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Département des Laboratoires, CHUV Lausanne Vincent Mooser

Genomik und personalisierte Medizin Cenomics and Personalized Medicine

Zusammenfassung Als zwar restriktive, aber ftir diesen Zweck nützliche Definition, wird die personalisierte Medizin zum Teil auf der Basis des genetischen Profils einer Einzelperson verschriebene medizinische Intervention verstanden. Das Potenzial der personalisierten Medizin ist beträchtlich. Trotzdem muss man zugeben, dass nur eine limitierte Anzahl der Interventionen dieser Definition entsprechen. Sie betreffen vor allem Gebiete der Onkologie und der Infektiologie. Mit der Einführung der genomischen Hochgeschwindigkeitssequenzierung lässt sich ein explosionsartiger Anstieg der Anzahl der Interventionen erwarten, die dieser Definition entsprechen. Diese Arbeit beschreibt die Stufen und die notwendigen Investitionen, damit das volle Potenzial der personalisierten Medizin ausgeschöpft werden kann. Weiterhin behandelt sie weitere Anwendungsmöglichkeiten in der pharmazeutischen Wissenschaft und Projekte in der Genfersee-Region und schliesst mit einigen Fragen und Antworten zu diesen Themen, die für den Kliniker interessant sein könnten. Schlüsselwörter: Genetik - Genomik - personalisierte Medizin - Medikamente

Personalisierte Medizin: Kritische Sichtweise Tippt man in Pubmed (http://www.ncbi. nlm.nih.gov/pubmed) personalized medicine ein, dann erscheint eine stetig wachsende Liste von inzwischen mehr als 13 000 Artikeln. Erweitert man die Suche um den Begrifl^ review, so erhält man noch immer 5000 Artikel. Der Begriff ist eindeutig Mode, auch wenn dessen Definition und Umfang vielfach noch diskutiert wird. Zweifelsohne haben Ärzte schon immer eine Art personalisierter Medizin praktiziert. Dabei waren biologische Marker zur Stratifizierung der Patienten sinnvoll, erlaubten sie doch eine Identifizierung jener, die am besten von einer Intervention profitieren konnten. Ein Beispiel hierfür lieferten Statine. Würden sie einer gesamten Population verschrieben, müssten sie von hunderten bis tausenden Personen über viele Jahre eingenommen werden, um ein kardiovaskuläres Ereignis zu verhindern. Werden hingegen nur Patienten mit erhöhtem LDL-Gholesterin ausgewählt, sind es sogar wenige Dutzende, die behandelt werden müssen, um ein kardiovaskuläres Ereignis zu verhindern, und sogar weniger als zehn, wenn die Behandlungskriterien Hyperglykämien (d.h. die Diabetiker) und/oder eine vorbestehende kardiovaskuläre Krankheit einschliessen. Die meisten biologischen Marker, die zur Patientenselektion eingesetzt werden, sind von genetischer Herkunft. Bis heute werden aber vor allem phänotypische Marker zur Patientenstratifizierung angewendet. In der Tat können phänotypische Marker eindeutig sein - ab absurdo ist es nicht

