfolgen

Über – oder Untergeneralisierungen. (Übergeneralisierung: alle 4-beinigen Tiere mit Fell sind Hunde; Untergeneralisierung: nur eine lila Kuh ist eine Kuh)

3.4.2.3 Sprachentwicklungsstörung auf morpho-syntaktischer Ebene. Hierunter fallen Auffälligkeiten in der Grammatikentwicklung. Morphologische Auffälligkeiten umfassen Pluralbildung, Kasusmarkierung und Subjekt-Verb-Kongruenz. Syntaktische Auffälligkeiten umfassen verkürzte oder auffällige Satzstrukturen oder die korrekte Stellung des Verbs wird nicht erworben. Die Folge ist auch ein eingeschränktes Sprachverstehen für komplexere Satzstrukturen. 3.4.2.4 Sprachentwicklungsstörung im Bereich Pragmatik. Die kommunikativen und dialogischen Fähigkeiten mit Turn-Taking (Sprecherwechsel) oder Blickkontakt, entwickeln sich nicht adäquat.

3.5 Sprachentwicklungsdiagnostik Die Sprachentwicklungsstörung kann isoliert eine Ebene oder alle Sprachebenen entweder gleichermaßen oder in unterschiedlicher Ausprägung betreffen.

3.5.1 Fragebögen Die frühe Sprachentwicklung lässt sich schnell und relativ sicher über Elternfragebögen ermitteln. In den ersten 2–3 Jahren ist die Elterneinschätzung valide (Baron-Cohen 1992). Dagegen ist die Mitarbeit der Kinder in diesem Alter für eine Sprachentwicklungsdiagnostik oft noch nicht zuverlässig gegeben. Die Kinder sprechen in diesen Situationen oft nicht oder nur wenig, ihre Aufmerksamkeitsspanne ist häufig noch kurz. Daher wurden mehrere deutschsprachige Fragebögen entwickelt, denen Wortlisten mit dem durchschnittlich am häufigsten genutzten Wortschatz dieser Altersgruppe zu Grunde liegen. Weite Verbreitung haben der ELFRA I und II (Elternfragebogen) für Kinder im Alter von 12 (Kinderärztliche Vorsorgeuntersuchung U6) und 24 Monaten (U7) gefunden. Sie sind von Grimm und Doil in Anlehnung an die McArthur Communicative Development Inventories (http://www.brookespublishing.com/resource-center/screening-and-assessment/cdi/DCI) sowie an die Wortschatzliste von Rescorla [103] für die deutsche Sprache entwickelt worden. Im ELFRA I (12 Monate) wird neben rezeptivem und expressivem Wortschatz auch der Einsatz von Lauten,

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Entwicklungsbereiche können homogen, isoliert oder inhomogen betroffen sein

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Referat S145

3.5.2 Diagnostik der Sprachentwicklung Finden sich Hinweise auf eine nicht altersgerechte Sprachentwicklung, ist nach Ausschluss einer Hörstörung der nächste Schritt eine Sprachentwicklungsdiagnostik. Hierzu ist eine Vielzahl von deutschsprachigen Testverfahren mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf dem Markt. Verbreitet ist z. B. der SETK 2 (http://www.testzentrale.de/programm/sprachentwicklungstest-fur-zweijahrige-kinder.html) von Grimm, der das Verstehen und Produzieren von Wörtern und Sätzen überprüft. Der Test dauert etwa 30–45 min und sollte von einer Therapeutin oder von einem erfahrenen Arzt durchgeführt werden. Es existieren Normen in Halbjahresschritten für das 3. Lebensjahr. Ist bei sonst gesundem Kind nur der produktive Wortschatz auffällig, wird es der Unterform Late Talker zugeordnet. Ist auch das Sprachverständnis nicht altersentsprechend ist eine weitere pädiatrisch/neuropädiatrische Diagnostik angezeigt. Für Kinder ab 3 Jahren ist bspw. der SETK 3–5 zu nennen, der auch grammatikalische Fähigkeiten und das phonologische Gedächtnis prüft. Die Sensitivität dieser Testverfahren ist jedoch wie auch die der o.g. Tests trotz weiter Verbreitung oft nicht ausreichend, sodass erst der Einsatz mehrerer parallel eingesetzter Testverfahren die Diagnose valide werden lässt [105].