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notwendig, vor der Verschreibung eines Ovulationshemmers eine Kariotyp-Analyse durchzuführen, um die XX-Ghromosomen-Träger von den XY-Trägern auszuschliessen, die auf die Behandlung nicht reagieren würden. Ausserdem ist es häufig einfacher, phänotypische Marker anstelle eines Gens zu analysieren. Ein Beispiel stellen die Hämagglutinations-Tests zur Gharakterisierung des ABO-Systems vor einer Bluttransfusion dar. Manchmal haben phänotypische Marker einen höheren prädiktiven Wert als genetische Marker wie z.B. die Messung des LDL-Gholesterin oder der Glykämie verglichen mit genetischen Markern, welche diese Werte zwar beeinflussen aber ihre interindividuelle Varianz nur teilweise erklären. Die Einführung der Hochgeschwindigkeits-DNA-Sequenzierung hat einen gewaltigen Fortschritt der personalisierten Medizin insbesondere auf dem Gebiet der Onkologie und in der Infektiologie ermöglicht. In der Onkologie ist die Entwicklung so gross, dass die genetische Gharakterisierung fester Bestandteil zur Identifizierung einer optimalen therapeutischen Strategie ist. Das trifft insbesondere auf die spezifischen Inhibitoren eines Rezeptors oder eines Enzyms zu, die bei den Trägern aktivierende Mutationen igain-of-function mutations) hervorrufen. Trotzdem muss man akzeptieren, dass die personalisierte Medizin nach der restriktiven Definition immer eine Intervention im Sinne eines genetischen Tests vor Verschreibung eines Medikaments voraussetzt (companion diagnosis). Die Fälle, die dieser Definition entsprechen, können an den Fingern abgezählt werden. Das typischste nicht-onkologische DOI 1O.lO24/1651-8157/aO01655

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Individuum

Klinische Studien Abb. 1: Notwendige Etappen zur Erschaffung einer Applikation der personalisierten Medizin. Eine grosse Anzahl Individuen muss rekrutiert und ihre Einwilligung eingeholt werden, dass genetische Analysen auf ihr biologisches Material durchgeführt werden können. Diese Proben werden daraufhin mittels Sequenzierung analysiert. Die so gesammelten genetischen und biologischen Daten werden genau untersucht und hinsichtlich biologischer Marker ausgewertet, um so einen therapeutischen Zugewinn erzielen zu können. Neu entstandene medizinische Kenntnisse bedeuten nicht zwingend einen klinischen Nutzen! Klinische Studien sind notwendig, um die Validierung dieser Beobachtungen zu testen, mit dem Ziel, den Nutzen eines genetischen Tests in der medizinischen Therapie zu beweisen.

Beispiel ist wahrscheinlich Abacavir, ein anti-HIV-Medikament, das in ca. 5% der Fälle von einer Hypersensibilitätsreaktion begleitet wird, die tödlich sein kann. Die Entdeckung einer genetischen Assoziation mit einem HLA-Marker und die Entwicklung eines Tests, der diese Variation vor der Verschreibung dieses Medikament nachweist, hat einen positiv-prädiktiven Wert von 50% und einen negativ-prädiktiven Wert von 100% [ 1 ]. Nun stellt sich die Erage, warum es zwischen der Anzahl Publikationen über personalisierte Medizin und der Anzahl klinischer Anwendungen eine Diskrepanz gibt? Eine mögliche Erklärung wäre, dass die Validierung und die Kommerzialisierung die gleichen Schritte wie andere Biomarker durchlaufen: beginnend mit der Identifizierung dieses Markers, der Validierung in unabhängigen Kollektiven, dem Einsatz von zuverlässigen Technologien zur Analyse dieses Markers und letztlich dem Beweis, dass die 7\jiwendung dieses Markers einen

klinischen Vorteil bringt. Diese Schritte dauern Jahre und sind äusserst kostenaufwendig [2]. Schliesslich hat es mehr als 30 Jahre gedauert, bis der klinische Nutzen der LDL-Cholesterin-Messung bewiesen wurde.

Versprechen der Genomik Der technologische Durchbruch, der heute die fast routinemässige Sequenzierung des gesamten Genoms oder seines codierendes Teils (Exom) erlaubt, verspricht einen Paradigmenwechsel in der Medizin und eine Steigerung der Fallzahlen, in welchen die personalisierte Medizin angewendet werden kann. Freilich müssen mehrere Hürden bewältigt werden, die für die Gesellschaft, die Soziologie, die Ethik, das Gesetz und den Schutz der Privatsphäre sowie der genomischen Daten relevant sind. Insbesondere die neueste Identifizierung einer Grosszahl von seltenen Mutationen im humanen Genom [3] eröffnet

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neue Perspektiven: Wie in der Onkologie sind medizinische Interventionen auf Träger von spezifischen Mutationen ihres von ihren Eltern ererbten Genoms ausgerichtet [4]. Die Verwirklichung dieses Versprechens benötigt allerdings eine Serie von Schritten, die in Abbildung 1 dargestellt sind. Nehmen wir an, dass eine antidiabetische Behandlung nur für die Träger einer Mutation T—>A auf dem Gen 10 einen klinischen Nutzen bringen soll und dass diese Mutation nur bei 5% der Diabetiker vorhanden ist. Das bedeutet, dass es notwendig sein wird, 20 Diabetiker zu testen, um einen Träger dieser Mutation zu identifizieren. Nach der Identifikation der Träger muss nun die Effizienz der Behandlung für diese Individuen bewiesen werden. Das bedingt eine adäquate klinische Studie mit einer ausreichenden statistischen Stärke von, sagen wir, 20 Patienten, von denen zehn in die Behandlungs- und zehn in Placebo-Gruppe randomisiert werden. Wenn wir annehmen, dass 40% der Träger einer Teilnahme an einer klinischen Studie zustimmen, benötigen wir 1000 Diabetiker, die genetisch charakterisiert werden müssen. Die Charakterisierung beinhaltet verschiedene Stufen beginnend mit der Zustimmung zur Teilnahme, Extraktion der DNA, genetischer Analysen, Validierung der Analysen sowie der Durchführung der klinischen Studie. Und dies nur zur Behandlung eines kleinen Teils von Diabetikern ... Es scheint, dass ein Paradigmenwechsel betreffend klinischer Studien notwendig ist. Denn je mehr die Medizin personalisiert wird, umso grosser wird die Zahl der zu studierenden Personen sein, um die Evidenz der Effizienz einer solchen Intervention zu validieren.

Paradigmenwechsel für die klinische Forschung In relativ naher Zukunft, das heisst in ca. fünf bis zehn Jahren, ist es durchaus vorstellbar, dass die Genomsequenzierung Teil des Gesundheits-Checks

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sein wird. Jeder wird wissen können, welche Mutation er trägt. Die Träger einer Mutation A auf dem Gen B können dann miteinander vernetzt werden, um herauszufinden, ob diese Mutation mit einem bestimmten Risiko, eine îCrankheit C zu entwickeln, verbunden ist. Die Schaffung einer Infrastruktur, die es ermöglicht, eine grosse Menge an Individuen zu rekrutieren, mit deren Einverständnis weitgehende genetische Analysen (bis zur Sequenzierung ihres gesamten Genoms) durchzuführen und die Möglichkeit, Träger von spezifischen Markern (seien sie genetisch oder phenotypisch) für spätere klinische Studien erneut zu kontaktieren, ist ein wichtiger Bestandteil zur Verwirklichung des ganzen Versprechens der Genomik und der personalisierten Medizin. In diesem Kontext wurde die institutionelle Biobank von Lausanne (BIL, http:// www.chuv.ch/biobanque) gegründet. Die BIL dient als Bioresource für den Aufbau der personalisierten Medizin. Jeder Patient, der im CHUV hospitahsiert ist, wird persönlich über dieses Projekt informiert und zum Mitmachen eingeladen. Damit stellen Patienten Forschern ihre medizinischen (kodierten) Daten (10 ml Blut) zu Analysezwecken im Rahmen klinischer Untersuchungen zur Verfügung. Die Patienten willigen überdies ein, dass ihr Genom in Zukunft sequenziert wird. Es steht ihnen frei, an Studien teilzunehmen oder über mögliche genetische Anomalien informiert zu werden, die sie für Krankheiten prädisponieren können, für die präventive Massnahmen zur Verfügung stehen (clinically actionable mutations). Das von der Universität Lausanne und den GHUV finanzierte Projekt wurde am 7. Januar 2013 ins Leben gerufen. Innerhalb eines Jahres, wurden mehr als 10 000 Patienten kontaktiert und eingeladen, an diesem Projekt teilzunehmen. Die Teilnahmequote liegt bei ungefähr 75%. Eine Ausdehnung für das ganze Land wird evaluiert, besonders im Kontext einer nationalen Koordinierungsplattform der Biobanken. Eine solche