3.5.3 Weiterführende Diagnostik Erreicht ein sonst unauffälliges Kind mit 12 Monaten die Meilensteine der Sprachentwicklung nicht, ist eine HNO-ärztliche Untersuchung mit Ausschluss von Paukenergüssen und zumindest einer TEOE-Messung indiziert. Besteht seitens der Familie oder der behandelnden Ärzte der Verdacht auf eine Hörstörung oder ist die Familienanamnese bzgl. Hörstörungen auffällig, ist eine pädaudiologische Diagnostik mit Überprüfung des Hörvermögens indiziert.

Hat das Kind bis zum zweiten Geburtstag nicht aufgeholt, sollte das Hörvermögen gezielt untersucht werden. Es sollten hierbei persistierende Paukenergüsse als häufigste Ursache einer Hörminderung, aber auch eine sensorineurale Schwerhörigkeit ausgeschlossen werden. Geringgradige Schwerhörigkeiten sowie Hoch- oder Tieftonhörverluste werden durch das Neugeborenenhörscreening ebenso wie eine AS/AN häufig nicht erkannt und ein Teil der Hörstörungen verläuft progredient. Die Inspektion des Mundraumes sowie die Beurteilung der Mund- und Zungenmotorik sind weiterer Bestandteil der Untersuchung, ebenso wie die Abschätzung der Kommunikationsfähigkeit des Kindes, auch unter Berücksichtigung von Entwicklungsstörungen aus dem Autismusspektrum. Sind diese Untersuchungen unauffällig oder erklären die Sprachentwicklungsverzögerung nicht, sind weiterführende Untersuchungen wie die Durchführung einer Entwicklungsdiagnostik und einer pädiatrisch/neuropädiatrischen Untersuchung z. B. in einem Sozialpädiatrischen ▶ Abb. 9 [99]). Zentrum notwendig (●

3.6 Ursachen einer Sprachentwicklungsstörung Bei den spezifischen Sprachentwicklungsstörungen werden teilweise genetische Veränderungen als Ursache vermutet. Sowohl Zwillingsstudien wie genetische Untersuchungen großer Familien konnten im Einzelfall Genmutationen feststellen. So konnten bei Stotterer, verbaler Dyspraxie, Spezifischer Sprachentwicklungsstörung und Dyslexie einige Mutationen gefunden werden. Diese bereits bekannten Mutationen sind sehr selten und die molekulargenetische Diagnostik hat derzeit noch eine geringe Aufklärungsrate. Als hypothesenfreie Untersuchung kann eine molekulare Chromosomenanalyse (Microarray-CGH) angeboten werden, insbesondere, wenn die Sprachentwicklungsverzögerung familiär gehäuft, oder in wechselnder Ausprägung mit Verhaltensauffälligkeiten, anderen kognitiven Einbußen oder gar in einem syndromalen Kontext vorkommt. Noch überwiegend unklar ist, wie durch bestimmte Genmutation das Störungsbild ausgelöst wird [106]. Sprachentwicklungsstörungen können bei Hörstörungen und Konzentrations- sowie Aufmerksamkeitsstörungen auftreten. Eine Deprivation und jegliche Formen der Entwicklungsstörungen, Intelligenzminderungen oder Syndrome können eine auffällige Sprache zur Folge haben.

3.7 Therapieoptionen Die Indikation zur Therapie der frühen Sprachentwicklungsverzögerung wird weiterhin kontrovers diskutiert, wobei die aktuelle Literatur auf die Notwendigkeit und den Erfolg verweist. Unter anderem konnte in einer großen holländischen Interventionsstudie der Nutzen der frühen Intervention von sprachlich auffälligen Kindern deutlich gemacht werden. Nach früher Intervention war, im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Intervention, der Besuch einer Förderschule um 30 % und die Zahl der Kinder mit Rechtschreibproblemen um 33 % vermindert [107]. Hierbei bewährte sich der Einsatz von Screeningverfahren zur Überprüfung der Sprachentwicklung. Hierdurch konnten die betroffenen Kinder früher erkannt werden [108].

3.7.1 Late Talker Die Diagnose Late Talker, bei der lediglich eine expressive Sprachentwicklungsverzögerung mit altersgerechtem Sprachverstehen vorliegt, wird oft verharmlosend betrachtet. Die häufig empfohlene Taktik „wait and see“ sollte nur bis zum Alter von 2,6 Jahren praktiziert werden und auch nur dann, wenn keine

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Gesten und die Feinmotorik erfragt. Im ELFRA II (24 Monate) wird neben dem produktiven Wortschatz auch nach der syntaktischen und morphologischen Entwicklung gefragt. Für beide Alterszeitpunkte existieren kritische Werte, die von den Kindern nicht unterschritten werden sollten, bzw. in diesem Fall eine weitere Diagnostik nach sich ziehen sollten. Eine reine Wortschatzliste (ELAN-R ) mit unterschiedlichen Wortgruppen wurde von Kiese-Himmel entwickelt und evaluiert. Die Zielgruppe sind Kinder im Alter zwischen 18 und 26 Monaten. Es existieren geschlechtergetrennte Normwerttabellen für den Zeitraum 18–20 Monate, 21–23 Monate und 24–26 Monate. Der FRAKIS (Fragebogen zur frühkindlichen Sprachentwicklung; Szagun, G., Stumper, B. & Schramm, A.S. 2009) erfragt den Wortschatz und die Grammatik zwischen 1;6 und 2;6 Jahren. Er ist auch für Kinder nach Cochlea-Implantation normiert und in den ersten 2–3 Jahren nach Implantation einsetzbar [104]. Der Vorteil des ebenfalls evaluierten SBE-2-KT für 2-jährige Kinder ist, dass er in 31 Sprachen und Dialekten (z. B. berndeutsch, nieder- und obersorbisch) kostenlos auf der Internetseite verfügbar ist. Es wird die Produktion von 57 Wörtern sowie die Bildung von 2- oder Mehrwortsätzen erfragt. Dieser Test hat kritische Werte für das Alter 21–22 Monate und 23–24 Monate. Für den Zeitraum von 32–40 Monaten (passend zur Vorsorgeuntersuchung U7a) wurde der SBE-3KT konzipiert. Neben Fragen zum Wortschatz wird die hier auch die Grammatikentwicklung erfragt. Es existieren Grenzwerte (Punktrang ≤ 16) für 3 Altersgruppen (32–34 Monate, 35–37 Monate und 38–40 Monate) (http://www.kjp.med.uni-muenchen.de/sprachstoerungen/ sprachentwicklung.php).

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S146 Referat

Abb. 9 Diagnostischer Ablauf bei auffälliger Sprachentwicklung im Alter von 21–24 Monaten.

U7 Alter von 21–24 Monate: Überprüfung des aktiven Wortschatzes, z.B. mit ELFRA2 oder ELAN

Aktiver Wortschatz< 50 Wörter Keine Zweiwortsätze

Audiometrie: Behandlung von Paukenergüssen oder Hörstörungen

Überprüfung Sprachverstehen

Spezifische expressive Sprachentwicklungsstörung (Late Talker) Therapie, Elterntraining

Entwicklungsdiagnostik

altersgemäß

auffällig

Kontrolle im Alter von 30 Monaten Spezifische Sprachverständnisstörung

Komplexe Entwicklungsstörung

Wortschatz< 100 und keine Mehrwortsätze

Sprachtherapie

weiteren Risikofaktoren wie niedriger sozio-ökonomischer Status und geringer Bildungsstand der Mutter vorliegen. Andernfalls ist bereits in diesem Alter mit einer Kind gerichteten Therapie zu beginnen. Für die frühe „wait and see“ Phase hat sich das Heidelberger Elterntraining, ein standardisiertes Elternberatungskonzept etabliert (http://www.heidelberger-elterntraining.de/). Eltern erarbeiten hier in Kleingruppen ein sprachförderndes Spielverhalten mit ihren Kindern. Dieses Training wird in vielen Städten angeboten. Eine entsprechende Elternberatung kann aber auch unabhängig davon bei einer Logopädin oder Sprachheiltherapeutin durchgeführt werden. Die Elternarbeit ist parallel zu eventuellen weiteren diagnostischen Maßnahmen sinnvoll [109]. Wurde keine Kind-gerichtete Therapie begonnen, sollte im Alter von 2,6 Jahren eine Kontrolluntersuchung stattfinden. Hat das Kind hier nicht einen aktiven Wortschatz von mindestens100 Wörtern und bildet keine Mehrwortsätze, sind Kind-gerichtete therapeutische Maßnahmen notwendig. Von einem spontanen Aufholen bis zum 3. Geburtstag ist dann nicht mehr auszugehen [110].

Weitere Diagnostik: Kinderneurologische Diagnostik MRT, Labor, …

3.7.2 Spezifische Sprachentwicklungsstörung Eine Sprachentwicklungsstörung, die nach dem 3. Lebensjahr vorliegt, macht in jedem Fall eine therapeutische Intervention notwendig.