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Tractable hit to candidate

Candidate selection to FTIM

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Lifecycle mgt

Abb. 2: Etappen von der Entdeckung bis zu Entwicklung und Markteinführung eines Medikaments. Die Stufen,für welche die genetischen Daten zum Entscheid hilfreich sein können, um das Programm weiterzuführen, sind in rot dargestellt. Die Verfügbarkeit einer geeignet grossen Biobank erlaubt die Beschleunigung der roten Etappen sowie ein Voranschreiten der Entdeckung und der Entwicklung neuen therapeutischen Modalitäten.

Ausdehnung würde der Schweiz erlauben, mit anderen nationalen Biobanken wie z.B. der UK Biobank zu konkurrenzieren [5]. Sofort-Nutzen der Genomik in den pharmazeutischen Wissenschaften Die Entdeckung und Entwicklung neuer Medikamente werden in einer Serie von gut geregelten und kodierten Stufen durchgeführt (Abb. 2). Die Genetik kann hilfreiche Informationen für die Fortführung oder die Unterbrechung eines Projektes liefern. Nehmen wir wieder das Beispiel der Statine: Die Entdeckung des LDL-Rezeptors hat das Vorhaben der Entwicklung eines Inhibitors der HMG-CoA-Reduktase zur Uberregulation dieser Rezeptoren erheblich beschleunigt. Man spricht von Ziel-Validierung [target validation). Erst nachdem die Unschädlichkeit der Statine bei gesunden Probanden demonstriert werden konnte, wurden Trägern einer Mutation des LDL-Rezeptor-Gens (d.h. die heterozygoten Träger der familiären Hyperlipidämie) Statine verabreicht. Die Tatsache, dass Statine den LDL-Cholesterinspiegel

bei diesen Patienten normalisierten (der erste klinische Versuch wurde im NEJM mit n=7 publiziert [5]), eröffnete das Feld für weitere Forschungen. Heutzutage sind Statine eine Medikamentenldasse, die einem grossen Teil der Bevölkerung verschrieben werden. Eine der Ambitionen der BIL ist es, die Träger von besonderen Mutationen zu identifizieren, die als erste aus einer gezielten Intervention Nutzen ziehen könnten. Ein Beispiel ist das LRRK2-Gen. Es gibt eine aktivierende Mutation dieses Gens, das ein zur Parkinson-Entwicklung prädisponierendes Enzym kodiert. Diese Mutation konnte bei ungefähr 1 von 1500 Teilnehmern der CoLaus-Studie in Lausanne nachgewiesen werden [3]. Die Industrie entwickelt Inhibitoren dieses Enzyms mit dem Ziel, diese Krankheit zu bremsen oder zu verhindern. Eines der Ziele der BIL ist, die Träger (und ihre Angehörigen) dieser Mutation zu identifizieren, damit diese neue Medikamentenklasse rasch getestet werden kann, um damit einen Ausbruch der Erkrankung je nachdem zu verzögern oder zu verhindern.

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Key messages • Die personalisierte Medizin hat ein riesiges Potenzial und wird von der Sequenzierungstechnologie profitieren, die auf den Markt erscheinen. • Diese Entwicklung ist unumkehrbar und die medizinische und wissenschaftliche Gesellschaft ist in der Verantwortung, den zu erwartenden Nutzen sowie die potenziellen Risiken zu antizipieren. • Beträchtliche Investitionen werden notwendig sein, aus diesem Potenzial eine Realität werden zu lassen und die personalisierte Medizin zur Reife zu bringen. Damit ist auch ein Paradigmenwechsel bei der Durchführung der klinischen Forschung notwendig. Die Genfersee-Region und Schweizer Raum bereiten sich proaktiv auf diese Veränderungen vor.