3.8 Folgen einer Sprachentwicklungsstörung In Langzeituntersuchungen wurden die Folgen einer frühkindlichen Sprachentwicklungsstörung für die weitere Entwicklung bis zum Eintritt in das Erwerbsleben hinsichtlich vieler Aspekte untersucht. Während sich Kinder mit reinen Artikulationsstörungen wie sprachunauffällige Kinder weiter entwickeln, wirkt sich eine rezeptive oder sogar globale Sprachentwicklungsstörung im späteren Kindes- und Erwachsenenalter negativ aus. Direkte Folge ist ein eingeschränktes Sprachverstehen mit entsprechenden Problemen im sozialen Miteinander. Die Kinder sind häufig verhaltensauffällig [111, 112]. Bei männlichen Betroffenen kommt gehäuft aggressives und delinquentes Verhalten vor und der Prozentsatz psychiatrischer Diagnosen ist höher. In der Schule ist ein gestörter Lese- und Schriftspracherwerb die Folge. Das eingeschränkte Sprachverstehen erschwert außerdem die Entschlüsselung komplexer schulischer Inhalte. Daraus können Verständnisprobleme in allen schulischen Fächern resultie-

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Sprachverständnis auffällig

Sprachverständnis unauffällig

7 ren. Auch die Intelligenzentwicklung der Betroffenen ist rückläufig und die Bildungsabschlüsse sind niedriger. Hieraus resultieren im Erwachsenenalter ein geringeres Einkommen, ein geringerer sozioökonomischer Status und ein höherer Prozentsatz psychiatrischer Diagnosen [113–115]. Sogar die Missbrauchsrate von Mädchen und jungen Frauen mit einer Sprachentwicklungsstörung ist höher. Auch hier sind überwiegend psychiatrische Erkrankungen die Folge [116]. Längsschnittuntersuchungen weisen deutlich auf die Notwendigkeit einer adäquaten Prävention und Therapie sprachentwicklungsauffälliger Kinder hin, insbesondere dann, wenn Risiken wie geringer sozioökonomischer Status der Familie und geringer Bildungsstand der Mutter gleichzeitig bestehen. Hierbei ist zu beachten, dass Kinder mit einer Sprachentwicklungsstörung ohne medizinische Ursache überdurchschnittlich oft aus Familien mit niederem Sozioökonomischem Status, alleinerziehenden Eltern und geringem Bildungsstand der Mutter kommen. Diese statistische Korrelation trifft jedoch keine Aussage über den individuellen Lebensweg des sprachentwicklungsauffälligen Kindes. So hängt doch die Lebensqualität insbesondere von Sozialkontakten und familiären Netzwerken ab und nicht allein vom sozioökonomischen Status [117–119].

Abstract

Hearing Impairment and Language Delay in Infants: Diagnostik and Genetic



This article gives an overview on important aspects of hearing and language development of infants and toddlers. Newborn hearing screening is implemented in Germany for all infants since January 2009. The realization of early postnatal hearing screening is regulated by a publication of the “Gemeinsamer Bundesausschuss”. It regulates the measurement method (TEOAE or AABR screening) and differs between healthy and sick newborns. It also rules the timetable of rescreening and if it still fails of paedaudiological follow up. The second part refers to objective and subjective assessment of hearing loss and different important issues of permanent childhood hearing impairment are discussed. Especially CMV infection by materno-fetal transmission and hereditary hearing loss is addressed in comparison to otitis media with effusion. Speech and language development in the first three years of live and the corresponding nomenclature is introduced in the last part. Different parent questionnaires are well established in evaluation of early language acquisition. An early diagnosis of language delay is possible and therapeutic measures can be established to prevent further social and psychological problems.

Interesenkonflikt: Kein Interesenkonflikt angegeben. Literatur 1 Pagon RA, Adam MP, Bird TD et al. ed. GeneReviews™: Deafness and Hereditary Hearing Loss Overview 2 Morton CC, Nance WE. Newborn Hearing Screening – A Silent Revolution. N Engl J Med 2006; 354: 2151–2164 3 Kral A, O’Donoghue Gerard GM. Profound Deafness in Childhood 4 Finckh-Krämer U, Spormann-Lagodzinski M, Gross M. German registry for hearing loss in children: results after 4 years. International Journal of Pediatric Otorhinolaryngology 2000; 56: 113–127 5 Böttcher P, Gramß M, Euler H, Neumann K. Kostenanalyse des universellen Neugeborenen-Hörscreenings für Kliniken am Beispiel Hessens. HNO 2009; 57: 21–28

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[Hearing impairment and language delay in infants: diagnostic and genetic].

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