AAessages-clés • La médecine personnalisée a un potentiel énorme et va bénéficier des technologies de séquençage qui arrivent sur le marché. • Cette évolution est inexorable et la communauté médicale et scientifique, et la société, ont la responsabilité d'anticiper les bénéfices attendus, et les risques potentiels encourus. • Des investissements considérables seront nécessaires pour que ce potentiel soit réalisé et que la médecine personnalisée arrive à maturité. En particulier, un changement de paradigme dans la façon dont la recherche clinique est effectuée sera nécessaire. La place lémanique et suisse se prépare de façon proactive à ces changements.

Neun Fragen zurGenomik 1. Was wird unter dem Begriff Genomik verstanden? Unter Genomik versteht man jene Wissenschaft, die ein gesamtes Genom analysiert. Die heutigen Technologien erlauben die Sequenzierung des gesamten Genoms eines Individuums (ca. drei Milliarden Basenpaare) für weniger als Fr. 1000.-. Es ist voraussehbar, dass die Sequenzierung des individuellen Genoms zur Basis der Gesundheits-Checkups gehören wird. 2. Was ist die personalisierte Medizin? In einem restriktiven Sinn versteht man unter personalisierter Medizin die Verschreibung einer medizinischen Intervention, die sich zum Teil auf eine genetische Analyse eines Individuums bezieht. 3. Ist die personalisierte Medizin eine neue Wissenschaft?

Mit den Ausnahmen der Masseninterventionen, wie z.B. Impfungen oder der Iodbeifügung im Kochsalz war die Medizin immer «personalisiert». Bis heute basierte die personalisierte Medizin auf phänotypischen Markern (z.B. Geschlecht, BMI, Plasmaspiegel eines Biomarkers). Die rasante Geschwindigkeit der Sequenzierung des humanen Genoms eröffnet neue Perspektiven und lässt die Möglichkeit erahnen, dass eine Therapie einer gezielten genetischen Population verschrieben werden kann. 4. Welchen Fachgebieten nützt zurzeit die personalisierte Medizin? Vor allem die Onkologie und die Infektiologie profitieren von der personalisierten Medizin. In der Onkologie wird die Behandlung von den genetischen Markern des Tumors-Genoms, in der Infektiologie vom Genom des Individuums oder des infektiösen Keimes bestimmt.

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5. Was ist ein Biomarker? Ein Biomarker kann als eine genetische oder phänotypische Charakterisierung eines bestimmten Individuums definiert werden, dessen Informationsgehalt zur Therapieentscheidung beitragen kann. So kann beispielsweise eine Bildgebung als Biomarker betrachtet werden. In einem restriktiveren Sinn versteht man darunter jedoch meistens biochemische sowie genetische Marker. 6. Was sind die Perspektiven der genomischen Medizin? Durch die rasche Geschwindigkeit der Sequenzierung des humanen Genoms und die Entdeckung seltener Mutationen, die wir alle tragen, eröffnen sich Perspektiven. So besteht die Möglichkeit, eine Therapie individuell zu adaptieren oder eine präventive Intervention für ein bestimmtes Individuum verschreiben zu können. Die Erarbeitung von dazu notwendigem Wissen und der Beweis des klinischen Vorteils einer Intervention, der mit einem genetischen Test verbunden ist, benötigen erhebliche Investitionen, die oft nur wenig Gewinn abwerfen. 7. Welche genetischen Tests sollen heute verschrieben werden? Aktuelle genetische Tests werden derzeit hauptsächlich zur Diagnose von meistens seltenen Krankheiten verwendet. Die Anzahl der genetischen Tests, die vor einer medizinischen Behandlung durchgeführt werden sollen, ist dagegen noch beschränkt. 8. Was versteht man unter «direct-toconsumer genetics» (DTC)? Es handelt sich um Tests (wie derjenige des 23andMe), die auf Wunsch eines Individuum unter Umgehung des Arztes direkt durchgeführt werden. Derzeit analysieren diese Tests selektionierte Marker des Genoms und haben nur einen limitierten prädiktiven Wert. Sie werden vor allem für die Genealogie oder aus Spass verwendet. Mit der Sequenzierung des ganzen Genoms (oder des Exons, das den kodierenden Teil des Genoms bildet)

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werden neue Fragen gestellt, inshesondere solche, die mit den Entdeckungen von unerwarteten Mutationen (incidental findings) verbunden sind. 9. Was sind die Vorteile und Risiken derDTC? Es ist wichtig, dass Personen, die ihre DNA-Probe (als Speichel) DTC-Gesellschaften anvertrauen, vernünftige Erwartungen haben und sich darauf einstellen, möglicherweise Nachrichten zu hören, die sie nicht erwarten. Die Qualität der Analyse und der Datenschutz können sehr fragwürdig sein. Eine böswillige Verwendung kann nicht ausgeschlossen werden.

Résumé Comme définition certes restrictive, mais utile pour ces propos, on entend ici par médecine personnalisée une intervention médicale prescrite en partie sur la base du profil génétique d'un individu. Le potentiel de la médecine personnalisée est considérable. Cependant, on doit avouer qu'aujourd'hui, un nombre limité d'interventions répondent à cette définition. Elles concernent principalement le domaine de l'oncologie et des maladies infectieuses. Avec l'avènement du séquençage génomique à haut débit, on peut s'attendre à une explosion du nombre d'interventions qui répondent à cette définition. Ce papier décrit les étapes

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et les investissements nécessaires pour que la médecine personnalisée réalise son plein potentiel. En outre, il présente quelques applications de la génomique en sciences pharmaceutiques et les projets lémaniques visant à contribuer à cet effort. Il clôt par quelques questions et réponses relatives à ces sujets et qui pourraient intéresser le praticien. Mots-dés: génétique - génomique médecine personnalisée - médicaments

Abstract Personalized medicine has a substantial potential to transform the way diseases will be predicted, prevented and treated. The field will greatly benefit from novel DNA sequencing technologies, in particular commoditization of individual whole genome sequencing. This evolution cannot be stopped, and the medical and scientific community, as well as the society at large, have the responsibility to anticipate the expected benefits from this revolution, but also the potential risks associated with it. Massive investments will be needed for the potential of personalized medicine to be realized, and for the field to come to maturity. In particular, a paradigm change in the way clinical research is done is needed. Switzerland and its Western part pro-actively anticipate these changes. Key words: genetics - genomics - personalized medicine - drug discovery

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Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Vincent Mooser Chef du Département des Laboratoires BH 19-309 Centre Hospitalier Universitaire Vaudois 1011 Lausanne [email protected]

Bibiiograpiiie 1. Mailal S, Phillips E, Carosi G, et al:. HLA-B*570i screening for hypersensitivitytoabacavir. N Engl J Med 2008:358: 568-579. 2. Ziegier A, Koch A, Krockenberger K, Grosshennig A: Personalized medicine using DNA biomarkers: a review. Hum Genet 2012; 131:1627-1638. 3. Neison MR, Wegmann D, Ehm MG.et ai.: An abundance of rare functionai variants in 202 drug target genes sequenced in 14,002 people. Science 2012; 337:100-104. 4. McShane LM, Cavenagh MM, Liveiy TG, et al.: Criteria for the use of omics-based predictors in clinical triais. iVature 2013; 502:317-320. 5. Elliott P, Peakman TC, UK Biobank:The UK Biobank sample handiing and storage protocol for the collection, processing and archiving of human blood and urine. Int J Epidemiol 2008; 37:234-244. 6. Mabuchi H, Haba T,Tatami R, et al.: Effect of an inhibitor of 3-hydroxy-3-methyglutaryl coenzyme A reductase on serum lipoproteins and ubiquinone-10-levels in patients with familial hypercholesterolemia. N Engi J Med 1981; 305:478-482.

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[Genomics and personalized medicine].

Comme définition certes restrictive, mais utile pour ces propos, on entend ici par médecine personnalisée une intervention médicale prescrite en parti...
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